Auf der Ladefläche hatte ich fünf Benzin Kanister, von denen aber schon drei leer waren. Ich sollte mich also bei Zeiten nach neuem Sprit umsehen. Bei Childress bog ich auf ein Tankstellengelände ein. Zwischen den Betonplatten stand überall Unkraut. Hier war lange keiner mehr gewesen. Das aufgehängte Reklameschild schaukelte quietschend im Wind, sonst herrschte Stille. Ich stieg aus und wollte erst einmal den Tankstellenshop aufsuchen. Der würde längst geplündert sein, aber da würde ich eventuell den Spezialschlüssel finden, mit dem man an die unterirdischen Tanks gelangt. Die Tür des bescheidenen Häuschens klemmte. Als sie endlich nachgab, tat sie das so plötzlich, das ich rückwärts in den Staub fiel. Ich hatte mit dem Donald rechnen müssen, aber ich war unvorsichtig gewesen. Tagelang hatte ich in dieser menschenleeren Gegend keinen mehr gesehen und sofort erlahmten die Sinne! Plötzlich frei stürzte er sich sofort auf mich. Er trug eine Texaco-Latzhose und war offenbar schon recht lange „Mitarbeiter des Monats“ da er Tag und Nacht seinem Arbeitsplatz ausharrte, dem gammeligen Zustand nach zu urteilen. Ich hatte alle Hände voll damit zu tun, seine faulige Rübe und seine auf- und zuschnappenden Zahnruinen von mir fernzuhalten und es dauerte gefühlt ewig bis ich endlich mein Messer ziehen konnte um es ihm unter der Texaco-Kappe in die schrumpelige Schläfe zu rammen.
Ich war nachlässig gewesen. Ich hätte ja auch erst eine Scheibe neben der Tür zerschlagen können, um zu sehen ob sich was rührt!
Möglicherweise hatte das unablässige Überdenken meiner Optionen mich zusätzlich abgelenkt.
Nach dem der stinkende Gesell endlich und diesmal für alle Zeiten Ruhe gegeben hatte, konnte ich das kleine Gebäude betreten. Der Shop war nur partiell geplündert. Offenbar hatte jemand begonnen und war stiften gegangen als ‚Freund Tankwart‘ aus seinem Büro kam. Ich fand noch einige Dosen Motoröl, passende Keilriemen und Luftfilter für meine Auto-Ersatzteilkiste, aber auch eine Menge Süßkram. Der war zwar längst abgelaufen, aber was sollte schon sein bei diesen Zuckerbomben? Die würden noch essbar sein.
Im Büro am Schlüsselbord wie erwartet der Spezialschlüssel für die Erdtanks. Ich öffnete einen der Tanks und pumpte mit meiner Handpumpe den Tank des Pickups voll sowie die drei leeren Kanister. 150 ltr insgesamt hatte ich jetzt, das würde wieder ein paar Tage gehen.
Dann nahm ich wieder Kurs auf Northfield und begann die wenigen Menschen die ich traf nach Sue zu befragen.
Tatsächlich hatte jemand Sue und drei weitere Weiber auf Northfield zureiten gesehen, aber das war schon drei oder vier Wochen her. Trotzdem schlug mein Herz gleich höher. Ich würde das Luder finden. Alles hing davon ab, ob sich auch in Northfield jemand erinnerte und wusste in welche Richtung sie weitergezogen waren. Ich schaute auf meinen zerfledderten Autoatlas. Hatten sie dann die 94 Richtung Südwesten nach Matador genommen oder die 656 nach Westen auf Turkey zu?
Mittags kam ich in Northfield an und aß etwas in dem einzigen bescheidenen Dinner den die Stadt, oder was von ihr über war, zu bieten hatte. Ich aß auf der Veranda und ließ dabei mein Auto keine Sekunde aus den Augen, genau wie ich meine Waffen griff- und schussbereit hielt. Es trieb sich das übliche Gesocks rum und schaute begierig auf meine Ausrüstung und es kamen die obligatorischen, mehr oder weniger abtörnenden Mädels von der Körper-Verkaufs-Fraktion an den Tisch und fragten, ob sie sich dazu setzen könnten. Sie konnten nicht!
Ich musste an meinen letzten Versuch in dieser Richtung in Petrolia denken und mich schauderte bei dem Gedanken ähnliches noch mal erleben zu müssen. Dennoch saß plötzlich eine Sexualfacharbeiterin derartig schnell ungefragt neben mir und hatte die Hand auf meinem Schwanz, dass ich grob werden musste. Taten statt Worte waren eben auch keine überzeugende Verkaufsstrategie. Die Ladies taten mir ja leid, aber ich konnte nicht alles Unglück dieser Welt heilen.
Dann fragte ich ein paar Leute aus. Das wedeln mit „2-New-Dollar“-Noten half deren Kooperationsfreude deutlich auf die Beine. Drei Leute, ganz unabhängig an verschiedenen Ecken der erbärmlichen Siedlung befragt, wollten sie gesehen haben. Ich hielt das für absolut glaubhaft denn alle drei berichteten die gleichen Details: Sue und drei weitere Frauen und alle berichteten, dass sich sie sich eine Reihe von Tagen in Northfield aufgehalten hätten. Geld war offensichtlich vorhanden und alle Zeugen benannten übereinstimmend als Abreisedatum „etwa vor einer Woche“ und alle gaben als Destination „Richtung Matador“ an.
Auf der 94 nach Süden also. Ich brach sofort auf. Eine Woche per Pferd, da konnten sie 100 Meilen aber auch 200 weiter sein. Ich musste dranbleiben! Bald erreichte ich Matador. Vor fünf Tagen sollten sie hier gewesen sein. Und sie ritten straight, immer geradeaus, nach Süden. Dickens/Texas, noch 3 Tage Vorsprung …. Hinter Spur/Texas, in dem fast jedes Gebäude öde wie eine eingeschossige Kaufhalle aussah, gabelte sich die Straße. Weiter auf der 70? Oder doch besser auf der 208? Ich entschied mich für letzteres, den diese Straße führte direkt nach Süden.
Olivia
Und dann kam ich nach Clairemont. Ich aß etwas im Diner und dann wollte ich wieder meine Befragungen durchführen. Plötzlich traf mich fast der Blitz. Auf der anderen Straßenseite kam Olivia, eine der Begleiterinnen von Sue, aus einer Herberge und wendete sich nach links. ‚Olivia die Angepisste‘, so hatten Jill und ich sie damals getauft, nach dem Jill in der Jurte locker auf die gefesselt am Boden liegende Wächterin uriniert hatte. Ihr wisst schon, vor langer Zeit in der von Jill „Jurte zur heiligen Schweinerei“ getauften Besamungsstation in Cerespoly. Ach, Jill…. Der Gedanke gab mir ein Stich ins Herz aber ich musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren.
Gerade kam Sue aus dem Haus. Ich schob die Krempe meines Hutes noch tiefer ins Gesicht aber sie beachtete mich nicht und ging ebenfalls die Straße hinunter. Ich hätte sie hier und jetzt abknallen können, aber ich wollte niemanden gefährden. Ich wusste schon wie es anzufangen war.
Ich setzte mich in meinen Wagen und suchte an der T-Kreuzung an der sich der Weg nach Süden und Osten gabelte nach einem passenden Unterschlupf. Vor einem Haus saß eine ältere Frau auf ihrer Veranda und schaute erstaunt, als ich in ihre Einfahrt bog.
„Sir?“
„Guten Tag, es geht um folgendes …“
Ich berichtete ihr mein Vorhaben und war nicht lange drauf ihr neuer ‚Mieter‘. Zu einem sehr großzügigen Mietzins versteht sich. Nicht dass sie den verlangte hatte, aber ich wollte großzügig sein.
Fortan saß oder stand ich hinter der Gardine und schaute auf die Straße. Wenn ich austreten musste, hielt meine ‚Vermieterin‘ mit Namen Pamela für mich Ausschau. Ich saß dort einen vollen Tag und dann war es soweit. Am zweiten Morgen ritten die vier Frauen am Haus vorbei. Sie waren immer noch auf dem Weg nach Süden!
Ich packte meine Sachen, verabschiedete mich von meiner netten Gelegenheitsvermieterin, die es sich nehmen ließ, mir noch ein paar Brote zu schmieren und verließ das Haus. Dann setzte ich dem Verbrecherinnenquartett nach. Etwa fünf Meilen vor der Stadt überholte ich sie, den Hut tief in die Stirn gezogen. Aber hoch zu Ross konnten sie sowieso nicht sehen wer da im Auto saß.
Final Countdown
Bei nächster Gelegenheit, an einer uneinsichtigen Stelle, ließ ich das Auto hinter einer Hecke verschwinden und bezog Lauerstellung. Das hier würde keine Schwierigkeiten bereiten, so viel war schon klar. Ich baute mein M24 auf und wartete. Als sie noch 300 Meter entfernt waren konnte ich im Zielfernrohr alle eindeutig identifizieren. Sie ritten auf der menschenleeren Straße zu viert neben einander. Olivia links außen, daneben Sue und die anderen beiden. Bei 100 Meter eröffnete ich das Feuer. Bevor Olivia und Sue überhaupt begriffen was da gerade geschah, sackten die beiden Kolleginnen schon blöde grinsend mit einem fetten Loch in der Stirn vom Pferd. Ich schwenkte auf Olivia, die gerade dabei war nach ihrer Winchester im Halfter zu nesteln. Ganz schlechte Idee! Sie hätte lieber wegreiten sollen. Durch den Blick nach hinten-unten bot sie mir ihren Hinterkopf. Warum nicht? Da konnte ich meinen Schuss auch landen, eine schöne Leiche würde sie wegen der Austrittswunde im Gesicht dann aber nicht mehr abgeben. Ich warte nicht darauf dass Olivia vom Pferd stürzte, sondern schwenkte auf Sue. Sie hatte als einzige das richtige getan, das Pferd gewendet und versucht seitlich über die Felder zu entkommen. Und ich tat etwas, was ich höchst ungern machte, aber in diesem Moment war es unvermeidlich: ich erschoss ihre Stute. Ihr Pferd stürzte sofort zu Boden und Sue wurde im hohen Bogen vornüber auf den Acker geschleudert. Hoffentlich hatte sie sich nicht den Hals gebrochen. Das wäre ärgerlich, dann hätte ich sie auch gleich entkommen lassen können. Ich rannte so schnell wie möglich zur Stelle wo Sue in hohem Bogen auf dem Boden aufgeschlagen war. Nein, Sue lebte noch! Sie kam gerade zu sich und bevor sie ihre Pistole aus dem Holster ziehen konnte, richtete ich mein Gewehr auf ihren Kopf.
„Hallo Sue, schön dich zu sehen!“
„Ganz, meinerseits Rick. – Was ist los? Mach schon, bring‘s zu Ende!“
„Habe ich dafür dein Pferd erschießen müssen? … Glaubst du ich hätte dich nicht getroffen, wenn ich es gewollt hätte? Nein, ich brauche dich lebend. So ein Monster wie dich einfach sterben lassen? Never ever, das ginge viel zu schnell. Du hast dir eine große Fangemeinde geschaffen – und alle warten auf dich und möchten dir bei deinem Abstieg in die Hölle zusehen. Steh auf!“
Sue rappelte sich aus dem Dreck auf und ich durchsuchte sie auf Waffen. Also um ehrlich zu sein, ging ich auf Nummer sicher und nötigte sie, sich komplett bis auf die Unterwäsche zu entkleiden. Erst wollte sie nicht, aber ein heftiger Stoß mit dem Gewehrkolben ins Kreuz ließ sie etwas geschmeidiger werden. Da stand sie nun armselig vor mir, die große Sue. Eine Hand über den fetten Busch legend der ihr links und rechts aus dem Höschen quoll, die andere quer über den BH. Ich schickte sie in paar Meter weit weg um gefahrlos ihre Wäsche zu untersuchen und fand im Saum des Hemdes eine eingenähte Rasierklinge und an der Innenseite eines Hosenbeines eine eingenähte Tasche mit einer „Glock 26“, einer extrem kompakten und damit gut zu versteckenden Pistole, die genau aus diesem Grund häufig als Reservewaffe genutzt wurde. Ich hatte mir schon gedacht, dass sie ähnlich wie ich tickte und auch ganz gerne noch ein, zwei Asse im Ärmel hatte. Am Gürtel trug sie ein Messer und den Pistolenholster mit einer Beretta, die ich jetzt natürlich beide entfernte. An die Winchester kam sie sowieso nicht heran, denn da lag ihr totes Pferd drauf.
Die genauestens gefilzten Klamotten durfte sie wieder anziehen. Dann nahm ich alles Brauchbare vom Pferd an mich und trieb sie zum Pickup. Ich hatte so einen Hass auf die Frau, dass ich immer wieder stark an mich halten musste, ihr nicht einfach in den Kopf zu schießen.
Vor meinem geistigen Auge war ihr Schädel schon mehrfach aufplatzt wie eine reife Melone. Aber ich zwang mich zu Disziplin. Ich würde sie zurückbringen nach Frederik. Dahin wo viele ihrer Opfer jetzt lebten und dann würden wir weitersehen. Was ich mir hingegen nicht versagen wollte, war sie zu demütigen, denn sie hatte ihre ‚Herrenmenschenart‘ selbst jetzt im Angesicht des drohenden Galgens noch nicht abgelegt. Wir würden ein paar Tage unterwegs sein, denn ich wollte die drei Pferde nicht zurücklassen. Also band ich die reiterlosen Tiere hinten an den Truck und ließ die 5,7-Liter-Maschine im kleinsten Gang vor sich hin blubbern. Die damit zu erzielende Geschwindigkeit konnten die Pferde gut eine Weile mithalten. Sue hatte ich auf dem Beifahrersitz mit Kabelbindern am Haltegriff des Handschuhfachs festgerödelt. Das bedeutet maximale Sicherheit für mich und maximale Unbequemlichkeit für das Miststück. So what?
Abrechnung bei Clairemont
Nach dem großen Sterben – Teil 31
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