Die afrikanischen Schwestern

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Die afrikanischen Schwestern

Die afrikanischen Schwestern

Yupag Chinasky

Seine Besuche wiederholten sich. Er kam nicht täglich, in der Regel zweimal die Woche, selten dreimal, immer zur selben Zeit, immer um die Mittagszeit, niemals am Nachmittag oder abends oder gar nachts und auch nie am Wochenende. Alle Einladungen an Nancy, zusammen auszugehen, auch zusammen mit ihren Schwestern, wenn es denn sein müsse, lehnte sie beharrlich ab, schließlich gab er es auf, sie umstimmen zu wollen. Sie wollte eigentlich nur zwei Dinge von ihm, wenn man von dem gemeinsamen Essen einmal absieht. Sie wollte immer das eine, immer sofort und ohne Umwege und so kamen sie denn auch sehr rasch zu dem eigentlichen Anlass seines Besuchs. Ihr Zusammensein lief quasi immer nach demselben Schema ab. Nicht dass er jedes Mal diesen Superorgasmus wie beim ersten Mal hatte, manchmal musste sich Nancy arg bemühen und mit intensiver Handarbeit ihn zu seinem Glück zwingen. Manchmal war selbst das vergebens, aber er war nun mal nicht mehr der Jüngste und froh, dass die Liebesspiele überhaupt noch so gut klappten. Und auch Nancy verhielt sich nicht immer gleich. Manchmal war sie richtig wild und euphorisch, aber oft schien es ihm, dass sie nur ihre Arbeit erledigte. Er nahm jedoch das Resultat ihrer Aktivitäten genau so hin, wie seine Disposition und auch Nancy beklagte sich nie, selbst wenn sie sich einmal länger mit ihm beschäftigen musste als üblich. Auch für das afrikanische Essen, das für ihn so problematisch war, fand sich eine Lösung. Die ersten Male hatte Nancy gekocht, immer ein ähnliches Zeug, das ihm zu langweilig oder zu scharf, jedenfalls meist ungenießbar erschien. Doch dann kam ihm eine Idee und er schlug vor, dass Betty, die ohnehin im Flur oder draußen warten musste, in den Supermärkten und Fast-food-Läden der Umgebung Essen kaufen sollte, Döner, Pizza, Pommes, Spagetti, Sandwiches, alles, was es so gab, was man problemlos zubereiten konnte. Für ihn sollte sie auch mal eine Bratwurst oder einen Fleischkäse mitbringen und eine Flasche Bier, während die Schwestern mit einer großen Flasche Cola glücklich waren. Er gab Betty 30 Euro und sagte ihr, sie solle ungefähr 20 Euro für das Essen und die Getränke ausgeben, den Rest könne sie behalten, als Lohn für ihre Arbeit. Betty war begeistert, vermutlich verdiente sie zum ersten Mal in ihrem Leben eigenes Geld. Sie übernahm diese Aufgabe nicht nur gern, sondern bewies auch ein gutes Gespür für die Einkäufe, denn es gelang ihr, das Essen abwechslungsreich zu gestalten und sie überzog auch nie ihr Budget und wollte mehr haben. Die gemeinsamen Mahlzeiten wurden von allen geschätzt und zogen sich eine ganze Weile hin, aber spätestens anderthalb Stunden nach seinem Kommen verließ er die Schwestern wieder. Er war eigentlich immer zufrieden und glücklich und nahm den Eindruck mit, dass auch sie auf ihre Kosten gekommen waren.
Während Betty einkaufen ging, hätte Mona alleine außerhalb der Wohnung warten sollen. Das wollte sie aber nicht, sich weigerte sich, hinauszugehen, während er sich mit Nancy im Bett vergnügte. Es musste wohl zu einem Disput zwischen den Schwestern gekommen sein, denn bei seinem nächsten Besuch machte Nancy einen Vorschlag, der ihn erneut in Erstaunen versetzte. Er solle es doch einmal mit ihrer Schwester versuchen, mit Mona schlafen, statt mit ihr, aber nur mit Mona. Wenn er es wagen würde, Betty anzufassen, würde sie ihm die Eier abschneiden, das schwöre sie. Betty sei noch Jungfrau und solle es bleiben, bis sie einen guten Mann für das ganze Leben fände. Aber bei Mona sei es anders, die sei keine Jungfrau mehr und deshalb könne sie durchaus etwas zu ihrem gemeinsamen Lebensunterhalt beitragen und nicht ihr, Nancy, die ganze Arbeit überlassen. Er horchte auf, als Nancy das sagte. Nicht nur, dass sie ihm ihre eigene Schwester anbot und deswegen wohl nichts dagegen hatte, dass er es mit Mona trieb, es vielmehr ausdrücklich wollte, sondern als sie von „der ganzen Arbeit“ sprach. Er vermutete, dass die drei Schwestern in erster Linie von seinem Geld lebten, das ja einigermaßen regelmäßig floss. Er war sich allerdings nicht sicher, ob sie nicht auch noch andere Männer empfingen. Warum dieser exakte Zeitplan? Warum die Weigerung, wenigstens manchmal zusammen auszugehen? Von irgendeiner anderen Art von Arbeit, dem sie nachgingen, hatte er nie gehört und auch nie etwas bemerkt, was darauf hindeuten würde. Andererseits waren sie immer knapp bei Kasse, und wenn ihr Geschäft blühen würde, müsste er manchmal etwas mehr Wohlstand sehen, dachte er. Doch als er Nancy fragte, wie es mit anderen Männern stehe, reagierte sie höchst empört. Er sei der einzige Mann, der in ihrem Leben eine Rolle spiele, zwar nicht ihr „boy friend“, aber ihr „temporary lover“ und er sei sehr wichtig für sie und er sei der Einzige, sonst sei keiner da, auch nicht für ihre Schwestern. Ob es sie denn nicht störe, wenn er mit Mona schlafen würde, wollte er noch wissen. Sie sah ihn erstaunt und ein wenig verunsichert an, als ob ihr dieser Gedanke noch nie gekommen wäre, und fragte nur, „why should it.“

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