Die afrikanischen Schwestern

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Die afrikanischen Schwestern

Die afrikanischen Schwestern

Yupag Chinasky

Er sah sie das erste Mal im Kaufhaus, als sie direkt vor ihm, drei Stufen entfernt, auf der Rolltreppe stand, das heißt etwa ein Meter vor ihm und einen halben Meter höher als er. Seine Augen waren fast auf gleicher Höhe wie ihr Hintern und er hatte genau so lange Zeit, diesen Hintern anzustarren, wie eine Rolltreppe brauchte, um die Kundschaft von der Damen- in die Herrenmode zu befördern. Sie war ihm vorher nicht aufgefallen, er hatte auch nicht gemerkt, wie sie die Rolltreppe betreten hatte. Seine Gedanken mussten irgendwo weit weg gewesen sein und seine Blicke waren seinen Gedanken gefolgt. Erst jetzt, als er direkt hinter ihr stand, sah er sie, wenn auch nur von hinten. Er sah ihre dunkelbraunen Beine in schwarzen Netzstrümpfen, schlanke Beine jedoch mit ausgeprägten Waden. Auf der linken Wade ein kleines, aber deutlich sichtbares Loch, besser gesagt, eine Störung der Symmetrie der groben Maschen und an den schmalen Füßen sah er die kleinen Söckchen und die staubigen, abgetretenen Sandalen. Vor allem aber sah er ihren Hintern, einen famosen, wohlgeformten Hintern, dicht vor seiner Nase, besser gesagt vor seinen Augen. Einen Hintern, nicht zu groß und nicht zu klein, gut proportioniert und perfekt gerundet in einem sehr engen, sehr kurzen, hellblauen Jeansrock. Der Rock endete viele Zentimeter über den Knien, was alleine schon bemerkenswert wäre, aber zwei andere Dinge fielen ihm noch besonders auf. Zum einen der Reißverschluss, ein einfaches Modell aus blankem Aluminium, der den oberen Teil des Rocks in zwei symmetrische Hälften teilte. Zum andern ein kleines, aber deutliches rotes Dreieck, das dadurch entstand, dass dieser Reißverschluss oben nicht ganz schloss und so zusammen mit einem schmalen, schwarzen Gürtel aus Plastik dieses Dreieck bildete. Der Gürtel war eigentlich gar nicht erforderlich, denn der Rock hätte wegen des Hinterns und der Hüften, die ihn voll ausfüllten, gar nicht rutschen können. Aber er war nun mal da und ein wichtiger Bestandteil dieses roten Dreiecks auf diesem sagenhaften Hintern, das vor seinen Augen schwebte und seinen Blick magisch anzog und ihn fast noch mehr faszinierte, als die wunderbaren Rundungen. Die Farbe, dachte er, kommt von ihrem Slip oder vielleicht auch von einem Hemdchen, das sie unter der Bluse trug? In den wenigen Sekunden, die er hinter der Frau auf der Rolltreppe stand, nahm ihn der Anblick des kleinen roten Dreiecks so gefangen, dass sein Blick kaum höher wanderte, dass er schon die Bluse gar nicht mehr richtig wahr nahm, weder die Form noch die Farbe, nur die nackten Arme fielen ihm noch auf, dunkelbraun wie die Beine in den Netzstrümpfen. Dann war die Frau oben angekommen und verschwand sofort in der Menschenmenge. Ihr Gesicht hatte er nicht gesehen, es war die ganze Zeit von ihm abgewendet. Mit einem letzten Blick erhaschte er nur noch ihre Haare, halblange, schwarze, glatte Haare.

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