Alessia war von ausgesprochen zierlicher Gestalt. Wie sie so an ihrem Frühstückstisch sass, in ihrem blauen, fliessenden Nachthemd und versonnen ihren Joghurt löffelte, hätte sie ein wundervolles Gemälde abgegeben. Die Morgensonne leuchtete in Alessias Locken, und ihre Stupsnase war das Tüpfelchen auf dem „i“. Sie schenkte sich Kaffee nach, während im Hintergrund die Nachrichten liefen. Das „one and only“ Thema war der Jahrestag des Kriegs in der Ukraine – bis heute surreal, bis heute unfassbar. Alessia war Historikerin. Nun ist es so, dass es Historikerinnen, in dieser Menge, in der es sie gibt, im Grunde nicht braucht. Was die Welt braucht, so das Statement eines ihrer Mentoren, sind Visionen, eine Zukunftssicht. Die scharfsinnige Alessia war allerdings der Meinung, dass Visionen nur auf bestehender, gut erforschter Historie entwickelt werden können. „Sonst“, so pflegte sie in Diskussionen zu behaupten, „ist es so, als würde ich einen Berg besteigen – und jedes Felsstück, auf dem ich gerade gestanden bin, bricht ab und donnert ins Tal“. Alessias Rhetorik war kaum jemand gewachsen.
Aber eben... weil es nicht so viele Historikerinnen braucht, wie es sie gibt, werden sie ubiquitär eingesetzt. Sie arbeiten im achten Untergeschoss der Grossbibliotheken, blass gemacht vom Neonlicht, das die dort archivierenden Historikerinnen zu bedeutungslosen Mäuschen verkommen lässt. Sie arbeiten, wenn es hochkommt, als Direktorinnen von Grundschulen und unterrichten nebenbei Deutsch, Staatskunde und textiles Gestalten. Auffallend viele Historikerinnen flechten sich Zöpfe ins Haar, eventuell, um zeitlos zu erscheinen, zeitlos auf dem unaufhörlich sich dehnenden Strahl der Zeit reitend. Historikerinnen arbeiten sich auch an der Aldi-Kasse ab – vor allem dann, wenn es sich um allein erziehende Mütter handelt, die auf einen sicheren Job mit einigermassen stabilem Einkommen angewiesen sind.
Alessia arbeitete im Buchhandel. Sie hatte sich die aus ihrer Sicht interessanteste Buchhandlung der Stadt ausgesucht, ein Gebäude mit ungezählten Winkeln, Nebentreppen, Wendeltreppen, kleinen Fensterscheiben und endlosen Reihen von Büchern, die gekauft und gelesen werden wollten. Wer in der Buchhandlung „Gaudeamus“ arbeitete, hatte das Glück, dies im Rotationsprinzip tun zu dürfen. In der einen Woche ging es um das Sortiment im English Bookshop, in der nächsten um die Comic-Abteilung, in der übernächsten um den grössten Verkaufsraum, den Raum mit der Belletristik. Dort wurde man von Abiturient:innen bestürmt, die sich rund um ihre Pflichtliteratur schlau machen wollten. Alessia war, wie bereits gesagt, eine hübsche, zierliche Frau, die sich schon fast gar tänzerisch an die Kund:innen heranpirschte, ohne aufdringlich zu wirken. Sie wirkte derart offen, dass es den Kunden nie schwer fiel, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Ob sie nun Schätzing suchten, oder Fitzek, oder Sarah Pearse – Alessia hatte immer eine Antwort bereit und wusste dank ihres fotografischen Gedächtnisses genau, wo was zu finden war. Natürlich entging es ihr nicht, wie gerade ältere Herren ihre Figur taxierten, Alessias zierliche Figur, die in den klein geblümten Kleidern, die sie meistens trug, alle hypnotisierte, denen der Sinn nach frisch aussehenden, etwas unsicheren und doch im Leben stehenden Frauen stand. Bis zur silbernen Haarspange war Alessia ein Magnet.
Das war auch dem Chef der „Gaudeamus“ Buchhandlung nicht entgangen. Herr Galenz war ein veritabler Chef, und er war ein veritabler Geniesser. Zum Chef sein gehört diese gewisse natürliche Autorität, über die Galenz, und das war sein Schicksal, nicht verfügte. Er war kleinwüchsig. Zeit seines Lebens beeinträchtigt, hatte er zu den Schülern gehört, die man in den Besenschrank schloss, über Nacht, und die keiner vermisste. Alois Galenz' Vater war dauerbesoffen, seine Mutter verdiente ihr Geld sauer auf dem Strich und hatte andere Sorgen, als sich um ihren kleinwüchsigen Sohn zu kümmern. In der Regel bleiben Kleinwüchsige auf der Strecke, oder sie heuern in einem Zirkus an. In ganz seltenen Fällen hangeln sie sich hoch, in die Chefetagen der Normalwüchsigen, die aber selbst dann auf sie herabschauen würden, wenn sie es zum russischen Präsidenten, zum Papst oder zu einem andern Diktator brächten.
Schafft es einer wie Galenz, bleibt der Charakter auf der Strecke. Zynismus, Unberechenbarkeit und der ewiglich währende Motor eines unermüdlichen Ehrgeizes gehören zum Repertoire – und somit war Galenz alles andere als ein angenehmer Mensch. Er lebte allein, und zwar am Arbeitsplatz. Sein Arbeitsplatz befand sich zuoberst in seiner Buchhandlung, in einem opulenten Glasbau, der eine weitschweifige Sicht über die ganze Stadt ermöglichte. So konnte Galenz, der Kleinwüchsige, auf alle und alles herabschauen. Alles war seiner Körpergrösse angepasst, der blankpolierte Arbeitstisch genau so wie die Stühle im Raum. Selbst die Bilder an den Wänden hatte er tief hängen lassen, denn er wollte sie betrachten und lieben können, die Bilder. Nur er. Scheiss auf die andern.
So war Galenz. Was ihn ebenfalls ausmachte, war seine aggressive Lust auf Frauen. Junge Frauen. Buchhändlerinnen hätte er zum Frühstück verspeist, würden wir denn in einer Kannibal:innenkultur leben, was wir glücklicherweise nicht tun. Also verspeiste Galenz die Frauen symbolisch. Ihm stand, so fand er, ein „jus primae noctu“ zu. Er war der Chef und verfügte über das unabdingbare Recht, jede der Frauen, die bei ihm arbeiteten, nackt zu sehen, bevor er sie anstellte.
Natürlich führte das im #metoo Zeitalter zu Irritationen. Das heisst, es hätte zu Irritationen geführt, wenn auch nur eine der jungen Frauen die Medien eingeschaltet hätte. Sie waren aber allesamt dermassen froh, in der interessantesten, am meisten verwinkelten Buchhandlung der Stadt, und erst noch im Rotationsprinzip, arbeiten zu dürfen, dass keine von ihnen Galenz verriet. Am Ende des Vorstellungsgesprächs zogen sie sich vor Galenz' glitzernden Augen schweigend aus, zeigten ihm ihren Körper und schlüpften alsbald wieder in Slip, BH, Jeans, Shirt oder Rock. Nix dabei. Galenz berührte die Frauen nicht. Er wollte nur schauen.
Auch Alessia hatte sich, wenn auch sehr zögernd und mit Tränen in den Augen, vor ihm ausgezogen, und Galenz hatte kommentarlos abgewinkt. „Zieh Dich wieder an, alles gut, Du hast den Job“. So seine averbale Aussage gegenüber Alessia, der hübschen Historikerin und Buchhändlerin.
Seit bald drei Jahren arbeitete Alessia nun schon in der „Gaudeamus“ Buchhandlung, und das Rotationsprinzip verlieh ihr immer wieder einen neuen Kick – auch dann, wenn sie einen Monat lang in der nicht wirklich aufregenden Jahreskalender-Abteilung arbeiten musste.
Dann kam die Einladung. Alessia hatte im Pausenraum zwei Kolleginnen zugehört, die sich hinter vorgehaltener Hand von Galenz' Dachparty erzählt hatten, von der Dachparty, die einmal jährlich, im August, stattfand – über den Dächern der Stadt. Galenz' Wohnung, die sich direkt neben seinem von Glas umgebenen Office befand, gab alles her, was auf dieser Welt als Luxus bezeichnet werden kann. Während die Buchhändlerinnen nur spärlich verdienten, bereicherte sich Galenz an unzähligen Mandaten, die mit dem Buchhandel im Zusammenhang stehen. Verlage bezahlten ihm Geld, wenn er ihre Neuerscheinungen ins Schaufenster stellte – und Galenz wusste sehr wohl, dass 90 % der Publikationen, die etwa auf der Frankfurter Buchmesse zu bewundern sind, direkt in dunklen Lagern landen und eventuell nie mehr das Tageslicht erblicken – es sei denn, jemand bestelle zufällig online ausgerechnet das Lebenswerk einer Gunhild Mayr oder eines Stronzo Pippino, einem italienischen Pornoschriftsteller, der unter Pseudonym publiziert und in Wahrheit eine Frau ist.
Galenz' Dachparty, und Alessia mit dabei. Ihr ereignisarmes Leben war von einem Tag auf den andern komplett aufgewühlt. Sie ging zum Friseur. Kaufte Mascara. Testete vor dem Wandspiegel ihre gesamte Garderobe durch. Schlüpfte in High Heels. Das Risiko, ihre Füsse könnten abknicken, war ihr allerdings zu gross. Alessia hatte dermassen schöne und zierliche Füsse, dass sie am Pool auf Galenz' Dach auch barfuss würde gehen können.
Es war eine laue Augustnacht, die Sterne schienen zum Teil in Regenbogenfarben, was dem LSD zu verdanken war, das Galenz in die Drinks zu mischen pflegte. Überhaupt kannte der Chef der „Gaudeamus“ Buchhandlung keine Grenzen, wenn seine Party stieg. Alles, auch k.o. Tropfen, war erlaubt. Koks-Linien waren nicht nur gestattet, sondern deren Konsum ausdrücklich erwünscht. Je geiler die Leute wurden, desto besser. Kam die Belegschaft an Galenz' Dachparty so richtig aus sich heraus, konnte er die Leute in den Folgewochen problemlos erpressen, etwa wenn es darum ging, die unbeliebten Abenddienste abzudecken. „Ich habe da ein Bild von Dir, Schätzchen, und das könnte Deinen Freund interessieren“.
Es verstand sich von selbst, dass die Angehörigen der Belegschaft ausgeschlossen waren. Man feierte unter sich, Angestellte unter Angestellten.
Galenz umgab sich am liebsten mit seinen Frauen, all den Buchhändlerinnen, aber er verachtete auch die eine oder andere wohlgenährte spanische Reinigungsfrau nicht. Natürlich waren auch Männer mit von der Partie – die Techniker, der Koch und die Transporteure. Allesamt von Galenz sorgfältig ausgesucht, denn er selbst verströmte nicht wirklich eine prickelnde Aura. Umso mehr aber Karim, der Weissrusse, oder Boumedien, der Togolese, ganz zu schweigen von Ulf aus Berlin, dessen Ständer nie müde wurde.
Was die ahnungslose Alessia, die am Pool sass und einen bunten Drink süffelte, nicht wusste: An jeder von Galenz' Dachpartys wurde eine Frau bestimmt – eine Frau, die man um den Verstand bumsen würde. Galenz mochte es ungemein, wenn eine Frau ganz allmählich den Verstand verlor – nachdem sie sich fein gemacht hatte, nach Parfum duftete, beim Friseur gewesen war und Mascara aufgetragen hatte. Die Party würde sie geläutert verlassen, halbnackt, mit pulsierendem Unterleib, beschwipst und so bedröhnt, dass sie nicht mehr wusste, wo sie ging und stand, so bedröhnt, dass sie am nächsten Tag fast alles vergessen haben würde.
Boumedien setzte sich neben Alessia und legte ihr zärtlich den Arm um die Schultern. Alessia empfand das keineswegs als übergriffig, kannte sie doch den freundlichen Togolesen seit Jahren. Zufrieden zwinkerte Galenz, der Chef, mit seinen kleinen, listigen Schweinsaugen. Dann rutschte Boumedien in den Pool. Er trug bloss Shorts und ein dünnes Hemd, das er nun lachend auszog. Tatsächlich gelang es ihm, Alessia in den Pool zu locken. Sie streifte sich ihr Kleid über den Kopf, weil das viele andere Frauen auch getan hatten. Noch war die Situation unter Kontrolle, ein bisschen Geschmuse hier, ein bisschen Gefummel da – aber alles ganz normal eigentlich.
Dann kniete sich Galenz, der Chef, an den Poolrand und hielt Alessia einen bunten Drink entgegen. Wegen seiner geringen Körpergrösse hätte er beinahe das Gleichgewicht verloren und wäre ins Wasser gestürzt. Der Rand des Partyglases war mit einem Zuckerrand verziert, Zucker, mit einer Entspannungsdroge versetzt. Es dauerte nicht lange, und Alessia wurde weich wie Butter. Sie lachte sich ab irgendwelchen Lappalien halbtot, und Galenz konnte seine Erektion kaum mehr verbergen. Drei gutaussehende junge Männer drängten sich um Alessia, griffen ihr unter die Arme, als sie im geheizten Pool versinken wollte, berührten sie immer öfter auch an expliziten Stellen. Alessia liess es zu. Viel zu lange hatte sie auf körperliche Berührung verzichtet, wusste kaum mehr, was eine Libido, körperliche Begierde, wirklich war. Lachend gab sie sich den Männern hin. Wie ein Chamäleon beobachtete Galenz jede ihrer Bewegungen. Als Boumedien ihr den BH mit einer geschickten Bewegung auszog, verdeckte Alessia allerdings schamhaft ihre Brüste – ganz anders als die Frauen um sie herum, die bereits splitternackt waren und sich am Poolrand, aber auch im Pool selbst, hemmungslos vögeln liessen. Die Sexparty vor Alessias geweiteten Augen hatte begonnen.
Alessia wusste nicht, wie ihr geschah. Da war die brave Heidi, die Frau an der Kasse, komplett von der Rolle, mit feuerrotem Gesicht und offenem Haar, die Brille lag irgendwo im Pool. Sie ritt auf Ulf aus Berlin, Ulf mit dem nie ermüdenden Ständer. „Oh Gott“, schrie Heidi das eine über das andere Mal, „Oh Gott!!!“. Alessia wusste nicht recht, was sie davon halten sollte, aber sie war schon viel zu angenuckelt, um die gezielten Berührungen von Boumedien abzuwehren.
„Sie gehört mir“. Die entschiedene Stimme des Chefs. Galenz liess seine ganze Autorität wirken. Er wollte Alessia, und er wollte sie jetzt. Seine geringe Körpergrösse machte es ihm schwierig, die Frauen locker aus dem Stand zu nehmen – wäre er in den Pool geglitten, die Wasseroberfläche wäre über ihm zusammengeschwappt. Zudem war Galenz wasserscheu. Boumedien stieg aus dem Becken und legte eine bunte Matte an den Beckenrand. Noch immer flimmerten die Sterne – für die Anwesenden mittlerweile in Farben, die noch nie beschrieben worden sind. Dann trat Karim, der hünenhafte Weissrusse, in Aktion. Er fasste Alessia an den Händen und zog sie aus dem Wasser. „Eine aus dem Wasser Gezogene“, bemerkte Galenz geniesserisch, legte sich rücklings auf die Matte, streifte seine Shorts ab und liess seinen Schwanz aufragen. Jahr für Jahr fragten sich diejenigen, denen Galenz' Sexparties bereits in Fleisch und Blut übergegangen waren, ob Galenz eigentlich über ein überdimensionales Gemächt verfügte – oder ob es sich um eine optische Täuschung handelte, weil der Mann ja kleinwüchsig war. Aber viel Zeit für solcherlei Gedanken blieb nicht. „Gebt mir die Frau“, lallte Galenz und fixierte Alessia, die, nur noch mit ihrem Slip bekleidet, vor ihm stand.
Alles, was sie bisher intus hatte, trug dazu bei, dass Alessia bereit war. Mehr als bereit. Mehr als bereit, sich bumsen zu lassen – wenngleich auch nicht unbedingt direkt von Galenz, dem Chef.
Nach längerem Zögern liess sie sich aber auf das Spiel ein und streifte ihren Slip ab. Alessias hübsche Vulva entging niemandem, Alessia wurde von allen Seiten fotografiert. Dann stellte sie sich über Galenz' Lustbolzen und tat das, was Dutzende von Frauen vor ihr auch schon getan hatten: Zu Ravels „Bolero“ senkte sie ihr Becken auf das steif aufragende Gemächt ihres Chefs. Sie krallte sich an der Matte fest, auf der Gaudenz lag, und begann, erst sachte, dann immer intensiver, mit dem schönsten und feierlichsten Ficktanz, der je zelebriert wurde. Galenz konnte seine Hüften ruhen lassen – die eigentliche Arbeit verrichtete Alessia, die Historikerin. Rhythmisch kreisende Alessia-Hüften. „Oh mein Gott...“, stöhnte Galenz das eine übers andere Mal. Alessias Verstand hatte sie bereits nach dem zweiten bunten Drink verlassen. Jetzt aber kam sie sich vor wie ein Teil eines Gottesanbeter-Pärchens, das so lange vögelt, bis das Weibchen dem Männchen den Kopf abbeisst.
Es war mit einem Mal totenstill. Die Sterne verharrten beobachtend im Nachthimmel. Von Fern war eine Ambulanz zu hören. Hell und magisch gleisste die Verglasung von Galenz' Büro. Alessia vögelte sich um den Verstand und wurde von ihrem Chef um den Verstand gevögelt. Eine Historikerin, deren Gehirn ausgeschaltet ist, eine Historikerin, bei der nur noch eines zählt: Ihr graziler Körper. Ihre niedlichen Titten. Ihre geschwungenen Schultern. Ihr kleiner runder Popo. Für den geneigten Beobachter, ihr Anus. Alessias Fusssohlen.
Unzählige Smartphones hielten den Moment fest, in dem Galenz seinen Schwanz in Alessias Poloch versenkte. Sie hielt einen Moment inne, um Galenz' Gemächt in ihr hinteres Pförtchen aufzunehmen – dann kam noch mehr Hitze in die junge Frau, zur Freude aller. Endlich kam es auch zum eruptiv-geilen Orgasmus von Galenz, dem Chefbuchhändler, König aller Kleinwüchsigen.
Und alles war gut.
Alessia wird um den Verstand gebumst
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Prickelnde Geschichte
schreibt raffy