Nach dem Lied „All these years“ von Sawyer Brown.
‚Ich werde José umbringen.’ Nachdem ich den ganzen Vormittag damit verbracht hatte, die Druckmaschine wieder in Gang zu bringen, damit die Samstagsausgabe der Morgenpost pünktlich erscheinen konnte, lud mich mein Chef zum Essen beim Mexikaner ein. Eigentlich wollte ich nur ein Brötchen essen, da Maike abends für mich kochte.
‚Aber nein, mein knurrender Magen ließ sich zu schnell überzeugen. Oh, wie ich das bereute.’
Irgendetwas musste in Josés Küche mit dem Chili schiefgelaufen sein. Jetzt lag mir das Essen wie ein Stein im Magen. Die Krämpfe waren kaum noch auszuhalten. Schweißtropfen standen mir auf der Stirn, als ich zum Telefon griff.
„Jens, komm’ rauf, schreib du den Bericht. Ich muss nach Hause, mir ist nicht gut.“
„Carsten, du arbeitest zu viel und außerdem lebst du ungesund. Kennen dich deine Leute zu Hause überhaupt noch?“ Jens schob mich mit einem
„ ... Und fahr vorsichtig, is Scheißwetter draußen“, aus der Tür.
Jetzt war mir nicht nur kotzübel, sondern mit meiner Stimmung ging es auch noch bergab. Jens’ Bemerkung traf einen wunden Punkt. Seit dem Betriebsfest vor einem Jahr, bei dem ich mich hemmungslos unter den Tisch gesoffen hatte, konnte sich jedermann ein Bild vom Zustand meines Familienglücks machen. Es war mir ziemlich peinlich, von der eigenen Frau ins Auto gezerrt zu werden. Aber das war nicht das Einzige. Ich bekam nicht nur am nächsten Tag die Leviten gelesen, sondern es herrschte für Wochen eine betäubende Einsilbigkeit im Haus, wenn überhaupt ein Wort gesprochen wurde. Gut, dass ich meine Arbeit hatte.
‚Ob Maike schon zu Hause war?’
Ihr Auto war in Reparatur, aber es fuhren regelmäßig Busse über Land. Einkaufen wollte sie und dann zu ihrem VHS-Kochkurs, wie jeden Freitag. Normalerweise wäre ich erst um Sieben zu Hause, aber heute, dank Josés Kochkünsten, schon zwei Stunden früher. Ein Kamillentee und mit einer Wärmflasche auf dem Bauch würde ich es auf der Couch aushalten, bis Maike aus der Stadt zurück kam. Ruhe tat bestimmt gut. Vielleicht ging es mir danach besser.
Unsere Kinder waren in einem Alter, in dem sie mehr Zeit bei ihren Freunden verbrachten, als zu Hause. Maike hatte große Mühe die entstandenen Löcher im Tagesablauf zu stopfen. Zwar gab es in den Sommermonaten Arbeit und Abwechslung durch unsere Ferienwohnung im umgebauten Stallgebäude des Hofes, aber in dieser Jahreszeit verirrten sich kaum Touristen in unsere Gegend. Maike beschwerte sich oft darüber, dass sie nicht mehr ausgelastet sei. Die Langeweile würde sie auffressen. Diese Langeweile spürte ich gelegentlich.
Schließlich fand sie im Katalog der Volkshochschule einen Kochkurs für asiatische Küche. Da sie auch mit ihrem Laptop gut umgehen konnte, druckte sie die Ergebnisse ihrer Kochkünste auf fantasievolle Speisekarten, die sie dann für mich an den Kühlschrank heftete.
Heute würde ich sie enttäuschen müssen, denn mein rebellierender Magen zeigte sich jedem Versuch von Nahrungsaufnahme gegenüber feindlich.
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She likes adventure with security
And more than one man can provide
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Nach der endlosen Geraden, vorbei an den monströsen Windparks, tauchte endlich der Ortsrand unseres Dorfes auf. Alte Bauernhäuser duckten sich hinter dem Deich und die schwere Brise fegte über die Dächer. Die blattleeren Äste der Trauerweiden, die die Einfahrt unseres Hofes säumten, peitschten das Dach des Hauptgebäudes. Eigentlich wollte ich sie schon lange gefällt haben und durch Hecken ersetzen, aber die örtliche Naturschutzbehörde bestand auf die Rechte der alten Bäume.
‚Vielleicht schneide ich ich sie vor der nächsten Vegetationsperiode einfach gut zurück, dann machen sie nicht mehr so viel Dreck. Wenn sie dadurch eingehen würden, wäre mir das auch recht.’
Als ich in die Einfahrt bog, bemerkte ich einen silbergrauer BMW vor meiner Garage.
‚Oh, vielleicht doch ein Gast, der die „rauhe Zeit“ bei uns an der Küste schätzte. Aber warum hatte mir Maike nichts gesagt?’
Ich fuhr auf den Gästeparkplatz hinter dem Haus. Der Weg durch den Hintereingang war sowieso der kürzeste zu einer komfortablen Toilette. Mein Magen brachte sich zunehmend in Erinnerung.
Der Regen ließ nach. Als ich die Hintertür öffnete, roch ich schon das Abendessen.
Sie war also doch schon zu Hause.
Der Duft von exotischen Gerüchen verursachte bei mir diesmal kein Wohlbefinden und ich beschleunigte meinen Schritt zur Toilette. Als ich an der Küche vorbeikam, stand ihr Laptop zugeklappt auf dem Tisch und am Kühlschrank hing die Speisekarte für heute Abend. Von ihr war weder etwas zu hören noch zu sehen. Auch aus dem Kellergeschoss, wo wir einen Fitnessraum eingerichtet hatten, tönte keine Musik herauf. Sie nutzte ihn immer, wenn sie mit ihrer Hausarbeit fertig war. Deshalb sah man ihr die dreiundvierzig Jahre nicht an. Sie konnte leicht mit jeder zehn Jahre jüngeren Frau mithalten. Auch die Geburten unsere Kinder hatten keine sichtbaren Spuren an ihrem Körper hinterlassen.
Bevor wir uns kennenlernten, war sie als Leichtathletin sehr aktiv und wäre fast in den Olympiakader gekommen, hätte sie sich in der Vorbereitung nicht so schwer verletzt. Sie kam darüber hinweg und konzentrierte sich auf ihr Studium. Sie studierte für ein Lehramt und wollte anschließend als Sonderpädagogin arbeiten. Ich glaube, ihre Entscheidung wurde durch ihren Bruder beeinflusst, der geistig behindert war und dem damals nicht die Möglichkeiten der Rehabilitation offen standen, wie sie heute zur Verfügung stehen.
Ich dachte nicht weiter darüber nach, wo sie sein konnte, als ich den Türgriff zur Toilette niederdrückte. Sie erledigte ihre Tagesroutine und diese fand ohne mich statt. Das war für mich kein Grund zur Besorgnis. Ich schätzte die Selbständigkeit meiner Frau. So, wie das Wasser existierte, oder die Luft, die wir einatmeten. Selbstverständlichkeiten, die niemand in Frage stellte.
- Und gleichzeitig war es nicht so. -
Geräusche drangen aus dem Obergeschoss. So intensiv, dass sie mich in meinem Vorhaben stoppten. Vertraute Töne, wie das Knacken der Dielen, das Ticken der Standuhr, oder das Gluckern in den Rohren der Heizung. Nach einer gewissen Zeit kannte man sie alle. Sie gehörten zum Leben, waren Bestandteil der Atmosphäre, die uns umgab und zu unserem Wohlbefinden beitrug.
Lustvolles Stöhnen einer Frau, ab und zu unterbrochen von einem Grunzbariton.
‚Das fremde Auto vor meiner Garage!’, jetzt ergab es einen Sinn. Kein Späturlauber. Kein Einbrecher, der so doof gewesen wäre, sein Auto so auffällig abzustellen. Ein Einbrecher war es, aber in einem anderen Sinne. Er brach in mein Leben ein.
Die Tür stand einen Spalt breit offen und ich konnte in der Dunkelheit nur Schatten ausmachen, die sich unter der Decke bewegten. Ich glaube, sie ahnte, dass ich da war, noch bevor ich den Lichtschalter betätigen konnte. Ich registrierte eine rhytmische Bewegung über ihr. Das sanfte Stöhnen veränderte sich, klang einen Moment lang wie ein Klagelaut.
„Carsten ...“, ein Aufschrei kam aus ihrem Mund. Dem Mund, den ich mehr als tausend Mal geküsst hatte. Im grellen Licht der Beleuchtung, feuerrot von den Küssen des fremden Mannes. Des Mannes, der sich in geschmeidigen Bewegungen über meiner Frau auf und ab bewegte. Ich war nicht fähig, auch nur ein Wort zu sagen. Mein Magen, meine Därme brachten sich schmerzhaft mit einer Umdrehung in Erinnerung.
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She said, „You’re not the man you used to be ...“
He said, “Neither is this guy …”
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Nein, ich war nicht mehr der Mann, der ich einmal war. Jetzt wusste ich, warum mich am Morgen ein schlechtes Gefühl befallen hatte.
Zehn Kilo schwerer, auf dem Kopf deutlich weniger Haare, dafür umso grauer. Meine Hände schwielig von der Arbeit. Der Mann, den sie damals geheiratet hatte, war jung, sportlich und liebte das Abenteuer. Diesen Mann hatte Maike den anderen Frauen vor der Nase weggeschnappt.
Jetzt stand ich hier in der Tür, dachte daran, wie oft ich mit den Kollegen ein Bier nach der Arbeit trank und keinem Streit aus dem Weg ging. Der gleiche Mann ließ Maike im letzten Jahr vor dem heiligen Abend allein zu Hause, verbrachte die Nacht in einem Hotel, um über Möglichkeiten einer Trennung nachzudenken. Der gleiche Mann kam mit schlechtem Gewissen nach Hause zurück, um nicht zu verpassen, wie die Kinder die Geschenke auspackten.
Nein, ich war nicht mehr der Mann, der ich einmal war und dieser schicke Jüngling mit dem erbärmlichen Zipfel zwischen den Beinen könnte es niemals sein. Davon war ich überzeugt.
Seine feindlichen Blicke schienen mich durchbohren zu wollen, als er sich das Hemd in die feine Anzughose steckte und seine Krawatte band. Ich würde nie so sein, wie er, der Mann, der in seine teuren Lederschuhe schlüpfte. Ich hatte nicht diese weichen Hände, nicht diesen Lebensstil. Ich wollte ihn auch nicht haben.
Was sah sie in ihm?
Ich beobachtete ihn sehr genau aus dem Türrahmen heraus, als er mir sein Gesicht zuwandte. Er konnte meinem Blick nicht standhalten, schaute schnell auf den Boden.
„Ich rufe dich an“, murmelte er in Maikes Richtung.
„Nein, das wirst du nicht“, ich versperrte ihm den Weg durch den Türrahmen, stützte mich mit beiden Händen ab.
„Was du jetzt tun wirst, bestimme ich. Und ich bestimme, dass du jetzt aus dem Haus gehst. Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dich einfach gehen lasse. Hau ab, solange du es kannst, wage dich nicht, meine Frau noch einmal anzufassen. Und solltest du ...“
Ich zog tief Luft ein, schluckte den Kloß in meiner Kehle, meine schwieligen Hände ballten sich zu harten Fäusten ...
„Wenn ich dich hier noch einmal sehe, höre, oder dich auch nur rieche, dass du dich in der Nähe meines Hauses, meiner Familie ...“
Ich ließ die Drohung unvollendet im Raum stehen und beobachte seine Augen, wie sie die Lücke zwischen Türrahmen und mir anvisierten.
Meine Arme sanken herunter, ich ging einen Schritt zurück, wies ihm den Weg Ich lud ihn ein, den Raum zu verlassen und unterdrückte mein Bedürfnis, ihn die Treppe hinunter zu stoßen. Hätte ich mit meinen Kollegen vorher ein Bier getrunken, vielleicht ...
Nein, er war es nicht wert, eine Anzeige wegen Körperverletzung zu riskieren. Ohne zurück zu schauen, glitt er an mir vorbei. Kein Wort, keine Geste der Entschuldigung.
Erst als ich die Haustür schlagen hörte, wendete ich mich Maike zu. Sie machte keinen Versuch, sich zu bedecken. Ihre Augen baten nicht um Entschuldigung, drückten nur unendliche Traurigkeit aus. Ich seufzte, setzte mich auf den Rand des Bettes und vergrub mein Gesicht in den Händen.
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All these years ...
Where have I been?
Well I’ve been down the road to work and home again …
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Sie konnte meine Frage nicht beantworten. Nur ein Wort, das so unheimlich schwer wog. „Warum?“
Lag es an mir? In welchen Moment hatte ich die Wende in ihrem Leben verpasst? Wo hatte ich versagt?
Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich mich zu ihr umdrehte und diese einfache Frage stellte. Auf einmal konnte ich sie spüren, die endlosen Tage, die Routine, die sich in mein Leben, unser Leben geschlichen hatte. Alles, was einmal gut war, verschwand im Nirgendwo.
Wer bestimmte, welchen Weg wir im Leben gehen sollten?
‚Verdammt, warum hatte mir das niemand gesagt.’
Der Standesbeamte, der Pfarrer, sie hätten es wissen müssen. Sie hätten mich darauf hinweisen können. In unserem Leben ist doch sonst alles so entsetzlich gut geregelt. Die Lippen meiner Frau bebten, ihre Hände krallten sich ins Bettlaken.
Die verschiedenen kleinen Dramen, die das Leben für uns bereithielt, brachten uns niemals aus der Spur. Jetzt fühlte ich die selben eisigen Stiche in der Brust, wie ich sie hatte, als sie mir von dem Knoten in der Brust erzählte oder als sie die schmerzliche Erfahrung einer Fehlgeburt machte. Das schlimmste Ereignis meines Lebens, war der Unfall unserer Tochter Klara, die damals ihrem Ball hinterher auf die Straße rannte und von einem Auto erfasst wurde, noch bevor ich sie zurück halten konnte. Sie hatte überlebt, aber die schwere Zeit danach, die langen Klinikaufenthalte, die Sorge um ihre Genesung, der Kampf mit den Ärzten um die Rezepte für ihre Rehabilitation und die Suche nach einem geeigneten Platz in einer Sonderschule.
War das der Punkt, an dem alles zerbrach, wie die blöde Tasse im Küchenschrank, ein Erinnerungsstück von Oma, das wir mit einem Superkleber zusammen klebten und immer hofften, dass der Kaffee nicht eines Tages aus dem Riss herauslief. Ich fing an, zu begreifen, dass der heutige Tag kein Resultat eines Naturereignisses war, wie die Winterstürme, die immer wieder mit Vehemenz an den Deichen nagten. Es waren eher die vielen kleinen, sanften Wellen, die den Sand der Küste stetig fortspülten. Ich glaube, man nannte dieses Phänomen Erosion. Hatten die Wellen des Lebens den Strand unserer Ehe weggespült, ohne dass wir es merkten?
Vor mir saß meine Frau, nackt. Ich wollte sie berühren. Ich wußte nicht, ob ich sie im Arm halten wollte, oder lieber schlagen. Ich wollte sie nur spüren, ihre vertraute, weiche Haut mit meinen Fingern berühren. Ich widerstand dem Drang, meine Hände umklammerten den Rand der Matratze, als ich ihr ins Gesicht schaute, merkte, wie es sich veränderte. Traurigkeit, Angst, Bedauern, Liebe.
So viel Liebe. Immer noch, nach all diesen Jahren.
„Maike, ich möchte nur wissen warum ...“
Der Damm brach. Das Leck führte zur Überschwemmung. Elemente kamen an die Oberfläche unserer Ehe, die ich niemals darunter vermutet hätte.
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All these years ...
What have I done?
I made your supper and your daughter and your son …
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“Kannst du dich an letztes Jahr erinnern, als meine Schwester anbot, im Sommer die Kinder zu nehmen?”, ihre Worte durchbrachen die schmerzhafte Stille.
„Was hat das mit uns zu tun?“, ich starrte sie verständnislos an.
„Kannst du dich erinnern, was du ihr damals geantwortet hast?“ Maikes Augen ließen mich nicht los, hielten mich gefangen. Mich, den Goldfisch in der Glaskugel, der an der undurchdringlichen Wand anstieß. Träumte ich, dass sie durchlässig wurde, oder war es nur die Pfote der Katze, die nach mir haschte, um mich aus dem Glas zu befördern?
Ich zuckte nur mit den Schultern.
Maikes Lippen zitterten und sie nickte.
„Du sagtest ihr, warum müssen wir in den Ferien irgendwohin fahren? Was ist daran falsch, wenn wir unseren Urlaub hier im Haus verbringen? Wir leben doch schon dort, wo andere Menschen Urlaub machen.“
„Willst du mir damit sagen, dass du nur mit dem Anzugheini in unser Bett gestiegen bist, weil ich nicht mit dir nach Teneriffa geflogen bin?“, ein Hitzeschwall strömte bis in meine Ohren, meine Hände krallten sich noch fester in die Matratze.
Maike seufzte, schloss ihre Augen, öffnete sie wieder und schaute an die Decke.
„Ich glaube, du willst mich nicht verstehen.“
„Ich denke, du hast jetzt meine ungeteilte Aufmerksamkeit“, schnauzte ich sie an.
Sie setzte sich auf, stemmte beide Arme hinter sich, ihre Augen funkelten.
„Gut, dann ist es jetzt an der Zeit.“
Ich brachte kein Wort mehr hervor. Es war so, als würde mir die Brust zugeschnürt. Ich holte tief Luft.
„Carsten ...“ , ihre Augen senkten sich und suchten den Kontakt. Die selben leuchtend blauen Augen, die mich tausende Male gefangen nahmen, aber dieses Mal hatte diese Geste eine neue Qualität, die mir fremd war.
„Wo warst du die ganze Zeit?“
Ich schüttelte meinen Kopf, um einen klaren Gedanken zu fassen. Was wollte sie von mir?
„An der Arbeit, wie jeden Tag“, dabei spulte sich die Szene, wo sie unter ihm lag, wieder in meinem Kopf ab.
„Ja, natürlich, wie konnte ich es nur vergessen“, seufzte sie.
Es schwang kein Sarkasmus in ihrer Stimme mit, eher Resignation. Ihre Worte trafen mich wie ein Messerstich in die Brust. Ich sank in mich zusammen. Sie rückte an mich heran.
Die Decke rutschte über ihre Hüfte und ihre Brüste wippten bei der Bewegung. Ich betrachtete ihre großen, braunen Aureolen. Die Brustwarzen thronten fest in deren Mitte und ich fragte mich, ob er wohl ihren empfindlichen Punkt am unteren Rand gefunden hatte. Ich schloss meine Augen, hasste mich für das Gefühl, wie schön sie in diesem Moment auf mich wirkte.
„Aber Carsten, wo war ich in deinem Leben?“
„Ich weiß es nicht“, murmelte ich, „du wirst es mir erzählen.“
Ich fühlte, wie sich ihre Hand über meine schob, weich und warm. Ihre Finger zärtlich, wie immer.
„Ich weiß es auch nicht, Carsten. Kinder erziehen, Essen zubereiten. Tag für Tag die gleiche Routine. Ich weiß nicht mehr, wo ich bin, oder wer ich bin oder was du in meinem Leben bist.“
Ich ließ ihre Berührung zu, nur einen Moment des Wohlgefühls, bevor ich ihr meine Hand entzog.
„Vielleicht brauchst du ein bisschen Zeit, das herauszufinden“, ich sah, dass sich in ihren Augen Tränen bildeten, aber in diesem Moment berührte es mich nicht.
„Ist das deine Version einer Midlifekrise, Maike? Der Kochkurs, der Computerkurs ...?“, ich stockte. Jetzt dämmerte es mir ...
„Dort hast du ihn getroffen, stimmt’s?“
„Ja“, sagte sie leise, „aber es spielt keine Rolle. Er spielt keine Rolle.“
Ich räusperte mich, versuchte den Kloß zu schlucken, der meine Kehle blockierte.
„Er sah aber so aus, als würde er eine Rolle spielen, als er dich in unserem Bett ...“
Ich weiß nicht, für wen meine Bemerkung schmerzhafter war. Für mich war es schrecklich, das Gesehene in Worte zu fassen, den Schmerz zu fühlen, den das Bild in mir verursachte. Ich wollte mehr sagen. Ich wollte es beenden, hier und jetzt. Einfach wieder weglaufen, ohne mich herumzudrehen. War das die einfache Lösung aller Probleme? Bleiben war für mich eine schwere Entscheidung. Sitzen bleiben, den Schmerz aushalten, zusehen, wie wir beide in der Flut ertranken. Gab es für diese Fälle auch so etwas, wie Seenotrettungskreuzer?
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I’m still here ...
And so confused,
But I can finally see how much I stand to lose …
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Die Zeit schien für uns stehengeblieben zu sein. Ich konnte mich nicht erinnern, wer nach der langen Stille das erste Wort sagte. Draußen war es inzwischen stockdunkel, so wie tief in unseren Herzen. Das Licht der Lampe reichte nicht dort hin.
Mein Bauch schmerzte, die Därme fühlten sich an, als würden Steine durch sie gerollt. Maike zitterte jetzt am ganzen Körper, aber sie deckte sich nicht zu. Sie schaute mich nur an, wartete darauf, dass ich irgend etwas sagte. Ich schwieg, wartete ebenfalls.
Ich wusste nicht auf was, bis es passierte.
Erst jetzt nahm ich das Piepen des Timers für den Küchenherd wahr. Das Essen war fertig, Jetzt war die Zeit, wo ich eigentlich durch die Haustür kommen sollte. Eine Umarmung, ein schneller Kuss auf die Wange, bevor ich mich umzog und mich zum Essen fertig machte. Neugierig sein auf das, was sie diesmal gekocht hatte. Ich sagte ihr nie, dass ich auf dem Heimweg immer Fleisch vom Metzger mitbrachte. Für alle Fälle. Es war eines der Geheimnisse, die ich mit mir herum trug. Es spielte nie eine Rolle.
„Ich hasse den Mist, den du kürzlich gekocht hast.“, brach ich mein Schweigen.
„Ich weiß“, sie nickte, lächelte beinahe.
„Ich könnte dich dafür mit bloßen Händen umbringen.“
„Ich weiß“, ihr Mund zitterte wieder, aber diesmal fielen keine Tränen.
„Ich dachte ..., ich weiß nicht was ich dachte. Ich habe darüber nie nachgedacht“, ihre Stimme klang erstickt.
„Ich wollte doch nur ...“
„Blödsinn, Maike“, winkte ich ab, „wie soll es mit uns weitergehen?“
Sie ergriff meine Hände, rutschte an mich heran. Die Decke fiel vom Bett.
„Ich weiß es nicht“, ihre Stimme klang heiser, „halt mich bitte nur fest.“
Ich schüttelte meinen Kopf, schluckte schwer, sah ihn, den fremden Mann, der immer noch wie ein Geist über unserem Bett schwebte. Ich konnte mir nicht helfen, ich nahm sie in die Arme und hielt sie fest. Mein Körper verschmolz mit ihrem, so wie wir es immer nach einem langen Liebesspiel taten, bevor wir in den Schlaf fielen.
„Das soll nicht heißen ...“, ich wischte ihre Haare aus meinem Gesicht, „nein, ich weiß nicht, was es heißen soll.“
Sie nickte nur und ich glaubte, dass ich die Spitzen ihres Schmerzes spüren konnte, so wie sie meinen fühlen musste. Es gab mir Hoffnung, aber warum tat der Neubeginn einer Beziehung so weh?
Liebe hört nicht einfach so auf, als ob man sie wie mit einem Lichtschalter einfach ausknipsen konnte. Und wenn man es könnte, wer würde den Schalter betätigen?
„Es spielt keine Rolle“, flüsterte sie. Ich spürte, wie ihre Tränen durch mein Hemd drangen.
„Niemand spielt eine Rolle, außer dir, Carsten. Es tut mir so ...“
„Sag es nicht“, ich schluckte schwer, legte meinen Kopf auf ihre Schulter, drückte sie fest an mich.
„Nicht jetzt.“
Wir saßen nur schweigend auf dem Bett, umarmten uns, wie verlorene Seelen, die sich nach langer Zeit wiedergefunden hatten. Ich wog sie sanft in meinen Armen. Ich fühlte es. Die Liebe. Den Schmerz, der zwischen uns brannte, wie eine hässliche Wunde.
Waren wir in der Lage, diese Wunde zu heilen?
Ich hoffte es und würde alles dafür tun.
Nach all den Jahren?
Ursprüngliches Ende:
Wir saßen nur schweigend auf dem Bett, umarmten uns, wie verlorene Seelen, die sich nach langer Zeit wiedergefunden hatten. Ich wog sie sanft in meinen Armen. Ich fühlte es. Die Liebe. Den Schmerz, der zwischen uns brannte, wie eine hässliche Wunde. Ich würde es nie wieder zulassen, dass sich irgend etwas oder irgendwer zwischen uns schob.
Nach all den Jahren?
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