Das Leben heißt es ist ein Fluss.
So eine abgedrosch'ne Phrase!
Alles fließt.
Ja, ganz bestimmt. Nur wird dies wahrgenommen?
Mit der Strömung treiben lassen. Wie fühlt sich das an?
Das Treiben, das Getrieben werden fühlt sich gar nicht, überhaupt nicht an.
Erst ein Blick lässt erkennen, klar, deutlich, woanders zu sein.
Weitergekommen? Vielleicht. In jedem Falle aber woanders.
Und dieses Anders, wie wird es erkannt? Woran?
Die Landschaft hat sich verändert.
Stimmt aber nicht. Sie ist gleich geblieben. War immer so, hier. Nur dem nun betrachtenden Augen unbekannt. Andere Formen der Hügel sind in der Erinnerung. Das Gesehene legt sich über dieses Bild. Die Konturen stimmen nicht länger überein, die Farben. Das gesehene ist anders.
Aber noch einmal, die Landschaft hat sich nicht verändert.
Die war immer so wie jetzt gesehen.
Der Fluss ist auch begrenzt. Linkes Ufer, rechtes Ufer. Quelle, Meer.
Darunter Sand, Gestein, durchdrungen von ihm auf der Suche nach dem, dass nur ihm entdeckenswert. Stetig gräbt sein Wasser weiter.
Wird das Gesuchte je entdeckt?
Und darüber?
Grenzenlose Weite! Nutzlose Weite.
Nur hin und wieder der Versuch, den Wolken sein Wasser zu reichen. Nie noch hat er es geschafft! Fünf Meter hob er sich empor zu ihnen, erschöpft sank er zurück. Die Anmaßung den Turm zu Babel neu zu errichten war gescheitert. Riss in seinem Niedersinken, in seiner Ohnmacht alles mit sich! An seinen Ufern legen Bäume Zeugnis ab für sein Scheitern. Ihre Wipfel einst der Sonne entgegengestreckt, zeigen an: dort hin ist er verronnen!
Auch er ließ sich treiben. Hatte sich dem Fluss überantwortet, sich ihm hingegeben. Öffnete nur hin und wieder die Augen, sah aber nichts Fremdes, Neues. Zu oft schon umschmeichelte das kühle Wasser seinen Körper, wärmten ihn die Strahlen der Sonne. Kamen zu ihm aus dieser Weite die ober ihm war. Er fühlte sich von kühlen Händen getragen, liebkost.
Noch eine Nacht und warme Hände werden seinen Körper berühren.
Fühlte sich eines mit dem Wasser, der Sonne, dem Licht. Auch eins mit den Bäumen die gebeugt waren von der Kraft des Flusses, gebrochen wurden von seiner Wut darüber, die Wolken nicht erreichen zu können.
Als er zurückschwamm, zurück zu jener Stelle des Ufers an der seine Kleider lagen, vermied er die Mitte des Flusses. Schwamm nahe des Ufers, da wo der Wunsch des Wassers rasch eins zu werden mit dem Meere nicht so gewaltig
wirkte. Wo sich der Fluss Zeit nahm trotz diesem drängenden Verlangen nach diesem Einswerden die Ufer zu umschmeicheln.
Er fühlte sich zerfließen, durchwoben und durchwebend alles ihn Umgebende.
Das Gras auf dem er an der Böschung des Ufers lag, schien ihn zu durchdringen. Nicht schmerzhaft, zärtlich drang es durch seine Haut, fand den Weg durch Muskel, verschmolz mit seinem Körper. Noch eine Nacht und er wird durchdringen, verschmelzen. In einer warmen, feuchten Grotte geborgen sein, von seidig zarter Schale umhüllt.
Er dehnte sich aus, glitt durch die Hügel, die Stämme der Bäume. Zerfloss, löste sich auf.
Nur noch eine, nur noch diese eine Nacht!
Den Weg zum Haus ertasteten seine nackten Füße. Erst das frische Grün der Auen niederbeugend durchstritten, dann das dürre Gras der Wiesen. Dieses hob sich nicht mehr empor, sah im nicht nach, sowie jenes nahe beim Flusse,
beugte sich nicht unter seinen Schritten, brach, blieb auf die Erde gepresst liegen.
Der Pfad führt durch den Wald, stetig ansteigend. Schattigkühl die Luft, im Laub versinken seine Beine. Laub, Kleid der Bäume abgeworfen im Herbst, entsprach nicht mehr der Mode. Modriger Duft steigt auf bei jedem Schritt. Auch sie wird ihre Kleider abwerfen und ihr Duft wird zu ihm gelangen. Ihr Duft von Leben, von frischem Grün, von Blüten.
Morgen.
Linker Hand der Bach auf seinem Weg zum Fluss, vereint mit ihm weiter bis zum Meere.
Das Haus. Davor die Wiese, frisch gemäht, Heu schon auf Fuhren gerecht.
Die Wiese die an einer Stelle ein buntes Tuch bedeckt.
Ein Tuch, dass sie aufgebreitet hat, nun darauf liegt.
Ihr nackter Körper der Sonne dargeboten.
"Ich wollte mit dir sein."
Ja! Ja! Nicht noch eine Nacht! Jetzt!
Ihr Körper oft gesehen, berührt. Immer aufs Neue entdeckt, erforscht.
Die Landschaft hat sich nicht verändert. War immer so. Die sanften Hügel, das dunkle Tal mit seiner Quelle waren immer da. Sind immer wieder neu wie unbekanntes, unerforschtes.
Und sie verschmolzen noch vor dieser Nacht.
Ließen sich treiben mit geschlossenen Augen. Gaben sich hin.
Nicht alleine die Sonne wärmte ihre Körper.
Nicht die kühlen Hände des Flusses liebkosten diese. Heiße, verlangende Hände strichen über deren Haut. Wissende Hände.
Er trank von der Quelle im dunklem Tale. Glitt mit seinen Händen über dunkles, weiches Moos am göttlichen Hügel. Öffnete die Pforte mit zärtlich fordernden Fingern.
Sie waren verwoben, zerrannen. Unbegrenzt! Dehnten sich aus in die unendliche Weite darüber. Hoben ihre Körper empor.
Sie erreichten, durchdrangen die Wolken.
Tropfen ihres Schweißes drangen in die Erde auf ihrer Suche nach dem, dass nur ihnen bekannt.
Waren dem kühlem Winde dankbar, der ihre heißen Körper umspielte, als sie ermattet Seite an Seite lagen.
Lange vor der Nacht!
Am Fluss
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