Bei seinem ersten Besuch am großen Fluss schien dieser fast nur noch ein schmales Rinnsal zu sein. Von der hohen Böschung aus sah man das sandige Flussbett, das sich bis fast an das andere Ufer ausdehnte, und erst dort, in der Ferne, waren noch die Reste des großen Stromes vorhanden, der in der Regenzeit sogar noch die hohe Ufermauer überspülte, auf der er stand. Er mochte die Gegend am Flussufer, auf der Straße hier war ab dem späten Nachmittag bis spät in die Nacht immer viel Betrieb, es gab zahlreiche kleine Garküchen, die rasch aufgebaut wurden. Direkt hinter primitiven Theken standen die mit Gas betriebenen Herde, vor den Theken kleine Tische, umgeben von bunten Plastikstühlen, manchmal statt der Stühle nur bunt bemalte LKW-Reifen, über den Ständen farbige Girlanden aus Glühbirnen, die das notwendige Licht spendeten, damit man sehen konnte, was man aß, zum Beispiel leckere Suppen oder gegrillten, mit Zitronengras gefüllten Fisch, alternativ gebratenen schwarzen Tang mit Sesam auf bunter Gemüsemischung, dazu gab es köstliches Bier in großen Literflaschen. Junge Frauen lockten die Kundschaft an, ältere Frauen kochten, Männer waren hier nicht unbedingt erforderlich.
Auf der Uferstraße eines Nebenflusses stellten Künstler, oft Studenten, ihre selbst gemalte Bilder aus. In gerahmter Form lehnten sie an Hauswänden oder an der Kaimauer, die rahmenlosen lagen auf Bastmatten. Die Motive zeigten den Fluss, Schiffe, Pagoden oder Mönche in roten Roben, die in langen Reihen durch die Straßen wandelten, um ihr Essen einzusammeln. Die Bilder waren recht einfach und immer nach demselben Schema gemalt, der Einfluss des Buddhismus mit seiner Vorliebe für genaue Kopien, war nicht zu übersehen. Er schlenderte die Straße entlang, betrachtete in Ruhe die Bilder und unterhielt sich mit einer der Künstlerinnen, einer hübschen Studentin, die einigermaßen Englisch sprach. Während er ihr ein Bild abkaufte, dachte er, er würde ihr einen Gefallen tun, wenn er sie zum Essen einlüde. Es war schon dunkel, Zeit für das Diner und er wollte nicht wieder allein essen. Das Mädchen war überrascht, aber durchaus interessiert, denn nach kurzem Zögern, sagte sie zu. Rasch räumte sie ihre Bilder zusammen und brachte sie in einen der kleinen Läden an der Uferstraße, in den Kunst und Souvenirs und kleine Dinge des täglichen Bedarfs verkauft wurden. Als sie zurückkam, wurde sie von einem jungen Mann begleitet, den sie als ihren Bruder vorstellte. Dieser war sehr misstrauisch, stellte viele Fragen nach dem warum, dem wo und wie lange und legte es offensichtlich darauf an, bei dem Essen dabei zu sein. Er aber wollte sich nur mit dem Mädchen unterhalten und mit dem Hinweis, dass er gut auf seine Schwester aufpassen würde und dass sie ganz in der Nähe, in einem der Freiluftlokal direkt am Wasser essen würden, schaffte er ihn sich schließlich vom Hals. Das Ambiente war sehr romantisch, die kleinen Wellen des Flusses, die leise glucksend vorbei eilten, die hellen Sterne am tiefschwarzen Himmel, die laue Luft, der Geruch der blühenden Bäume. Auch das Essen war gut und die Unterhaltung nett, wenn auch etwas mühsam, aber mehr war an diesem schönen Abend leider nicht möglich, denn als sie das Lokal verließen, wartete schon der Bruder und nahm seine vergnügte Schwester in Empfang, der nur noch vergönnt war, ihm einen sehnsüchtigen Blick zum Abschied zuzuwerfen.
Auch damals begab er sich schon auf seine nächtlichen Streifzüge die Suche nach dem Ungewissen, Unbekannten, Unerwarteten. Die Straßen waren nach Einbruch der Dunkelheit meist völlig leer. Die Geschäfte oft geschlossen, nur ihre Neonreklame zeigte, dass man sich im Zentrum einer Stadt befand. An einem dieser Abende streifte er durch die nächtliche Wüste, ohne ein konkretes Ziel, ohne große Hoffnung, etwas zu erleben, das sein geheimes Interesse erregen würde. Doch dann sah er eine Frau in einem roten Kleid, die an einer Ecke stand und wartete. Als er vorbei gehen wollte, sprach sie ihn an, wie so oft beherrschte sie nur wenige Floskeln Englisch, aber es war klar, was sie wollte, zunächst einmal nur etwas mit ihm trinken. Als er nickte, stöckelte sie mit ihren hohen Absätzen recht ungeschickt daher, als trüge sie diese Schuhe zum ersten Mal. Sie mussten ein Stück gehen, um ein paar Ecken herum, um zu einem Lokal zu gelangen, das nicht besonders auffiel. Sie betraten das fast leere Restaurant, in dem nur ein paar spärliche Tischleuchten etwas Atmosphäre erzeugen sollten, die aber von der Klimaanlage, die eine unangenehme Kälte verbreitete, zunichtegemacht wurde. Die Verständigung mit seiner Begleiterin, die einen sehr zufriedenen Eindruck machte, war, wie schon befürchtet, sehr mühsam und ging über den Austausch von ein paar wenigen Worten nicht hinaus. Aber reden mussten sie auch nicht viel, denn die Absicht der Frau war eindeutig. Sie kokettierte mit ihren Blicken, sah ihn verführerisch an, verrenkte ihren Oberkörper, streckte ihren Busen vor und sendete ständig eindeutige Signale aus, dass sie mit ihm ins Bett gehen wollte. Aber etwas stimmte nicht mit ihr, ihre Bewegungen waren zu eckig, ihre Hände zu kantig, ihr Gesicht zu herb, ihr Busen für hiesige Verhältnisse zu groß, ihre Stimme zu bemüht, eine hohe Tonlage einzuhalten. Bald hatte er keinen Zweifel mehr, es war ein Mann, ein Ladyboy, der ihm gegenübersaß und ihn verführen wollte, der etwas Vergnügen mit einem reichen Ausländer suchte, ihn vielleicht sogar abzocken wollte. Er nahm die Situation hin, fand sie sogar ganz witzig, denn mit einem Transvestiten, einem Mann in Frauenkleidung, hatte er noch nie geschäkert, auf einen sexuellen Kontakt mit einem Vertreter seines eigenen Geschlechtes hatte er sich noch nie eingelassen. Sie tranken ein weiteres Bier und er versuchte seinem Gegenüber klarzumachen, dass er keine Lust auf ihn hatte, keinerlei Ambitionen noch etwas mit ihm zu unternehmen oder gar die Nacht im Hotel zu verbringen. Sie verließen das Lokal, bevor er das Gefühl hatte erfrieren zu müssen, verabredete sich aber für den nächsten Abend am selben Platz zum Essen.
Doch am nächsten Tag wartete vergebens, der Ladyboy kam nicht und er hatte keine Lust, noch einmal zu frieren. Er ging zum Flussufer, um allein in einem der kleinen Restaurants zu essen und mit den Mädchen, die die Kunden anlockten, zu schäkern. Doch auf dem Weg dorthin musste er an zwei Mädchen vorbeigehen. Die eine saß auf einem Moped, die andere stand daneben. Sie redeten und lachten und als sie ihn sahen, konzentrierte sich ihre Aufmerksamkeit auf den Fremden und sie winkten ihm zu, er solle zu ihnen kommen. Die kleine Mopedfahrerin sah sehr hübsch aus und weil sich ihre Begleiterin sofort, kichernd und lachend, verabschiedete, konnten sie allein zusammen plaudern. Schließlich lud sie ihn zu einer Rundfahrt mit dem Moped ein. Sie hatte ihre enge Jeansjacke verkehrt herum angezogen, der Rücken vorne, die Knöpfe hinten und auch ihre Baseballmütze hatte sie mit dem Schild nach hinten auf ihre üppigen Haare gesetzt. Sie sah sehr süß aus, sehr sexy, sehr jung aus und er genoss ihre Nähe, denn als er, nicht gerade ein Leichtgewicht, auf dem Moped saß und sie anfuhr, wackelte er aus lauter Unsicherheit herum. Er musste sich an ihr festhalten, mit seinen Händen um ihre Taille, um einen sicheren Halt zu haben. Sie lachte nur und ließ es zu und als die Fahrt dann doch so einigermaßen sicher und problemlos vonstatten ging, ließ er sie keineswegs los, seine Hände tasteten vielmehr ihren Körper ab und auch das war für das Mädchen anscheinend kein Problem. Sie fuhren durch die nächtliche Stadt und dann rief sie ihm zu, dass sie ihm ihre Wohnung zeigen wolle. Es war nicht viel mehr als eine Hütte mit einem undichten Dach, vor der sie anhielt. Das Bett war durch den Regen feucht, der um diese Jahreszeit oft herniederprasselte und sie beklagte sich, dass alles, auch ihre Kleider schimmeln würden. Noch während er sich umschaute, offenbarte ihm auf einmal die süße Kleine, dass sie ein Junge sei, und fragte ihn, ob er sie trotzdem lieben wolle und mit ihm ins Bett gehen wolle. Er war überrascht, weil er das nicht vermutet hatte, sie sah, im Vergleich zu dem Ladyboy am Vortag, sehr weiblich aus und dazu richtig hübsch, was man von jenem wirklich nicht sagen konnte. Als ob sie ihm beweisen wollte, dass sie es ernst meinte, fing sie an, sich auszuziehen, erst die umgedrehte Jeansjacke, dann ihr weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Brisa", dann auch ihren kleinen BH, darunter kamen feste kleine Brüste zum Vorschein. Als sie die Hosen auszog und nur noch ihren Slip anhatte, in dem sich ihr Penis deutlich abzeichnete, jammerte sie, dass sie eine Frau sein wolle, eine richtige Frau, dass sie auf dem besten Weg sei, dass sie nur noch diesen verdammten Penis loswerden müsse, der sie so sehr stören würde, aber die Operation sei sehr teuer und sie habe kein Geld und deshalb, nur deshalb müsse sie sich auf der Straße anbieten, aber nur reichen Ausländern, ihre Landsleute hätte alle kein Geld. Sie sei keine Prostituierte, das solle er nicht glauben, aber sie bräuchte dringend Geld. Er verstand ihre Nöte, aber mit einem Jungen wollte er es lieber doch nicht treiben und auf einer feuchten Matratze in einer verschimmelten Absteige schon gar nicht und so lehnte er ihr Angebot dankend ab. Sie schmollt ein wenig, ob sie ihm nicht gefalle, ob sie nicht sexy sei, sie könne ihm alles geben, was er wolle, aber dann zog sie sich doch wider an, bevor sie alles abgelegt hatte. Obwohl also nichts zwischen ihnen lief, gab er ihr etwas Geld und als sie ihm gestand, dass sie großen Hunger habe und auch er ja noch nichts gegessen hatte, machten sie sich auf den Weg zum großen Fluss, um dort noch eine späte Nudelsuppe zu essen.
Als sie ankamen, hatten die meisten Restaurants bereits geschlossen, das heißt, die Stände waren abgebaut. Eine Frau war aber noch bei der Arbeit und begann sogleich die Suppe vorzubereiten. Er saß mit seiner süßen Kleinen, die zur Hälfte ein Kleiner war, auf den niedrigen Plastikstühlen und warteten. Er trank ein Bier, sie eine Cola und sie tätschelte immer wieder seine Hände, in der Hoffnung ihn umzustimmen und doch noch zu einem Schäferstündchen zu kommen und ein paar Dollar mehr einzunehmen. Doch dann tauchte aus der Dunkelheit der Nacht, quasi aus dem Nichts der Ladyboy vom Vortag mit einem Moped auf und durchkreuzte nicht nur die Zweisamkeit der beiden, sondern auch ihre Pläne. Er kam diesmal nicht allein, auf dem Rücksitz saß ein weiteres busenloses Zwitterwesen. Sie sahen ihn und seine Begleitung natürlich sofort, hielten an und kamen an ihren Tisch. Wortreich erklärte der Ladyboy, dass sein Moped am Abend kaputt gegangen war und er es reparieren musste und deswegen nicht rechtzeitig zum verabredeten Treffpunkt habe kommen können. Als das Moped wieder funktionierte, habe er ihn überall gesucht, doch nirgends gefunden und jetzt sei er sehr froh, dass sie sich doch noch getroffen hatten, bevor die Nacht vorbei sei. Während er redete, sagte sein Freund kein Wort, betrachtete den Fremden nur sehr interessiert. Er sprach, wie sich herausstellen sollte, kein einziges Wort Englisch und verstand nichts von dem, was sein Freund sagte. Er trug ein braunes, halb durchsichtigen Kleidchen, unter dem sich ein BH und ein Slip abzeichneten, er war aber im Gesicht deutlich hübscher und irgendwie femininer, wenn auch die Figur und die Hände total männlich waren und von Busen rein gar nichts zu sehen war. Er war femininer, aber längst nicht so, wie die hübsche Kleine, die immer noch auf ihre Suppe wartete, aber ihre Felle davon schwimmen sah. Denn weil die beiden nun mal da waren und sich auch sogleich an ihren Tisch gesetzt hatten, spendierte er ihnen ebenfalls ein Bier, das sie mit Vergnügen annahmen. Während sie tranken, musterten die beiden die kleine Mopedfahrerin und begannen Bemerkungen zu machen, die er nicht verstand, dann steigerten sie sich und schimpften ganz offensichtlich, wohl in der Absicht, sie zu vertreiben. Die Kleine wehrte sich nicht, sagte kein Wort, hatte aber Tränen in den Augen. Nach einer Weile stand sie auf und sagte, sie müsse gehen. Ob sie nicht wenigstens noch die Suppe essen wolle, die sei doch gleich fertig, fragte er sie. Nein, sie sei traurig und wolle nach Hause, sie habe keinen Hunger mehr, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte. Sie schaute ihn unendlich traurig an, dann ging sie und fuhr davon, fuhr mit ihrem kleinen Moped hinein in die dunkle Nacht. Dann kam endlich die Nudelsuppe und er teilte sich die beiden Portionen mit den beiden Siegreichen, die mit großem Appetit aßen, während dieser ihm vergangen war.
Das Hotel, in dem er damals wohnte, lag nicht so romantisch am Fluss, wie das bei seinem späteren Aufenthalt, hatte aber den Vorteil, dass das Personal viel toleranter war. Denn nachdem die Nudelsuppe aufgegessen und das Bier ausgetrunken war, überredeten ihn die beiden, sie auf sein Hotelzimmer mitzunehmen, nur so, aus Spaß, ohne dass sie von ihm etwas wollten, auch kein Geld, wirklich nicht. Es geschah dann auch nicht wirklich viel. Sie alberten herum, zogen sich weitgehend aus, er machte Fotos, doch sie machten keinen Versuch, sich ihm zu nähern oder sich ihm in irgendeiner Form anzudienen, aber trotzdem machte er noch eine seltsame Erfahrung. Aus irgend einem Anlass, fast unbeabsichtigt, kam es dazu, dass ihn der im braunen Kleidchen, das er inzwischen abgelegt hatte, er trug darunter nur einen leeren BH und sein Slip war deutlich gefüllt, dass ihn dieser hübsche Junge anfing zu küssen und es waren Küsse voller Leidenschaft, die sie sich gaben und die sich in nichts von denen unterschieden, die eine Frau ihm geben konnte. Im Gegenteil, Frauen, die Geld brauchen und Sex anbieten, küssen meistens gar nicht, weil das anscheinend noch intimer ist, als zu vögeln. Wie dem auch sei, dieser Ladyboy, und nur er, der andere nicht, küsste ihn jedenfalls voller Leidenschaft und mit sehr interessanten Varianten. Aber auch das schönste Küssen hat einmal ein Ende und als die beiden gegangen waren, lag er einigermaßen verwirrt im Bett und dachte über dieses Abenteuer nach und die Neugier hielte sich über die Jahre und so war es fast vorprogrammiert, dass es dann doch einmal, nur einmal, zu einer Begegnung mit einem Mann kam, die nicht nur auf Küssen geschränkt war.
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