Am Rande der Wüste

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Am Rande der Wüste

Am Rande der Wüste

Sven Solge

Es war unglaublich heiß, als ich aus dem Auto meines Begleiters stieg. Im Wagen war es durch die Klimaanlage angenehm kühl gewesen, aber jetzt hatte ich das Gefühl, dass mir eine glühende Faust ins Gesicht schlug und mir den Atem raubte.
O.k. ich hatte bei der Annahme des Jobs nichts anderes erwartet, Marokko im Norden Afrikas war schon vom Namen her heiß, aber wie heiß es für mich werden sollte, war mir nicht klar.
Es sollte auch nur für etwa sechs Wochen sein, weil der zuständige Bauleiter für den Neubau der Grundschule in Azilol erkrankt war und ich nur solange die Vertretung übernehmen sollte.
Der Bungalow, in dem ich für die Zeit einquartiert wurde, ließ keine Wünsche offen. Ein modern eingerichtetes Wohnzimmer, ein geräumiges Bad mit Whirlpool und Dusche und sogar eine kleine Kitchenette.
Das Atrium erzeugte für mich, durch die mindestens drei Meter hohe Mauer rundherum, ein Gefühl der Sicherheit. Ungewöhnlich für die intensive Sonneneinstrahlung, fand ich das satte Grün des Rasens, der neben der Terrasse den ganzen Innenhof bedeckte.
Er schien genügend Wasser zu bekommen und das bei dieser trockenen Gegend. Ich zuckte innerlich mit den Schultern, was ging es mich an, wie die mit ihren Ressourcen umgingen.
Der Fahrer hatte mir mitgeteilt, dass er mich am nächsten Morgen gegen acht Uhr abholen würde, um mir die Baustelle zu zeigen und mir mein Auto zu übergeben, welches ich für die Zeit hier benutzen könnte.
Gerade wollte er sich verabschieden, als die Haustür von außen geöffnet wurde und eine ganz in schwarz gekleidete Frau in der Tür stand.
„Ach ja, hatte ich vergessen, das ist Fatma, sie wird ihnen den Haushalt führen und für ihr leibliches Wohl sorgen. Fatma spricht etwas Deutsch, Englisch und Französisch, sowie Arabisch natürlich.
Die schlanke Gestalt kam auf mich zu und hielt mir die mit Hennaornamenten bemalte Hand hin und sagte leise mit gutturaler Stimme: „Guten Tag Herr Jensen, herzlich willkommen!“ Dabei schaute sie mich mit ihren dunklen Augen sehr intensiv an, was in mir ein eigenartiges Gefühl auslöste. Zu meiner Überraschung war Fatma nicht verschleiert, trug aber ein Kopftuch, das ihr Haar verdeckte.
Ihre Hand fühlte sich weich und zerbrechlich an und als ihre Finger sich um meine schlossen, war ich überrascht wie fest sie zudrückte und mir dabei tief in die Augen schaute. Irgendwie war ich in ihrem Blick gefangen, denn erst als ich sie losließ, konnte ich wieder klar denken.
Ihre Abaya, das typische Kleidungsstück der arabischen Frauen, betonte ihren schlanken Körper, ohne zu sehr auf ihre weiblichen Attribute hinzuweisen, trotzdem zeichneten sich ihre kleinen Brüste etwas unter dem schwarzen Stoff ab.
Im Bruchteil einer Sekunde erfassten meine Augen ihre Gestalt und als ich hochsah, entdeckte ich an ihren Mundwinkeln ein leicht spöttisches Lächeln. Sie wusste genau, was mir gerade durch den Kopf gegangen war.
Etwas verschämt wandte ich mich an meinen Fahrer und bedankte mich.
Während der Fahrer sich nun verabschiedete, blieb Fatma etwas unschlüssig stehen: „Was du essen Breakfast?“, fragte sie
„Continental Breakfast!“, sagte ich und sie lächelte mich so süß an, dass ich mich sofort heimisch fühlte.
Sie zeigte mir noch den Kühlschrank und das Bad, sowie die Funktion der Klimaanlage und dann zog sie sich zurück und ließ mich mit meinen ersten Eindrücken allein.
Während ich meine paar Habseligkeiten in den Schrank räumte, ging mir die schlanke Gestalt von Fatma nicht aus dem Kopf.
„Wie sie wohl riechen würde? Und was für Geräusche sie beim Sex wohl machen würde?“
Ich riss mich zusammen und schimpfte mit mir: „Wie kannst du nur solche Gedanken haben, kaum bist du in einem fremden Land, siehst eine verhüllte Frau und die Erregung geht mit dir durch?“
Ich versucht mich abzulenken, indem ich meinen Laptop startete und mir die Zeichnungen der Schule aufrief und zum wiederholten Male studierte. Auch den letzten Wochenbericht des kranken Bauleiters, Herrn Zech, las ich eingehend. Er hatte mir ein paar Namen genannt, auf die ich besonders achten musste und wem ich bedenkenlos Vertrauen konnte.
Der Tag war lang gewesen und da es hier um 19 Uhr schlagartig dunkel wurde, machte ich mich Bettfertig und ging ins Bett.
Bevor ich einschlief, sah ich wieder die dunklen Augen von Fatma.
Ich war mir nicht sicher, ob ich träumte oder ob das was ich sah real war?
Das große Fenster zum Innenhof reichte bis zum Boden und da das Atrium von hohen Mauern umgeben war, gab es auch keine Vorhänge vor den Fenstern, wer sollte hier schon reinschauen?
Ich rieb mir die Augen, weil ich nicht glauben konnte, was sich im Innenhof abspielte.
Fatma stand dort und war gerade dabei einen Gebetsteppich auszurollen. Dann richtete sie sich auf und zog ihre Abaya aus.
Zu meinem Erstaunen war sie darunter völlig nackt. Sie faltete die Abaya sorgfältig zusammen und als sie sich bückte, um das Kleidungsstück im Gras abzulegen, bot sie mir ihre unbedeckte Rückseite dar und offenbarte mir ihre gesamte Erotik, sodass mir heiß und kalt wurde.
Ohne dass es mir Bewusst wurde, hatte sich in meiner Schlafanzughose etwas aufgerichtet.
Fatma kniete sich jetzt auf dem Gebetsteppich, beugte sich nach vorne und nahm eine demütige Haltung ein, indem sie ihre Arme nach vorne ausstreckte. Dabei presste sie ihre kleinen Brüste auf ihre Oberschenkel.
Eine Weile verharrte sie so, um sich dann wieder aufzurichten. Sie fuhr sich mehrmals mit den Händen durchs Gesicht und beugte sich dann wieder nach vorne.
Ich schloss die Augen, es war mir peinlich einer nackten Frau beim Gebet zuzuschauen.
Ich erwachte als mein Handy mich weckte.
Der Traum kehrte sofort wieder in meine Gedanken zurück und ließ mich nicht mehr los. Ich duschte und zog mich an, öffnete die Terrassentür und trat hinaus. Noch war die Luft kühl, doch man konnte die Wärme schon riechen.
Automatisch ging mein Blick zu der Stelle, an der Fatma ihren Gebetsteppich ausgerollt hatte und zu meinem Erstaunen konnte ich noch den Abdruck ihres Teppichs im flachgedrückten Gras erkennen, genau an der Stelle wo er gelegen hatte.
War es also doch kein Traum?
Nachdenklich ging ich zurück ins Haus und sah den gedeckten Frühstückstisch. Fatma war eindeutig schon da gewesen!
Mir war etwas mulmig, bei dem Gedanken, sie beobachtet zu haben. Doch sie konnte doch nun nicht davon ausgehen, dass ich sie bei ihrem Gebet nicht sehen würde? Was bezweckte sie damit?
Außerdem kannte ich mich mit den Gepflogenheiten, in diesem orientalischen Land nicht aus.
Währen des Frühstücks versuchte ich übers Internet etwas über die Frauen in diesem Land herauszufinden, was jedoch sehr dürftig war.
Anscheinend wurde aber an den demokratischen Rechten der Frauen schon gearbeitet.
Kaum hatte ich mein köstliches Frühstück vertilgt, klopfte es auch schon, mein Fahrer war da!
Die Baustelle war schon weit fortgeschritten, sodass mein Wirkungsfeld sehr eingeschränkt war. Am Nachmittag wollte ich eine Baubesprechung ansetzten, was dann unter lautem Protest der Bauarbeiter, auf den frühen Abend verlegt wurde. Ich hatte nicht an die Hitze gedacht.  Um die Mittagszeit wurde zwei Stunden Siesta gemacht, also setzte ich mich in meinen Toyota und fuhr zum Bungalow zurück.
Zu meiner Überraschung kam mir Fatma im Flur entgegen und lächelte mich strahlend an. Sie trug heute einen blauen Abaya, der vorne mit goldenen Ornamenten verziert war. „Dinner?“, fragte sie und deutete mit der Hand in Richtung Esstisch.
Ich nickte und fügte mit einer Geste auf ihr Outfit hinzu: „Beautiful!“
Sie schien darüber sehr erfreut zu sein, denn ihr Blick wurde noch wärmer, was er durch die dunklen Augen sowieso schon war.
Und ich meinte es wirklich ernst, denn ihr Anblick war wirklich bezaubernd.
„My name is Wolfgang!“, bot ich ihr an und kürzte gleich ab: „Wolf“ und zeigte dabei auf mich. Wieder lächelte Fatma so zuckersüß, dass mir unwillkürlich ihr nackter Körper vor dem inneren Auge erschien.
„Wolf!“, wiederholte Fatma mit ihrer gutturalen Stimme.
Erneut zeigte sie zum Esstisch und deutete mir an, dass ich mich setzten sollte.
Ich hatte schon beim Reinkommen den Duft nach frischem Essen wahrgenommen, was Fatma mir jetzt servierte. Etwas Undefinierbares, aus Gemüse, Reis und Fleisch stellte sie auf den Tisch.
Während sie mir aus der Schüssel etwas auf den Teller tat, trat sie so dicht an mich heran, dass ich ihren Duft wahrnehmen konnte, der mir jetzt in die Nase stieg und meine stumme Frage vom Vortag beantwortete. Sie roch nach orientalischen Gewürzen oder Blumen, genau konnte ich es nicht erkennen, reichte aber um meine Sinne verrücktspielen zu lassen.
Zaghaft begann ich zu essen, aber ich merkte sofort, es schmeckte köstlich.
Mein Lob über das Essen nahm sie etwas verschämt zur Kenntnis, als sie mir dann nochmals auffüllen wollte, wehrte ich ab. Sie blickte etwas unschlüssig auf den Rest, was für ihre Verhältnisse wohl zu schade war es wegzuschmeißen. Ich deutete ihr an, es selber zu essen oder weiterzugeben, an bedürftige. Sie schien sich darüber zu freuen, denn sie strahlte übers ganze Gesicht.
Ich hörte sie in der Kitchenette noch etwas klappern. Als sie sich dann verabschieden wollte, ich hatte am Laptop gearbeitet, stand ich auf und reichte ihr die Hand.
Zu meiner Überraschung beugte sie sich vor und wollte meine Hand küssen, doch ich entzog sie ihr und schüttelte den Kopf: „Bitte nicht!“
Sie schaute mich traurig an, was mich irgendwie rührte. Vielleicht machte ich jetzt einen Fehler, aber impulsiv gab ich ihr einen Kuss auf die Wange.
Und deutete ihr an, dass ich nicht ihr „Herr“ sei und keinen Handkuss möchte, aber gerne ihr Freund sein würde.
Jetzt ging eine Wandlung in ihrem Gesicht vor. Ihre Züge wurden weich. Sie schaute mich etwas unschlüssig mit ihren fast schwarzen Augen an, so als wüsste sie mit ihren Emotionen nichts anzufangen, doch dann ging ein Ruck durch ihren Körper. Sie machte einen Schritt vorwärts und umarmte mich, dabei rutschten ihre Lippen über meine Wange, weil sie wohl selber von ihrer Impulsivität überrascht wurde.
Ich umfasste automatisch ihren schlanken Körper und zog sie an mich, musste aber gleichzeitig lachen, als ich sie anhob und einmal rumschwenkte.
Jetzt lachte auch Fatma, als ich sie wieder absetzte.
Wir standen eine Weile schwer atmend voreinander, bis ich sie fragte „Girlfriend?“
Als sie jetzt heftig nickte, küsste ich sie nochmals auf die andere Wange und ging einen Schritt zurück.
Fatma schien durcheinander zu sein. Schweigend nahm sie ihre Tasche und verließ das Haus.
Am Abend kam ich fertig zurück in mein Quartier und fand einen gedeckten Tisch, mit einigen Köstlichkeiten vor. Sogar einen kleinen Strauß Blumen hatte meine neue Freundin mir hingestellt, sodass mir ganz warm ums Herz wurde.
Ich duschte schnell, um mir den endlosen Staub abzuwaschen, zog mir eine kurze Hose und ein T-Shirt über und setzte mich an den Tisch und aß zu Abend.
Nachdem ich noch einige Notizen in meinen Laptop geschrieben und meine E-Mails gelesen    hatte, beantwortete ich noch einige.
Mein kranker Kollege teilte mir mit, dass morgen der letzte Container mit den restlichen Trennwänden ankommen würde, was ich allerdings schon wusste.
Dann schaute ich noch etwas fern, ging dann aber rechtzeitig ins Bett.
Ich weiß nicht was mich geweckt hatte, aber es dämmerte draußen schon. Da hörte ich es wieder, leise Schritte, so als wenn jemand barfuß über die Fliesen des Flurs gehen würde.
Scheinbar war Fatma schon da und bereitete das Frühstück für mich.
Ich war etwas aufgeregt, ob sie heute wohl wieder nackt beten würde.
Ich lauschte auf die Geräusche, stellte mich schlafend, als leise die Tür zum Schlafraum geöffnet und wieder geschlossen wurde.

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