Aphrodite zu Besuch

Die Tür des roten Mini-Coopers öffnete sich und zwei schlanke Beine in schwarzen High Heels und Strümpfen tasteten nach sicherem Stand. Elegant entstieg Aphrodite in einem anthrazitfarbenen Trenchcoat ihrem Gefährt und warf ihre schwarze Mähne lasziv in den Nacken.
„Hallo Eveline!“, begrüßte Klaus sie freudig und gab ihr einen harmlosen Kuss auf die Wange, denn die kräftig purpurrot geschminkten Lippen wagte er nicht so frühzeitig zu derangieren. Diese atemberaubenden Schuhe sind aber schlecht für einen Bummel über das Pflaster der Amberger Altstadt.
„Hallo Klaus! Die“, hauchte sie ihm ins Ohr, „sind auch nicht für die Straße gedacht!“, hakte sich ein bei ihm und bat ihn, ihr Köfferchen zu tragen und sie in seine Wohnung zu führen. Klaus lächelte entrückt, fühlte seinen Atem beengt und seufzte verzückt: „Welch Glanz in meiner Hütte! Aphrodite hier bei mir!“
„Pssst“, lachte Eveline leise, „nichts verraten! Hier auf Erden kennt man mich nur als Eveline!“ Und musste herzhaft lachen ob des Spiels mit ihrer durchschlagenden Wirkung auf ihren neuen Geliebten.

Als Eveline seine Wohnung betrat, ein schlicht, aber geschmackvoll modern eingereichtes Zweizimmerappartement, eben eine typische Single-nach-der-Scheidung-Unterkunft, war sie Aphrodite durch und durch. Klaus hatte die Tür noch nicht ganz geschlossen, da ließ sie schon ihren Trenchcoat zu Boden gleiten und schritt mit einem Lächeln zurück über die Schulter in Richtung des Wohn-Essbereichs. Wie jede moderne Frau hatte sie das Smartphone in der Hand. Klaus stockte der Atem vollends. Sie wies ihn wortlos an, sich auf sein Sofa zu setzen, tippte etwas in ihr Telefon und warf es dann neben ihm auf die Sitzfläche. Das Gerät hatte wirklich einen Klasse Sound und spielte einen langsamen Rock-Song mit wuchtigem Gitarrenlauf. Auf dem Display bewegte sich eine Dame in identischem Outfit wie Aphrodite jetzt vor ihm.
„Excinderella heißt sie!“, erklärte Aphrodite mit einem knappen Nicken in Richtung ihres Telefons. „Nie mehr Aschenputtel sein! Das ist doch ein gutes Motto, oder?“