Aus dem Tagebuch einer Göttin

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Aus dem Tagebuch einer Göttin

Aus dem Tagebuch einer Göttin

Viktoria Tsiffa

DONNERSTAG, 14.08.2003
7:15 Uhr:
Jeff Buckley weckt mich, wie üblich, mit seinem göttlichen Song "Grace", aus seiner einzigen offiziellen Studio-CD.
Eine Freundin von mir beschrieb Jeff einmal als "Chansonette mit Penis". Und als mir als erster Gedanke heute morgen durch den Kopf schießt, dass eine "Chansonette mit Penis" genau das ist, was ich heute abend aufreissen oder kaufen oder sein möchte, da trifft mich ein Strahl der Morgensonne genau auf den Leberfleck den ich an mir so hasse. Der Leberfleck über meiner linken Brustwarze, die heute morgen strammsteht, als wollte sie mich an irgendetwas erinnern.
Meine manikürten, schlanken Finger fallen mir heute morgen auf, als wären sie ein Geschenk, oder als hätte ich sie gestern erst gekauft. Diese, meine sexy Hände tasten nach der Fernbedienung, die unter dem blassen Hintern einer Siebzehnjährigen liegt. Möglicherweise ist sie auch erst vierzehn. Mein Gott, sehen diese jungen Dinger verbraucht aus. Aber ich beneide sie um ihre Brüste, die aussehen, als hätte sich Gott eine volle Woche Zeit genommen, sie zu formen. Und was für perfekte Zähne sie hat.
Um mir nicht den Morgen zu verderben, zwinge ich mich dazu, nicht an die nikotingegerbten Grabsteine zu denken, die scheinbar planlos in meinem entzündeten Zahnfleisch herumstehen. (Aber was ich mit meinen Beißerchen so alles kann, hat meiner Kleinen vergangene Nacht gefallen, glaube ich).
Ich drücke die Repeat-Taste der Fernbedienung und in einer Endlos-Schleife säuselt mir Jeff Buckley seinen besten Song in`s Ohr und während der Textzeile "...I´m afraid to die" überkommt mich Panik, weil ich die Accus meines Pocket-PCs gestern abend nicht aufgeladen habe und die Daten meines Projekts "Phönix" möglicherweise nicht abrufbar sind.
Die Accus meines Pocket-PCs sind aber seltsamerweise aufgeladen und so kann ich auch heute morgen wieder diese Zeilen in mein elektronisches Tagebuch schreiben.
Mein Tagebuch. Warum ist mir das so wichtig? - Wahrscheinlich deshalb, weil ich mich sonst nicht an mein Leben erinnern könnte. - Vergangene Nacht? - Okay! (Wie könnte ich eine "durchliebte" Nacht mit Nadine vergessen? - Oder heißt die Kleine, die meine seidenen Kopfkissen vollsabbert, Sabine?)

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