Kapitel 8 aus: Tinas Geschichte |
Ich saß auf einer Bank unter schattigen Bäumen auf einem kleinen Platz in Lagos, weil ich der Hitze unter den mageren Palmen der Uferpromenade entflohen war, und blätterte in meinem gerade erworbenen französischen Modemagazin. Die vielen Sonnentage der Algarve wurden meist durch Atlantikwinde angenehm gekühlt, doch in diesen Tagen meines spontanen Urlaubs wehte der Levante, dieser heiße Wind aus Südosten, der Saharaluft herüberbrachte von Afrika. Der machte mich nicht nur matt mit seiner Hitze, eine unvermittelte Böe wehte meinen breiten Strohhut vom Kopf und zerzauste mein langes schwarzes Haar, das mir der Coiffeur gerade gefärbt und ein wenig onduliert hatte, perfekt für ein attraktives Auftreten in der Shoppingmeile. Ich hechtete ihm nach und bekam ihn zu fassen, hatte dabei aber Zeitschrift, Handtasche und Smartphone von der Bank geräumt, so dass jetzt alles am Boden lag. Ich kniete also mit hohen Pumps und luftigem weißem Sommerkleid auf dem Pflaster und sammelte meine Habseligkeiten auf, als der Wind es über meinen Po hob und auf Rücken und Kopf stülpte.
Dieses Malheur wäre nun nicht der Rede wert gewesen, hätte ich einen Slip getragen. So aber starrte dieser hagere Typ mit Sieben-Tage-Bart und grauen Strähnen in seinen frechen brauen Locken nur mit großen Augen auf meinen blanken Hintern mit dem Bügel des Edelstahl-Plugs zwischen meinen Halbmonden und dem Rückholkettchen meiner Liebeskugeln zwischen meinen rasierten Schamlippen – anstatt mir zu helfen!
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Ich brauchte eine Auszeit, dringend. Mein loyaler Stellvertreter hatte mich bereits vor ein paar Tagen darauf hingewiesen, dass ich mal Pause machen sollte und jetzt auch schon Urlaub nehmen könnte, da die Probezeit um war. Er werde sich um alles kümmern, woran ich nicht den geringsten Zweifel hatte. Und bei den vielen Überstunden waren es ja offiziell nur drei Urlaubstage für eine verlängerte freie Woche. Mit meiner Latest-Last-Minute-Buchung bekam ich einen Platz in einem Luxusressort an der Algarve zum Spottpreis und saß wenige Stunden später im Flieger. Im Urlaub wollte ich weg, einfach nur weg von meinen Männern, von denen ja nur einer sich so sah. Der andere, für den war ich einfach nur ein guter Fick, wie er es unverblümt ausdrücken pflegte. Urlaub mit einem von den beiden? Juan hätte gar nichts gesagt, bestenfalls: was soll ich eine Woche an dich geklettet? K. hätte sofort eingewilligt, mich zu begleiten und seine Traurigkeit und Verzweiflung wären mitgekommen. Ich stieg in den Flieger und war wirklich erleichtert.
Nun wusste ich nicht, ob ich in meinem fluchtartig angetretenen Kurzurlaub Lust auf Männer haben würde, vor allem nicht, ob auf die, die ich dort vorfand. Und in dieser Woche lagen meine fruchtbaren Tage, ich war schon wieder dermaßen rollig. Diese sehr eindeutige Stimmungslage passte nicht zu meinem Beziehungswirrwarr und schon gar nicht zu meinem Wunsch nach Auszeit. Also hatte ich vorgesorgt. In Liebesdingen stehe ich mittlerweile nur noch auf Edelstahl und Chrom. Ich liebe kühles Metall in mir, das sich der Hitze meines Verlangens langsam angleicht. So schlug natürlich der Alarm an in der Sicherheitskontrolle des Flughafens. Grinsend blickte ich über den Rand meiner großen Sonnenbrille, als der Beamte meinen Koffer öffnete und Analplug, Vibrator und Liebeskugeln inspizierte. Er tat dies ungerührt, war wohl einiges gewöhnt, aber hinter mir in der Schlange wurde eifrig getuschelt. Gut gelaunt ging ich besonders neckisch zum Gateway, als wäre der Weg der Catwalk einer vielbesuchten Schau. War er ja auch irgendwie.
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Entschuldigen Sie, ich habe mich benommen wie ein Esel und nicht wie ein Kavalier. Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen? fragte mein ertappter Voyeur. Sie dürfen! antwortete ich generös, hängte meine Tasche über die Schulter und bot ihm meinen linken Arm, um mich zu einem exklusiven Cafe geleiten zu lassen. Ob meines unverzüglichen Einlenkens angesichts seines Fauxpas war er etwas perplex, aber auch erfreut und sichtlich erleichtert. Seine etwas fahrige Art erklärte ich mir mit dem ehrlich gesagt für Jede und Jeden irritierenden Wissen um die sinnliche Bestückung meiner Liebeslöcher. Er hatte also schon Grund, nervös zu sein mit so einer neuen Bekanntschaft. Yves sprach mich auf Französisch an, wohl weil ich eine französische Zeitung las. Das kam mir entgegen, weil Portugiesisch konnte ich überhaupt nicht, Spanisch nur in Bruchstücken und Englisch halt wie die meisten. In Frankreich aber hatte ich ein Jahr studiert. Es war sehr angenehm, mit ihm zu plaudern. Er war eigentlich mehr so ein stiller Typ, nachdenklich, melancholisch, aber nicht niedergedrückt. Bloß jetzt musste er die Peinlichkeit aus der Welt schaffen, nur auf meine Genitalien gestarrt zu haben. Und das hatte weitere, hilflose und letztlich untaugliche Versuche der Entschuldigung zur Folge.
Ich darf klarstellen, unterbrach ich ihn vergnügt nach kurzem Genuss seines Leidens, ich bin sportlich genug, um meine Sachen zu erhaschen, die ich unvorsichtigerweise achtlos auf der Bank liegen ließ, wiewohl es heute schon mehrere Windböen gegeben hatte. Die Tatsache allerdings, dass Sie mir auf Po, Anus und Vulva gestarrt haben statt sich um die Rettung meines billigen Strohhutes zu kümmern, betrachte ich als großes Kompliment, beweist es doch, dass ich allein mit meiner Erscheinung in der Lage bin, gut erzogene Männer allgemein übliche Anstandsformen und gute Sitten vergessen zu machen.
Yves schluckte und schwebte im Himmel der Erlösung. Mit großen Augen sah er mich an. Ich bin Ihnen wirklich aus tiefem Herzen dankbar, dass Sie dies so einordnen. Ich möchte nicht übergriffig sein, aber ich muss gestehen, Sie raubten mir schon den Atem, bevor mir ein Blick unter Ihren Rock möglich war.
Das wiederum freut mich, lächelte ich zurück. Nur muss ich Sie berichtigen: das ist ein Sommerkleid.
Ja, ja, gewiss doch, haspelte Yves schon wieder etwas verunsichert.
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Meine luxuriöse Unterkunft mit dem Strand unterhalb der Klippen war wirklich traumhaft und ließ keine Wünsche offen, sie hatte nur einen Haken: sie war ein Golfressort. Das hatte ich bei der Buchung schon mitbekommen, war mir aber gleichgültig. Mir ging es um Ausstattung, Pool und Strand. Doch das Publikum bestand ausschließlich aus Bankern, Bossen, verarmten Fachärzten und ihren Weibern. Die eine oder andere Dame versuchte gepflegten Smalltalk mit mir, die meisten ignorierten mich. Ähnlich war es mit den Männern, nur interessierten sich hier schon mehr für mich. Selbstbewusst spulten Platzhirsche jeden Alters in langjähriger Routine erprobte Charme-Module ab, die erfahrungsgemäß bei Schwestern, jungen Stationsärztinnen oder unerfahrenen Abteilungsleiterinnen zogen. Genau das kannte ich zur Genüge von meinem neuen Job, nur war ich gegen so etwas immun. Ja, und manche glotzten einfach unverhohlen. Das war zwar entfernt schmeichelhaft, hatte mir aber zu wenig Esprit. Natürlich hätte ich einen Golfclub voller Frösche küssen können, um einen Prinzen für ein paar rare Tage hervor ploppen zu lassen. Aber wozu? Dafür waren mir mein kurzer Urlaub zu schade. Shoppen wollte ich und die Ausgangslage im Hotel motivierte mich umso mehr. Das Hotel bot einen stündlichen Busshuttle nach Lagos und Portimao an und deshalb saß ich am Vormittag meines zweiten Tages dort, wo Yves mich so vollumfänglich erblickte.
Yves begleitete mich wie selbstverständlich auf meiner Shoppingtour und war ein guter Berater mit Geschmack und Sinn für meinen Geschmack. Zwischendurch speisten wir vor einer unscheinbaren, aber gut besuchten Bar deliziöse Häppchen, Petiscos und Empanadas. Auf der Toilette zog ich endlich meine doch etwas drückenden Metallteile aus Anus und Vagina und genoss nun entspannter die von Anzüglichkeiten freie Konversation. Die Zeit verging wie im Flug und ich musste mein letztes Shuttle erreichen. Yves hatte angeboten, mich zu meinem Hotel zu fahren, aber aus irgendeinem Grund lehnte ich ab und so geleitete er mich zur Haltestelle. Darf ich Sie einladen, mich zu besuchen? fragte er leise, nachdem er mir die Tüten mit meinen Einkäufen übergeben hatte. Keine Angst, ich koche nicht, ich lasse etwas aus dem Restaurant kommen. Sie müssen nicht befürchten, mein Versuchskaninchen zu sein.
Nun, ich gehe gern ein Wagnis ein, antwortete ich vieldeutig. Ist 20 Uhr recht? Er nickte, gab mir seine Karte für die Anreise und winkte, als der Bus abfuhr.
Ich war gespannt.
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Yves' Domizil lag hoch oben auf den Klippen. Schon die Fahrt dorthin offenbarte einen Atem beraubenden Blick auf die Felsenküste und das Meer. Der junge Taxifahrer hatte geschluckt, als ich mit meinem Jessica-Rabbit-Kleid eingestiegen war. Er schluckte nochmals hörbar, als ich zahlte, denn da war mein Dekolletee direkt unter seiner Nase. Und er sah mir lange nach, als ich den Weg zu der prächtigen Poolvilla hoch stöckelte in meinen Pflaster-untauglichen Highheels. Ich reiste mit kleinem Gepäck, schließlich hatte ich eine Woche Zeit zum Shoppen in dieser traumhaften Gegend mit fast schon dekadent luxuriöser Infrastruktur. Nur dieses teure Kleid hatte ich schon von zu Hause mitgenommen für den Falle der Fälle. Es bestand aus annähernd nichts, so dass es in meine Handtasche gepasst hätte und war die Sünde selbst.
Ich freue mich, Sie zu sehen, bekannte Yves in seiner melancholischen Herzlichkeit, die ich in den wenigen Stunden unserer Bekanntschaft schon lieben gelernt hatte. Wollen Sie ablegen? So sehr ich mir im Klaren war über die Beweggründe seiner Einladung, so erstaunte mich seine schon zur Begrüßung gestellte unverblümte Frage im ersten Moment. Ich verstehe nicht ganz! tat ich peinlich berührt. Ich trage ein kurzes Kleid, das seitlich so hoch ausgeschnitten ist, dass nur ein ganz hoch angesetzter Slip möglich wäre, was der sehr tiefe Rückenausschnitt ausschließt, von meinem Dekolletee ganz zu schweigen. Ist Ihnen das nicht sexy genug? Nein, nein! beteuerte Yves beschämt. Ich dachte nur, Sie wollten sich vielleicht mehr zeigen, also nach dem, was Sie bei unserer Begegnung geäußert hatten. Und hier könnten Sie dies nach Belieben tun! Entschuldigen Sie bitte, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.
Ich genoss grinsend seine Windungen, trat unaufgefordert ein und ließ mir an der Bar seines riesigen Wohnzimmers vor der Glasfront zur Terrasse mit dem Pool einschenken. Oh, Chablis! kommentierte ich anerkennend. Abendliche Heimatgefühle! erläuterte Yves die Weinauswahl. Ich stamme aus Auxerre, das werden Sie nicht kennen, und unweit davon liegt das Weinanbaugebiet. Doch, doch! widersprach ich. Ich habe vor ein paar Jahren meine Auslandssemester in Dijon absolviert und meine Eltern haben in dieser Zeit mit mir einen Hausbooturlaub auf dem Canal du Nivernais gemacht. Auxerre ist eine herrliche Stadt, eine traumhafte Kulisse mit den Kathedralen hoch über der Yonne! So klein ist die Welt! Wir stießen an auf diesen Abend und überhaupt auf diesen Tag und unsere letztlich heitere Bekanntmachung.
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Das Diner war köstlich und bestand in allen Gängen aus Meeresfrüchten, Salat und Gemüse, abwechslungsreich, phantasievoll und schmackhaft angerichtet. Nicht nur mein Gaumen, auch meine Figur waren begeistert. Beim Alkohol hielt ich mich zurück, um nicht vor der Zeit müde und belustigend zu werden. Es war sehr angenehm, mit Yves zu plaudern und ich konnte nicht genug kriegen von dieser herrlichen Aussicht. In der Abendsonne oben auf den Klippen war das Meer besonders schön. Der immer noch heiße Wind spielte frech und unablässig in meinem Haar und in meinem nur luftig-locker bedeckten Dekolletee. Und natürlich setzte er sein frivoles exhibitionierendes Spiel fort und trachtete wie schon vormittags, mein Geheimnis zu lüften.
Jetzt war mir danach, Yves den Gefallen zu tun, um den er mich so mutig gebeten hatte. Ich fragte mich, wie ich es selbst hinbekommen hätte, ohne männermordend zu wirken, und was und wie ich überhaupt etwas gewollt hätte. Müßig, denn es war so wie es war. Ich war eingeladen in eindeutiger Weise, es lag an mir, mich zu trauen. Aber ich hatte bei Yves nicht die geringste Angst. Ich stand auf, spazierte wie beiläufig in Richtung der Brüstung der Terrasse und ließ den Wind gewähren, nicht lange, dann glitt mein sündiges Nichts von Kleid zu Boden.
Yves sah mich gebannt an, wie ich so vor ihm stand, meine Arme in die Hüften stützte. Sein Blick glitt über meine Brüste zu meinem Venushügel, dann hinunter zu meinen wirklich hübschen Beinen und den einfach Atem beraubenden Schuhen. Ich liebe es, wenn Männer von meinen Schuhen so begeistert sind wie ich selbst! Unablässig aber suchten seine Augen die meinen, wie um weitere Erlaubnis und Einvernehmen zu erbitten für seine Erkundung. Mein Lächeln gewährte sie ihm unmissverständlich. So weit im Westen Europas ist es im Sommer auch zu später Stunde noch hell und so konnte Yves alles sehen, wonach er sich sehnte. Ich drehte mich um, bückte mich beiläufig und reckte ihm so mein duftendes, feuchtes Paradies vor die Nase. Seufzer, Stöhnen, Atmen – ich wusste auch ohne mich umzudrehen, wie lustvoll er litt.
Nach ein bisschen entspanntem Catwalk, bei dem ich Terrasse, Aussicht und Pool erkundete, legte ich mich auf die Liege neben dem Esstisch, öffnete wie beiläufig meine Schenkel und ließ Yves studieren, was er dem Grunde nach kannte, als sinnlicher Mann aber endlos genießen wollte. Ich fühlte mich sehr wohl, der warme Wind, die Abendsonne, der Chablis – und ein sympathischer Verehrer, der trotz des umfassenden Berichts zu seiner Biographie tagsüber immer noch sehr geheimnisvoll auf mich wirkte.
Nun, Yves, was denken Sie am Abend unseres unerwarteten gemeinsamen Tages? forderte ich etwas frech weitere Bekenntnisse ein.
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