In seinem Zimmer überlegte er sich, was er tun sollte, wenn sie ihre Androhung tatsächlich wahr machen würde. Die alte Angst vor Frauen war wieder da, die Angst mit einer Frau intim zu werden, verunsicherte ihn. Sein Mund war trocken und er schwitzte. Im Bad putzte er sich die Zähne, wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab und lauschte dabei angestrengt, um ein Klopfen an der Zimmertür nicht zu überhören. Sollte er sich jetzt ausziehen und ins Bett legen? Oder warten oder war das alles nur eine Illusion, ein Missverständnis? Hatte die Frau gar nicht gesagt, dass sie kommen wolle? War er schon so besoffen? Gerade als er beschloss, sich nun doch auszuziehen und hinzulegen, klopfte es leise an die Tür.
Unsicher öffnete er sie einen Spalt, als ob er nicht genau wüsste, wer draußen stand. Sie drückte die Tür sanft auf, schlüpfte ins Zimmer und schloss die Tür rasch hinter sich. Manchmal gäbe es Probleme, meinte sie zur Erklärung, wenn man die Hotelangestellten nicht genügend geschmiert habe und heute habe sie das noch nicht getan. Jetzt war sie plötzlich keine Geschäftsfrau mehr, keine Dame, sondern eine professionelle Nutte, die ihr Ziel fast erreicht hatte. Als Erstes legte sie ihre Jacke ab, dann stellte sie klar, was in ihren Augen ein kleines Geschenk sei. Er war erneut überrascht. Mit so viel hatte er nicht gerechnet. Sie sah ihn amüsiert an. Ob das zu viel für ihn sei? In einem teuren Hotel wohnen und teuer essen gehen, spottete sie, das könne er. Er habe sicher einiges liegen lassen müssen, im Chéz Maxim, pas vrai? Oder gehe er doch nur zu McDonald? Diese Stadt sei nun mal teuer, das wisse man doch und da dürfe er sich nicht so anstellen, wenn es um ein kleines Geschenk gehe. Dafür bekomme er ja schließlich auch einiges geboten. Sie sei gut und er würde es bestimmt nicht bereuen. Wenn er einen ganzen Abend mit ihr verbringen würde, mit Ausgehen und Essen und zum Abschluss noch einen längeren Besuch auf dem Zimmer, dann erst könnte es für ihn richtig teuer werden, dann erst hätte er Grund zum Jammern. Aber das, was sie jetzt von ihm wolle, sei dagegen nur ein Klacks. Er schluckte trocken und dachte angestrengt nach. Die Dame wieder hinaus zu komplimentieren, das ging ja wohl nicht, dazu war die Sache schon zu weit gediehen. Und, wenn er ehrlich war, er wollte es auch nicht, er wollte diese Gelegenheit, die sich ihm so überraschend geboten hatte, nutzen, obwohl er sich das andererseits nicht so recht eingestehen wollte. Schließlich nickte er aber doch und sie sagte „très bien“ und fügte hinzu, leider müsse sie auf Vorauskasse bestehen. Sie habe da ihre Erfahrungen, leider. Das sei nicht gegen ihn gerichtet, aber sie kenne ihn ja gar nicht. Beim nächsten Mal, sie sei überzeugt, dass sie sich noch öfters treffen würden, also beim nächsten Mal, habe sie mehr Vertrauen zu ihm und dann sei das leidige Finanzielle überhaupt kein Thema mehr. Während sie so dahin redete und ihm ihre Bedingungen nannte, ihm erklärte, was sie ihm für den Lohn bieten würde, sah sie sich kurz und routiniert im Zimmer um. Solche Zimmer waren wohl ihre Arbeitsstätte und boten ihr nichts Neues.
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