Betörender Lavendel

Geschichten vom Anfang des Liebens

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Betörender Lavendel

Betörender Lavendel

Stayhungry

Als Catherine an ihm vorbei durch den weitläufigen, leicht abschüssigen, mit Olivenbäumen, Zypressen und Oleander bestandenen Garten hinunter ging zu dem kleinen Hain, in dem Laube, Hollywoodschaukel und Liegen zum abendlichen Verweilen einluden, warf sie ihm jenem Blick zu, der wortlos alles sagt und nicht missverstanden werden kann. Er durchzuckte ihn wie ein Blitz. Hier ist stets höchste Vorsicht geboten, seit jeher schon. Denn es lässt der Dame bis zum letzten Augenblick die Möglichkeit, sich zurückzuziehen aus der Gefahr und vorzugeben, der Mann habe dies anmaßend falsch gedeutet und sich somit klar ins Unrecht gesetzt. Er schluckte, und als sie noch einmal ernst über die Schulter zurückblickte, folgte er ihr, seine Augen gebannt gerichtet auf ihre wiegenden Hüften, ihre Taille, ihr mittellanges blondes Haar, die sich als traumhafte Silhouette gegen die untergehende Sonne am Horizont der Hochebene abzeichneten. Der Hauch eines Lächelns huschte über ihr Gesicht, das den Adel erster Falten trug, als sie sich niederließ und ihn eintreten sah in dieses dezent abgeschiedene Schmuckstück innerhalb ihrer geschmackvoll gestalteten Anlage.

An diesem Abend waren sie vollkommen allein in dem traumhaften Anwesen inmitten der endlosen Lavendelfelder. Die lärmende Reisegruppe, die die weiteren Zimmer belegt hatte, war heute Abend unter Leitung des Hausherrn losgezogen, um am Nationalfeiertag auf dem Fest in der Stadt Menschenmassen und Feuerwerk zu genießen, südliche Lebenslust eben. Er hatte sich nicht angeschlossen, denn er war nach einem harten Tag auf dem Fahrrad in glühender Hitze redlich erschöpft und genoss frisch geduscht das Abklingen der Temperatur hin zu einem milden Sommerabend auf der Terrasse des Gästehauses bei einem Glas Rotwein. Gegessen hatte er noch auf der Tour, da heute Abend ja außer ihm niemand zu Hause wäre und Catherine daher nicht ihren traumhaften Table d'hôtes anbot, dieses gesellige Abendessen für die Pensionsgäste, das stets in einen lebhaften und weinseligen Austausch über Gott und die Welt mündete. Schade, denn was er im Restaurant für reichlich Geld genossen hatte, kam nicht ganz an ihre
außerordentlich raffinierte und liebevolle Küche heran. Und nach einem ganzen Tag Sport durfte auch die Menge gern mehr einer vorgeblichen Hausmannskost entsprechen als den kunstvoll verspielt dekorierten Häppchen einer Haute Cuisine.

Darf ich? fragte er mit belegter Stimme. Aber natürlich, bekräftigte Catherine freundlich, wies ihm den weißen Eisenstuhl mit großem Polsterbelag zu und ließ sich auf die entsprechend ausgestattete Chaiselongue zurücksinken. Ruhig cremte sie sich die Hände ein und blickte schweigend zum Himmel. Mit dem Untergang der Sonne offenbarte sich ein sternenklares Firmament, wie er es bei sich zu Hause nie erlebte. Die Provence aber war berühmt für ihren Himmel, bei Tag und in der Nacht. Kein Wunder, dass sich nicht ganz weit von hier tatsächlich auch ein Observatorium befand. Mit dem noch warmen Abendwind zog der betörende Duft von Lavendel von den großen Felder herüber und mischte sich mit jenem von Thymian, Rosmarin und all den vielfältigen anderen Kräutern, die hier aus jeder Ecke sprießten, und der Lärm der Zikaden gehörte so selbstverständlich zu diesen Sommernächten, dass er den Eindruck von allumfassender Stille nicht trüben konnte. Lange hatte er gebracht, seit sich seine Frau von ihm getrennt hatte, wieder den Weg in dieses Paradies zu suchen, in dem sie so begeistert glückliche Tage miteinander verlebt hatten, in vielen Jahren. Aber jetzt hatte er sich endlich aufgerafft, allein zu fahren. Es war ein guter Entschluss gewesen.

Wir werden uns trennen, bekannte Catherine unvermittelt in ihr Schweigen hinein. Das war etwas ungewohnt direkt, denn sie beide hatten in den Tagen seines Aufenthaltes nicht mehr als die üblichen Nettigkeiten zwischen Gast und Gastgeberin ausgetauscht. Nur am Table d'hôtes der Pension am Abend hatte er in der üblichen Konversation der Gäste zwangsläufig einiges von seinen Ansichten, seiner Arbeit und seinem Leben offenbart, so dass sie wohl mehr wusste über ihn als er über sie. Aber tatsächlich hatte er etwas gemerkt von den Unstimmigkeiten zwischen der Hausherrin und ihrem Mann. Gastgeber der Chambres d'hôtes genannten Pensionen sind üblicherweise gut gelaunt, weil sie den Trubel lieben, den sie sich mit den Gästen aus aller Welt ins Haus holen. Catherine und Maurice verhielten sich zueinander sachlich unterkühlt, wohingegen sie mit den Gästen ein heiteres Verhältnis pflegten und sich im geselligen Beieinandersein nach dem Essen sichtlich wohl fühlten. So hatten also Paare überall auf der Welt ihre Schwierigkeiten, auch hier mitten im Paradies.

Schade, sagte er. Es ist immer traurig, wenn eine Liebe verloren geht. Sie nickte stumm. Und nach einer kurzen Pause fragte er etwas deplatziert nüchtern: Dann geht all das hier drauf? Sie schmunzelte. Nein, wir sind nicht verheiratet und das hier gehört mir allein. Ich hatte es mir mit dem, was mir nach meiner Scheidung zufiel, gekauft. Ich bin vor meiner gescheiterten Ehe in einem teuren Pariser Vorort in die Einsamkeit der Provence geflohen und habe es nicht bereut. Meine Tochter wollte nicht mitziehen, weil sie kurz vor dem Abitur stand und dann sowieso studierte. Aber sie besucht mich mindestens einmal in jeder Jahreszeit. Die Provence hat nicht nur zur Lavendelblüte ihre Reize. Das kann ich verstehen, antwortete er nicht mehr wirklich neutral und spürte dies schier körperlich, während er ihr tief in die Augen sah, in ihre tiefblauen Augen, in ihr Dekolletee, auf ihre Hüften, ihre Beine, ihre Sneakers, ihr blondes, gelocktes Haar, ihre geschmackvoll geschminkten Lippen. Heiß wurde ihm, von innen heraus, weich und zittrig wurden seine Knie und es war gut, dass er saß. Anderes war unvermittelt alles andere als weich. Er bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen, jetzt wo diese wunderbare, unbekannte Frau ihn zart einließ in ihr Herz. Sie musste ihn durchschaut haben, denn sie verstummte und blickte ihn nur an, studierte seine Mimik und er gab sich matt geschlagen, was seine Nervosität beruhigte. Sollte sie doch ahnen, wie sehr er sie begehrte. Er würde nicht übergriffig werden, keinesfalls, selbst wenn er als zu weich und unmännlich empfunden werden sollte.

Mit einem verkniffenen Lächeln fuhr sie fort. Sogar eine neue Liebe glaubte ich gefunden zu haben. Aber die war nur ein flüchtiger Sternschnuppenschwarm. Er schwieg und angespannt erkannte er, dass es schon längst um ihn geschehen war. Maurice hat im Haus seiner Eltern eine kleine Wohnung. Aber da er seit zwei Jahren bei mir lebt, haben sie die als Ferienwohnung vermietet. Das macht hier in der Hochsaison jeder, der irgendetwas frei hat. Aber die ist in drei Wochen vorbei und dann kann er sie wiederhaben. Er wird bei mir noch mithelfen, da ich auch ausgebucht bin, und dann ausziehen. Er arbeitet eigentlich bei der Stadtverwaltung in Moustiers und schenkt mir immer seinen Sommerurlaub für die Betreuung meiner Gäste. Ich muss ihm noch jetzt dankbar sein, seufzte sie melancholisch.

Was ist geschehen? fragte er. Nun, erklärte Catherine resigniert, er gestand mir, was ich längst gespürt hatte, dass er nicht mehr diese tiefen Gefühle für mich hat. Das schmerzt mich, aber es bricht keine Welt mehr zusammen, wenn man so etwas nicht zum ersten Mal und nicht zum schwersten Mal erlebt. Das kenne ich, stimmte er ihr zu. Er Ist auch ein paar Jahre jünger, fuhr Catherine nachdenklich fort, und tief drinnen glaube ich, hofft er doch noch auf die Begeisterung einer jungen Frau, die mit ihm eine Familie gründet. Das kann ich gut verstehen, denn meine Tochter bedeutet mir alles im Leben! Ich habe also längst, wonach er sich sehnt. Und die Gereiztheiten schwieriger Liebeslagen brauche ich nicht mehr. Ich bin ihm gut, wenn er geht. So viel liebevolle Einfühlsamkeit in den verlorenen Partner, so viel Lebensweisheit einer Frau in den noch besten Jahren beeindruckte ihn tief. Die Trennung von seiner Frau war zwar nicht im Rosenkrieg erfolgt, aber ein bisschen mehr Respekt und Freundschaft im Auseinandergehen hätte er sich schon gewünscht.

Darf ich? fragte sie und streckte die Hand nach seinem Glas Rotwein aus. Ich habe vergessen, mir etwas mit herunterzunehmen. Langsam trank sie, wenig, genussvoll, und wandte ihren Blick nicht ab von dem Seinen. Dann reichte sie ihm sein Glas zurück. Er konnte nicht anders. Langsam, ganz langsam leckte seine Zunge über den Rand des Glases, dort wo der Lippenstift bewies, dass ihre feuchten Lippen das Glas berührt hatten, ihr sinnlicher Mund getrunken hatte von dem schweren, inspirierenden, Bedenken besänftigenden Rebensaft. Mit großen Augen folgte sie diesem un-verschämten, seine Gefühle offenbarenden Tun. Sie nahm ihm das Glas aus der Hand und übertraf ihn in sinnlicher Eindeutigkeit, als sie es ihm gleichtat. Noch bevor sie das Glas abgesetzt hatte, hatte sie ihre linke Hand in seinen Nacken gelegt und zog seine Lippen auf die ihren. Zart, weich und doch fordernd war ihr Kuss und der langsame Tanz ihrer Zunge auf der seinen der Inbegriff aller nur möglichen Intimität zwischen zärtlichen Liebenden.

Catherine zog ihn neben sich, umarmte ihn und ihre Küsse wurden leidenschaftlicher. Seine Hände suchten unter ihrem Kleid, wo kein Höschen ihn noch hinderte, ihre feuchte Vulva und er fand diese feuchte Spalte und rieb und massierte. Sie stöhne laut und hektisch nestelte sie an seinem Gürtel und an seiner Hose. Schnell riss er sich T-Shirt und Jeans vom Leib, mehr trug er ja nicht in solch einer Sommernacht, dann drang er sanft in ihre Vagina, ein Paradies noch schöner als alles um sie herum. Langsam schob er sein Glied vor und zog es zurück, und ihre Küsse wurden intensiver. Es hatte sich wie selbstverständlich angeboten, so in sie zu gleiten, und es war unendlich schön. Doch was er in dieser spontanen Vereinigung ausgelassen hatte, obwohl er doch so gerne mochte, vermisste auch Catherine. Te plâirait-il de baiser mes lèvres en bas? fragte sie leise, als er in ihrem Nacken schmuste und sie zärtlich ein wenig biss. Tu voudrais voler en bas? A mes lèvres de la vulve et mon perle aussi? A mon clit ardent? Würde es dir gefallen, meine Lippen unten zu küssen? Unter die Gürtellinie zu gehen? Auch zu meinen Schamlippen und meiner Perle? Meiner sehnsüchtigen Klitoris?

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