Wir saßen einander gegenüber. Auf der einen Seite saß ich, flankiert von meinen beiden Anwältinnen. Ich nannte sie für mich immer Eis und Frost – beide waren blond, langbeinig. Linda, die links von mir saß, hatte blaue, Janett, die rechts von mir saß, hatte grüne Augen. Und beide waren eiskalt, genau der Typ von Frau, den ich selbst immer bevorzugt hatte. Aber darum ging es heute nicht. Es ging um ganz etwas anderes, es ging darum, dass ich ein großes, großes, großes Problem hatte, Frauen wie sie in Zukunft zufrieden stellen zu können.
Gegenüber saßen die Ärzte, genauer die beiden Chefärzte und die Chefärztin der Klinik, in der offenbar Inkompetenz, Schlamperei und Fahrlässigkeit Grundregeln der täglichen Arbeit waren. Wir saßen in einem Raum, der so wie der Rest des Gebäudes teuer, protzig und seriös wirkte. Ein riesiger Raum, fast schon ein Saal. Sechs Personen wirkten an dem Tisch winzig, unbedeutend. Und doch waren hier Jahresgehälter in siebenstelligen Zahlen versammelt.
„Also“, sagte ich, versuchte meiner Stimme den Anschein von Langeweile zu geben, „Sie wissen, warum wir hier sind.“
In Wirklichkeit war ich so sauer wie noch nie in meinem Leben. Und alle, die mich kannten, Eis und Frost eingeschlossen, wussten, dass ich auch schon bei anderen, viel geringfügigeren Angelegenheiten wahrlich gewütet hatte. Offenbar hatten unsere Gegenüber den Mann in der Mitte als ihren Sprecher bestimmt. Er nickte: „Wir wissen, warum sie hier sind, natürlich… Ein Assistenzarzt in unserer Klinik hat einen bedauerlichen Fehler gemacht. Wir…“
Ich unterbrach ihn, lachte laut auf: „Ein bedauerlicher Fehler!“
„Wir… Wir sind bereit, ihnen entgegen zu kommen und ihnen einen großzügigen finanziellen Ausgleich für ihren Schaden anzubieten.“
Der Mann versuchte, sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen.
„Sie müssen alles rückgängig machen! Geld interessiert unseren Mandanten nicht“, sagte Eis. Ihre Stimme war spröde wie Eis in einem Antarktissturm.
„Das ist nicht möglich, es ist zu spät. Der Eingriff ist irreversibel“, sagte der Sprecher. Ich sah ihn scharf an, zuerst ihn, dann die Frau, die rechts von ihm saß, schlug mit der flachen Hand auf den auf Hochglanz polierten Tisch.
„Verdammt, sie verstehen offenbar nicht! Sie haben aus einem sexuell verdammt aktiven Mann ein Krüppel gemacht und jetzt verweigern sie eine Behandlung!“
Sie hatten mich kastriert. Weil sie mich mit einem Patienten, der eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen wollte, verwechselt hatten!
Die Frau namens Doktor Karin Wex nahm das Wort an sich: „Wir haben ihnen schon erklärt, dass der… Eingriff… nicht wieder rückgängig zu machen ist. Zuviel Zeit ist vergangen, schon als sie wach wurden, war es zu spät. Fremdorgane… versagen hier. Es gibt keine Möglichkeit.“
Ja, ich kannte die Frau schon – sie war es, die an meinem Bett gestanden hatte, als ich aufgewacht war. Nach drei Tagen und einer Menge Hormonbehandlungen. Sie hatte als Chefin der Chirurgie die undankbare Rolle übernehmen müssen, es mir mitzuteilen. Die Frau war verdammt heiß, hatte mich interessiert, aber ich würde sie jetzt niemals in meinem Leben flach legen können…
Ich sah die Frau scharf an: „Es muss etwas geben, um wieder vögeln zu können! Helfen Sie mir, verdammt!“
Sie reagierte nicht, aber ich sah, wie sie nachdachte. Wirklich intensiv nachdachte. Falten bildeten sich auf ihrer Stirn, an der Stelle oberhalb ihrer Augen. Die anderen beiden Ärzte starrten, während ich bemerkte, dass Frost ihre rot lackierten, überlangen Fingernägel betrachtete. Stille, niemand rührte sich. Woran dachte die Frau gegenüber? Gab es doch etwas, was mich daran hindern würde, die Klinik anzuzünden? Ich fühlte mich immer noch verdammt unwohl angesichts des Damenhüftslips mit der Einlage, den ich seit zwei Wochen statt meiner Männerunterhose tragen musste. Sie passte mir einfach nicht mehr und ich blutete immer noch leicht. Allein der Gedanke, dass ich von nun an immer im Sitzen pinkeln musste, jagte mir Schauder des Entsetzens über den ganzen Körper. Und die Tatsache, dass meine Brust ausladender geworden, die Haare an ihr ausgefallen waren. Mein ganzer Körper viel weicher aussah.
„Was ist nun? An welche Möglichkeiten denken Sie?“, fragte Frost scharf, ungeduldig.
„Hmmm…“, machte Frau Doktor Wex.
„Einen Augenblick“, fügte sie hinzu. Sie sprach den Mann in der Mitte leise an, flüsterte ihm etwas zu. Der Mann sah sie scharf an, schüttelte den Kopf. Doktor Wex versuchte es noch einmal. Endlich, nach mehreren halblauten Worten, nickte der Mann im weißen Mantel, doch Widerwillen zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Er wandte sich zum Mann auf seiner anderen Seite, gab ihm Bescheid. Dieser nickte nur. Ohne Reaktion. Verdammt, was planten die Wahnsinnigen, schoss es mir durch den Kopf.
„Also“, sagte Doktor Wex, während sie sich zurück lehnte. Der weiße Mantel, den sie trug, klaffte auf, ich bemerkte, dass sie einen schwarzen Spitzenbüstenhalter darunter trug. Keine Bluse. Ich starrte sie an.
„Ich sehe nur eine einzige Möglichkeit“, sagte die Frau, die ich gerne gefickt hätte und nun niemals bekommen würde.
„Welche?“, kam es aus mir.
„Wir schließen den Prozess ab!“
„Bitte?“
Nicht nur ich, sondern auch Frost und Eis, schossen nach vorne, beugten uns über den Tisch.
„Wir schließen den Prozess, den wir begonnen haben, ab. Die Geschlechtsumwandlung – und machen aus ihnen eine Frau.“
Ich schrie los: „Verdammt, sind sie völlig verblödet? Unmöglich! Ich möchte und kann keine Frau sein! Wenn das ihre Lösung ist, dann sehen wir uns vor Gericht wieder – mit einer großen Anzahl von Livereportern!“
Die Frau lächelte mich an! Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte sie erwürgt. Aber das konnte auch nicht die Lösung sein.
„Sehen sie“, sagte sie deutlich lauter, „um ihre Sexualfähigkeit wieder herzustellen, bleibt nur diese Möglichkeit. Wir können ihnen eine voll funktionsfähige Vagina aus ihrem eigenen Körpergewebe implantieren – und Brüste, die von denen einer gebürtigen Frau nicht unterscheidbar sind. Sie werden einen echten Orgasmus, wenn dieser vielleicht auch nicht ganz mit dem einer Frau vergleichbar ist, haben können. Sie sind, ungeachtet ihrer durchaus im Original beeindruckenden Ausstattung in Sachen Geschlechtsorgane, nicht so extrem männlich im Körperbau, dass sie sich in Zukunft als Frau verstecken müssten. Selbst ihr Gesicht. Sie haben unglaublich gut auf die weiblichen Hormone, die wir ihnen irrtümlich injiziert haben, angesprochen. Und die Alternative zu meinem Vorschlag wäre, dass sie so bleiben müssen wie jetzt und wir uns vor Gericht auf eine Entschädigungssumme einigen müssten. Kein Richter dieser Welt kann ihnen helfen, mehr zu bekommen. So aber erhalten Sie die Besten für diese zugegebenermaßen extreme Art der Körperneugestaltung.“
Ich starrte sie an, musterte sie. Mir fiel nichts ein, sie hatte verdammt recht, auch wenn das den Horror für mich verstärkte. Zehn Augen blickten mich an. Verdammt! Es gab keinen Ausweg! Oh Gott! Am Tisch saßen drei Frauen, die Hälfte aller Anwesenden. Ich blickte zu Frost, zu Eis – beide trugen Businesskostüme mit superkurzen Röcken, dazu Nylonstrümpfe, Schuhe mit hohen Absätzen, weiße Blusen. Sie trugen stets Kosmetik, ihre rot geschminkten Lippen stachen auch jetzt aus ihren schlanken Gesichtern heraus. Sie waren unglaublich sexy, hübsch und ihre äußerliche Unberührbarkeit war das, was mich als Mann noch zusätzlich scharf machte. Ich hatte schon mit beiden gevögelt, schließlich waren sie meine Kolleginnen in einer Kanzlei, die sich ausschließlich mit Fällen beschäftigte, die mit Sex und unerlaubten Affären zu tun hatte. Die Kanzlei war etwas besonderes, auch intern, zwischen den Anwälten. Wir waren alle Singles – und jeder hatte es mit jedem.
Noch immer sagte niemand etwas, ich blickte die beiden Männer gegenüber an, dann ging mein Blick zu Doktor Wex. Sie war wesentlich dezenter angezogen, weniger geschminkt – und trotzdem genauso heiß wie die anderen Frauen. Frauen waren definitiv das schönere Geschlecht, egal, wie man es betrachtete.
„Ver…“, sagte ich, brach ab. Ich wusste, sie hatte Recht und es gab keine andere Möglichkeit.
Doktor Wex half mir: „Ich schlage vor, wir verlassen den Raum und wir treffen einander in zwanzig Minuten wieder. Sie sollen Zeit zur Beratung haben.“
Sie gingen, die Ärzte, die mich zuerst verpfuscht, mein Leben ruiniert hatten – und dann eine Pistole an meinen Kopf setzten. Ich lehnte mich zurück, blickte zuerst Frost an.
„Shit. Sie hat Recht. So kann ich nicht bleiben!“
Frost nickte, doch sie sagte: „Du solltest es dir trotzdem noch einmal überlegen. Bedenke, was das für dich bedeuten wird…“
„Du hast Recht, aber ich stehe mit dem Rücken zur Wand… Zeit ändert hier nichts, macht es nicht besser!“
„Ich bin immer noch der Meinung, du solltest sie verklagen und aus dem Rummel rundum Kapital schlagen!“
Ich drehte mich zu Eis um, schüttelte den Kopf: „Eigentlich möchte ich keine Reporter, nicht in diesem Fall. Rummel bedeutet dann, dass jeder weiß, was mit mir passierte und geschieht. Denk an die ganzen Vorurteile, die über mich hereinbrechen werden. Meine Karriere als Anwalt wird vernichtet sein!“
Frost legte ihre Hand mit den sagenhaften roten Nägeln auf meine Schulter. Nein, es war Janett. Ihre Augen strahlten plötzlich eine Wärme aus, die mir neu war.
„Du warst als Mann immer große Klasse, im Bett und auch so, im Alltag, als Kollege, als Verbündeter. Du wirst es als Frau auch sein und ich bin schon geil darauf, mit dir danach ins Bett gehen zu können! Wenn du dir jetzt schon sicher bist, dann solltest du es machen lassen“, sagte sie mit warmer Stimme.
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe keine Wahl!“
„Dann laß es noch“, sagte Linda.
Ich schüttelte den Kopf, stand auf, ging in Richtung der Fenster auf der linken Seite. Als ich dort angekommen war, betrachtete ich die Stadt am Fluß unter mir, doch meine Gedanken waren woanders. Ich ging zurück, blieb direkt vor den beiden Frauen stehen, die mich ansahen.
„Wisst ihr was…?“
Beide sahen mich an.
„Eigentlich sollte ich euch fragen, was ihr an meiner Stelle machen würdet. Aber ihr seid bereits dem, wovor ich insgeheim Angst zu haben scheine, sehr nahe. Auf eine Art und Weise, die mich immer sehr beeindruckt hatte. Ihr beide seid unglaublich weiblich, sexy, geil und…“
Ich hob meine Hand, weil beide etwas sagen wollten.
„Auf eine Art und Weise, die ein Mann nur bedingt, eigentlich sogar überhaupt nicht sein kann! Niemals!“
Sie starrten mich an, überrascht, überwältigt, desillusioniert? Genau in diesem Augenblick kamen die Ärzte zurück, setzten sich wieder gegenüber. Ich ließ mich auch wieder auf meinem Sessel nieder, überlegte, wie es sich anfühlen wird, wenn ich statt der Hose einen kurzen Rock mit Nylons tragen, Brüste meine Bluse und meinen Blazer ausbeulen werden. Und meine Füße in Pumps standen, deren Absätze so hoch und dünn wie die der Kolleginnen sein werden.
„Ab wann können sie beginnen?“, fragte ich.
Betriebsversehen
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