Blind Date

5 21-33 Minuten 0 Kommentare
Blind Date

Blind Date

Pegasus

Als das Taxi an der von ihr gewünschten Adresse anhielt, war Laura sehr aufgeregt und unsicher. Sollte sie dem Taxifahrer sagen, ihr sei schlecht und ihn bitten, sie wieder nach Hause zu fahren? Aber dann siegte das neugierige Kribbeln, das sie auch schon während der Vorbereitungen zu dieser ungewöhnlichen Verabredung verspürt hatte. Also zahlte sie das Taxi und stieg aus.

Während Laura durch den Vorgarten auf den Eingang zu ging, ließ sie die ganze Geschichte nochmal Revue passieren: Beim Lesen der Kontaktanzeigen im Stadtmagazin war sie an dieser Anzeige hängen geblieben. Normalerweise las sie die Anzeigen nur so zum Spaß und hätte nie im Traum daran gedacht, auf eine zu antworten.

Aber diese eine schien sie zu rufen.

Ein groß gewachsener Sportler hatte jemanden gesucht, um sich anonym aber persönlich zur gegenseitigen Unterhaltung und Bereicherung von sadomasochistischen Phantasien und Praktiken zu berichten. Keine Namen, keine Verpflichtungen, kein Sex, nur neugieriger, lustvoller Gedankenaustausch in ge­pflegter Atmosphäre.
Irgendwie hatte sie der Gedanke, sich einem völlig Fremden anzuvertrauen und dafür auch Alles über ihn zu erfahren, fasziniert und erregt.

So hatte sie auf das Band gesprochen und ihre Mobilnummer hinterlassen. Der Unbekannte hatte Sie mehrfach zurückgerufen – irgendwie hatte er es geschafft, die Frage nach seiner Rufnummer gar nicht erst aufkommen zu lassen – und sie hatten Folgendes vereinbart:
Man würde sich abends in Schale werfen, denn zu einem ge­pflegten Umfeld gehörten auch gepflegte Menschen, sich an der Bar eines Szenelokals treffen und miteinander plaudern so lange es Kurzweil bereitete. In keinem Fall würde man das neutrale Terrain verlassen. Erkennen würde man sich an einer blauen Kerze, die – so die Reservierung des Lokals – an der Bar zwischen zwei Hockern brennen würde. Um das Gespräch anregender zu gestalten sollte jeder seine Lieblingsspielzeuge mitbringen.

Sicherheitshalber – das tat sie stets, wenn sie alleine ins Nachtleben abtauchte – hatte sie ihrer besten Freundin gesagt, wo sie war und vereinbart, nach einer Weile eine Nachricht zu schicken, wenn alles in Ordnung wäre. Wenn die Nachricht bis um Zehn noch nicht da wäre, würde die Freundin mit Nachforschungen beginnen.

So schaute sie nochmal an sich herunter, bevor sie die Stufen zur geschlossenen Eingangstür nahm. Eigentlich hätte sie sich das sparen können, denn sie wußte, daß sie blendend aussah: Ihre langen, sportlichen Beine steckten in einer bis zu den Knien engen schwarzen Lederhose, die einfach paßte und betonte, wofür sie sich regelmäßig auf dem Fahrrad plagte. Darüber eine weiße, etwas auf Figur geschnittene Chiffonbluse, unter der man die schwarze Corsage etwas mehr als erahnen konnte. Sie mochte dieses Stück mit den knapp sitzenden Körbchen, deren Spitzensaum sanft über ihre Brustwarzen strich. Ihr langes braunes Haar trug sie wie immer, wenn sie ausging, zunächst hochgesteckt.
Sie war sich ihrer Wirkung auf die meisten Männer durchaus bewußt und genoß es, damit zu spielen – wenn sie im Gespräch beiläufig die Klammer löste und Ihr Haar aufschüttelte, stockte ihrem Gegenüber stets der Atem.
Besonders in hohen Schuhen war sie stolz auf ihre Figur im Allgemeinen und Ihre Rückansicht im Besonderen.
Und gerade weil sie heute nicht auf die Suche nach Mr. Right ging, im Gegenteil sogar vereinbart war, sich ohne weitere Verpflichtungen zu treffen, wollte sie sich von ihrer besten Seite zeigen, ihren Gesprächspartner beeindrucken.

Sie blieb vor der Tür nochmal kurz zögernd stehen, trat dann aber entschlossen ein: Ein helles Foyer, gedeckte Farben, an den Wänden Bilder mit SM-Motiven, in der Mitte des Raumes ein leeres Podest, über dem einige Deckenhaken zu erkennen waren.
Obwohl sie die Internetseite des Lokals ausgiebig erforscht hatte, war Laura gleichermaßen erschreckt und fasziniert – es war ihr erster Kontakt mit der Szene.
„Du ziehst das jetzt durch, Du hast es geplant, Du hast die Adresse geprüft, und für den Anderen ist es auch das erste Mal!“ ermahnte sie sich während sie in Richtung der Stimmen weiterging. Als sie den etwa zu einem Drittel gefüllten Hauptraum betrat, sah sie sofort die blaue Kerze auf der Bar stehen. Daneben saß, in der Speisekarte blätternd, ein auf den ersten Blick recht attraktiver, groß gewachsener Mann.

Auch Klaus hatte sich an diesem Abend Mühe gegeben und ein Mal mehr in den Spiegel geschaut als er das normalerweise tat: Den Dreitagebart kultiviert, etwas Styling für die kurzen, dunklen Haare. Von eher dunklem Teint, war schwarz seine bevorzugte Farbe. Die dunkelbraune Lederjeans liebte er nicht nur weil sie paßte und bequem war sondern auch weil sie ihm – so seine Schwester – einen „skandalträchtigen“ Hintern formte und seine Beinmuskulatur erahnen ließ. Ein tailliertes Schrumpelhemd über einem engen schwar­zen V-Shirt rundete die Erscheinung ab. Der kleine silberne Anhänger, der am Lederband im Kragen baumelte, erklärte mit mehreren eingravierten Sportsymbolen das Fehlen sichtbaren Körperfetts.
Klaus blickte auf, als er merkte, daß jemand kam, legte die Karte bei Seite und stand auf als er Laura auf die Kerze zusteuern sah. Sie hatten noch kurz Zeit sich gegenseitig zu mustern bevor sie beieinander standen um sich zu begrüßen.

„Hallo, Guten Abend, freu' mich, Dich zu sehen – Ich heiß' Klaus, ich glaub', das kann ich sagen, ohne die Anonymität zu gefährden.“ reichte er ihr die Hand.
„Hallo Klaus, ich bin Laura. Hast Du lange gewartet?“ legte sie ihre wesentlich kleinere Hand in seine, die entschlossen aber nicht so fest wie erwartet zugriff.
„Ach, so etwa 20 Minuten, ich war früh dran und hatte keine Lust, unterwegs 'rumzutrödeln. Dafür kann ich schon große Teile der Speisekarte auswendig.“
Er setzte sich und wies lächelnd auf den freien Barhocker.
„Und? Was empfiehlst du?“ wollte sie wissen, während sie eben­falls Platz nahm und ihm in die Augen schaute.
Graugrün, durchdringend, es fiel ihr schwer, dem Blick Stand zu halten.
„Oh, das ist schwierig, ich seh' Dich ja grade zum ersten Mal. Gib' mir'n Tip und bestell' zwei Mal Deinen Lieblingsaperitiv.“
„Und wenn er Dir nicht schmeckt?“
„Dann werd' ich's irgendwie überleben, bin um eine widerliche Erfahrung reicher und Du hast Deinen Spaß gehabt. No risk no fun.“
Sie wandte sich an den Barkeeper und bestellte zwei Margharitas, nachdem sie sich der ordentlichen Zubereitung mit Salzrand versichert hatte.
„Und? Wie fällt Deine Essensempfehlung jetzt aus?“
Klaus überlegte einen Moment. „Ich würde sagen, einen griechischen Salat für Dich, einen Ceasar's Salad für mich, eine Halbe trockenen Weißwein und eine Flasche Wasser.“
„Naja, nicht gerade sonderlich innovativ. Wie kommst Du auf Salat?“
Klaus lächelte. „Während ich auf Dich gewartet habe, kam so das Eine oder Andere aus der Küche. Die Salate sahen mit Abstand am besten aus. Ordentliche Portionen, frisches Brot, knackig, nicht so sehr mit Dressing überladen.“
„OK, überzeugt.“

Da kamen auch schon die Margharitas um die Ecke, Klaus orderte das Essen. Ein Wort gab das andere, sie plauderten angeregt über Sport, Literatur, Gott und die Welt.
Das eigentliche Thema des Abends sparten beide sorgsam aus – sich einem ganz und gar Fremden anzuvertrauen schien auf einmal doch nicht ganz so einfach zu sein. Schon bald kam der Wein in einer Karaffe (Klaus überlebte die Margharita), kurz darauf das Essen.
Es war eine gute Wahl, die Unterhaltung drehte sich zwischenzeitlich um die letzten Urlaubsziele und weil der Salat ja nicht kalt wurde, ließen sie sich Zeit beim Essen.
Als die Kellnerin abräumte, war der Wein fast leer.
„Dessert oder Cocktails?“ fragte Laura.
„Cocktail wär' 'ne Idee, was schwebt Dir denn so vor?“
„Eigentlich Caipi, aber das wird zuviel, eher 'was Sanftes, Süßes.“
Sie wandte sich an die Kellnerin „Singapore Sling?“.
Klaus meinte „Ich mag eigentlich auch eher die etwas stärkeren, möchte aber den Rest des Abends noch mitkriegen. Mai Thai?“.
Die Kellnerin nickte und verschwand. Klaus fixierte Laura.

„Du, aber eigentlich haben wir uns heute nicht getroffen, um über Reiseziele zu plauschen...“

Ein Moment Schweigen, der plötzliche Themenwechsel überraschte Laura sichtlich.
„Normalerweise find' ich's ja ziemlich öde, wenn Frauen in ihren Handtaschen kramen“ fuhr Klaus fort „aber ich glaube, jetzt interessiert's mich mal. Was hast Du heute Abend mitgebracht?“.
„Ohoh“ dachte Laura, „das ist jetzt wohl der Moment der Wahrheit. Aber er hat Recht, Urlaubsreisen sind heute wirklich nicht das Thema.“
Während Sie eine aus der Frisur gerutschte Locke um den Zeigefinger wickelte, ein provokantes Lächeln aufsetzte und ein mäßig schlagfertiges „Das wüsstest Du wohl gar zu gerne!“ hervorbrachte, überlegte Sie fieberhaft, wie denn ihre tagelang ersonnene Taktik für diesen Moment aussah. Sie hatte im Geiste alle erdenklichen Möglichkeiten durchgespielt, aber sie kam nicht drauf.

Also entschloß sie sich, die Sache etwas offensiver anzugehen, ihren Teil recht zügig zu erzählen, sich dann genußvoll zurückzulehnen und Klaus zu lauschen.
„Jaaa, dann laß' mal sehen, was sich hier so findet...“ angelte sie ihre Handtasche und brachte sie auf ihren Schoß. „Du hast doch auch 'was dabei, oder?“ fragte sie um noch ein wenig Zeit zu gewinnen.
„Ja, klar,“ wies er auf die relativ dünne lederne Mappe, die zu seinen Füßen stand „kommt auch noch dran.“.

Der Barkeeper brachte die Cocktails. Das war genau die Zeit, die sie brauchte um sich etwas zu sammeln.
Sie öffnete Ihre Handtasche und förderte lächelnd ein paar Handschellen zu Tage, die sie am Zeigefinger einer Hand baumeln ließ „Nummer eins.“ grinste sie.

„Ach, die haben wohl die meisten irgendwo im Schrank. Und damit stellst Du Deine Liebhaber ruhig?“ wollte Klaus wissen.
„Ja, bisweilen auch das, aber eigentlich weniger.“
Klaus schaute fragend.

Sie erzählte ihm von einem Ihrer Verflossenen, an und für sich ein ziemlicher Flop, aber der Abend, an dem er sie mit den Handschellen an ihr Gitterbett gefesselt hatte, war ein Wendepunkt in ihrem Sexualleben gewesen. Keine Ahnung, warum sie so lange gebraucht hatte, um drauf zu kommen und warum sie nicht selber drauf gekommen war, jedenfalls hatte sie an diesem Abend entdeckt, daß es ihr Spaß machte, beim Sex wehrlos zu sein.
Der Verflossene war verflossen und mit keinem der Folgenden kam sie je wieder dazu. Jetzt war sie schon länger solo, da war sie auch in dieser Frage auf sich gestellt.

„Ach, und wie machst Du das dann alleine?“

Sie erzählte ihm von dem Schlüssel, den sie in einen Eiswürfel einfror damit sie ihn erst nach einer Weile wieder erreichen konnte, von dem zweiten Schlüssel, der zwar erreichbar aber in einem Beutel Tinte eingeschweißt war.
„Interessante Konstruktion“ kommentierte Klaus „aber ich mein', Du legst Dir die Handschellen an und wartest, bis der Eiswürfel getaut ist?“ – „Naja, im Prinzip schon, aber das alleine wär' in der Tat etwas öde“ legte sie die Handschellen auf die Theke und förderte ein kleines Säckchen zu Tage.

Bevor er fragen konnte, nahm sie etwas heraus und drückte ihm den Beutel in die Hand.
„Nur von außen fühlen, nicht 'reinschauen.“ ermahnte sie ihn.
Er begann, den Inhalt zu ertasten. "Ich würde auf so etwas wie Liebeskugeln tippen, nur relativ dick und etwas länglich."
Auf einmal fing das Päckchen an, zu vibrieren, vor Schreck rutschte es im fast aus der Hand. Er schaute sie fragend an.
„Wie Du schon weißt, will ich nicht einfach in Handschellen warten bis der Eiswürfel geschmolzen ist. Also hab' ich mit verschiedenen Geräten zur Stimulation 'rumexperimentiert. Du hälst quasi das Ergebnis unermüdlicher Feldforschung in der Hand.“
„Aha, und das wäre?“
Sie erzählte ihm – selbst etwas über den Freimut er­staunt – wie es sie genervt hatte, Vibratoren mit gefesselten Händen nicht bedienen zu können. Außerdem hätten die Formen irgendwie nie so richtig gepaßt. Liebeskugeln wären da besser gewesen, aber die wiederum wären ziemlich passiv. Kurz bevor sie aufgegeben hätte, wäre sie in einem Internetforum über einen Beitrag zu fernsteuerbaren Vibro-Eiern gestolpert. Sie hätte sich zwei besorgt, sie mit einer kurzen feinen Kette aneinander befestigt, und das wär's schon fast. Weil die Fernbedienungen jedoch nicht so zuverlässig wären, hätte sie ihren Bruder – seines Zeichens Hobbyelektroniker – gebeten, eine der Fernbedienungen so mit einem elektronischen Kurzzeitwecker zu koppeln, daß sich die Eier in Intervallen steuern lassen.
„So hat sich 'rausgestellt, daß ich mit den Dingern nach etwa sieben Minuten komme und nach etwa vier Minuten Erholung bereit bin für die nächste Runde. Bis der Eiswürfel geschmolzen ist und ich wieder an die Fernbedienung komme, kann schon eine gute Stunde vergehen.“ erklärte sie vieldeutig grinsend und – wie sie sich eingestehen mußte – allein beim Gedanken daran merklich erregt während sie Klaus die Fernbedienung zeigte.

„Und das funktioniert? Kaum zu glauben aber“ auch Klaus war ihre Erregung nicht entgangen „so lüstern wie Du schon beim Erzählen schaust, sieht es schwer danach aus. Dürfte ich vorschlagen, daß Du jetzt mal auf der Toilette verschwindest und Dir die Eier einführst?“ gab er ihr das Säckchen zurück.
Sie schaute ihn ungläubig an, überlegte einen Moment „Eigentlich hat er Recht, warum denn nicht?“.
Wenn sie es täte, könnte sie sich unauffällig den ganzen Abend in Stimmung halten und die Spannung dann genußvoll entladen, sobald sie nach Hause käme.
„Ja, warum eigentlich nicht? Moment, wer sagt mir, daß Du mir nicht wegläufst?“ nahm sie die Handschellen von der Theke, schloß sie um Klaus' linke Hand und den Handlauf der Theke. Er griff schnell nach der Fernsteuerung der Eier „Damit Du auch ganz sicher zurückkommst und mich nicht einfach so hier sitzen läßt.“ grinste er.
„OK.“ Laura prostete ihm mit dem Cocktail zu, nahm einen großen Schluck, stellte ihn ab und ging mit – so fiel es Klaus auf – wiegenden Schritten Richtung Ausgang. Er genoß den Anblick, sie zwinkerte ihm kurz vor der Tür nochmal über die Schulter zu.

Klaus schaute sich die Fernbedienung genauer an: So groß wie eine Zigarettenschachtel, durch die Batterien recht schwer aber bestechend einfach. Zwei mit Ziffern (1-20) beschriftete Drehknöpfe (rot und grün) und ein silberner Druckknopf, der einrastete. Er spielte ein wenig damit herum, dann hatte er eine Idee, stellte den grünen Knopf knapp neben den Anschlag bei Null, den roten auf etwa 20 Sekunden und drückte den silbernen, woraufhin eine Diode immer abwechselnd ein paar mal schnell und langsam blinkte. Er legte das Gerät neben Lauras Cocktail und wartete.

Fünf Minuten später, in denen sie sich nicht nur die Eier eingeführt sondern auch ihre Frisur neu geordnet und ihrer Freundin die Kurznachricht „Alles klar“ geschickt hatte, kam sie zurück. Ihr Gang schien Klaus noch etwas hüftbetonter geworden, sie schlenderte eher als sie ging. Auch ihr Gesicht hatte sich irgendwie verändert, waren die Augen größer und der Mund etwas breiter geworden oder bildete er sich das ein und sie hat einfach ihr Makeup aufgefrischt?
Mitten im Raum blieb sie kurz stehen und kniff die Augen zusammen. Drei Sekunden später ging sie weiter.
„Du Spielkind!“ zischte sie, drückte auf den Knopf der Fernbedienung „wenn ich die Eier hätte einschalten wollen, hätte ich das schon selbst getan!“
Als sie sich gesetzt und einen Schluck von ihrem Cocktail genommen hatte, fuhr sie fort „Ich hätte die Handschellen wohl besser hinter Deinem Rücken geschlossen, um Dich von dergleichen Blödsinn abzuhalten.“
„Neugier forscht. 'Tschuldigung.“ erwiderte er mit Dackelblick.
„Ist schon in Ordnung, war an und für sich 'ne ganz spaßige Idee. Dafür ist jetzt aber Rollenwechsel.“

Sie griff sich ins Haar, löste die Klammer und schüttelte es frei – wie sie richtig beobachtete, verfehlte diese Geste auch bei Klaus ihre Wirkung nicht.
„Was hast Du denn heute mitgebracht?“ senkte sie den Kopf in Richtung der Tasche auf dem Boden.
Klaus – immer noch an die Bar gekettet – angelte mit etwas Mühe die Tasche, platzierte sie auf dem Schoß und öffnete sie einen Spalt.
„Ach, etwas vergleichsweise Unspektakuläres, zieh' mal langsam dran“ sagte er als er Laura das versäuberte Ende eines dicken weißen Baumwollseils in die Hand gab. Sie zog vorsichtig ein Stück. Und noch ein Stück, immer schneller, als sie etwa zwei Meter Seil in der Hand hielt, schlüpfte das andere Ende aus der Tasche.
„Seil?“ fragte sie erstaunt.
„Ich würde sagen, ja.“ lächelte Klaus zurück.
„Und damit fesselst Du Dich oder andere?“ bohrte sie weiter.
„Ja. So einfach oder kompliziert kann man das sagen.“
„Jetzt laß' Dir bitte nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen, aus Seilen kann man sich recht einfach befreien, das kann ja wohl noch nicht die ganze Geschichte sein, oder?“
„Naja, wenn's jemand kann, kannst Du das mit dem einfachen Befreien haken. Jemanden mit Seil zu fesseln ist viel schwieriger als es zunächst klingt, dafür ergeben sich aber sehr viele, ästhetisch durchaus reizvolle Möglichkeiten. Moment, ich erklär's Dir. Würdest Du bitte...“ mit einem Blick auf die Handschellen „...dann hab' ich beide Hände frei um Dir den Unterschied zu Haushaltsknoten zu demonstrieren.“
Sie kramte den Schlüssel aus der Tasche, öffnete die Handschellen und legte sie auf die Theke.

Er legte ein Seilende so in eine Bucht, daß sich eine Doppelschlinge bildete.
„Die meisten Leute denken, Fesseln wär' so 'was“ sagte er während er die Schlinge um sein linkes Handgelenk zuzog „aber das tut weh, schnürt das Blut ab und ist sobald der Zug nachläßt leicht zu öffnen. Und schön ist es auch nicht direkt. Das geht besser - probier's mal.“ löste er die Schlinge und hielt Laura seine Hand und das Seil hin.

Sie schlug das Seilende zwei mal um seine Hand und machte einen Doppelknoten. Er lächelte „Ja, aber das zieht sich auch zusammen und hält nicht zuverlässig. Interessanter ist der...“ er machte einen Palstek in das andere Ende des Seils, erklärte Laura Vorzüge und Nachteile.

Geduldig und neugierig schaute sie zu, wie er einen französischen Palstek machte und Ihr zeigte, wie sich der Druck verteilte. Dann maß er die Länge des Seils auf das sechsfache seines Gelenkumfangs ab und begann, das Seil scheinbar wahllos um seinen Unterarm zu wickeln. Drunter, drüber, durch, während er über den Reiz sprach, den Seile und Knoten schon immer auf ihn ausübten, entwickelte das Gewirr um seinen Arm plötzlich eine sehr regelmäßige Flechtstruktur.
„Wow. Sieht schön aus.“ entfuhr es Laura.
„Ja. Der heißt türkischer Bund. Ist einfacher als er aussieht, übt sehr regelmäßigen gut dosierbaren Druck aus und hinterläßt nach einiger Zeit ein schönes Muster auf der Haut. Leider etwas umständlich. Eher ein Schmuckknoten, zum Beispiel auch um den Hals.“

Laura schaute kritisch „So schnell und problemlos wie Du diese Knoten löst, kann man damit doch niemanden fesseln!“

„Nein“ sagte er „das waren ja auch nur einige Knoten um zu zeigen, worauf's ankommt. Interessant sind eher andere Techniken wie etwa diese...“.
Geschickt formte er einen sich selbst verfestigenden Knoten mit zwei Schlingen.
„Voilà. Nicht das unausweichliche Ratschen sich schließender Handschellen aber auch ganz gut.“

Sie schaute zweifelnd.

„Bitte gib' mir Deine Hände.“
Sie streckte ohne zu zögern die Hände nach vorne und schaute süffisant grinsend zu, wie er die Schlingen zuzog. Er wartete, bis sie durch ihren Widerstand den Knoten fester gezogen hatte und zog noch ein wenig nach. Die losen Enden des Knotens ließ er einfach baumeln.
„Das gibt's doch nicht!“ schaute sie auf ihre sich windenden Hände. Langsam gab eine Seite doch noch ein wenig nach und sie konnte mit etwas Mühe eine Hand befreien.
"Na also, geht doch!" triumphierte Laura.

Er erklärte ihr die Schwächen des gewählten Knotens, der eher für Überraschungsangriffe geeignet war und erwähnte, daß er die Enden ja nicht weiter geführt oder gesichert habe. Sie schien kaum hinzuhören ließ die Reste des Knotens mit einem spöttischen Grinsen an ihrem Zeigefinger baumeln während sie an ihrem Cocktail nippte.

„OK, Du glaubst mir nicht, Theorie ist nichts für Dich. Laß' uns wetten. Ich bekomme vier Minuten Zeit, Dir die Hände zu fesseln. Tut bestimmt nicht weh, versprochen. Du bekommst den Rest des Abends um Dich zu befreien. Schaffst Du's, zahle ich Die Zeche des Abends, wenn nicht, zahlst Du.“
„Ist ja nett von Dir, Du kannst es ruhig direkt sagen, wenn Du mich einladen möchtest.“
„Wenn Du Dir sicher bist, dann halt' dagegen, ist nur ein Spiel.“ lockte Klaus sie aus der Reserve.
Laura schaute sich um „Na gut, hier kennt mich ja keiner, da kann ich mich auch peinlich aufführen! Leg' los!“.

Klaus bat sie, sich ganz auf den Barocker zu setzen und die Hände hinter den Rücken zu halten. Sie nippte nochmal an ihrem Drink, setzte sich aufrecht und beobachtete, wie Klaus das Seil doppelt legte. Er trat hinter sie und sie konnte spüren, wie er das Seil zwei mal behutsam um ihre Handgelenke legte.
Es glitt weich über die Haut als er die beiden Windungen zusammen zog bis sich ihre Hände fast berührten. Sie merkte, wie der Druck an den Gelenken etwas zunahm als er die Seilenden kreuzte und gegenläufig zwei mal zwischen ihren Handgelenken hindurch gab. Als er den Knoten machte, schmerzte es kurz etwas, dann verteilte sich der Druck. Klaus hatte die Seillänge gut abgeschätzt und zog die beiden freien Enden des Seils durch das Auge, das am anderen Ende des Kreuzknotens entstanden war, so daß sich der Knoten nicht von alleine lösen konnte. Dann gab er die beiden freien Enden von unten entlang der Arme durch die Windungen und führte sie oben erneut mit einem Kreuzknoten zusammen.
„Alles klar, nicht zu fest?“ fragte er Laura, während er sein Werk begutachtete.

„Alles klar, sag', wenn Du fertig bist und ich anfangen darf.“ „Einen Moment noch, bitte.“ entgegnete er, während er ein zweites Seil aus seiner Tasche holte „Ich möchte es Dir ja nicht zu einfach machen. Und außerdem hatte ich vorhin glaube ich ästhetische Aspekte erwähnt“.
Er halbierte auch dieses Seil.
„Wenn Du mich jetzt mit Deinem Körper beeindrucken wolltest, was würdest Du tun?“ fragte er Laura.

Sie reckte den Oberkörper, spannte die Arme gegen die Fesseln, schlug die Beine übereinander, beugte den Oberkörper etwas nach vorne und schüttelte ihre Mähne während sie sich grinsend die Lippen leckte „Keine Ahnung. Sag's mir, Klaus.“
Er trat hinter sie, schlang das Seil um ihre Ellenbogen, zog sie zusammen, sie gab nach, reckte sich und streckt ihre Brust nach vorne. Er bemerkte, wie gelenkig sie zu sein schien und zog ihre Ellbogen bis auf zehn Zentimeter aneinander.
„Hey! Was tust Du da?“ meinte sie während er das Seil nach einer Windung in die Gegenrichtung fixierte.
„Ich bringe Deinen Körper in eine Position, in der er gut zur Geltung kommt und keine Dummheiten machen kann.“
Kurz prüfte er die Knoten, dann setzte er sich auf seinen Platz und schaute ihr in die Augen.
„Fertig. Oder drückt etwas? Das Spiel beginnt. Magst Du noch einen Schluck trinken?“ schob er ihren Cocktail etwas in ihre Richtung, so daß sie den Strohhalm mit dem Mund erreichen konnte.
Sie versuchte wie vorhin, die Hände gegeneinander zu verdrehen, diesmal erfolglos, denn sie konnte die Ellbogen nicht bewegen. Sie bemerkte den Druck der Seile, der sie einengte ohne einzuschnüren oder weh zu tun. Sie zog mit aller Kraft auseinander, nach hinten. Nichts rührte sich. Sie blickte leicht verzweifelt zu Klaus, der sie amüsiert beobachtete.

„Na, doch nicht ganz so einfach, wie?“

Laura stemmte sich erfolglos gegen die Fesseln und erkannte, daß mit Kraft nichts zu machen war.

„Naja, ich könnte immer noch einfach weglaufen.“
„Das ist aber wohl eher eine theoretische Möglichkeit, denn die Hände kriegst Du dadurch nicht frei, und darum haben wir gewettet. Ich hätte Dich außerdem am Barhocker festbinden können.“
„Hast Du aber nicht.“
Er seufzte, schaute sie an, nahm die Handschellen vom Tisch und schloss sie, bevor Laura so recht wußte, wie ihr geschah, um ihre Knöchel. Den Schlüssel legte er vor sie auf den Tisch.
„Besser so?“
Sie machte gute Miene zum bösen Spiel und dachte sich, daß sie mit der Zeit schon die Schwachstelle finden und nutzen würde, während ihre Finger alles in ihrer Reichweite abtasteten. Sie beugte sich nach vorne und nahm einen Schluck von Ihrem Cocktail.

„Soso, Du fesselst also Deine Gespielinnen und futterst Dich auf ihre Kosten durch?“
„Naja, ganz so würd' ich's nicht sagen, aber das ist auch eine gute Idee.“ eröffnete er und erzählte, wie er mit einem ziemlich abgedrehten One-night-stand seinen Spaß daran entdeckt hatte, wehrlose Körper zu beobachten und mit ihnen zu spielen.

„Wie geht denn eigentlich die Geschichte mit den Vibro-Eiern weiter?“ wechselte er das Thema.
Laura schwieg während sie einen erneuten Versuch im Kampf gegen ihre Fesseln unternahm.
Er nahm die Fernbedienung in die Hand, drehte den grünen Knopf ganz nach rechts und schaute sie grinsend an.
„Ich höre.“
Sie zögerte, er drückte den silbernen Knopf.
In Laura explodierte etwas, sie stöhnte leise „Nein... Warte... das kannst Du nicht... Mmmh... was willst Du hören?“
Er schaltete ab. „Wie geht Deine Geschichte weiter, hast Du noch mehr Spielzeuge dabei?“ nippte er genußvoll an seinem Drink.
„Ja, in der Handtasche.“

Er nahm die Handtasche auf den Schoß, griff ohne zu schauen hinein und förderte das erste, was er zu greifen kriegte, zu Tage. Es war ein großer roter Ballknebel mit einem einfachen Lederriemen und einem Kinnriemen. Er schaute Laura fragend an.

Sie erzählte ihm, daß sie in der Nähe ihrer ersten Höhepunkte meist recht laut wäre und dieser Knebel eher ihrem Schutz und dem guten Ruf in der Nachbarschaft dienen würde. Außerdem könne man mit Handschellen auf dem Rücken und dem Knebel nicht der Versuchung erliegen, etwas mit dem Mund zu tun wie zum Beispiel den Sender zu bedienen oder den Eiswürfel zu schmelzen.

„Ja, das klingt logisch und vernünftig...“ sagte Klaus, während er den Knebel in der Hand wog und sie prüfend musterte. „würde aber leider unsere Unterhaltung beenden.“
„Puh, das war knapp.“ dachte Laura, noch immer nach einem Weg aus den Fesseln suchend.

Klaus griff erneut in die Handtasche, bevor sie protestieren konnte. Er bekam ein metallisches Gewirr zu fassen und zog es heraus. Als er es sortiert hatte, erkannte er zwei kleine durch eine etwa 30 Zentimeter lange Kette verbundene Klemmen, die sich durch Schrauben feststellen ließen. An der Kette hing mit einem kleinen Karabiner befestigt eine weitere etwa 60 Zentimeter lange Kette, an deren losem Ende ein weiterer kleiner Karabiner baumelte. Wieder blickte er Laura fragend an.

„Eine Brustkette“ erläuterte sie „die sich an den Handschellen oder sonstwo einhängen läßt. Es macht mich ziemlich fertig, wenn ich sie durch den Schritt mit den Handschellen verbinde und mich auf den Bauch lege. Jede falsche Bewegung wird bestraft, gleichzeitig ist es unmöglich, still zu liegen. So, jetzt kennst Du das gesamte Arrangement. Natürlich hab' ich je nach Lust und Laune Varianten aber im Großen und Ganzen ist's das.“

Sie beugte sich nach vorne und nahm einen Schluck. Klaus schaute sie nachdenklich an während sie nach wie vor nach dem Schwachpunkt der Fesselung suchte.

„Was überlegst Du?“ wollte sie wissen „Bekomme ich jetzt endlich Deine anderen Lieblingsspielzeuge zu Gesicht?“.
„Ja, klar. Ich glaube, ich hab' da 'ne Idee, wie wir das für Dich etwas interessanter und kurzweiliger machen könnten.“

Er stand auf und drehte sie mitsamt ihrem Hocker ein Stück in seine Richtung.
Dann setzte er sich auf die Kante seines Hockers und begann lächelnd, Lauras Bluse aufzuknöpfen.
„Hey, was soll denn das werden?!“ Sie versuchte erfolglos, seinen Händen auszuweichen.
„Keine Sorge“ er hörte nach etwa der Hälfte auf „die mache ich gleich wieder zu, außerdem sieht niemand 'was Neues.“
Laura ließ es geschehen „Mann, ich kann mich wirklich kaum rühren.“.
„Du wolltest es ja nicht glauben, und wer nicht hören will...“ nahm er lächelnd die Brustkette von der Theke.
Laura versuchte, auszuweichen, zog jetzt hektisch an den Seilen.
„Vergiß' es, Du tust Dir nur weh.“
Sie blickte suchend in den Raum.
„Du willst doch nicht etwa laut werden, oder?“ wies er auf den Knebel.

Laura saß auf ihrem Hocker wie das Kaninchen vor der Schlange, den ganzen Körper angespannt und dennoch unfähig, etwas zu tun. Sie fühlte sich absolut hilflos aber nicht bedroht.

Fassungslos mußte sie zuschauen, wie Klaus eine der Klammern sanft von oben in das knappe Körbchen ihrer Corsage führte. Das kalte Metall streifte kurz suchend über die Haut und legte sich dann langsam aber unausweichlich um sein Ziel. Laura schloss die Augen und spürte den steigenden Druck. Sie stöhnte leise als Klaus die Schraube drehte und sich der Druck langsam zum vertrauten stechenden Schmerz aufbaute.
"Aah, Stop, bitte!", seufzte sie.
Dieselbe Prozedur auf der anderen Seite. Sie schaute an sich herunter, sah, daß sich die beiden festen Brustwarzen über den Rand der Corsage geschoben hatten. Das Gewicht der Kette, die Klaus jetzt langsam losließ, jagt ihr einen lüsternen Schauer über den Rücken.

„Klaus, bitte, ich hab' mich nicht mehr so ganz unter Kontrolle, wir sind hier in einer öffentlichen Kneipe...“
„Ich weiß“ unterbrach er sie „Ich dachte, wir hätten eine Wette laufen? Willst Du aufgeben?“
„Nein, das nicht, aber...“
„Na also, mach' Dir mal keine Gedanken.“ knöpfte er ihre Bluse wieder zu und zog die Kette vorsichtig zwischen zwei Knöpfen hindurch. „Kontrolle ist einer der zentralen Begriffe in dem Spiel. Vielleicht auch Macht. Ja, die Macht, den anderen kontrollieren zu können.“
„Wie meinst Du das?“

„Schau, heute Abend habe ich – mit Deinem Einverständnis – ganz langsam die Kontrolle über Deinen Körper gewonnen. Jetzt sitzt Du neben mir und kannst Dich kaum noch bewegen. Wenn ich möchte, kann ich diesen Zustand jetzt ausnutzen, indem ich Deine Freiheit weiter einschränke. Ich kann Dir Schmerzen zufügen oder Lust. Wenn ich möchte, vergißt Du, wo Du bist. Und Du kannst Dich nicht dagegen wehren.“
„Und wie willst Du das anstellen?“

„Zum Beispiel so, Du stellst einfach zu viele Fragen.“ sagte er und nahm den Knebel von der Theke. Sie versuchte, nach hinten auszuweichen, aber er zog sanft an der Kette, die sich unter ihrer Bluse spannte.
Ihr „Aaah“ nutzte er geschickt, um ihr den Knebel in den Mund zu stecken, stand recht schnell auf, ging hinter sie, während er mit einer Hand darauf achtete, daß sie den Knebel nicht ausspuckte, strich er mit der anderen ihren Nacken frei, so daß er den Riemen verschließen konnte. Er gab die Haare wieder auf den Rücken und drehte Laura mitsamt ihrem Hocker in Richtung Bar.

Aus weit aufgerissenen Augen schaute sie ihn ratlos und etwas panisch an. Sie wußte einfach nicht, wie ihr im Moment geschah.
Er schloss auch den Kinnriemen des Knebels.
Vorsichtig gab Klaus den Karabiner am losen Ende der Brustkette unter dem Handlauf der Bar hindurch. Laura folgte dem leichten Zug zwangsläufig und bevor sie erkannte, was er vor hatte, war der Karabiner am Kinnriemen eingeschnappt.
Sie war nun mit leichter Beugung nach vorne am Tresen fixiert. Praktisch jede Bewegung veränderte den Zug an der Brustkette.
Entsetzt beobachtete sie, wie Klaus wieder die Fernbedienung der Vibro-Eier zur Hand nahm. Sie schaute zu, wie er die Knöpfe einstellte.
„Sieben und Vier, das waren doch die Intervalle? Ich muß mal kurz für kleine Jungs.“ legte er die Fernbedienung vor sie auf den Tisch.

Ihr Protest wurde vom Knebel erstickt, flehend blickte Laura zu ihm auf.
„Lauf' nicht weg, ich habe noch mehr für Dich in der Tasche.“
drückte er den Knopf und verschwand aus ihrem Blickfeld.

Die nächsten Momente waren die Hölle für Laura. Sie wollte ihrer Lust in der Öffentlichkeit nicht nachgeben. Andererseits hatte sie keine andere Wahl, denn die Mechanik in ihrem Inneren verrichtete zuverlässig ihre Aufgabe, ebenso wie die Brustkette und das Gefühl des Knebels im Mund.
Irgendwie schaffte sie es, recht still sitzen zu bleiben und nur gelegentlich leise in den Knebel zu wimmern während sie geduldig versuchte, ihre Hände zu befreien.
Da kam Klaus zurück und drückte den erlösenden Knopf der Fernbedienung.

„So, und nun zu den anderen Dingen. Ich nehme an, Du hast Dich in meiner Abwesenheit nicht zu sehr gelangweilt?“
Laura stieß eine Verwünschung in den Knebel während er seine Tasche öffnete und zwei Dinge vor ihr auf die Theke legte. Ein MP3-Player? Und was war das andere? Er griff sanft ihr Kinn, drehte es zur Seite, so daß sie ihn anschauen mußte.

„Liebe Laura, ich möchte Dir an dieser Stelle für den schönen Abend danken. Es ist eine echte Freude, Deinen wunderschönen Körper in dieser Pose zu betrachten, und das werde ich noch ein wenig genießen. Mach' Dir keine Sorgen, Dir passiert garantiert nichts. Du wirst mich nur nicht mehr sehen und hören können.“
„Hmmm??“

Er schaute ihr noch mal tief in die Augen, und das war das letzte, was sie sah, bevor sie die Augenmaske spürte, die er ihr überzog.
„Keine Panik, ich bin noch da.“ hörte sie seine Stimme.

Dann spürte sie irgend etwas in ihren Ohren. Die Geräusche und Stimmen der Umgebung wurden dumpfer.
Plötzlich Musik. Laute, ruhig fließende, sphärische Musik, und sonst nichts.

Sie fühlte in ihren Körper hinein, intensiv, auf einmal schien die Welt um sie herum verschwunden. Laura spürte den Stahl der Handschellen auf den Knöcheln, die Kante des Barhockers, die Seilwindungen um ihre Arme, die Kette an ihren Brüsten die Verbindung zwischen Knebel und der Kette.
Sie seufzte, hörte ihre eigene Stimme nicht. Sie schrie in den Knebel, riss an ihren Fesseln – nichts passierte.

„Oh Laura, das hast Du ja super hingekriegt, Du sitzt hier völlig hilflos im Dunkeln und kannst nichts anderes tun als warten, bis Dich jemand 'raus läßt.“ meldete sich Lauras alter ego. „Auf der anderen Seite, ist es nicht das, wovon Du immer geträumt hast? Mal nicht selbst zu bestimmen, wann das Spiel endet? Sei mal ehrlich, Du hast wirklich keine Chance, alleine hier 'rauszukommen, es gibt keinen Eiswürfel. Der Typ könnte Dich hier einfach sitzen lassen, bis der Laden dicht macht, und vermutlich könnte er Dich auch einfach so mitnehmen. Du bist ihm ausgeliefert weil Du vorlaut, neugierig und unvorsichtig warst. Du kannst das nicht ändern. Du kannst Dich nur damit abfinden und das beste draus machen. Nein, machen kannst Du nichts, Du kannst versuchen, zu genießen, was er mit Dir macht.“

In dem Moment durchzuckte ein Impuls Lauras Körper, die Eier vibrierten und rissen sie aus ihren Gedanken heraus in hemmungslose Lust. Sie stöhnte und wand sich, erst vorsichtig und leise, dann schrie Sie aus voller Lunge – schrie sie überhaupt?, sie konnte es nicht hören – und riß mit aller Kraft an ihren Fesseln während sie das Becken im Rahmen des Möglichen bewegte. Kurz nachdem Ihr Körper schlagartig und mit einem letzten Aufbäumen seine Spannung verloren hatte, machten auch die Eier Pause.

„Oh mein Gott, das war ja Wahnsinn! Aber bist Du Dir eigentlich klar darüber, daß Du mitten in einer Kneipe sitzt? Stehen vielleicht alle in einem Kreis um Dich herum und lachen Dich aus? Was willst Du eigentlich sagen, wenn Du hier 'raus kommst? Irgendwann muß das doch enden!“

Aber an ein Ende war noch nicht zu denken, eher an das Ende der Pause. Sie spürte, wie das Spiel von Neuem begann.
„Oh bitte, nicht schon wieder!“ gab sie sich noch etwas hemmungsloser der zweiten Runde hin.

In der folgenden Pause versuchte Laura, sich Details des Abends ins Gedächtnis zu rufen und merkte, daß sie schon fast vergessen hatte, wie es im Raum aussah. Und wie sah Klaus aus, wie klang seine Stimme?

„Oh Nein, ist der denn komplett wahnsinnig, wie lange will der das mit mir machen?“ durchfuhr sie der Start des dritten Intervalls. Sie merkte, daß ihre Kraft nachließ, als sie den nächsten Orgasmus in den Knebel schrie.

„Moment mal, wieviel Uhr haben wir denn? Wie lange kann das denn überhaupt noch maximal dauern? Vergiß' es, bevor die Kneipe zu macht, bist Du vor Erschöpfung bewußtlos!“
Unerbittlich startete die Uhr ihre Lust ein weiteres Mal. Auch wenn ihre Kraft nachließ, konnte sich Laura dem sie überwältigenden Gefühl nicht entziehen. Nie hätte sie gedacht, daß sie versuchen würde, beim Orgasmus ihre Kräfte zu schonen, doch sie tat es. Der vierte und fünfte fielen entsprechend sanfter aus.

Sie fragte sich gerade, ob Klaus überhaupt noch da war, da spürt sie, daß jemand in der Nähe sein mußte. Sie fühlte, wie der Kinnriemen des Knebels gelöst und der an ihm befestigte Karabiner in eines der oberen Knopflöcher ihrer Bluse eingehakt wurde. Dann wurde ihr der Knebel abgenommen.

„Klaus?! Bist Du wahnsinnig?“ meinte sie zu sagen, doch sie hörte nichts, die Musik war einfach zu laut. Keine Antwort. Statt dessen spürte sie, wie sich ein Finger auf ihre Lippen legte. Sie sollte wohl weiter schweigen.

Eine Hand fasste von hinten in ihr Haar, griff zu und drückte den Kopf langsam nach vorne. Ihre Lippen stießen an etwas. „Ach ja, mein Drink“ fuhr es ihr durch den Kopf und sie trank gierig. „Oh, Caipirinha. Erfrischend.“

Die Hand im Haar löste sich. Was nun? Wieder legte sich ein Finger auf Ihre Lippen, als es in ihr wieder zu Toben begann.

Sie war froh, wieder durch den Mund atmen zu können, also riß sie sich zusammen und versuchte, still zu bleiben, was ihr umso schwerer fiel umso länger sie dem Reiz ausgesetzt war.

Aber was war das? Die Vibration hatte unvermittelt aufgehört.
Sie trank noch einen Schluck und stellte fest, daß Klaus wohl auch die Pausenzeit geändert hatte.

So baute sich in Laura über die nächste halbe Stunde eine Spannung auf, die sie sich nicht zu entladen traute, mal abgesehen davon, daß die es auch nicht gekonnt hätte, weil die Stimulationsintervalle einfach zu kurz dafür waren.

„Der will Dich fertig machen!“ dachte sie und fügte sich weiter ihrem Schicksal. Eine endlos scheinende Zeit später – der Drink war zwischenzeitlich leer, es kam nur noch Schmelzwasser mit leichtem Limettengeschmack – fühlte sich Laura auf eine einzige Körperfunktion reduziert. Sie hatte den Kampf gegen ihre Fesseln längst aufgegeben, sie wartete nur noch auf das Ende.

Sie hätte gerne geheult aber sie konnte irgendwie nicht, die nach wie vor wirksam stimulierte körperliche Lust hinderte sie daran.

Oh, dem Kerl wird sie aber die Meinung sagen!
Endlich spürte sie, wie vorsichtige Hände ihre Fesseln lösten, erst an den Ellbogen, dann an den Handgelenken.

Sie traute sich kaum, sich wieder zu bewegen.

Als nichts weiter passierte, tat sie es doch. Langsam nahm sie die Augenbinde ab, fand den Knopf der Fernbedienung, blinzelte in das Licht, während sie die Ohrhörer abnahm und die Brustkette von ihren schmerzenden Brüsten löste. An der Tischkante lag der Schlüssel zu den Handschellen, die sie ebenfalls öffnete.

Jetzt sah sie wieder klar.
Sie streckte sich, schaute sich um, suchte Klaus.

Doch sie saß alleine an der Bar. Sie saß sogar alleine im Lokal.

Vor ihr wischte der Barkeeper den Tresen. Sie fragte ihn, wo den Klaus hin wäre.
„Der hat vor etwa 'ner Stunde alles gezahlt und ist gegangen. Hat mich gebeten, Sie in Ruhe austrinken zu lassen und ihnen zur Tür zu helfen falls Sie's nicht alleine schaffen sollten.“ zwinkerte er ihr zu.
Sie bat mit schwacher Stimme um ein kleines Mineralwasser und fragte, ob er ihr ein Taxi bestellen könne während sie die vor ihr auf dem Tresen liegenden Spielzeuge in ihre Handtasche packte.

Vor ihr lag – unter den Ständer mit der fast abgebrannten blauen Kerze geklemmt – die Rechnung des Abends.

Laura zog sie heraus und starrte gebannt auf die am oberen Rand in klarer, schnörkelloser Schrift notierte Mobiltelefonnummer.

Klicke auf das Herz, wenn
Dir die Geschichte gefällt
Zugriffe gesamt: 16019

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.

Gedichte auf den Leib geschrieben