Die Brücke

Geschichten vom Anfang der Sehnsucht

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Die Brücke

Die Brücke

Stayhungry

Sie war angenehm unkompliziert, an Abwechslung interessierter als in jungen Jahren, aber sie konnte Experimente immer noch dankend ablehnen ohne mir das Gefühl der Zurückweisung zu geben. So verwöhnten wir uns in klassischer Manier mit Lippen, Zungen, Händen, Fingern, liebten uns durch die Wohnung, umfingen uns stehend, liegend, sitzend von hinten oder von Angesicht zu Angesicht und da sie den langen Akt liebte, durfte ich sie endlos genießen, in ihrer feuchten Enge verweilen, jedes tiefe Vordringen in ihren Augen, in ihrem Atem wahrnehmen. Alle Lust will Ewigkeit, das schien sich mit ihr zu erfüllen. Etwas Wehmut war stets in mir und manches Mal stellte ich mir vor, sie bekäme ein Kind von mir. Doch für sie dieses Thema abgeschlossen und so blieb auch dies für mich nur ein Traum. Wenn sie die Tür hinter sich schloß, hinterließ sie stets nur bittersüße Melancholie.

*

Das Erlebnis mit Freddy und Julia hatte mich mehr aus der Bahn geworfen als ich zunächst wahrhaben wollte. Ständig musste ich an diese Nacht denken, die kurze innige Wiederannäherung mit Rikki und ihre für mich traurige Klarstellung, die wirklich intime Begegnung mit Julia — und Freddy —, die als einzigartiges Ereignis von meinen Gefühlen nicht richtig eingeordnet werden konnte.

Ich dachte an die beiden, wusste aber nicht, wie ich ihnen so ohne weiteres gegenübertreten sollte, meine Gefühle offenbaren oder besser für mich behalten sollte. Und so trat gerade durch dieses liebevolle Erlebnis etwas zwischen uns.

Nun, die Entscheidung wurde mir abgenommen. Wir trafen uns bald darauf zufällig in unserer früheren Stammkneipe, die wir immer wieder mal auf der Suche nach alten Bekannten besuchten.

Julia und Freddy durchschauten mich wohl relativ schnell, wir sprachen aber zunächst nur über Rikki und mich, und dass sie ohne das Gefühl, bei Mr Right angekommen zu sein, keinen Versuch mehr wagen würde. Was mich sonst noch bewegte, behielt ich für mich, aber Julia sagte mit etwas verruchtem Unterton zu Freddy: Ich glaube, wir sollten ihn ein bisschen trösten.

Ich wollte abwehren, aber Freddy sagte nur, ich solle einfach mitkommen. Wir verließen das Lokal und spazierten ohne Hast durch den Park, über den Fluß zum Ort ungeahnter Lüste.

Es folgte eine klassische menage a trois. Julia ließ sich umfassend verwöhnen von uns beiden, und ich konnte mich nun wahrlich nicht beschweren in diesem weiteren tiefen Erlebnis. Aber ich empfand diesen schönen Sehnsuchtsschmerz, ich war — und das war ja letztlich auch gut so — nur angenehme, anregende Ergänzung ihrer tiefen Leidenschaft, die sich ja aus dem Feuer nährte, das aus ihrer beider Liebe füreinander brannte, nicht aus einer Liebe, die mich in gleicher Weise einschloß. Wir unterhielten uns danach noch lange, und ein wenig Bitterkeit lag in unserem Abschied, ich wusste, ein weitere Zusammenkunft dieser Art würde es nicht geben, zu viele meiner Gefühle passten nicht in diese Konstellation, die nur von Unbeschwertheit hätte leben können.

*

Wenig später wechselte Freddy wieder in entfernte Gegenden und ich hörte längere Zeit nichts von ihm. Zu meiner Hochzeit erschien er mit Julia als strahlendes Paar. Meine Frau war mein neuer Stern, bei der ich nicht lange gezögert hatte, und die folgenden Jahre hatten mir bestätigt, dass man der Stimme des Herzens unbedenklich folgen darf. Freddy traf ich nur auf Massenveranstaltungen wie sporadischen Klassentreffen oder runden Geburtstagen alter Freunde, was manchen Austausch zuließ, aber, da er unbeschwert auftrat wie immer, fragte ich nicht nach seinem Liebesleben und auch deshalb nicht nach Julia, da ich selbst nicht mehr der Erinnerung an sie nachhing, hatte ich doch meine Liebste gefunden. Es hatte sich alles gefügt.

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