Busenfreundinnen

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Busenfreundinnen

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Leif Larsson

Am Tag der Einweihung - es hatte in Strömen geregnet - hatten die Besucher kaum Platz zwischen den Gestellen und Regalen gefunden. Selbst der Umkleidebereich war geöffnet worden, um zusätzlichen Raum zu schaffen. Alle waren sie gekommen: die Tante, in deren Gesicht sich Freude mit ein wenig Wehmut mischte; die Abteilungsleiterin, die wegen des konspirativen Besuchs ein nervöses Kribbeln verspürte; die Eltern, die Geschwister, Freunde, Bekannte, Händler und Lieferanten, eine Kreditsachbearbeiterin der Bank, je ein Vertreter der IHK und des Bundesverbandes Mittelständischer Wirtschaft. Selbst die beiden Lokalblätter hatten Fotoreporter geschickt. Bei Sekt, Orangensaft und Fingerfood waren Toasts auf die beiden frischgebackenen Jungunternehmerinnen ausgebracht und Glückwünsche ausgesprochen worden. Abends, als die letzten Gäste gegangen waren, hatten sie sich ein ganz besonderes Vergnügen gegönnt. Mit Dessous nach eigener Wahl bekleidet hatten sie sich gegenseitig zum Geschenk gemacht und auf dem breiten Liegesofa im Büro eine heiße Nacht verbracht…

All diese Gedanken und Erinnerungen schossen Famke durch den Kopf, als sie die Tür aus Sicherheitsglas öffnete und ihr Geschäft betrat. Sie ging nach hinten, schaltete das Licht ein und die Alarmanlage aus. Dann brühte sie sich einen Darjeeling. Das tat sie jeden Morgen, bevor sie sich dem Tagesgeschäft widmete. Während der PC summend zum Leben erwachte, ließ sie das anregende Getränk in kleinen Schlucken durch die Kehle rinnen. Der Tee erwärmte sie von innen und brachte sie auf die nötige Betriebstemperatur. Rasch sah sie die eingegangenen Emails durch, machte sich Notizen im Terminkalender und stellte die Tagesliste der wichtigsten Erledigungen zusammen. Als sie die Geräusche eines Motorrades vernahm, erhob sie sich und ging durch den Verkaufsraum nach vorne, um Mandy zu begrüßen. Die geliebte Freundin hatte sich von ihrem ersten selbstverdienten Geld ein englisches Motorrad gekauft. Famke hatte aus zwei Gründen nichts dagegen einzuwenden, dass das sportliche Gefährt vor dem Laden parkte. Erstens weckte die Triumph Assoziationen zu einer bekannten Wäschemarke und zweitens lockte sie auch Männer an, die einen Dessousladen an und für sich eher selten aufsuchten.

„Du kommst früh heute.“ empfing sie die schlanke Fünfundzwanzigjährige und küsste sie auf den Mund, sobald diese den Helm abgenommen hatte.
„Bei diesem Wetter bin ich so richtig in Fahrlaune, da habe ich einfach mehr Gas gegeben.“ erwiderte Mandy, während sie in ihren Superbikestiefeln ins Büro stapfte, um Helm und Rucksack abzulegen.
„Gibt´s was Neues?“ erkundigte sie sich.
„Wir sollten uns heute noch über das geplante Seminar unterhalten.“ regte Famke an. „Ich habe die Entwürfe für die Werbeflyer am Wochenende ausgearbeitet.“
„Fein! Die sehe ich mir in der Mittagspause an.“
Famke trank ihren Tee aus und beobachtete dabei ihre Partnerin, wie sie sich aus der engen Lederkombi schälte. Lächelnd schüttelte sie den Kopf. Was eine Frau nur daran fand, ihren Körper in so unbequeme Klamotten und den Kopf in einen schweren Sturzhelm zu zwängen, der jede halbwegs stilvolle Frisur ruinieren musste! Als sie in Unterwäsche und mit ihrem jungenhaften Haarschnitt vor dem Spiegel stand, mit nassen Fingern durch ihren blonden Kurzhaarschopf fuhr und ihr Makeup auffrischte, erinnerte Mandy sie an das britische Model Sarah Harding, das sie von Wallpapers für ein Modelabel kannte. Für die Arbeit holte sie ein schwarzes Baumwolltop mit Spaghettiträgern und Jeans aus ihrem Rucksack. Mandy hatte zwar nicht ganz so viel Holz vor der Hütte wie Famke, wusste es aber augenfälliger in Szene zu setzen - oder sollte sie lieber sagen: werbewirksamer? Jedenfalls erstreckte sich die Arbeitsteilung auch auf die Kleiderordnung. Mandy sprach von ihrem Wesen und ihrem Outfit her eher die jüngere Kundschaft an, während Famke in ihrer eleganten Gediegenheit und mit ihrer wohlgerundeten Figur für die reiferen Damen und die opulenteren Formen zuständig war.

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