Cha Cha Cha

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Cha Cha Cha

Cha Cha Cha

Taurillon

Es ist Mittwoch, 20 Uhr, wie jede Woche ein Abend unter Freunden mit entspannter Atmosphäre und guter Laune. Die schwarzen, frisch eingefetteten Tanzschuhe glänzen und die Sohlen sind aufgeraut. Jetzt kann es losgehen!
Die fröhliche Melodie aus den Lautsprechern und die Bassstimme unseres Tanzlehrers ziehen uns in den staubigen, kleinen Tanzsaal. Draußen ist es schon dunkel und kalt. Die Vorhänge sind zugezogen. Wir sind allein und unter uns. Eine Mischung aus Schweiß und Deo unserer Vorgänger liegt noch in der Luft und kein Staubkorn liegt mehr an der Stelle, wo es vorher war. Nun heißt es Tanzbeine schwingen und Leidenschaft zeigen. Nichts ist leichter als mit ihr. Unser erstes Turnier liegt in naher Zukunft.
Mit der linken Hand halte ich ihre zierliche Hand, mit der rechten berühre ich ihren geraden Rücken und drücke sie näher an mich. Sie riecht gut. Mein Herz pocht schneller. Ihres auch?
Die Härchen in meinen Ohren wiegen sich im südamerikanischen Rhythmus der Musik, so wie unsere beiden Körper, die sich in meinem Traum vereinigen, nicht zum ersten Mal, und in der Horizontalen weitertanzen. Im Traum ist alles möglich. Doch mein Traum hat sich bis jetzt noch nicht erfüllt. Manchmal würde ich mich am liebsten von ihr führen lassen, mich ganz gehen lassen und ihr die Initiative überlassen. Doch das sieht unser Tanzlehrer nicht gerne. Es ist die Aufgabe der Männer, ihre Frauen zu führen, und das ist es ja auch, was Frauen wollen. Zumindest meine Tanzpartnerin teilt in dieser Hinsicht die Meinung unseres Tanzlehrers. Sie mag selbstbewusste Männer, die auch mal zupacken können. Das bedeutet für mich, ja keine Schwäche zeigen. Trotzdem kommt es vor, dass ich mich bewusst auf das Führen konzentrieren muss, sonst verfalle ich wieder meiner Schwäche. Jede Schwäche ist auch irgendwie eine Gabe. Vielleicht sollte ich jetzt aufhören zu träumen. Ihr gefällt mein Tanzstil. Das Kompliment höre ich öfters von ihr. Sie spielt mit meiner Hand. Hat sie die Beule in meiner Hose bemerkt? Mag sie mich doch mehr? Ich bin etwas nervös. Ich glaube sie hat es bemerkt. Ich sollte Schauspielunterricht nehmen, um gewissen Gefühle einfach unterdrücken zu können. Sie drückt ihren Körper gegen meinen. Ist das gemein und schön!
Meine Hand verliert den Halt und rutscht langsam an ihrem Rücken ein Stück tiefer. Sie lächelt. Es gibt fast nichts schöneres, als wenn dich eine Frau anlächelt und Spaß mit dir hat. Oder ist das nur die gespielte Mimik zum Cha-Cha-Cha? Na ja, am besten mache ich einfach mit. Sie steckt mich an. Wie ihre Augen leuchten!
Oh nein, nicht schon wieder anfangen zu träumen. Zur Ablenkung meiner Gedanken schaue ich in den Spiegel. Eine ganze Wand entlang erstreckt er sich und zeigt uns unsere Fehler auf. Ja meine Hand sitzt immer noch zu tief, und ja, ich kraule ihren Rücken, und ja, vielleicht tanzen wir ein bisschen zu eng miteinander.
Ich beobachte andere Tanzpaare. So richtig professionell sieht es bei noch keinem aus. Oder doch...? Bei Lucía angekommen verengt sich mein Blickfeld wie zu einem Tunnel. Erste Schweißperlen bilden sich. Glitzert ihr Tunnel auch schon? Muss er doch eigentlich bei dieser Leidenschaft, die sie in meinen Augen versprüht. Ich bin wie hypnotisiert von ihrem Hüftschwung, so beeindruckt von ihren zum Rhythmus wippenden Backen. Sie sind so heiß, dass ich meine Eier drauf braten könnte.
Dieser Gedanke reißt mich zurück in die Realität. Das Grinsen auf meinem Gesicht muss einer dominanten, ernsten Mimik weichen. Musik zum Paso doble läuft an...
Nach anderthalb Stunden tanzen sind wir erschöpft. Meine Beine sind müde. Aber dieses Gefühl von Erschöpfung ist für mich Befriedigung. Ich kann mit meinem Kopf frei von Problemen und einem Gefühl, voll akzeptiert zu werden, nach hause gehen. Ich freue mich schon auf die nächste Woche. Dann wird es wieder Zeit für meine drittliebste Droge, eine die ich nur empfehlen kann.

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