Chinatown

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Chinatown

Chinatown

Anita Isiris

Mit geweiteten Augen, nur mit dünnem Hemdchen und Slip bekleidet, lag Sylvie gefesselt auf dem breiten Bett mit chinesischen Insignien an den Bettpfosten. Endlich, endlich waren wir allein, allein inmitten von Chinatown, falls ich das richtig mitbekommen habe; meine einschlägigen Sprachkenntnisse sind lückenhaft. Es ist stickig hier in diesem alten, schweren Kleiderschrank – nur durch ein paar kleine Ritzen hindurch kann ich das Geschehen rund um Sylvie überhaupt wahrnehmen. Die Ritzen im Schrank haben aber noch eine viel bedeutendere Funktion, nämlich, mich mit Luft zu versorgen. Luft ist ohnehin eine Rarität hier; Chinatown ist total überhitzt und sauerstoffarm, wie mir scheint; die Leute, egal ob es sich nun um gehetzte Börsenmakler oder um Hühnerverkäufer handelt, atmen schwer und keuchen bei der geringsten Anstrengung.

Ob Sylvie überhaupt mitbekommen hat, dass ich ihr bis hierher gefolgt bin? Vermutlich haben sie sie unter Drogen gesetzt; sie liegt seltsam entspannt auf dem grossen Bett. Ich höre ein Knarren gleich neben mir – vermutlich liegt dort die Tür. Ein hochaufgeschossener Mann stellt sich breitbeinig vor Sylvias Bett und spricht sie in verachtendem Tonfall an. Ich rücke näher an die Schranktür, um möglichst alles mitzubekommen. Er beugt sich über sie und untersucht ihren Mund. Mich schaudert; meine Berufskollegin wird geprüft wie ein Stück Vieh. Ob sie so ihren Wert festlegen wollen? Kalt schiebt er ihr zwei Finger zwischen die Lippen und verlangt, dass sie sich daran festsaugt. Mir schiessen die Tränen in die Augen; ich ertrage es nicht, wenn Sylvie ein weiteres Mal erniedrigt wird. Der Hochgeschossene lässt sie aber ansonsten unberührt, wendet sich mit einer arroganten Geste von ihr ab und verlässt den Raum.

Meine Sicht ist sehr eingeschränkt; ich sehe nur das Bett, auf dem Sylvie liegt, und das Fenster dahinter. Ich vermute, dass wir uns in einem Raum gegenüber dem Siang Cho Keong Tempel befinden, dessen Drachendach zu sehen ist. Ich kenne mich gut aus in Chinatown, Singapur, war schon mehrere Male zu Fuss hier unterwegs – allerdings unter ganz andern Umständen.

Sylvie und ich haben erst vor ein paar Wochen Zürich verlassen, um uns in einem unwegsamen Waldgebiet, fernab von zuhause, einem Frauenprojekt zu widmen. Wie naiv wir doch waren, des Nachts allein das Hauptquartier aufzusuchen – es war ja absehbar, dass uns ein paar Männer überfallen und uns womöglich verschleppen würden. Sie haben uns mit Messern bedroht, diese Männer, und Messer sind etwas vom Unheimlichsten, das die Menschheitsgeschichte hervorgebracht hat. Wir wurden gefesselt, dann trieben sie uns vor sich her. Mit einem Fusstritt haben sie Sylvie in eine Holzkiste befördert und diese sofort zugenagelt. Ich konnte mich im letzten Moment losreissen und bin seither auf der Flucht. Ich kann nicht ohne Sylvie nach Zürich zurück, kann mich in meinem Spital nicht mehr zeigen ohne sie. Also beschloss ich – da ich eh nichts zu verlieren hatte – Sylvies Entführern zu folgen. Ich band das Haar zurück, tarnte mich als Schiffsjunge und bekam auf diese Weise rasch heraus, was für Ziele sie mit meiner Berufskollegin verfolgten: Verkauft sollte sie werden, in Singapur, Chinatown – ganz einfach ihres rotblonden Haares wegen. Die Männer hier stehen nicht auf dieselben Reizzonen stehen wie die Männer in Europa. Die Busengrösse ist ihnen mehr oder weniger egal, ob sich ein Hintern wölbt oder eher klein und muskulös ist, interessiert sie genau so wenig. Die Männer hier taxieren Frauen ausschliesslich auf Grund ihrer Haarfarbe. Diese Piraten werden zwar durch die Schönheit ihrer eigenen Frauen verwöhnt. Blauschwarzes, hüftlanges Haar tragen die meisten, feingliedrige Hände haben sie, und die Frauen kleiden sich mit erlesenem Geschmack, so sie es sich leisten können. Die Piraten geifern aber nach blonden und insbesondere nach rothaarigen Frauen. Die geben ihnen den ultimativen Kick; von Indonesien bis Japan ist diese Spezies nämlich ausgesprochen selten vertreten. Das ist es wohl, was Sylvie dermassen in Gefahr gebracht hat: Ihr rotblondes Haar, das sie vorzugsweise in einem Pferdeschwanz zusammengebunden trägt. Tagelang habe ich Sylvies Kiste verfolgt. Erst wurde sie in einem stickigen Küchenvorraum gelagert, danach im Schiffsbauch, dann wiederum vor der Kapitänskajüte. Oh nein, bildet Euch ja nicht ein, sie hätten Sylvie die ganze Zeit über in Ruhe gelassen. Sie haben sie befummelt, begrapscht, bezüngelt und befingert, und dies zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ich hatte die grösste Mühe, mit anzusehen, wie die stolze, geradlinige, aber sexuell eher unerfahrene Krankenschwester mit jedem Tag etwas mehr zu einer öffentlichen Frau wurde. Wie durch ein Wunder liessen sie aber ihr Geschlecht in Ruhe; kein Piratenpenis drang in Sylvia ein, um die Sache mal so zu nennen. Insbesondere ihr Mund, ihr Haar, ihr Hals, ihre Brüste, ihr Bauch wurden aber zunehmend Allgemeingut, bevor sie sie dann wieder in ihre Kiste sperrten.

Ob Sylvie die Situation dank Drogen ertrug? Ich bekam nicht alles mit, vermute jedoch, dass sie auf irgendeinen Weise ihren Willen gebrochen hatten, diese Männer. Chinatown war offenbar die Endstation, hier, ausgerechnet gegenüber einem berühmten Tempel, sollte Sylvia verkauft werden und würde dann ihrem Peiniger wohl auch ihr rotblond behaartes Geschlecht öffnen, einer durstigen, verlangenden Blume gleich. Nun aber zurück zur gefesselten Sylvie. Kurz nachdem der Hochgeschossene das Zimmer verlassen hat, betreten zwölf düster dreinblickende Männer den kerzenbeleuchteten Raum. Ihr Anführer – ich nehme an, es handelt sich um den Anführer - schiebt sein knielanges rotes Seidengewand mit goldenen Bordüren zur Seite und ergreift ein Schwert. Wortlos stellt er sich vor die bebende Sylvie und schiebt die kalte Metallspitze unter ihr Hemdchen.
Mit einem geübten Ruck trennt er es vom Saum bis zur Brusthöhe auf und grinst hämisch. Die andern Männer halten den Atem an. Dann sucht er die Runde ab. Wer bietet wie viel? Anscheinend ist er vom Preis nicht befriedigt und macht sich mit dem Schwert erneut an Sylvias Hemdchen zu schaffen. Ratsch. Sylvies linke Brust wird sichtbar, Sylvias Busen, der mir so vertraut ist als wäre es mein eigener, Sylvies Busen mit dem rosa Warzenhof. Sylvia wimmert vor Angst; ich muss mich einkriegen. Ansonsten würde ich jetzt den Kleiderschrank aufstossen, dem Typen das Schwert entreissen, und...
Aber ich verharre in meiner Beobachterinnenpose und überlasse Sylvie ihrer Angst.

Es ist nicht mehr viel übrig von Sylvies Hemdchen; nach einem weiteren Schnitt ist sie obenrum nackt. Ein paar Männer beginnen hemmungslos zu wichsen. “Schweine”, zische ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, dann bringt mein Herzklopfen mich zum Schweigen. Wieder wird Sylvias Mund untersucht, ausgiebig, langsam, ruhig, gründlich. Wie ein Mundfick nimmt sich das aus, so, als schöben meiner geliebten Freundin und Reisekollegin sämtliche zwölf Männer ihre krummen Piratenpenisse zwischen die Lippen. Dem war aber nicht so; sie betasten sie einfach mit ihren Fingern, mit Fingern allerdings, die wohl schon überall gewesen sind. Sylvie gibt Würggeräusche von sich, dies hält die Männer von ihrem Treiben aber nicht ab.

Dann schreitet der Anführer zur letzten Tat. Er tritt zwei Schritte zurück, nimmt Sylvies Schritt ins Visier und durchtrennt ihren Slip mit einem einzigen Schwertstreich. Die zwölf Männer halten den Atem an; was sich ihnen da präsentiert, ist Zentrum der Welt, gleichsam Göttlichkeit, ultimative Augenweide. Sylvias sorgfältig gepfleger rotblonder Busch lässt selbst meinen Atem ins Stocken geraten. Wie schön die Frau ist, wie schön... Dann gefriert mir das Blut in den Adern. Wortlos legt der Anführer sein Schwert an Sylvias Schamlippen, und zwar so, dass die Spitze direkt auf ihren kleinen, zarten Kitzler zeigt. “Kleines Erbschen bringen viel Geld auf Schwarzmarkt, sein gut für Potenz, wie Tigerpenis. Wärde äs zärdrücken und mit Chai-Tee trinken”, sagt er in erstaunlich flüssigem Deutsch, und ich fühle Sylvies Panik schon fast körperlich. Dann kniet der Führer sich hin, vollführt Gesten eines Betenden und macht sich unter Beobachtung seiner Untergebenen daran, Sylvies Muschi zu lecken. Mir geht ein Licht auf. Darum also hatten zwei Frauen sie aus der vernagelten Kiste befreit. Darum also hatte man sie in einen ausladenden Baderaum gedrängt, ein paar Häuserzeilen weiter vorn, darum also hatte man sie ausgiebig mit Essenzen eingeölt. Der Anführer sollte Sylvie zum Glühen bringen – und so ihren Preis noch stärker in die Höhe treiben. Tatsächlich wirft sie ihren Kopf von einer Seite zur andern und stöhnt wollüstig. Der Anführer blickt triumphierend in die Runde und taucht erneut in Sylvie ein. Dann leckt er ihren Bauchnabel, vollführt kreisende Handbewegungen über ihren Hüften und bringt ihre kleinen rosa Nippel zum Erblühen. “Punani”, sagte er, “Punani”. Das indische Wort für das weibliche Geschlecht. Ich bin verwirrt, bis ich sehe, wie ein Inder sich aus dem Kreis löst und dem Anführer ein Banknotenbündel zuwirft. Erleichterung macht sich unter den Piraten breit; wieder ist eine Frau unter der Haube, bei geregeltem Preis. Der Habitus will es nämlich, dass eine Entführte so lange gedemütigt und gequält wird, bis sich endlich ein Käufer zeigt. Mit zwei blitzschnellen Bewegungen durchtrennt der Inder Sylvias Fussfesseln.

Dann, so, als eilte die Zeit, entledigt er sich seines aufwändigen Seidengewands, blickt triumphierend in die Runde und kniet sich zwischen Sylvies Schenkel. Mit geübten Kreisbewegungen reizt er ihre Cliti, wieder und wieder, und es gefällt ihm, was er sieht. Er richtet ein paar indische Worte an meine Freundin, spreizt mit der rechten Hand ihre Schamlippen und dringt in sie ein. Mir geht das durch und durch, so, als würde ich selbst genommen, und ich kann nicht umhin und muss es mir selbst machen. Ich schiebe die Hand unter das Elastik meiner Hose und staune, wie feucht ich bereits bin. Der indische Käufer wird Sylvie hochjagen, so viel ist sicher, und die Erregung überträgt sich auf mich. Dann hält er inne, entzieht sich Sylvie und wirkt so, als verfiele er in tiefste Meditation. Sylvies Muschi glüht, das kann ich sogar aus meinem Versteck heraus feststellen. In Reih und Glied bedienen die Piraten ihre Krummsäbel und wichsen, was das Zeug hält. Drei blanke Schwertklingen liegen auf dem Boden. Es wird Zeit für den Befreiungsschlag, Zeit für mich. Ich stürze mich aus meinem Schrank und bereite mit dem einen Schwert – Schnippschnapp, Schnippschnapp, - tausenden von Jahren männlicher Evolution ein Ende. Dem Johannes ein Ende. Dem Johannes des Mannes. Dann befreie ich Sylvie, die mich tränenüberströmt umarmt. Nun denn, Zeit für Sentimentalitäten haben wir nicht. Ich weiss, dass ich in diesem Moment Sylvie wieder für mich gewonnen habe und überlasse die Männer ihrem Schock. Einige der bizarren Organe zucken noch am Boden, Regenwürmern gleich, spermaverklebt, matt glänzend wie chinesische Edelsteine. Dann suchen wir das Weite, die Sylvie und ich, und ich weiss, dass Sylvie irgendwann einmal, nach intensiver Einzeltherapie, wieder wird arbeiten können, in Zürich, in ihrem geliebten Spital.

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