City Ligths

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City Ligths

City Ligths

Matthias Mala

Etwas Mut ist nötig, will man dorthin, wo rosa Neon Einlaß bietet. Vorbei an schwarzverdreckten Abbruchhäusern, welche Spekulanten mit spinnengleicher Geduld über Jahre hinweg in teure Büros verwandeln. Entlang der sechsspurigen Stadtautobahn mit ihrem harmlosen Namen aus jener fernen Zeit, als hier noch Gänse weideten. Ein wenig Grün ist geblieben als sperriger Mittelstreifen, eine Kirche darauf, ein Puppentheater dazu. Nachts jedoch wird auch dieser verquere Fleck widerborstiger Natur zu abweisendem Schwarz. Bevor einem rosa Neonschein Farbe schenkt, übergeht man noch offene Kellerlöcher. Aus ihrem abgründigen Dunkel schwelt gruftiger Moderdampf in die Nacht. Geröchelter Lebenshauch sterbender Häuser.
Das Lokal ist nicht Bar, nicht Café, nicht Stehausschank, nicht Restaurant. Es hat von jedem etwas, von keinem zuviel. In ihm, befristet, letzte Lebhaftigkeit im bröckelnden Stein. Viele Männer vertreiben hier im Halbdunkel die Nacht; dazwischen einige bunte Tupfer, Frauen, wenige davon echte. Das Lokal ist schmal und tief. Vorne die Bar, dicht umdrängt. Hinten eine Theke, mitten im Raum. Ein Paar, zwei Männer, lehnen daran, alleine. Sie sind in spritziger Champagnerlaune. Sie schäkern, bubenhaft. Kichernd grabschen sie sich gegenseitig an die Eier. Spielen selig japsend Fangen um die Theke und girren schmerzverzückt, sobald die Hand des anderen sich in ihrem Schritt verkrallt. Kurzer Halt an den Gläsern. Ein kräftiger Schluck lindert die Hitze. Mit hellem "Huch!" versucht der eine, der geilen Hand des anderen zu entfliehen. Klirrend verlängert sich sein lüsterner Schrei. Zerbrochen liegen die Gläser am Boden. Erste Bestürzung weicht verschämter Verlegenheit. Sie bücken sich, heben die Scherben auf und legen sie der herangeeilten Küchenhilfe auf die Kehrichtschaufel. Sie fühlen sich ins Licht gezerrt und wünschen sich zurück in die schummrige Bedeutungslosigkeit des Hintergrundes. Der Kellner bringt neue Getränke.
Endlich sind sie wieder unbeachtet. Sie halten sich im Arm. Schmusen. Die wilden Bubenspiele sind vergessen.

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