Cool-Jazz...

Yeah yeah Baby, Cool-Jazz...

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Cool-Jazz...

Cool-Jazz...

Arthur W. Schenk

...das ist am Anfang die Quersumme aus all den Gläsern irgendwann getrunkenen Rotweines und den Bergen von Zigarettenkippen in den Aschen-bechern. Das ist der Wein, von dem jeder Schluck zunächst schmeckt wie die trügerische Einbildung auf den Jackpot in der Liebe; das sind die irgendwo zurückgelassenen Zigarettenkippen, die nach kalter, abgestandener Hoffnung riechen. Und das ist der verflogene Rauch, dahin wie die Silhouette einer Frau im Mondlicht. Alles zusammen ergibt die Sehnsucht nach Dir. Eine Sehnsucht, die mir vorkommt mir wie tausend Worte, mit denen ich einen Roman auf eine Streichholzschachtel schreiben will. Lächerliche Versuche wie tausend Mal ICH LIEBE DICH mit einem winzigen Stumpen Kreide auf eine schmierige Schultafel schreiben zu wollen...Worte, dahingenuschelt wie klagender Blues, begleitet auf einer Gitarre mit Nylonstrumpfsaiten, melancholisch gezupft auf sechs Saiten stählerner Realität. Aber verdammt, noch immer stecken Töne in mir: Schrille, Lockende, Kosende, Schmeichelnde, Sanfte. Und das, was mir vorschwebt ist...

...und die Bewegung Deiner Finger, mit der Du nach dem Glas greifst, nach Zigaretten und Feuerzeug. Die gleichen Finger, die selbstvergessen den Rhythmus der Band dort oben auf der Bühne mitklopfen. Ich beobachte aus den Augenwinkeln heraus die Bewegungen Deiner Lippen, das Aufblitzen in Deinen Augen, noch bevor das Lachen selbst kommt. Ich sehe Deine Haar-spitzen, wie sie im Licht der Strahler aufleuchten, manchmal sogar Glühen. Und ich spüre die Vibration der Boxen, die meinen, sicher auch Deinen Körper zum Schwingen bringt. Dieser Rhythmus! Verdammt, ich muß mich beherrschen, um nicht laut aufzuschreien. Dieser Rhythmus ist wie das schiere Verlangen nach Dir!

Dahinwandernde Bässe und präzise Führung des Schlagzeugs, die den Rhythmus im Raum halten. Gitarre und Saxophon, die sich den Rhythmus gegenseitig zutreiben und ihn anheizen. Ein Piano, daß sich hinter allem versteckt. Die Töne quellen, werfen sich über den Rand der Bühne und dringen in jede Zelle der Zuhörer ein und übertragen den Rhythmus, der die Körper zum Vibrieren bringt, bis sie lechzen nach der Berührung nackter Haut. Die Melodie, die den Raum und die Körper in einen Hexenkessel der Erotik verwandelt, in Deinen Augen die Tiefen des Universums öffnet und mir vor Sehnsucht und Begehren die Kehle zuschnürt.

Geschmeidige Tanzbewegungen verwandeln sich in Signale stummer Einverständnis. Rhythmus, Töne und Signale fegen die Vernunft mit ein paar gut plazierten Tonfolgen hinweg, verwandeln den Körper in einen Käfig lustvollen Kribbelns. Ich möchte nach Deiner Hand greifen und uns beide tief in das lustvolle Getümmel auf der Tanzfläche ziehen. Ich möchte Tanzen, meinen Körper an Deinem reiben und Dich spüren. Und Du, spürst Du dieses Kribbeln?

Nichts ist mehr cool, wenn es erst mal soweit ist – ganz im Gegenteil! Das sind jetzt zunehmend packende, aufeinanderfolgende Gitarrensolos, die Schweißperlen auf unsere Haut zaubern. Wir würden zwar noch auf dem Teppich bleiben und unserem Atem hören, aber auf einem Teppich, den das Piano im Hintergrund wie einen Zauberteppich webt. Und jetzt wieder das Saxophon, es zaubert Cocktails mit fruchtigen Wundern – Wunder, die wir zusammen kosten, zusammen erleben und zusammen schmecken würden. Gemeinsam an einer Herzkirsche knabbern, bis sich unsere Lippen in der Mitte zu einem zuckersüßen Kuß treffen. Ein Kuß mit einem verheißungsvollen Hauch von Kokosnuß, einer Ahnung heißen Sandstrandes, auf dem wir uns wälzen...die Pianoklänge, wie sie alles um uns herum in warmes, tiefblaues Wasser verwandeln...aus dem Dein Körper nackt vor mir aus den Wellen taucht...

Der Klangteppich verwandelt sich in ein Fangnetz, fängt Begehren und Raserei ein, unsere Körper zappeln gefangen wie Fische. Mein Mund wandert vom Hals ab an Dir hinunter, streift Deine Brustwarzen, die zum Erforschen einladen wie Korallenriffe, streift Deinen Bauch, streift hin und her ...und findet am Meeresgrund der Liebeslagune schließlich eine Muschel...ich halte sie ans Ohr, spüre mit meinen Lippen genüßlich den Linien nach... und schmecke wieder den süßliche Geschmack der Kokosnuß. Und jetzt auch noch die rauchige Stimme der Sängerin! Ihre Hüften, die sich wie Deine zu einem Text wiegen, den man hört, spürt und fühlt; ihre Zunge, die sich dem Mikrophon lockend entgegenschlängelt, ihre Lippen die zärtlich das Schutzgitter streifen! Und meine Zunge, die über Deine Brustwarzen die Lautsprecher in Dir zum Vibrieren bringt...verdammt, daß ist zuviel...Ich komme zu Dir und Du nimmst mich auf.

Alle Töne verschmelzen zu einem einzigen Ton, zu einem einzigen Klangteppich, einer einzige Bewegung, einer einzigen süße Melodie; zu einem Refrain aus Kokosnüssen, Herzkirschen, Küssen, Lippen, warmer Haut, weichen Brüsten, sich heiß umschließenden Geschlechtsteilen. Die Sängerin streicht verträumt mit ihrer Hand über den verchromten Mikrophonständer, der Gitarrist geht förmlich auf in seinen Griffolgen, der Schlagzeuger bearbeitet virtuos das Drum-Kit, der Saxophonist arbeitet sich die Tonleiter hinauf und hinunter und selbst der Bassist läßt sich nun mitreißen...sein Spiel klingt jetzt wie ein Stöhnen, daß sich los-gelöst aus der Kehle nach oben arbeitet. Die Lautstärke, ein ohrenbetäubendes Finale...danach...letzten Tonkaskaden, die wie bunte Feuerwerkskörper am Himmel zerplatzen ...Tänzer, die aus einem Traum erwachen und sich ansehen, sich erschöpft lächelnd Schweißperlen von der Stirn wischen ...und: Ich küsse Dich als Applaus für die Band und ihrem Cool-Jazz...

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