Danching art

Lost in transformations - Teil 3

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Yupag Chinasky

Aber weder Jugend noch Schönheit waren dem Alten auf dem Sofa an diesem Abend wichtig. Es ging nur um diese eine, schon reichlich ramponierte Geisha, nicht um irgendeine beliebige Tänzerin und schon gar nicht um eine Stripperin oder Nutte. Der sexgeile Alte hätte sich mühelos jede schöne, attraktiv Frau, jedes anschmiegsame, junge Mädchen, jede reife, erfahrene Liebesdienerin kommen lassen können. Er hätte jede Geisha anheuern können, die mehr bot als Tanz und Gesang und er hätte sich jede Kokotte einbestellen können, die darauf spezialisiert ist, mit aller Raffinesse alten Männern Lust und Befriedigung zu verschaffen. Mit dem Geld, das er im Überfluss besaß, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sich selbst, seiner Gespielin und allen, die es hätten wissen sollen, zu beweisen, wie jung und stark, wie geil und ausdauernd er immer noch war. Doch das alles wollte der Alte nicht, er wollte unbedingt diese alte Geisha und er hatte darauf bestanden, dass sie nicht nur vor ihm tanzt, sondern sich auch auszog und sich ihm nackt auf eben diese Weise präsentierte.

Nun hatte er sein Ziel erreicht. Die Wunschfrau stand vor ihm und sie hatte genau das getan, was der Alte gewollt hatte. Und zum zweiten Mal an diesem Abend glaubte die Geisha, dass nun ihr Auftritt beendet sei und sie nur noch auf einen Wink des Alten warten müsse, um die ausgebreiteten, verkrampften Arme endlich wieder sinken zu lassen, um sich den Kimono wieder um den Leib zu wickeln und sich so vor den lüsternen Blicken zu schützen. Sie sehnte sich danach, ihren entwürdigenden Auftritt abzubrechen, sich anzuziehen, ihr Geld in Empfang zu nehmen und dann diesen Ort zu verlassen, der sie einerseits faszinierte, durch die einmalige Lage, die grandiose Aussicht, die berauschende Blumenpracht, der sie aber andererseits wegen der anwesenden Personen vehement abstieß, wegen des geilen, gaffenden Alte, wegen des unverschämten Fotografen und nicht zuletzt wegen der unverschämt neugierigen Ikebanafrau. Sie war genervt und müde, als sie weiter auf das erlösende Zeichen wartete, und sich immer wieder fragte, warum gerade sie noch einmal die Kunst des Entblätterns zeigen sollte, eine Kunst die sie zwar immer noch beherrschte, aber schon seit Jahren nicht mehr vorgeführt hatte. Sie fragt sich, was an ihr noch so schön und attraktiv sein sollte, dass dieser Mann sie zu einem Privatauftritt in seine Wohnung hatte kommen lassen. Sie hatte dem Auftritt, den sie nun bitter bereute, wegen des Geldes und um Ärger zu vermeiden, zugestimmt, doch es sollte noch viel schlimmer kommen. Das, was bisher geschah, war nichts im Vergleich zu den Ängsten und Demütigungen, die noch auf sie warteten und auf die sie in keinster Weise gefasst war.

Der Alte nahm sich sehr viel Zeit, um die alte, dürre, faltige Frau zu betrachten, die nach wie vor in der Stellung einer Gekreuzigten ausharrte. So viel Zeit, dass ihr die Arme immer mehr schmerzten, dass das Zittern überhandnahm und sie es schließlich nicht länger aushielt. Sie wollte den ausgebreiteten Kimono um ihren Leib wickeln, doch kaum hatte sie damit begonnen, schrie sie der Alte an und forderte sie auf, den Kimono abzulegen. Sie zögerte, doch nach einem weiteren gebellten Befehl gehorchte sie und stand nun wieder nackt und ohne Hülle, schutzlos vor ihrem Peiniger. Um sich nicht völlig zu erniedrigen, stemmte sie demonstrativ ihre Arme in die Hüften und unterstrich ihr neu erwachtes Selbstbewusstsein, indem sie den Blick hob, der die ganze Zeit schüchtern auf den Boden gerichtet war und den Alten böse anstarrte. Sie war voller Wut und Ohnmacht und hoffte, mit diesem Blick den Affen zu verunsichern, doch der dachte immer noch nicht daran, sein perfides Spiel zu beenden. Im Gegenteil, er raunzte die Geisha an, weiter zu tanzen und die Ikebanafrau, sie solle Musik machen. Während letztere sofort gehorchte und den „Nachmittag eines Fauns“ erneut auflegte, ihre Musikauswahl war eng begrenzt, zögerte die Geisha erneut und erst ein weiterer, heiserer Schrei brachte sie dazu, sich lustlos zu drehen und   sich zögerlich in den Hüften zu wiegen. Sie wusste, dass alles, was sie noch zu bieten hatte, reine Makulatur war, nur noch drittklassige Kunst und sie merkte auch sehr rasch, dass der Alte sie gar nicht mehr beachtete, dass er zwar zu ihr hin, aber zugleich durch sie hindurch blickte, dass er wie verträumt in eine ungewisse Ferne starrte und sie weder als Tänzerin und schon gar nicht als Frau wahrnahm.

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