Danching art

Lost in transformations - Teil 3

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Yupag Chinasky

Und so war es in der Tat, denn der tänzelnden Geisha galt die Aufmerksamkeit des alten Mannes in dieser Phase nicht mehr. Seine Gedanken schweiften ab, flogen viele Jahre zurück, in eine Zeit, als er jung war und die Zukunft vor ihm lag und all seine Träume schön waren und erfüllbar schienen. Sie konzentrierten sich auf den ersten Abend, den er in Gesellschaft von Kollegen und Vorgesetzten und auf Kosten der Firma in einer Bar verbracht hatte. Er, damals ein junger, schüchterner Spund, war mitgenommen worden, um in das Ritual der geselligen Nacharbeit und des fast ritualisierten Nachtlebens eingeführt und so in den Kreis der Angestellten aufgenommen zu werden. Die Männer, in der Firma arbeiteten ausschließlich Männer in verantwortlichen Positionen, gingen regelmäßig in eine Bar oder in ein Teehaus, um sich bei den Geishas mit Gesang und Tanz, mit eleganter Konversation und reichlich Sake verwöhnen zu lassen. Sie wurden freudig erwartet und genossen das teure Ambiente, die intime Atmosphäre, die Ruhe nach der Hektik des Tages und die Möglichkeit sich zu entspannen, aber auch das zu sagen, was sie in der strengen Hierarchie ihrer Firma sonst nicht loswerden konnten. Für ihn, den Lehrling, den Berufseinsteiger, war an diesem Abend alles neu und spannend, die Bar, die Geishas, die Gespräche, die derben Scherze, das dröhnende Gelächter, der ungewohnte Reiswein. Er war zu unbedeutend, als dass man sich um ihn gekümmert hätte und so geschah es, dass ihn an diesem denkwürdigen Abend zum ersten Mal in seinem Leben die Liebe überkam, und zwar mit großer Heftigkeit.

Neben den Geishas, es waren wohl drei oder vier, gab es noch ein blutjunges Mädchen, eine Gehilfin, ein Lehrmädchen, eine Maiko. Sie war hübsch und sanft und dennoch keck. Sie hielt sich weitgehend im Hintergrund oder in einem Nebenraum auf, schaute nur ab und zu vorbei, um etwas zu bringen oder abzuräumen. Aber die wenigen Augenblicke des Zusammenseins genügten, dass er sich in sie verguckte. Es war eine kurze, heftige Liebe, ein Strohfeuer, das nur ein paar Stunden lodern durfte und noch am selben Abend brutal ausgelöscht wurde. Er himmelte die Kleine an, obwohl er kaum die Augen zu heben wagte. Er beobachtete sie nur verschämt und sein Puls raste, wenn sie auftauchte. Erst allmählich wagte er es, sie schüchtern, von unten herauf anzusehen, in ihr weißes Gesicht und auf die rote, halbkreisförmig angemalte Unterlippe zu starren. Als sie ihn einmal kurz mit dem sehr weiten Ärmel ihres tiefblauen Kimonos streifte, drohte er vor Glück zu platzen. Ob sie seine Verliebtheit bemerkte und sich auch für ihn interessierte oder ihm nur professionell schöne Augen machte, weil er der einzige junge unter all den alten und ältlichen Männern war, wusste er damals nicht und hat es auch nie erfahren. Während er, aufgeregt und schüchtern, sich zum ersten Mal den Liebesträumen hingab, zum ersten Mal fühlte, was Liebe sein kann, genossen die anderen den Abend in vollen Zügen und gerieten in die übliche Art von Ausgelassenheit, die sich nach reichlich Alkoholgenuss einstellt. Als alle ziemlich betrunken waren, auch er, der keinerlei Übung und Erfahrung mit Derlei besaß, kam einer aus der Runde, es muss wohl sein damaliger Patron gewesen sein, auf die geniale Idee, ihn, den Frischling, den Newcomer, den Anfänger in jeder Hinsicht, auch in das letzte Geheimnis des Nachtlebens einzuführen. Es war bei diesen Vergnügungen nicht unüblich, den Abend angenehm enden zu lassen und auch die erotischen Dienstleistungen der Geishas in Anspruch zu nehmen und mit ihnen in einem kleinen Nebenraum das Kopfkissen zu teilen. Die geniale Idee des Patrons bestand nun darin, eine Initiation durchzuführen, dem unschuldigen Knaben seine Unschuld zu rauben und ihm ein Mannbarkeitsritual aufzunötigen. Er sollte beweisen, dass er zum Mann und damit für die Firma taugte, er sollte es hier und jetzt beweisen, indem er seine erste intime Begegnung mit einer Frau vor aller Augen absolvierte. Der Vorschlag wurde von der Runde johlend aufgenommen. Der Alte wusste noch heute, wie entsetzt und völlig durcheinander er damals reagierte, als ihm klar wurde, was die anderen von ihm verlangten. Aber die Regeln der Firma, der ungeschriebene Ehrenkodex, besagte, dass jeder Widerspruch zu unterbleiben habe. Wenn der Patron etwas wollte, gab es keine Auflehnung, keine Ablehnung, keinen Widerspruch. Sein Wort war Befehl und musste sofort und unbedingt in die Tat umgesetzt werden. Das wusste er, das wussten alle Anwesenden und auch die Mama-san, die ältliche Betreiberin der Bar, denn trotz ihres leisen Widerstands, fiel die Wahl der Partnerin für die Initiation natürlich auf die junge Maiko. Es war völlig selbstverständlich, dass die beiden Betroffenen erst gar nicht gefragt wurden. Kaum stand der unumstößliche Wunsch des Patrons im Raum, als die Mama-san ihren Protest auch bald einstellte und stattdessen, auf die Maiko einzureden begann. Viel Zureden war nicht von Nöten, sie rannte offene Türen ein, denn die Kleine war zwar in dieser Hinsicht noch unerfahren, noch eine absolute Jungfrau, aber sie war durchaus gewillt, diesen Zustand zu beenden. Sie hatte nichts dagegen, den Schritt in ihre Weiblichkeit mit diesem Jüngling zu machen und dass sogar unter Beobachtung. Sie war keck, die kleine Maiko, die so unschuldig aussah, keck und erpicht, einen guten Eindruck zu machen. Und sie handelte durchaus egoistisch, denn sie konnte hier und jetzt nicht nur ihre Neugier vor diesem Geheimnis der Liebe befriedigen, sie hoffte auch, dass sie einen Teil des Geldes erhalten würde, das die Mama-san für derart exquisite Dienstleistungen, eine Entjungferung, eine Mizuage, die nicht zum üblichen Programm gehörten, erhalten würde.

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