Schon seit vielen Jahren verbringe ich den Spätsommer in Griechenland. Auf der Insel Rhodos und dort in der kleinen Stadt Lindos habe ich mir ein Ferienhaus gekauft, das direkt am Meer liegt. Nur wenige Minuten davon entfernt befindet sich ein traditionelles griechisches Café, in dem ich dann über Tag sitze und an meinen Büchern schreibe. Die Menschen hier sind alle sehr nett und äußerst gastfreundlich. Ich würde mich sogar als einen Teil von ihnen bezeichnen. Mit ihnen in Kontakt zu kommen, fiel mir nie schwer, immerhin war mein Vater selbst auch Grieche.
Die Monate im „Land der Götter“ verliefen fast immer gleich. Es passierte nur selten etwas und ich liebte diese einmalige Ruhe, die ich irgendwie nur hier finden konnte. Doch dann kam ein Sommer, der mein Leben und mich völlig auf den Kopf stellen sollte.
Ich saß wie so oft meiner Ecke, hatte einen leckeren Mokka vor mir stehen und war in meine Zeilen vertieft als auf einmal eine wunderschöne, junge Frau das Café betrat. Kostas, der Inhaber, konnte sich vor Freude kaum zurückhalten. Er rief nach seiner Gattin und beide fielen der Dame glücklich um den Hals. „Das ist Daphne, meine Nichte aus New York“, rief Kostas und dann lud er alle, die gerade da waren, zu einem Glas Ouzo ein, um ihre Ankunft zu feiern. So froh und glücklich hatte ich Kostas noch nie erlebt.
Ja und Daphne? Daphne war von einer fast schon göttlichen Schönheit, zierlich gebaut, mit langen, braunen Haaren und ausgestattet, mit bildhübschen Augen, vollen Lippen und einem faszinierenden Körper. Ihre Ausstrahlung erfüllte das komplette Café und ihr Lachen ging einem direkt ins Herz. Sie besaß ein ihr von der Natur gegebenes und geschenktes Charisma, das jeden in seinen Bann zog, auch mich.
Sie kam nun, wie ich selbst, jeden Tag hierher und ihre Fröhlichkeit vermochte es, wirklich jeden einzelnen Gast zu verzaubern. Mal half sie am Tresen, dann wieder scherzte mit den Leuten an der Bar oder sie betätigte sich als Bedienung, immer begleitet von einem mehr als verführerischen Lächeln. Auch zu mir war sie immer nett, obgleich wir bisher nur wenig, um nicht zu sagen, gar keinen Kontakt miteinander hatten. Wir wechselten immer nur flüchtig und kurz ein paar höfliche Worte.
Doch dann kam jener Morgen, der alles verändern sollte. Kostas hatte das Radio laut aufgedreht, einen Folkloresender eingestellt und Daphne fing einfach an, ganz frei und ungehemmt zur Musik zu tanzen.
Es war himmlisch zu sehen, wie anmutig sie sich bewegte. Ich werde das nie vergessen. Sie hüpfte und schwebte regelrecht zwischen den vielen Tischen umher und stand so urplötzlich auch vor dem meinen. „Wer immer nur das Haupt senkt, um zu schreiben, der sieht gar nicht, was um ihn herum passiert. Komm schon, steh auf und tanze mit mir. Die Arbeit kann auch mal warten“, rief sie und was soll ich sagen, es war mir eine Ehre, von ihr aufgefordert zu werden. Ich kam ihrem Wunsch nach und wir hatten viel Spaß.
So lernten wir uns kennen und es dauert nur wenige Tage; da hatten wir uns miteinander auch schon angefreundet. Sie interessierte sich sehr für mein Schreiben und ich wollte mehr über ihr Leben in den Staaten wissen. So redeten und sprachen wir viel miteinander. Noch vermochte ich nicht zu sagen, was das zwischen uns war, aber niemand störte sich daran und so genossen wir unsere gemeinsame Zeit. Wir spazierten durch die berühmte und lange Altstadt von Lindos, ich half ihr beim Einkaufen für das Café und Kostas freute sich, dass seine Nichte angenehm unterhalten wurde. Einmal zwinkerte er mir zu. Er sagte, es sei wichtig, dass ich neben meinem Schreiben nicht vergessen würde, auch zu leben, und genau das tat ich.
Montags hatte das Café dann immer geschlossen und da Kostas an jenem Tag mit seiner Frau in Rhodos-Stadt einige persönliche Dinge zu erledigen hatte, verabredeten Daphne und ich uns an diesem zum Schwimmen. Sie hatte keine Lust auf Touristen und Menschenmassen, also trafen wir uns an der kleinen Bucht, ganz in der Nähe von meinem Haus. Nur wenige Einheimische kannten sie und wussten überhaupt von ihrer Existenz. Für Fremde war sie auf den ersten Blick und aus der Stadt heraus vollkommen unsichtbar. So hatten wir den idealen Ort gefunden, um ungestört, alleine und für uns zu sein.
Ich erinnere mich noch genau an diesen so magischen und wunderbaren Tag. Das griechische Wetter zeigte sich von seiner schönsten Seite. Es war angenehm warm, aber nicht heiß oder gar drückend. Im Gegenteil, vom Meer aus zog ein frischer und kühler Wind über das Land. Der Himmel war von einem tiefen Blau und komplett wolkenfrei. Die Heimat meines Vaters so zu erleben, war echt paradiesisch.
Und dann kam sie, Daphne, Schönheit und Verführung in einer Person. Sie hatte kurze, hellblaue und enganliegende Hotpants an, außerdem eine weiße, weite Bluse mit einem äußerst tiefen Ausschnitt. Sie war nur wunderschön und wahnsinnig sexy. Alleine ihre so langen Beine schafften es, mich völlig, um den Verstand zu bringen. Aber auch der verlockende Ansatz ihrer Kurven machte mich mit jeder Minute nervöser.
Zur Begrüßung nahm sie mich liebevoll in den Arm. Sie lächelte mich an und positionierte ihr Handtuch direkt neben dem Meinen. Dann zog sie sich aus. Innerhalb weniger Sekunden hatte sie ihre Hotpants und die Bluse in den Sand befördert. Oh, was für ein umwerfender Anblick. Es war das erste Mal, dass ich sie so und nur noch in einem kleinen, blauen Bikini bekleidet sah. Diesen Moment werde ich wahrscheinlich nie vergessen. Er löste so viel in mir aus, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen oder aussprechen konnte. Sie spürte das natürlich, kommentierte es aber nicht. Stattdessen lächelte sie mich nur an. Ja und dann stürzte sie sich vor meinen Augen in die Wellen. Ich beobachte sie dabei, wie sie mit dem Wasser spielte und dieses mit ihr. Es war, als sei einer meiner sündigsten Träume in Erfüllung gegangen. Sie so zu erleben, war wie eine Erweckung für mich. Ich konnte meine Augen gar nicht mehr von ihr lassen und als sie mir von dem Meer aus winkte, fühlte ich mich dem siebten Himmel so nahe, wie schon lange nicht mehr. Dieser Morgen hatte es in sich und er sollte noch deutlich weitergehen. Nach einer gewissen Zeit kam sie zurück aus dem Wasser, um sich direkt neben mir auf ihr Tuch zu legen und zu sonnen. „Ich will ja schließlich braun werden“, feixte sie, „immerhin habe ich griechische Wurzeln und das soll man auch sehen.“ Mit diesen Worten öffnete sie, für mich vollkommen überraschend, ihren Bikini und ich konnte auf ihre nackten, weichen und wirklich unbeschreiblich schönen Brüste schauen, die sie nun vor meinen Augen begann, mit Sonnenöl einzucremen. Ich glaube, in diesem Moment habe ich den schwersten Kampf meines Lebens mit der mir eigenen Contenance geführt. Wie soll ein Mann bei so einem Anblick ruhig bleiben? Wie? Ich weiß es nicht. In meiner Not legte ich mich angespannt zurück. Ich versuchte mich, auf den Himmel zu konzentrieren, und abzulenken, was mir zum Glück irgendwann auch gelang. So lagen wir dann da, einfach so und ohne dass etwas passierte. Aber für mich war es einer der schönsten Tage meines Lebens.
Immer wieder unterhielten wir uns kurz. Mal erzählte sie, dann wieder ich. Daphne war gerade 24 Jahre alt geworden. An ihren Geburtstag dachte sie allerdings nur ungern zurück, denn ausgerechnet an diesem hatte sich ihr Freund von ihr getrennt. Die beiden waren drei Jahre lang ein Paar gewesen, auch wenn es häufiger Streit und Ärger gegeben hatte, und nun war urplötzlich ein Schlussstrich da. Das hatte ihr einige Zeit zu schaffen gemacht, doch jetzt hatte sie mit dem Urlaub auf Rhodos ihre Traurigkeit überwunden. Ihr Aufenthalt in Griechenland war ein Geschenk ihrer Eltern für sie gewesen, dass sie gerne angenommen hatte. Es war das erste Mal, dass sie überhaupt alleine vereisen durfte und hier, am Mittelmeer, konnte sie wirklich auf andere Gedanken kommen. Das tat ihr gut, denn sie genoss diese neue, ihr bisher so unbekannte Freiheit und das sogar sehr.
Gegen Mittag kippte dann allerdings das Wetter. Urplötzlich zogen die Temperaturen mächtig an und die Sonne begann regelrecht auf der Haut zu brennen. Also beendeten wir unseren gemeinsamen Morgen am Strand. Wir verabschiedeten uns und ich bekam ein Küsschen auf die Wange. Es war eine Berührung, die mich eiskalt erwischte und die in mir Unerwartetes auslöste. Von jetzt auf gleich hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen. Was machte ich da eigentlich? Hatte ich den Verstand verloren? Wie konnte ich mich nur mit einer so jungen Frau anfreunden und das auch noch ausgerechnet hier, in dem oft doch so strengen und orthodoxen Griechenland? Was erwartete sie von mir und was erhoffte ich mir selbst da? Ich wusste es nicht. Logisch und sachlich ließ sich auf all diese Fragen keine Antwort finden. In meinem Kopf ratterte es nur noch und meine Schuldgefühle wurden immer größer. Also entschloss ich mich, am nächsten Tag dem Café fern und daheimzubleiben.
Ich vermag nicht mehr zu sagen, ob ich in der folgenden Nacht auch nur ein Auge zubekommen habe oder nicht. Meine Gefühlslage war aber auch am kommenden Morgen nicht viel besser. Im Gegenteil, ich war so aufgekratzt und verwirrt wie schon lange nicht mehr. Obgleich ich es krampfhaft versuchte, bekam ich kein einziges Wort in einem meiner Bücher geschrieben. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Stattdessen irrte ich wie ein aufgeschreckter Tiger durch das Haus, ohne auch nur einen Moment der Ruhe zu finden. Ich ging am Wasser spazieren, blickte von einem abgelegenen Felsen aufs Meer hinaus und war einfach nur tief unglücklich, ohne wirklich einen Grund dafür benennen zu können, denn eigentlich hatte ich nichts Falsches getan. Ich hatte Daphne nicht einmal angefasst. Sie fehlte mir in diesem Moment einfach.
Erst zum Abend hin besserte sich mein Befinden endlich. Ich hatte mir eine Flasche Rotwein geöffnet, das Radio angestellt und mich auf die Veranda vor meinem Haus gesetzt. Von meinem Stuhl aus konnte ich die Sonne sehen, die sich groß, rot und mächtig über dem Meer in die Tiefe senkte. Was für ein wunderschöner und atemberaubender Anblick. Ich hörte auf das beruhigende Rauschen des Wassers und ich genoss die so leise Melodie der Wellen, die sich im regelmäßigen Abstand wiederholte. Der kühle Wein versetzte mich in eine friedvolle und angenehme Stimmung. Jetzt dachte ich mit Freude noch einmal an diesen so zauberhaften Morgen zurück und ich glaube, in diesem Moment hatte ich endlich auch wieder ein Lächeln auf meinen Lippen.
Daphne
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