„Was wird das?“, fragt Karin zum Fenster heraus.
„Ich will noch ein wenig Pflastern“, entgegnet Harald schon ahnend, dass es wohl nichts damit werden wird.
„Nicht heute bitte. Komm schon, es ist ein besonderer Tag und ich möchte dich auf ein Eis einladen.“
„Aber wenn ich’s gegessen habe, dann …“
„Nein, ich will in die Stadt mit dir fahren und beim Italiener einen schönen Eisbecher genießen“, unterbricht ihn Karin.
‚Meine Frau … einen Eisbecher? Das ist etwas ganz Neues‘, schießt es Harald durch den Kopf und doch stellt er die Schubkarre wieder in den Schuppen.
„Du müffelst“, motzt Karin mit kraus gezogener Nase, als Harald ins Haus kommt. „Geh vorher bitte noch duschen“, setzt sie hinzu.
Harald schnüffelt an seinen Achseln, kann die Aussage seiner Frau aber nicht bestätigen. Oft riecht man es aber selbst nicht und so geht er wie gewünscht ins Bad.
Eine dreiviertel Stunde später sitzen sie im Außenbereich der italienischen Eisdiele. Karin nicht mit einem Eisbecher, sondern nur an einem Erdbeershake schlürfend und Harald einen üppigen Eisbecher vor sich.
‚Von wegen, einen Eisbecher genießen‘, denkt Harald und beobachtet, wie seine Frau nervös die Gäste mustert.
‚Aber gut, sie weiß, wie sehr ich so eine gute Eiskreation liebe. Vielleicht ist es ihr Geschenk und damit kann ich gut leben‘, sinniert Harald weiter.
Karins Becher ist geleert und irgendwie wirkt sie enttäuscht beim Blick in die Runde. Harald hingegen ist inzwischen glücklich mit dem Moment. An so einem schönen Sommertag im Schatten eines Sonnenschirmes eine so süße Verführung zu schlecken, gönnt er sich nur sehr selten. Deshalb sieht er auch nicht, wie sich Karin strafft und gebannt zu einer auf sie zusteuernden jungen Frau blickt.
„Hi Karin“, grüßt die Frau im bunt gemusterten luftigen Sommerkleid, als sie den Tisch erreicht.
„Hallo Tina … heißt das, ja?“, krächzt Karin mit belegter Stimme zurück.
Von seinem Eisbecher abgelenkt blickt Harald auf und sieht, wie die Fremde wortlos nickt.
Mit fahrigen Bewegungen kramt Karin zwei Kuverts aus ihrer Handtasche, die sie der Frau überreicht, bevor sie aufsteht und Harald über den Kopf streicht.
Das Jubiläum
Sehnsüchte, Träume und Gelegenheiten: Teil2
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Das Jubiläum
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