Lächelnd schob Brigitte zwei Fotos nach. Auf dem einen war ein Naturgarten zu sehen. Üppig wucherten die Rhododendren, Farne und seltene Wildtulpen. Verschmitzt leuchtete der Stechginster in sattem Grün, obszön spreizten zahlreiche Clematis ihre Blütenblätter. Auf dem nächsten Foto waren nur Männer zu sehen – sie wirkten wie ein Rudel, das unter sich etwas begrub. Das dritte Photo aber – dasjenige, das die Kursmitglieder hatte erstarren lassen, zeigte Brigitte, inmitten dieses prächtigen Gartens, in Pferdchenstellung. Sie war nackt. Auf ihrem Rücken sass, mit hinterhältigem Lächeln, die Kursleiterin. Sie wirkte so, als gäbe sie Brigitte die Sporen. Umringt waren die beiden Frauen von muskulösen jungen Männern. Nein, sie waren nicht zwingend schön, hatten aber allesamt durchgestylte Körper. Der Hübscheste von allen, ein braungebrannter Mittdreissiger mit fein geschnittenen Gesichtszügen, schmiegte sich an Brigittes Hinterteil. Ob er in ihr drin war, verriet das Foto nicht – der Fantasie blieb aber wenig Spielraum. Ein japanisch aussehender Hüne zwängte Brigitte seinen enormen Penis in den Mund. Ein Schwarzafrikaner knuddelte ihre kleinen Brüste. Die andern Männer, etwa 20 an der Zahl, schauten, mit zum Teil erigierten Schwänzen, zu.
“Du kennst die Kursleiterin von früher?” durchbrach Jasper die Stille. “Hat sie Dich etwa reingeschleust?” doppelte Wendelgard nach. “Das ist doch eine Gang Bang – tut das nicht weh?” wollte Maria wissen.
“Es gibt zwar weltweit zu allen denkbaren Themen strenge und strengste Selektionskriterien”, antwortete Brigitte sibyllinisch, “aber es gibt keine objektive Auswahl”. Damit war klar, dass die Kursleiterin, aus welchen Gründen auch immer, Brigitte unbedingt dabei haben wollte im Liebescamp. Deshalb hatte sie also nur Thomas nach Hause geschickt und Brigitte, obwohl damals im Duschraum gleichermassen beteiligt, unbehelligt gelassen. Brigitte genoss, sozusagen, Immunität, etwa so wie Diplomaten oder (Schweizer) Bundesräte, die weiss der Teufel was begehen müssen, damit man sie einkerkert. “Nach dem 20. Mann hab ich nichts mehr gespürt”, sagte Brigitte, mit gequältem Lächeln an Maria gewandt. Stefan nahm das eindeutigste der drei Photos zur genaueren Betrachtung an sich. Ihn interessierte vor allem die Kursleiterin. Mit herrischer Geste presste sie ihre Oberschenkel an Brigittes grazilen Körper. Ihre Brustwarzen waren von zwei kleinen Muscheln bedeckt. Mit der linken Hand kniff sie Brigitte in den Po. “Sie hat meine Lust gesteuert”, sagte Brigitte, als könnte sie Stefans Gedanken lesen. Ohne sie hätte ich das nie durchgehalten. Im Wissen, worum es da ging, war das Foto, auf dem ausschliesslich Männer zu sehen waren, bei weitem das Anstössigste. Was hatten sie mit Brigitte getan? Sie hatten sie unter sich begraben, und es war ein regelrechter Kampf um ihre Öffnungen ausgebrochen. “Wer hat noch nicht, wer will noch mal?” Bei Maurinde, die von heiterem Gemüt war und ihre Sexualität in Verbindung mit Lust uns Spass lebte, klumpte sich der Magen zusammen. Wendelgard, die eine sehr stolze Frau war und sich zwar gerne präsentierte, aber doch bitte gewaltfrei, hatte auf ein Mal Tränen in den Augen. Maria besann sich auf ihre katholische Erziehung und bekreuzigte sich. Bettina schüttelte nur wortlos den Kopf. Nie hätte sie sich vorstellen können, in diesem Naturgarten an Brigittes Stelle zu sein. Stefan hatte eine Erektion – nicht aber etwa wegen Brigitte, sondern wegen der halbnackten Kursleiterin, die auf dem Rücken der jungen Frau sass und sie mit zynischem Lächeln beherrschte. Er verfluchte innerlich die beiden Muscheln, die die Brustwarzen der Schönen bedeckten. Er war detailversessen wie noch nie zuvor in seinem Leben. Jasper wusste nicht, was er von den Bildern halten sollte. Er stand ohnehin nicht besonders auf Brigitte, sie war ihm zu androgyn. Dass sie die unkontrollierte Kraft von 20 Männern über sich hatte hereinbrechen lassen und jetzt auch noch die Fotos offen legte, erfüllte ihn mit Befremden. Einzig Martin wünschte sich an die Stelle des Mannes auf dem Foto, dessen Hüfte sich an Brigittes Hinterteil schmiegten. Nur allzu gern hätte er sein kräftiges Glied zwischen ihre Schamlippen geschoben. In diesem Moment bereute Brigitte ihr Coming Out. Der Kursleiterin hatte sie hoch und heilig versprochen, diese Vorgeschichte auf sich beruhen zu lassen. Das Gang-Bang-Training im Naturgarten ging nun wirklich niemanden etwas an.
Bettina verlangte die Rechnung und bezahlte für alle. Nach einem kurzen, erfrischenden Spaziergang am Wattenmeer fand die Gruppe sich wieder im Hotel ein, wo eine weitere Überraschung wartete.
“Du kannst Deine ehrgeizigen Übungen jetzt beenden”, sagte die Kursleiterin gelangweilt zum Wuschelkopf, der sich zwischen ihren Schenkeln bewegte. Sie schlug eine Seite in ihrem Buch um. Fanny Morweiser. Un joli garçon. Verrückte Geschichte um ein verrücktes Haus mit verrückten Mietern. Genial bis zur letzten Zeile. Thomas liess nicht von ihr ab und leckte unbeirrt weiter. Es musste doch einfach möglich sein, dieser Frau einen Orgasmus zu bescheren, fand er. “Ich WILL gar keinen Orgasmus”, fand sie. Thomas ereiferte sich bereits seit 20 Minuten, erkundete jedes Fältchen, jede Erhebung dieser wunderbar duftenden Geschlechtsöffnung. Die Muschi der Kursleiterin schmeckte herrlich süss, nach Milch, aber auch ein wenig säuerlich – genau so, wie das eben sein musste. Es war gar nicht so einfach, mit der Zungenspitze den Isiris-Punkt zu erreichen – offenbar musste Thomas noch dazu lernen. Die Kursleiterin war lediglich mit einem grünen hüftlangen Kamelhaarpulli bekleidet. Oh, wie Thomas dieses schwarz glänzende Schamhaar mochte! “Wie Ebenholz”, dachte er bei sich, “die Frau ist eine Art Schneewittchen. Ein Schneewittchen für Erwachsene”. Ganz unerwartet schien die Kursleiterin jetzt doch noch ein wenig in Fahrt zu kommen. Sie legte das Buch neben sich aufs Kopfkissen und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Sie verhielt sich auf ganz spezielle Weise abwartend, so, als wollte sie Thomas noch eine Chance geben. Mit der Coolness einer Madonna, der abwartenden Haltung einer Penelope und dem mesmerisierenden Blick einer Julia Roberts spreizte sie ihre begehrenswerten Schenkel bis zum Äussersten und liess Thomas ein paar weitere Minuten lang gewähren. Dieser nutzte die Gelegenheit und schob seine Zunge tief ins Liebesloch der Kursleiterin. Diese zuckte kurz zusammen. Das war es aber auch schon. Thomas gab auf, hob sein versabbertes Gesicht und lächelte die Kursleiterin verstört an. “Hab ich was falsch gemacht?” fragte er. Aus Münster hatte er sie, von Heulkrämpfen geschüttelt, angerufen. Er könne ohne die Liebesgruppe nicht leben, hatte er geschluchzt und beinahe den Hörer fallen lassen in der einsamen Telefonzelle, in der er frierend stand. Sie hatte ihn in einem kurzen Anflug von Mitleid wieder her gebeten. Die Empfangsdame hatte sich bei ihr gemeldet und sie aus dem Schlaf gerissen, als Thomas im Hotel eintraf. Sie hatte nicht anders gekonnt als ihn ein zweites Mal willkommen zu heissen. Wieso sie ihn mit aufs Zimmer genommen hatte, war ihr nicht mehr bewusst. Irgendwie waren sie dann in ihrem Bett gelandet, wo sie ihm dann ihre Fotze offenbarte. Thomas hatte sofort zu lecken begonnen – mehr wollte er anscheinend gar nicht. Nur lecken. Seine Trösterin und Retterin lecken an dieser wundervollen, geilen, schwarz behaarten Prachtsmuschi. Dann meldete die Empfangsdame sich erneut. Die Liebesgruppe war vom Nordsee-Ausflug zurück.
Etwas verstrubbelt erschien die Kursleiterin in der Lounge, mit Thomas im Schlepptau. “Was machst denn Du hier...?” Brigitte liess sich als erste vernehmen und weitete überrascht ihre Rehaugen. Thomas fiel ihr um den Hals, und es machte den Anschein, dass die beiden sich nie mehr loslassen wollten. Die Lounge war spartanisch eingerichtet; das einzig Luxuriöse war ein kleiner Springbrunnen neben dem Desk, der bunte Fontänen hochschleuderte – als wäre so etwas in dieser naturnahen Gegend notwendig. Vielleicht aber eben doch. Autos waren verboten auf der kleinen Insel, Pferdedung zierte die Strassengräben, und einige wenige Telefonmasten verunstalteten das kleine Dorf. Die Insel war ein Eldorado für Menschen, die sich sammeln und ihre inneren Werte kennenlernen wollten.
“Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit”
hatte Theodor Storm einst gedichtet – und damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Zeitloser ist Poesie kaum je gewesen. Aufgeregt war die Welt ausserhalb der Wattenmeer-Insel schon immer – heutzutage aber verstärkt durch Handyfilme, MySpace, Blogs und dergleichen. Irgendwer peitscht sie zur Raserei, unsere Welt – und wir merken es nicht mal. Da ist es doch beruhigend, dass Udo Lindenberg noch lebt und in einer Sternstunde den Ejakulator erfunden hat. Der Ejakulator ist ein Schlagzeug, das auf einer Drehbühne montiert ist. Je virtuoser man spielt, desto intensiver spritzen Farben aus den Drums, und zwar auf eine sieben Meter hohe Leinwand. Kein Klang der aufgeregten Zeit/Drang noch in diese Einsamkeit. Jaja. Wir leben in einer Welt der verblassenden Genies – aber sie sind noch da, die Lindenbergs, Jaggers, LSD-Hoffmanns und Madonnas dieser sich neigenden Welt. “Ein Wettlauf gegen die Zeit”, hat ebendiese Madonna neulich geäussert. “Ein Wettlauf gegen die Zeit sei unser Leben heute.” Das war schon immer so, heute aber verdichtet. Deutlich verdichtet.
Die sensible Brigitte begriff rasch, dass sich da etwas abgespielt hatte zwischen der Kursleiterin und Thomas. Oh, irgendwie hasste sie diese Frau, diese schwarzhaarige, immer perfekt angezogene Schlampe. Selbst in einem weissen Frottee-Bademantel wirkte sie wie eine Diva; selbst in Adiletten wie eine Balletttänzerin, dieses widerliche Viech. “Das Abendessen wartet”, lächelte die Kursleiterin. Diesmal wartete kein kaltes Buffett; die Kursteilnehmer wurden bedient mit Kroketten, frischen Bohnen und Schmorbraten. Dazu gab es Wein aus der Toscana, einen leckeren Brunello. Die Kursleiterin war wieder Teil des Ganzen und gar nicht so unzufrieden mit der Gruppenentwicklung. Thomas und Brigitte hatten sich gefunden. Sie würde Brigitte ein wenig quälen und damit kokettieren, dass Thomas sie ganze 20 Minuten lang geleckt hatte... mit begrenztem Erfolg. Den Rest des Abends aber würden sie im trauten Kreise damit verbringen, Fotos zu betrachten. Fotos, die von den Kursteilnehmern mit den Bewerbungsunterlagen eingereicht worden waren. Beispielsweise eines von Wendelgard, in völliger Ahnungslosigkeit, von hinten, auf Ibiza, aufgenommen im Sommer 2006.
Die mit Abstand erregendsten Fotos waren die von Maria, Wendelgard und Martin. Marias Mann Klaus war tatsächlich ein prima Fotograf. Selbst die wirklich intimen Bilder, die sie beim Masturbieren zeigten, waren in keiner Weise vulgär oder anstössig. Ihre wunderschönen Hände spielten an ihrer Muschi, als wäre es das Natürlichste der Welt – was es im Grunde ja auch ist. Je sexualisierter unser Zeitalter sich aber präsentiert, desto verklemmter werden wir im Grunde, und nerven uns schon wieder über Madonna, die sich auf der aktuellen CD mal wieder mit gespreizten Beinen präsentiert. Heute kreischt man über Dinge, die in den frühen 70ern als völlig normal galten. Auch Wendelgards Aufnahmen waren geglückt. Bei ihr handelte es sich weitgehend um Selbstaufnahmen. Kamera installiert, irgendwo im Raum, dann posiert und abgewartet, bis der Blitz kommt. www.ishotmyself.com verfolgt dieses Konzept. Jaja, Wendelgards Bärchen. Feuerrot leuchtendes Schamhaar liess ihre Muschi als weit verführerischer erscheinen, als sie es im Grunde war. Eine ganz normale, anatomisch korrekt geformte Spalte eben. Aber dieses Haar! Diese Zierde! Diese Symphonie von feinem, flammendem Kraushaar, das sich da fröhlich ringelte! Marias ebenholzmässiges Schwarz und Wendelgards Fuchsrot – welch ein Kontrast. Das “Kätzchen” und das “Bärchen”. Auch Wendelgards Fotos wirkten in keiner Weise obszön, aber äusserst ansprechend und zum Teil gar humorvoll. Ihre erschreckt geweiteten Augen etwa, wenn der Blitz das kleine Zimmer durchzuckt hatte. Oder ihre Megabrüste, die sie zur Schau stellte, als wären es weiche, knuddlige Kopfkissen. Martins Fotos wiederum lösten befremdetes Murmeln aus. Er zeigte sich in einer matt glänzenden, blauen Boxershorts. Auf dem nächsten Bild schnüffelte er an einer Flasche Benzin. Auf dem übernächsten Foto war er nackt, mit einer gewaltigen Erektion. Neben ihm loderte ein Feuer. Das letzte Bild war wohl das Provokativste. Es zeigte ihn beim Wichsen, Seite an Seite mit dem Feuer, mit verklärtem Lächeln. “Ich bin gasolinophil”, sagte er, als müsste er etwas erklären. Benzingeruch erregte ihn in einem Mass, das ihn jeweils vollkommen die Beherrschung verlieren liess. Das erste Mal hatte er seine Leidenschaft in der Garage seines Vaters entdeckt und den Raum während über einer Stunde nicht mehr verlassen. Dass Dämpfe süchtig machen können, ist ja hinlänglich bekannt. Bei Martin lag eine leichte Hirnanomalie vor. Der Geruchssinn ist bekanntlich der einzige Sinn, der zur Perzeption (Wahrnehmung) direkt in die Hirnrinde führt und nicht durch den Thalamus, der eine Art Sekretärinnenfunktion hat, abgefiltert wird. Bei Jasper nun lagen verdichtete Assoziationsbahnen zwischen Hirnrinde und limbischem System vor. Daher jagte ihn Benzingeruch derart hoch. Bettina schauderte. Die Kursleiterin lächelte. Sie hatte bereits ein Spielchen im Kopf. Ein Spielchen, das Bettina und Jasper unter sich ausmachen würden – vor den Augen aller. Martin würde sie fortan "Prometheus" nennen - Prometheus, mutiger Mann aus der griechischen Mythologie, der Zeus das Feuer stahl, um es den Sterblichen zu übergeben.
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