Thomas und Bettina

Der Isiris-Punkt

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Thomas und Bettina

Thomas und Bettina

Anita Isiris

Thomas und Jasper knabberten Maurinde die beiden Marillen von den Brüsten; Stefan leckte ihr den Vanillezucker vom Putzerl. Es war das perfekte Chill-Out; Maria fasste Maurindes linke Hand und drückte sie sanft. Tiefe Harmonie und Einigkeit senkte sich über die Gruppe. Kurz darauf setzte sich Maurinde an den Tischrand und klopfte sich das Mehl von Oberschenkeln und Bauch. Martin hob sie wortlos auf seine Schultern, auf dass Maurinde ihre ölgebadeten Füsse keiner Rutschgefahr aussetzte, und stieg mit ihr die Treppe zum Duschraum hoch. Maurinde brauchte eine ganze Weile, um Öl, Butter, Zitronensaft und Vanillezucker unter dem Brausestrahl loszuwerden. Anschliessend gesellte sie sich wieder zur Gruppe, angekleidet, versteht sich, als ob nie etwas gewesen wäre. Sie trank mit ihren Kollegen Kaffee, und ihre Topfengolatschen wurden in höchsten Tönen gelobt. Maurinde scherzte, schäkerte und flirtete, was das Zeug hielt und sprühte vor Energie. Ob ihre Jubellaune der Zunge von Stefan, den Lippen von Thomas und Jasper oder dem liebevollen Druck von Marias Hand zu verdanken war, liess sich nicht eruieren. Maurinde fühlte sich zutiefst glücklich, und in ihrem Bauch machte sich ein warmes und wohliges Gefühl breit.

Die Wolken hingen so schwer und tief über der See, dass sie sich beinahe darin verfingen. Sämtliche Kursteilnehmer hatten nach Maurindes Topfengolatschenmahl herrlich geschlafen und geträumt. Beim Frühstück, das mit verschiedenen Fruchtsäften, Müsli, fünf Brotsorten, Quark, Butter, acht Konfitüresorten, Honig, Käse, Eier und Schinken wieder sehr opulent ausfiel, verkündete die Kursleiterin einen freien Tag. Sie befürchtete beim einen oder andern Mitglied – allen voran Martin – Ermüdungserscheinungen, und in der Tat kam es allen vor, sie wären schon seit Wochen auf der kleinen Nordeeinsel am Experimentieren. Dabei waren sie doch eben erst angekommen, hatten am Montag Paulchen II erlebt, waren kurz am Wattenmeer in einer Kneipe gewesen und hatten am Dienstag am eindrücklichen Liebesseminar mit der brennenden Bettina teilgenommen. Dann, am Abend desselben Tages, die Topfengolatschenüberraschung mit der leckeren Maurinde. Und, jetzt, der freie Mittwoch, der der Erlebnisverarbeitung dienen sollte. Die Diskussionen während des Essens waren sehr angeregt; im Hinterkopf malte sich aber jeder Einzelne aus, was er mit dem freien Tag beginnen würde. Maurinde sehnte sich nach der Leseecke im ersten Stock. Beim Kaminfeuer würde sie einen weiteren Roman von T.C. Boyle verschlingen. Wassermusik. Sie liebte die Sprache dieses aussergewöhnlichen amerikanischen Autors, der es verstand, auf der menschlichen Psyche zu spielen wie auf einer Klaviatur. Die Kursleiterin freute sich auf ein geheimes Schäferstündchen mit Martin. Seinen Penis, seine pralle Eichel hatte sie bereits mit Lippen und Zunge erfühlt – aber auch ihrer Muschi und ihrem Anus gönnte sie mal wieder Zärtlichkeit und Entspannung. Der öffentliche Fick mit Stefan, dem TIER 666 war wohl sehr intensiv gewesen, leidenschaftlich, vulkanartig – erst recht in Verbindung mit der brennenden Leinwand – aber sie wünschte sich mal wieder innige Stösse, die sie an den Rand des Wahnsinns treiben würden. Thomas, der beim Frühstück Bettina gegenüber sass, fasste einen einsamen Entschluss. Endlich wollte er seine neue digitale Spiegelreflexkamera testen. Nicht allein die Nordsee sollte ihm als Sujet dienen, sondern vor allem Bettina. Bettina und ihr Hängebusen, der ihn über alles faszinierte. Wieso, hätte er nicht zu sagen vermocht. Stefan war alles andere als ein Wortakrobat. Brigitte würde sich ihrer Schönheit widmen. Längst war mal wieder ein Peeling fällig, und in der Küche gab es bestimmt frische Gurken, die sie in Scheiben schneiden und sich aufs Gesicht legen würde. Dazu würde sie Pink Floyd hören. A Momentary Lapse of Reason. Eines ihrer Lieblingsalben der Band. Zudem war eine Rasur angesagt. Ob einer der Jungs vielleicht... Jasper eventuell... Maria entschied sich für einen einsamen Spaziergang am Wattenmeer. Sie war beeindruckt von der natürlichen Wildheit dieser Gegend, einer Wildheit, von der in Italien immer weniger zu spüren war. Maria hatte nebst ausgeprägten ökologischen Interessen auch einen politischen Background: Ihr vor kurzem verstorbener Vater war Bürgermeister gewesen. Sie benied die Deutschen um Angela Merkel, in ihren Augen eine Politikerin, die nicht nur etwas zu sagen hatte, sondern auch über Geist, Weitblick und Visionen verfügte – ganz im Gegensatz etwa zu stumpfsinnigen Blondinen wie Donald Trump, die ein Genie wie Melania an ihrer Seite benötigen, um sich aufzuwerten. Auf dem tiefsten Grund ihrer Seele ersehnte sie sich eine Liebesnacht mit Maurinde. Ihr Mann zuhause würde Kopf stehen, wenn er das wüsste. Vermutlich rechnete er tatsächlich damit, dass im Liebescamp, in das er selbst sie ja geschickt hatte, dann und wann ein Mann sie bumsen würde. Damit kam er anscheinend klar, Hauptsache, sie kehrte als geiles, laszives Kätzchen zu ihm zurück. Dass sie sich aber mit einer Frau der Liebe hingeben würde, Busen an Busen, Bauch an Bauch, Muschi an Muschi, Schenkel an Schenkel, hätte er vermutlich nicht ertragen. Stefan entschied sich für nichts. DAS TIER 666 in ihm schwieg zurzeit.

Nach dem morgendlichen Zähneputzen machte sich Thomas mit Herzklopfen auf den Weg zum Frauenschlafraum, pochte an die Tür und verlangte nach Bettina. Herzklopfen war ihm fremd; er war sonst eher der coole Typ – nicht nur gegen aussen, sondern auch innerlich. Die Tatsache, dass er schon einmal exkommuniziert worden war von der Kursleiterin, verdrängte er geflissentlich. Frauen gegenüber war er eher ein wenig unbeholfen. Die Kursteilnehmerinnen jedenfalls fanden ihn alle niedlich und benieden heimlich Brigitte, die ihn im Duschraum rumgekriegt hatte, wie sie annahmen. Bettina erschien unter der Tür. Sie trug eine enge schwarze Jeans und ein weisses Unterhemd, das ihre Brustwarzen durchschimmern liess. Sofort ging es Stefan durch den Kopf, wie genussvoll der Hotelhandwerker während des Liebesseminars ihre schweren Brüste massiert hatte, mit einer Paste, die die Hitze von ihrem Körper abhalten sollte. Jaja, Bettinas Brüste und die Schwerkraft. Schon mit 15 Jahren hatte sie darunter gelitten, dass die Natur es nicht gut meinte mit ihr. Sie hatte den grössten Busen in der Klasse gehabt und die Jungs hatten sich an den Parties darum gerissen, mit ihr geschlossen zu tanzen, zu Songs wie “Drive” von den “Cars” oder “In the Air Tonight” von Phil Collins – die 20minütige Live-Version, versteht sich. Wenn sie duschte, taxierten ihre Kolleginnen sie mit hämischen Blicken, als wollten sie sagen “grosse Titten sind nicht alles”. Bettina gewöhnte sich rasch an eine leicht gebückte Stellung; sie hoffte, so ihre anatomische Prominenz ein wenig zu verbergen. Später, in der Yoga-Selbsthilfegruppe, lernte sie wieder, sich zu recken und zu strecken und gewann an Selbstvertrauen. Ihr Busen nervte beim Joggen, beim Radfahren und beim Sex. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn sie auf dem Rücken lag und die Männer sich mit beiden Händen an ihren Brüsten festhielten, während sie mit ihr bumsten. Neun Liebhaber hatte sie schon hinter sich, der Traummann war aber bisher ausgeblieben. Immer blieb ein schaler Geschmack zurück – das Gefühl, dass sich da schon wieder einer an sie ran gemacht hatte... ihrer Titten wegen. In Zeiten der immer populärer werdenden plastischen Chirurgie sind Hängebrüste nur noch in Problemsendungen zu sehen. Vorher-Nachher. Dem Hängebusen gilt, selbstverständlich, das Vorher. Hängebrüste gelten landläufig als unschön. Es verhält sich mit ihnen aber ähnlich wie mit dem Arsch: Runde, ausladende Hinterteile bei Frauen sind offiziell verpönt – aber inoffiziell schmachtet doch jeder halbwegs normale Mann danach, sich an drallen Pobacken festzukrallen und die dazugehörige Frau mit kräftigen Stössen von hinten zu beglücken. Auch Hängebrüste sind ausserordentlich geil: Sollte Deine Partnerin über Hängebrüste verfügen, schätze Dich glücklich. Stell Dich hinter sie, wenn sie sich vor dem Spiegel schön macht, leg ihr die Hände an den Busen und massiere ihn, so oft Du nur kannst. Geniess die sich aufrichtenden Nippel, beobachte Deine Geliebte beim rührenden Bemühen, ihre schweren Titten in den Cup-D-BH zu schieben. Bettina verfügte über Cup Doppel-D.

“Ich wollte Dich zu einem Spaziergang einladen”, stammelte Thomas, “und Dich ein wenig näher kennenlernen.” Bettina willigte rascher ein, als sie eigentlich wollte. Thomas war ihr sympathisch. Er besass einen derben Humor, der in seltsamem Kontrast zu seiner offensichtlichen Unsicherheit stand. Zudem hatte er dieselben musikalischen Vorlieben wie sie seibst: Rolling Stones, Rolling Stones, Rolling Stones. Zu seiner Überraschung bat sie ihn in den Schlafraum, und zu seiner noch grösseren Überraschung fühlte sich keine der Kurskolleginnen beim Umziehen gestört. Bettina zog Thomas hinter eine Schranktür. “Was soll ich anziehen?” fragte sie ihn lächelnd. Thomas glaubte zu träumen und sah sich mit einer überraschend grossen Garderobe konfrontiert. Bettina hatte Stil. Etwas hilflos zupfte er an T-Shirts, Blusen, Röcken und Strümpfen und zog einen blauen durchsichtigen BH von einem Kleiderbügel. “Darin erfriere ich aber”, lachte sie. “Soll ich ihn anprobieren? Bevor Thomas antworten konnte, zog sie sich das weisse Unterhemd über den Kopf und entblösste so ihren Busen. Thomas´ Augen waren gross wie Teller. “Darf ich mal...” sagte er mit trockener Kehle und berührte ihre linke Brustwarze. “BERATEN ist nicht BERÜHREN”, sagte sie und trat einen Schritt zurück. Ihre Brüste fanden nur knapp Platz im sinnlichen Kleidungsstück; Bettina nahm die Sache selbst an die Hand, zog einen schwarzen Rollkragenpulli über und schlüpfte in eine Daunenjacke. Wie ein Liebespaar verliessen sie den Raum, verfolgt von neidischen Blicken. “So begehrt möchte ich auch mal sein”, monierte Brigitte und wurde von Maurinde daran erinnert, dass sie sich wohl kaum beklagen konnte. Thomas hatte ihretwegen sogar das Liebescamp verlassen müssen.

Nach einem ausgedehnten Dorfspaziergang und einem langen Gespräch, in dem Bettina und Thomas noch auf andere Gemeinsamkeiten stiessen als auf die Rolling Stones-Vorliebe, stellte er ihr die Kardinalfrage. “Darf ich Dich fotografieren?” Bettina zögerte. “Bilder haben es heutzutage so in sich”, sagte sie. “Du erscheinst eher im Internet, als es Dir lieb ist. “Mir geht es doch nur darum, meine neue Spiegelreflex zu testen.” “Das sagen sie alle, mein lieber Thomas – aber meinetwegen. Wir befinden uns ja in einem Liebeslager, und wenn es Dir wirklich Spass macht...” Thomas drückte wortlos ihre Hand und beschleunigte den Schritt, wie das zehntausende von Männern in seiner Situation auch getan hätten.

Der Männerschlafraum war leer. Martin war mit der Kursleiterin zugange, Jasper rasierte Brigitte, Stefan las am Kaminfeuer, auf dem Sofa neben Maurinde, in der Anthologie einer unbekannten Autorin. “Anita Isiris – die Schokospalte”. Immer wieder huschte ein Lächeln über sein Gesicht, und zwischendurch schielte er sogar lüstern nach Maurinde, die von Boyles “Wassermusik” gefesselt war.

Der Raum, in dem Bettina und Thomas sich näher kamen, war grosszügiger als die Frauenschlafstelle; der Lichteinfall war perfekt für eine Fotosession. Die Betten standen nicht ganz bis an die Fenster, so dass genügend Raum vorhanden war um Posen auszuprobieren. Nach dem üblichen Geplänkel “Ich möchte Dein Gesicht von der Seite aufnehmen” oder “Stell Dich ans Fenster... nein, nicht so, ich habe Gegenlicht” ging es dann endlich zur Sache.

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