eine erotisch-philosophische Liebes-Dramödie
Wieder einmal stand ich vor den Trümmern meines Lebens, an einem Wendepunkt, und ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Meine Freundin und ich trennten uns.
Eigentlich war es vorherzusehen gewesen. Sich mit einem Künstler einzulassen, hatte sicherlich einigen Reiz. Aber wenn bei diesem Künstler sich auch nach zweieinhalb gemeinsam verbrachten Jahren noch immer keine Spur von Erfolg einstellt, dann verlieren der Künstler und seine Kunst ihren Zauber. Zumindest sah meine Freundin, bzw. Ex-Freundin das so.
Ich hatte nur das Nötigste gepackt, ein paar Kleidungsstücke, meinen Fotoapparat und meinen Laptop, um zumindest arbeiten zu können. Aber ich wusste nicht, wohin ich sollte. Ich war fast völlig abgebrannt, hatte nur noch wenige Euro in der Tasche und kannte niemand in der Stadt.
In der ersten Nacht schlief ich in einem leerstehenden Lagerhaus. Das heißt, von Schlafen konnte kaum die Rede sein. Es war bereits Dezember. Die Temperaturen fielen weit unter den Gefrierpunkt und ich hatte keine Decke. Ich zog mir alles von meiner Kleidung an, was ich anziehen konnte. Aber es half nichts. Ich kauerte frierend und zitternd in einer Ecke und fand keinen Schlaf.
So tief unten war ich noch nie.
Am nächsten Tag lief ich ziellos durch die Stadt. Ich wusste nicht, an wen ich mich hätte wenden können. Das bisschen Geld, das ich noch hatte, wollte ich nicht ausgeben. Es war meine letzte Reserve und ich wusste nicht, wie lange ich damit auskommen musste.
Wie fängt man wieder von vorne an, wenn man glaubt, schon alles versucht zu haben? Ich wusste es nicht. Mein Kopf war absolut leer. Warum nur hatte ich mich nicht darauf vorbereitet, auf das Ende meiner Beziehung? Ich hatte es doch kommen sehen. Und trotzdem warf es mich jetzt völlig aus der Bahn. Ich war selbst schuld an der Ausweglosigkeit meiner Situation.
Am Nachmittag des zweiten Tages befand ich mich in einem Vorort der Stadt. Es gab hier fast nur Einfamilienhäuser mit Gärten. Und als es zu dämmern begann, machte ich mir ernsthaft Sorgen, wo ich diese Nacht verbringen sollte. Zufällig beobachtete ich, wie eine alte Dame aus der Seitentür einer Garage kam und ins Haus ging. Ich wartete fast eine halbe Stunde. Und als die Frau dann immer noch nicht wieder erschien, nahm ich an, dass sie das Haus an diesem Abend nicht mehr verlassen würde. Sie hatte die Seitentür der Garage nur geschlossen aber nicht abgesperrt. Wie ein gemeiner Einbrecher sah ich mich nach allen Richtungen um. Und da ich niemanden auf der Straße entdecken konnte, kletterte ich über den Zaun und lief zu der Garage, in der ich hoffte, einen Platz für die Nacht zu finden. Bevor ich aber nach der Türklinke griff, sah ich mich noch einmal nervös um und warf sicherheitshalber auch einen Blick hinter die Garage. Und was ich dort entdeckte, war noch weit besser, als es die Garage hätte sein können. Direkt an die Rückwand der Garage war ein Gartenhäuschen gebaut. Es hatte die Maße von etwa zweieinhalb auf vier Meter mit einer etwa eineinhalb Meter breiten Veranda an der Frontseite. Leise schlich ich mich an das Häuschen heran. Die Dielen der Veranda knarzten unter meinen Sohlen. Durch das rechte Fenster spähte ich vorsichtig in das kleine Häuschen und sah, dass es gemütlich eingerichtet war. An der rechten Wand sah ich eine kleine Couch mit einem Tischchen davor. An der linken Wand, direkt unter dem zweiten Fenster, stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Darüber hing an der Seitenwand ein schmales Regal. Und an der Rückwand, hinter dem Tisch, stand ein Schrank.
Ich betete zu Gott, dass die Tür des Häuschens nicht verschlossen wäre und drückte zögernd die Klinke. Und tatsächlich: Die Tür ging auf. Schnell huschte ich hinein und hoffte, dass mich niemand gesehen hatte.
Auf der Couch lag eine zusammengelegte Decke. Sie war sehr dünn. Da ich aber erkannte, dass es sich bei der Couch um ein ausziehbares Couchbett handelte, hoffte ich, im Bettkasten eine dickere Decke zu finden. Und meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Ich fand genügend Bettwäsche vor, um aus der Couch ein gemütliches Doppelbett zu machen. Das wagte ich allerdings nicht. Ich wollte keine Unordnung machen und auch keine allzu großen Veränderungen vornehmen, damit mein nächtliches Eindringen in das Gartenhaus nach Möglichkeit nicht auffiel. Also nahm ich nur die beiden Decken heraus, zog mich bis auf die Unterwäsche aus und legte mich auf die Couch, die ich nicht zum Bett umgebaut hatte. In dem unisolierten und ungeheizten Häuschen war es eisig kalt. Aber die Decken hielten mich warm und so fiel ich vor Müdigkeit trotz Hunger und Durst bald in tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen weckten mich das Geräusch der sich öffnenden Tür und das Knarzen der Dielen. Erschrocken fuhr ich hoch und sah die alte Dame vom Vorabend in der Tür stehen. Sie trug einen altmodischen Morgenmantel mit Blümchenmuster und in der Hand einen Teller mit einem noch dampfenden Kaffeefilter.
„Wer sind Sie denn? Und was tun Sie hier?“ fragte sie mich streng, während sie mich aus zusammengekniffenen Augen musterte.
„Entschuldigen Sie bitte“, stotterte ich verlegen. „Ich hab nur nach einem Platz zum Schlafen gesucht. Ich verschwinde sofort.“
Und dabei angelte ich schon nach meiner Kleidung am Fußende der Couch, um mich unter der Decke schnell wieder anzuziehen und zu verschwinden, bevor die alte Dame auf den Gedanken kam, die Polizei zu rufen.
Ihr Ausdruck wurde noch eine Nuance strenger, als sie mich fragte: „Haben Sie denn kein Zuhause?“
Die Frage war mir unangenehm. Ich antwortete aber trotzdem, wenn auch nicht ganz aufrichtig: „Ich suche gerade nach einer Wohnung.“
„Haben Sie einen Beruf?“ forschte die resolute, alte Dame weiter.
„Ich bin Schriftsteller“, antwortete ich und schämte mich fast dafür, da mich der ausbleibende Erfolg in diese Situation gebracht hatte.
„Ein Künstler!“ resümierte die Dame mit jenem Unterton, in dem die Leute sich früher zugerufen haben: Schnell, holt die Wäsche rein. Die Schauspieler kommen!
„Ja“, sagte ich verlegen und zog mir unter der Decke die Hose an.
„Haben Sie keine Familie?“ horchte die Dame mich weiter aus.
Diesmal schüttelte ich nur den Kopf.
„Es ist eine Schande!“ schimpfte die Dame. „Ein Mann in Ihrem Alter, ohne Familie und ohne Beruf.“
„Ist ja gut!“ entfuhr es mir gereizt. „Ich bin ja schon weg.“
Ich warf die Decken beiseite, schlüpfte in mein Hemd und zog die Jacke darüber, ohne das Hemd vorher zugeknöpft zu haben.
„Wo wollen Sie denn hin, wenn Sie niemanden haben?“ fragte die alte Dame. Und ihr Ton klang jetzt ebenfalls gereizt.
Ich nahm es ihr übel, dass sie mir auch noch vorhielt, niemanden zu haben, der mich in dieser Situation aufgefangen hätte und warf ihr zornig zurück: „Ich werd’ schon was finden!“
Auch die alte Dame geriet in Rage.
„Das werden sie nicht!“ behauptete sie felsenfest und noch um eine Spur lauter, als ich gesprochen hatte. „Sie haben bisher nichts gefunden und werden auf der Straße erfrieren!“
„Das hätten Sie wohl gerne?“ schrie ich wütend zurück.
Die alte Dame stampfte so energisch mit dem Fuß auf, dass ich zusammenzuckte und befürchtete, sie würde durch die Dielen brechen. Dann sagte sie entschlossen, aber dabei selbst noch vor Zorn bebend: „Sie bleiben hier, bis Sie was anderes gefunden haben!“
Damit wandte sie sich ab, brachte ihren Kaffeefilter zum Komposthaufen auf der anderen Seite des Gartens und ging wieder ins Haus.
Was war das denn? fragte ich mich. Ich konnte in dem Gartenhaus bleiben? Einfach so?
Perplex stand ich noch in dem kleinen Raum, knöpfte mir mechanisch das Hemd zu und überlegte, was ich tun sollte. Und genau in dem Moment, in dem ich die Überzeugung gewonnen hatte, dass es das beste wäre, das Weite zu suchen, tauchte die alte Dame wieder auf. Sie hatte sich anscheinend wieder beruhigt und ich rechnete damit, dass sie mir jetzt sagen würde, dass ich verschwinden sollte. Aber sie musterte mich nur pikiert und meinte im Ton der Resignation: „Sie haben Ihr Hemd falsch geknöpft.“
Ich blickte an mir nach unten und musste feststellen, dass sie Recht hatte. Bevor ich aber reagieren oder etwas erwidern konnte, forderte sie mich auf: „Kommen Sie mit!“
Ich wollte mir meinen Rucksack auf den Rücken werfen und die Laptoptasche schnappen, aber da sagte sie in versöhnlicherem Tonfall: „Lassen Sie das stehen.“
Sie ging voraus zu ihrer Haustür und schloss auf. Dahinter stand ein fahrbarer, elektrischer Heizkörper, den sie wohl selbst schon bis an die Tür gerollt hatte.
„Den können Sie Sich in die Hütte stellen“, sagte sie.
Sie meinte es anscheinend wirklich ernst. Aber ich glaubte, das Angebot, in ihr Gartenhaus einzuziehen, nicht annehmen zu dürfen und wollte widersprechen.
„Hören Sie …“ begann ich. Aber sie schnitt mir das Wort ab und befahl: „Jetzt machen Sie schon. Ich will die Tür nicht den ganzen Tag offen stehen lassen.“
„Ich kann Ihnen nichts bezahlen“, sagte ich schnell, damit sie mich nicht wieder unterbrechen konnte. Aber sie erwiderte nur: „Meinen Sie, das wüsste ich nicht? Jetzt bringen Sie den Heizkörper rüber.“
„Danke!“ sagte ich beschämt und gehorchte.
Die alte Dame kam mir hinterher und zeigte mir dann noch die Toilette in der Garage, zu der man durch den Nebeneingang gelangte. Dort gab es auch ein kleines Waschbecken, wenn auch leider nur mit kaltem Wasser. In der Hütte gab es Stromanschluss. Ich konnte also sowohl die Heizung, als auch meinen Laptop betreiben. Im Schrank waren ein Wasserkocher, eine Kochplatte, Kaffee und einiges an Konserven. Die alte Dame zeigte mir alles. Sie erklärte mir, dass sie das Gartenhaus im Sommer manchmal an Feriengäste vermietete und ermahnte mich, die Lebensmittel einzuteilen. Dann fragte sie mich: „Wie heißen Sie eigentlich?“
„Fred“ antwortete ich. „Fred Schwarzer. Und Sie?“
„Hildegard Krün“, stellte sie sich vor. „Krün wie grün mit ‚k’!“
Ich bedankte mich noch einmal bei ihr. Dann ließ sie mich in meinem neuen und so unverhofft gefundenen Zuhause allein.
Als erstes machte ich mich frisch. Nach zwei Tagen auf der Straße hatte ich das auch nötig. Dann kochte ich mir Kaffee, setzte mich auf die Couch und überdachte meine neue Situation. Ich hatte ein Dach über dem Kopf, ein kleines, aber gemütliches Refugium, in dem ich es vielleicht schaffen konnte, wieder zu mir selbst zu finden. Ich hatte keinen Internetanschluss. Aber das empfand ich im Moment sogar als sehr angenehm. Ich wollte mich zurückziehen, wollte von der Welt da draußen einfach eine Weile nichts mitbekommen. Vielleicht, so dachte ich, konnte ich mich auf diese Weise auf eine neue Arbeit konzentrieren, auf einen neuen Roman oder zumindest eine neue Kurzgeschichte.
Einen Roman hatte ich schon geschrieben. Aber ich hatte trotz guter Kritiken noch keinen Verlag gefunden, in dessen Verlagsprogramm er passte. Deshalb schrieb ich zu der Zeit überwiegend erotische Kurzgeschichten, die ich auf einer Internetplattform veröffentlichte. Auf diese Weise hoffte ich, zumindest ein wenig auf mich als Autor aufmerksam machen zu können.
Frau Krün & das Mädchen im Garten
Ich grübelte lange nach, wo ich meine neue Geschichte ansiedeln sollte, konnte mich aber nur schwer konzentrieren. Zu viel war in letzten Tagen passiert. Also klappte ich meinen Laptop wieder zusammen und ging nach draußen. In den folgenden Tagen unternahm ich lange Spaziergänge und versuchte, an gar nichts zu denken. Erst kurz vor dem dritten Advent, als die Vorweihnachtszeit anfing, mich depressiv zu machen, dachte ich, ich müsste mich langsam in eine Geschichte flüchten, um der Realität meiner Einsamkeit zu entkommen. Also setzte ich mich wieder an den Laptop und überlegte: Wo sollte meine neue Geschichte spielen? Auf einer schönen, tropischen Insel voller Palmen und mit endlosen, weißen Stränden? Ja, das war gut. Ich begann eine Einleitung zu formulieren, schrieb in der Ich-Form und erzählte, wie ich meinen Koffer packte, zum Flughafen fuhr und in den Flieger nach Süden stieg. Ein Flieger nach Süden, dachte ich mir. Wie lange war ich im wirklichen Leben schon nicht mehr in Urlaub geflogen? Mein letzter Urlaub lag schon so lang zurück, dass er schon gar nicht mehr wahr war. Zurück zur Geschichte. Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, der Flug nach Süden? Wohin geht er? Zu den Kanarischen Inseln! Nein, es muss weiter weg sein. Die Malediven. Ja, die Malediven sind klasse. Jetzt wäre doch ein Internetanschluss gut, dachte ich mir, da ich nicht viel von den Malediven wusste. Aber gut, dann musste ich eben improvisieren. Was spielte es schon für eine Rolle, wo genau auf den Malediven meine Erzählung handelte. Palmen, Strand und die ultimative Traumfrau. Was brauchte ich denn sonst noch für Zutaten für meine Geschichte? Grübelnd blickte ich über den Monitor meines Laptops aus dem Fenster. Im Garten sah ich ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen mit einer Katze spielen. Ich hatte sie bisher noch nie hier gesehen; Weder das Mädchen, noch die Katze. In Gedanken versunken sah ich den beiden zu. Das Mädchen erinnerte mich an meine erste Liebe. Sie war eine entfernte Verwandte gewesen, eine Großcousine, oder etwas in der Art. Wie lange lag das nun schon zurück? Ich war damals über beide Ohren in Miriam, so hatte die Großcousine geheißen, verliebt gewesen, als ich die Sommerferien mit ihr bei meinen Großeltern verbracht hatte. Ich war damals fünfzehn gewesen und Miriam dreizehn und gerade dabei, sich von einem Kind in ... Nein, es wäre Unfug, zu behaupten, dass sie sich bereits in eine Frau verwandelte. Ihr Körper hatte gerade angefangen, sich zu verändern und weibliche Formen anzunehmen. Und ich war so was von schüchtern gewesen. Wir spielten, tobten, machten Blödsinn, aber meine Gefühle hatte ich hinter beißendem Zynismus verborgen, weil ich nicht fähig gewesen war, sie auszudrücken. Wie konnte ich nur damals schon so zynisch gewesen sein? fragte ich mich. Was mochte wohl aus Miriam geworden sein? Ich hatte noch jahrelang von ihr geträumt, von ihrem Lächeln, vom Anblick ihrer kleinen, gerade erst erwachenden Brüste, die sich so kess unter ihrem T-Shirt abgezeichnet hatten und von dem Gefühl, sie wie zufällig beim Rangeln zu berühren. Ich erwachte aus meinen Erinnerungen und sah, dass das Mädchen im Garten zu mir herblickte. Als es sah, dass ich es bemerkte, winkte es mir lächelnd zu und ich winkte zurück. Dann versuchte ich mich wieder auf meine Geschichte zu konzentrieren. Aber die Konzentration war jetzt weg. Ich blickte wieder auf, um noch einmal nach dem Mädchen im Garten zu sehen. Aber das war jetzt ebenfalls weg. Eigenartig, dachte ich mir, klappte meinen Laptop zu und ging spazieren, um mir über den weiteren Verlauf meiner Geschichte klar zu werden. Am nächsten Tag schlief ich lang. Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich einen veränderten Garten vor mir. Über Nacht hatte es geschneit und die Welt ringsum war in ein dickes, weißes Kleid gehüllt. Nach dem Frühstück machte ich mich wieder an meine Geschichte. Wenn ich schreibe, habe ich meist nur eine Grundidee, ich habe eine Ausgangssituation und ein Ziel. Oft sind mir vorher auch schon einzelne Eckpunkte bekannt, aber meistens verselbstständigen sich irgendwann meine Charaktere und damit auch die Geschichte selbst beim Schreiben. Dann bin ich plötzlich nur noch der Chronist und wundere mich selbst darüber, was meine Protagonisten auf einmal anstellen und erleben. Diesmal wollte ich es anders machen. Ich wollte eine ganz einfach gestrickte, erotische Geschichte auf einer tropischen Insel schreiben; Ein Mann + eine Frau = Sex; wilder, hemmungsloser Sex unter südlicher Sonne. Diese Formel ging immer auf. Da konnte ich gar nichts falsch machen, vorausgesetzt natürlich, ich würde meinem Ich-Charakter nicht wieder zu viele Freiheiten durchgehen lassen, so dass er sich seine eigene Geschichte basteln und all meine glänzenden Ideen für die Beschreibung von purer Lust und Leidenschaft, vom Einsatz seines oft bewährten, gigantischen Streitkolbens, … Streitkolben, das ist gut! Das muss ich mir merken. Vielleicht sollte ich eine Rittergeschichte schreiben!? Nicht jetzt! Zurück zu meiner Erklärung: … von schwitzenden Körpern und multiplen Orgasmen durch seine ewige Gefühlsduselei verwässern würde. Wer stand schon auf Gefühle? Gefühle waren doch ohnehin nur eine Illusion, die wie eine Seifenblase zerplatzten oder wie der Zauber eines Künstlers ohne Erfolg. Ja, das war es; Mein Sex musste härter werden, härter, animalischer und primitiver. Ich wollte schließlich Erotikgeschichten schreiben und keine kitschigen Liebesschnulzen. Also zurück zu meiner Geschichte: Wie sollte mein Protagonist eigentlich heißen? Wie sollte ich ihn nennen? Jürgen vielleicht? Ja, ich denke, Jürgen wäre ein passender Name für meinen Helden, dachte ich mir.\iUnd er sollte eine Freundin haben, oder eine Frau und trotzdem allein auf die Kanaren fliegen. Die Kanaren? Nein, er wollte doch auf die Malediven.\iAlso noch mal von Anfang: Jürgen ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er und seine Freundin Frau haben Streit. Daraufhin packt er seine Koffer und fliegt allein auf die Malediven, wo er den Sex seines Lebens hat.\iDas ist gut. Das hat seine Frau jetzt davon mit ihrer ewigen Streiterei.\iAlso den Text von gestern noch mal löschen und von vorne … So, Jürgen saß also wieder im Flugzeug. Die erste Seite tippte ich herunter, ohne eine einzige Pause zu machen. Wie wäre es jetzt mit einer sexy Stewardess? fragte ich mich. Jürgen war schließlich auf ein Abenteuer aus und würde mitnehmen, was sich ihm bot. Aber erstmal wollte ich eine kreative Pause machen und überlegen, wie mein Held die Stewardess mit seinem Streitkolben beeindrucken würde. Ich blickte wieder über den Monitor meines Laptops in den weißen Garten und sah, dass das Mädchen wieder da war. Ob das die Enkelin von meiner guten Frau Krün ist? fragte ich mich und ergänzte in Gedanken noch: Krün wie grün mit ‚k’! Sie rollte … Es fällt mir immer so schwer, bei Mädchen von ‚Es’ zu sprechen oder zu schreiben. Auch wenn es grammatikalisch richtig ist, klingt es doch einfach scheiße (Entschuldigung!), zu schreiben: Es rollte … Nachdem das Mädchen im Garten zweifellos weiblich war, schreibe ich jetzt einfach ‚Sie’, auch wenn es falsch ist! An anderer Stelle stört es mich ja vielleicht wieder weniger und dann kehre ich zur korrekten deutschen Schreibweise zurück. Das Mädchen rollte also … Was ist denn jetzt? Jetzt hab ich weder sie noch es da stehen. Mann, Mann, Mann! Wieso mache ich mir überhaupt so viele Gedanken über ein Mädchen im Garten? Vielleicht, weil ich mir gewünscht hätte, dass es Sommer wäre und sie sich im Garten sonnt, anstatt im dicken Anorak große Schneekugeln zu rollen, um damit einen Schneemann zu bauen. Ich fragte mich ernsthaft, ob ich einen Lolita-Komplex hatte, schüttelte (zumindest in Gedanken) energisch den Kopf und wollte mich wieder auf meine Geschichte, Jürgen und die vollbusige Stewardess, die er mit seinem Streitkolben erlegt, konzentrieren. Aber mein Blick wanderte wieder an den oberen Rand des Monitors und spähte darüber hinweg in den Garten. Das Mädchen war hübsch, viel hübscher, als Miriam gewesen war und zweifellos auch ein wenig älter. Die Kälte des Wintertages hatte seine Wangen rot gefärbt. Durch den dicken Anorak war von seiner Figur nichts zu erkennen. Aber die eng anliegende Jeans betonten die schlanken Beine, die schmale Hüfte und den kleinen, festen Po. Meine Stewardess war laut Jürgens Meinung plötzlich nicht mehr vollbusig, sondern hatte kleine, feste Brüste. Ich ließ mich aber auf keine Diskussion mit dem Hauptdarsteller meiner Geschichte ein, sondern drohte ihm an, dass er gar keine Frau in ‚meiner’ Geschichte abbekommen würde und aus seinem Streitkolben ein Schraubenzieher werden würde, wenn er versuchen sollte, den Handlungsverlauf an sich zu reißen. Zuerst wollte er mir noch einreden, dass ein Schraubenzieher so gut wäre, wie ein Dietrich und dass er damit jedes Schloss, bzw. jeden Schoß knacken würde. Ich hasse es, wenn meine Protagonisten die Kontrolle übernehmen wollen! Letztendlich setzte ich mich durch. Die Stewardess blieb vollbusig. Aus Versehen kippte sie Jürgen ein Glas Wein über die Hose. Es war ein Rotwein, der einen großen, peinlichen Fleck erzeugte. Die Stewardess, eine typische Blondine, bat Jürgen tausendmal um Verzeihung und beugte sich über ihn, so dass er ihr weit ausgeschnittenes Dekolleté direkt vor Augen hatte. Sie wischte mit ihrer Serviette so heftig über den dunklen Rotweinfleck in seinem Schoß, während die üppigen Rundungen ihrer vollen, fast überquellenden Brüste so dicht vor Jürgens Gesicht wippten, dass die weiche Haut ihn gelegentlich streifte, bis sein gewaltiger Streitkolben sich regte und seine Hose zu sprengen drohte. So, jetzt gab ich wieder die Richtung an und Jürgen würde endlich mal ein Held einer meiner Geschichten werden, der den Ladies zeigen würde, wo sein Hammer hängt, bzw. steht – und auch nicht sein Hammer, sondern sein Streitkolben! Jetzt war ich plötzlich richtig in Fahrt. Die Zeilen flossen nur so auf den Bildschirm. Als die Blondine, also die Stewardess, spürte, was sich da unter ihren Händen zu regen begann, errötete sie bis unter die Haarwurzeln. Jürgen fragte sie aber nur lässig, ob es nicht besser wäre, den Fleck auf der Toilette aus der Hose zu waschen. Die Stewardess gab ihm natürlich recht, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zur Toilette. Dabei war sie sorgsam darauf bedacht, sowohl den Fleck, als auch die deutlich sichtbare Ausbuchtung in seiner Hose vor den anderen Passagieren zu verbergen, indem sie so dicht vor ihm ging, dass sich die Beule in Jürgens Hose hart gegen ihre Poritze drückte. Fieberhaft zog sie ihn hinter sich her in den engen Toilettenraum und riss ihm in ungeduldiger Erwartung des Anblicks seines gigantischen Streitkolbens die Hose so hektisch herunter, dass sie dabei den Reißverschluss sprengte. Sein hammerharter Streitkolben schnalzte nach oben, traf die Blondine unters Kinn und schlug sie auf diese Weise bewusstlos. Nein, Blödsinn! Was war denn das jetzt für ein Quatsch? Jürgen hatte doch tatsächlich versucht, mich auszutricksen. Er wollte einfach nicht der Machotyp sein, als den ich ihn für meine Geschichte konzipiert hatte und zeigte mir mit dieser dämlichen Übertreibung, was er von meiner Geschichte hielt. Diese Lusche! In diesem Moment knallte etwas an mein Fenster. Ich fuhr erschrocken hoch und Jürgens Streitkolben fiel in sich zusammen. Ein Schneeball war an mein Fenster geworfen worden. Draußen stand das Mädchen neben dem fertigen Schneemann, dem es nicht nur eine Karotte als Nase ins Gesicht gesteckt hatte, sondern auch eine steil aufgerichtete in seine Körpermitte. Das Mädchen lächelte mich unschuldig und damit umso verführerischer an und winkte mich zu sich in den Garten. Ich zögerte einen Moment aber da hörte ich sie durch die dünnen Wände des Gartenhäuschens rufen: „Wollen sie nicht mal rauskommen? Sie sitzen den ganzen Tag nur da.“ Was konnte es schaden, mal eine Pause zu machen? Ich nickte dem Mädchen zu und wollte mich eben von meinem Stuhl erheben, als ich Hildegard Krün rufen hörte: „Manuela, komm rein. Du wirst noch erfrieren, wenn Du so lange im Schnee spielst!“ Manuela hieß also meine kleine Lolita. Sie riss dem Schneemann geistesgegenwärtig seine untere Karotte aus, damit Frau Krün ihre Unanständigkeit nicht entdeckte. Ich zuckte dabei unwillkürlich zusammen. Auch Manuela zuckte, allerdings nicht zusammen, sondern nur etwas enttäuscht mit den Schultern. Ich ahmte die Geste nach, wir winkten uns zu, Manuela biss knackend von der Karotte ab und ging, mir einen letzten Blick zuwerfend, ins Haus. „Manuela“ flüsterte ich vor mich hin. Jetzt war ich ohnehin gerade aus dem Schreibfluss raus. Da konnte ich wirklich eine Pause machen.
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