Der Schönling und das Biest

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Der Schönling und das Biest

Der Schönling und das Biest

Sven Solge

Seine Sporttasche war schnell gepackt! Stand sie sowieso immer griffbereit auf dem Flur. Nur die gewaschene Sportkleidung und eine Flasche Wasser, kamen noch rein und schon tobte Ronny die Treppe runter.
Zweimal die Woche verbrachte er mindestens jeweils zwei Stunden im Fitnessstudio und powerte sich aus.
Ronny war nicht eitel, er legte aber großen Wert auf ein sauberes und gepflegtes Äußeres.  Das ihn die Augen der Frauen bewundernd folgten, wenn er das Gym betrat, bemerkte er oft gar nicht und wenn, machte es ihn nur verlegen. Wegen seiner Schüchternheit hatte er bisher nur wenig Kontakt zum anderen Geschlecht gehabt, was bei seinen Bekannten den Verdacht aufkommen ließ, dass er wohl schwul sei.
Aber dem war nun wirklich nicht so, im Gegenteil!
Es gab da schon die eine oder andere attraktive Frau, die ihm Herzklopfen bereitete. Ihm fehlte einfach der Mut sich diesen Frauen zu nähern. Und dabei war sein Vater Italiener, denen war doch das Draufgängertum in die Wiege gelegt worden. Zwei Episoden endeten schon nach kurzer Zeit, weil einfach keine gemeinsamen Interessen vorhanden waren und nur Sex war Ronny zu wenig für eine Beziehung.
Ronny kam, abgesehen von seinem Namen, wohl eher seiner deutschen Mutter nach. Sein Vater hatte kurz nach Ronnys Geburt das Weite gesucht und war wieder in seine geliebte Toskana zurückgekehrt.
Seine Mutter hatte ihn sehr zurückhaltend und höflich erzogen, sodass von dem italienischen Temperament (was durchaus vorhanden war) nicht viel nach außen drang.
Den Weg zum Gym legte Ronny wie gewohnt mit dem Fahrrad zurück, so konnte er das Warmmachen auf dem Ergometer oder Stepper weglassen und sich ganz dem Training an den Geräten widmen.
Er hatte sich vor einiger Zeit für die neuen E-Gym Geräte eintragen lassen. Hier brauchte er nur seine Mitgliedskarte an das Lesegerät halten und das Fitnessgerät stellte sich automatisch auf seine vorher eingestellten Maße und Belastungen ein. Hinzu kam, dass er sich anonym mit anderen Nutzern auf dem Handy vergleichen konnte.
Die zehn Geräte, die alle Muskelgruppen ansprachen, absolvierte er in den zwei Stunden zweimal, sodass er sicher war, nichts ausgelassen zu haben.
Seine durchtrainierte Figur betonte er weder durch enganliegende Kleidung, was im Fitnessstudio bei vielen der muskelbepackten Sportsfreunde üblich war, noch durch aufmerksamkeitserregende Geräusche, während er trainierte.
Er sprach mit den anderen Sportlern kaum ein Wort, nur hin und wieder zeigte er neuen Mitgliedern, wie sie sich an den Geräten besser hinsetzen sollten, wenn die Haltung einfach falsch war und sie sich so verletzen könnten. Aber immer freundlich und nicht besserwisserisch!
Trotz seiner Zurückhaltung war er allseits beliebt und man achtete ihn! Ließ ihn aber sonst weitgehend in Ruhe.
Seine Ausdauer holte er sich mit langen Radtouren, am Wochenende oder im Urlaub.

-*-
Eines Tages, Ronny hatte gerade die Hälfte seines Tagesziels hinter sich gebracht, sah er sie zum ersten Mal.
Die E-Gym Geräte standen in einem separaten Raum und wurden deshalb von den anderen Sportlern nicht so häufig frequentiert, weil die Nutzung etwas mehr kostete. Heute war er sogar allein, deshalb war er überrascht, über die Blondine, die jetzt den Raum betrat. Sie fesselte seinen Blick, weil er sie noch nie gesehen hatte.
Sie war für eine Frau recht groß, Ronny schätzte sie so auf 1,80 m oder mehr. Schlank, mit einer üppigen Oberweite. Sie trug goldfarben glänzende Leggins und darüber einen schwarzen Einteiler. Ihre vollen Haare hatte sie mit einem Stirnband, wie Jane Fonda in den 70er Jahren, gebändigt.
Tänzelnd marschierte sie zum Ergometer, wohl um sich warm zu machen.
Ronny bedachte sie mit einem kurzen Blick, sagte aber nichts, was ihn etwas irritierte. Höfliche Menschen grüßen im Allgemeinen, wenn sie einen Raum betreten, nicht so diese Frau.
Ronny schätzte sie auf etwa 30 Jahre, vielleicht ein zwei Jahre älter als er selbst.
Da sie ihm aber optisch nicht so gefiel, ließ er sie links liegen und setzte sein Training fort. Irgendwann wurde er wieder auf sie aufmerksam, als sie leise vor sich hin fluchte. Sie versuchte gerade den Sitz des Ergometers auf ihre Größe einzustellen, da der vorherige Nutzer wohl recht groß gewesen war und sie nur im Stehen treten konnte.
Eine Weile hörte er sich ihr Geschimpfe an, doch irgendwann, als er gerade seine Maschine wechseln wollte, ging er zu ihr rüber und fragte höflich: „Soll ich dir helfen?“
Die Blondine schaute kurz auf und zischte ihn dann an: „Habe ich dich um deine Mithilfe gebeten?“
Ronny hob abwehrend die Hände, drehte sich um und murmelte im Weggehen: „Entschuldigung, wollte nur helfen!“
Er nahm sein Training wieder auf und beachtete die unfreundliche Person nicht weiter. Wenig später betraten zwei weitere Sportlerinnen den Raum und begrüßten Ronny freundlich und auch die Blondine wurde von ihnen begrüßt.
Zu seiner Verwunderung bat sie die Beiden ihr zu helfen, was die natürlich sofort taten. So am Rande bekam er mit, dass sie auch über ihn sprachen, konnte aber nicht verstehen, was über ihn gesprochen wurde. Im Grunde war es ihm auch egal. 20 Minuten später war er mit seinem Pensum fertig und als er ging, hob er nur die Hand und sagte: „Tschüss!“  
„Tschüss Ronny!“, sagte die eine von den Neuankömmlingen, von der wusste er, dass sie Lea hieß. Dann war er draußen und machte sich auf den Heimweg.
-*-
Drei Tage später, Ronny hatte gerade seine Leistungskurve etwas angepasst. Als die Blondine zu ihm an die Maschine trat und ihn ansprach:
„Hallo Ronny, ich möchte mich bei dir für mein blödes Verhalten entschuldigen! Es tut mir leid, dass ich deine ernstgemeinte Hilfe nicht angenommen habe. Ich war so verärgert über mich selbst, weil ich den Sattel nicht runter bekam, dass ich dachte du wolltest mich anbaggern. Lea hat mir dann später erzählt, dass du hier im Gym der wohl netteste und hilfsbereiteste Typ bist, den man sich nur wünschen kann! Verzeihst du mir?“
Sie schaute ihn mitleidheischend an, sodass er nicht anders konnte: „Ist schon gut, ich habe gemerkt, dass du im Stress warst!“
Sie schien noch etwas auf dem Herzen zu haben, denn sie druckste vor seiner Maschine rum: „Darf ich dich nachher noch zu einem Kaffee einladen? Ich würde mich sehr freuen, wenn du ja sagst!“, sagte sie schließlich.  
Obgleich die Blondine nicht Ronnys Typ war, sagte er widerstrebend zu.
Eine knappe Stunde später, saßen sie sich in der kleinen Cafeteria des Spa gegenüber.
Da hier Selbstbedienung herrschte, hatte Ronny Gelegenheit sich unauffällig die junge Frau etwas genauer anzusehen, als sie für sie Beide einen Cappuccino vom Tresen holte.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm gewandt, jetzt, nachdem sie sich umgezogen hatte, trug sie eine hautenge Jeans und ein roséfarbenes T-Shirt, was aber nicht weniger figurbetonend war, wie ihr Sportoutfit. Sie war schon eine schöne Frau! Schlank, ihre langen, blonden Haare, die jetzt locker über ihre Schultern fielen, wurden nicht mehr von einem Stirnband gehalten. Sie hatte eine schmale Taille und einen süßen Apfelpo. Unwillkürlich stellte sich Ronny vor, wie er seinen steifen Schwanz zwischen diese Apfelbäckchen schieben würde. Als sie sich jetzt umdrehte und das Tablett vor sich her balancierte, lächelte sie Verständnisvoll, so als wenn sie seine Gedanken erraten hätte. Sie drückte ihren Busen vor, auf den sie besonders stolz zu sein schien, denn ihr Busen sprengte fasst das enge T-Shirt.
Als sie jetzt die Tasse vor Ronny hinstellte, gewährte sie ihm einen tiefen Einblick in ihr Dekolleté und das zog sie bewusst etwas in die Länge, indem sie ihm noch ihren kleinen Kecks auf seine Untertasse legte und ihn dabei zulächelte.
Bei jedem anderen Mann wäre es jetzt wohl eng in der Hose geworden, nicht so bei Ronny. Riesige Titten stießen ihn eher ab!
„Wie heißt du eigentlich?“, fragte er sie, auch um die kleine Pause zu überbrücken, die entstanden war, als sie sich umständlich den Stuhl zurechtgerückt hatte, um so dicht wie möglich neben ihm zu sitzen.
„Ich heiße Michelle!“, sagte sie und legte lächelnd eine Hand auf seinen Oberschenkel. Die Hitze ihrer Hand drang durch seine Trainingshose und zu seiner Überraschung kribbelte es etwas in seinem Schritt.
Ronny schaute ihr in die Augen und entdeckte kleine braune Pünktchen in ihren hellbraunen Pupillen.  
„Du bist hier im Gym scheinbar sehr beliebt!“, hauchte sie und streichelte dabei gedankenverloren seinen Oberschenkel
„Das kann ich nicht beurteilen?“, sagte Ronny. „Ich versuche nur den Sportlern zu helfen, wenn sie neu sind! Viele vergessen einfach die Ratschläge der Einweisung und wie schnell man sich bei falscher Haltung verletzen kann.“
Währen Ronny in seinem Cappuccino rumrührte, strichen Michelles Finger immer näher in Richtung seiner Leistengegend.
Die Gedanken, die er bei dem Anblick ihres Hinterns gehabt hatte und ihre streichelnde Hand, versetzten sein Gemächt doch langsam in helle Aufregung, sodass er ihr seinen Oberschenkel entzog. Dieses Vordringen ihrer Hand war er nicht gewohnt.
Michelle schaute ihn lächelnd an, sie verstand anscheinend was in ihm vor ging. Lea hatte ihr erzählt, dass Ronny sehr zurückhaltend wäre, obgleich er bei seinem Aussehen hier von den Frauen nur so angehimmelt wurde.
„Hast du eigentlich eine Freundin?“, fragte sie so direkt wie es ihre Art war.
„Warum willst du das Wissen?“, fragte Ronny etwas irritiert zurück.
„Weil ich es komisch finden würde, wenn so ein toller Mann keine Freundin hat. Oder bist du schwul?“
„Nein, ich bin nicht schwul! Aber du, du hast doch sicher einen Freund und kannst doch nicht einfach mit einem anderen Mann rumflirten?“
„Wie kommst du drauf, dass ich einen Freund habe?“
Weil so eine attraktive Frau nie allein ist!“
„Du findest mich schön?“, fragte Michelle und man sah ihr an, dass sie sich freute!
„Das habe ich nicht gesagt! Ich finde dich attraktiv, das ist etwas anderes!“ Ronny schaute ihr direkt in die Augen und musste innerlich schmunzeln, weil er sah, dass es hinter Michelles Stirn arbeitete.
„Das verstehe ich nicht?“, kam es dann plötzlich über ihre Lippen. „Wenn jemand attraktiv ist, dann ist er doch auch schön?“
„Nein, nicht unbedingt! Natürlich kann ein Mensch auch attraktiv und gleichzeitig schön sein. Aber die Attraktivität eines anderen Menschen nimmt man unbewusst wahr, das hängt mit der Symmetrie des Körpers zusammen. Einen symmetrischen Körper finden wir einfach attraktiver.
Schönheit ist umfassender!
Schönheit nimmt man bewusst wahr, deshalb ist das auch subjektiv, weil jeder Mensch ein anderes Schönheitsideal hat.
Nachdenklich nippte sie an ihrem Cappuccino und als sie die Tasse abgesetzt hatte, fragte sie erneut: „Und hast du eine Freundin?“
„Nein, ich habe keine Freundin!“, sagte Ronny ruhig.
Wieder landete ihre Hand auf seinem Oberschenkel, dieses Mal aber nur kurz, indem sie sanft hin und her streichelte und dann ihre Hand wieder auf den Tisch legte.
„Ich habe mich gerade von meinem Freund getrennt!“, flüsterte sie leise, sodass es wirklich nur Ronny verstand.
Ronny warf einen Blick auf seine Uhr und meinte dann: „Du ich muss los, habe noch eine Verabredung!“
„Mit einer Frau?“, kam es prompt.
„Ja!“, erwiderte Ronny und als er ihr enttäuschtes Gesicht sah: „Mit meiner Mutter, ich muss für sie noch den Wochenendeinkauf machen!“, fügte er lachend hinzu.
Sie erhoben sich gleichzeitig und in dem engen Treppenhaus, stoppte Michelle plötzlich und küsste ihn: „Ich mag dich, Ronny!“, haucht sie, drehte sich um und ließ einen verdatterten Mann zurück.

-*-

Ronny sah Michelle erst fünf Tage später wieder, er hatte sein Training einmal ausfallen lassen müssen, da seine Mutter krank geworden war und er sie zum Arzt hatte fahren müssen.
Irgendwie kam Michelle ihm verschnupft vor, denn als er sie freundlich begrüßte, reagierte sie etwas zickig. Erwiderte seinen Gruß kaum, trat aber umso mehr in die Pedale.
Er wandte sich ab und begann sein Training, erst als eine andere Sportlerin den Raum verließ, kam Michelle zu ihm rüber und fragte ihn mit etwas gepresster Stimme: „Wo warst du so lange, ich habe dich vermisst?“
Ronny fühlte sich etwas in die Ecke gedrängt, deshalb antwortete er nur kurz. „Ich hatte keine Zeit!“

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