Er blieb noch in der Altstadt, aß Häppchen an diversen Ständen, trank dazu guten Wein, für den die Stadt auch berühmt war. Dann merkte er auf einmal, dass es schon spät und er ziemlich müde war. Der erste Tag war doch recht anstrengend gewesen, aber er hatte ja noch zwei Tage vor sich, um noch mehr zu erleben, noch mehr zu genießen. Er versuchte ein Taxi aufzureiben, das war aber um diese Zeit schwierig und so nahm er den letzten Bus in die Vorstädte. Als er am Hotel ankam, wurden seine ohnehin nicht hohen Erwartungen nochmals gedämpft. Das Hotel „Zur guten Hoffnung“ lag an einer Durchgangsstraße, auf der und sogar noch um diese Zeit der stinkende Verkehr laut und lärmend tobte. Es war ein höchst nichtssagender, stilloser Bau, ein Haus ohne Gesicht, mit einer hässlichen, langweiligen Fassade, eingeklemmt zwischen einem Autohändler und einem Bürohochhaus, das es um das doppelte überragte. Das Ambiente in dieser Gegend konnte man vergessen, es war ein Gewerbegebiet ohne jeglichen Charme. Das Hotel wurde vermutlich vor allem von Geschäftsreisenden frequentiert, auf dem Parkplatz standen jedenfalls ein paar teure Autos, obwohl am nächsten Tag das Wochenende schon begann. So nichtssagend, ja geradezu hässlich das Hotel von außen war, so angenehm und geschmackvoll war es innen. Das Hotel „Zur guten Hoffnung“ hätte durchaus ein Haus sein können, das man sich wünscht, wenn man eine angenehme Nacht in einer fremden Stadt verbringen will oder muss, wenn nicht diese bescheuerte Lage gewesen wäre. Das Foyer war mit gedämpftem Licht beleuchtet, ein paar bunte Polstersessel und eine ausladende Theke mit der Rezeption füllten den Raum. Die Frau, die dahinter stand, schaute ihn prüfend an, als hätte sie jemand anderen erwartet, aber sie war freundlich und zumindest das war ein Lichtblick. „Sie wünschen ein Zimmer? Sie haben angerufen, sagen Sie. Nicht bei mir, wohl bei meiner Kollegin, die hat schon Feierabend, aber ich schaue gerne mal nach.“ Sie studierte ihren Bildschirm lang und ausgiebig, zu lang, fand er. „Eine Nacht?“ „Drei.“ „Wirklich drei Nächte?“ „Ja, ein Einzelzimmer für drei Nächte“ „Ein Einzelzimmer für drei Nächte, das wird schwierig. Ah, ich sehe gerade, wir hatten eine Stornierung, deswegen die Zusage meiner Kollegin. Sie haben Glück, es geht. Bei uns ist eigentlich immer Betrieb, müssen Sie wissen, auch an den Wochenenden, aber dieses ist besonders schlimm, wegen dem Fest, sie wissen ja, obwohl die Festbesucher eigentlich nicht zu uns kommen, aber wenn alles voll ist, was sollen sie machen, dann ist es ihnen egal, in welchem Hotel sie unterkommen und uns kann es nur Recht sein. Ab Montag könnten Sie so viele Zimmer haben, wie Sie wollten.“ Er lachte, sie lächelte und reichte ihm das Formular zum Einchecken, in das er aber nur seinen Namen eintragen und es unterschreiben musste. Dann bekam er eine Karte anstelle eines Schlüssels. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er sich gar nicht nach dem Preis für das Zimmer erkundigt hatte. Die Frau nannte eine Summe, die deutlich höher war, als er erwartet hatte. Sie bemerkte sein Erstaunen, sagte aber nichts und auch er verkniff sich eine Bemerkung, was hatte er denn für eine Wahl. Sein Erstaunen nahm noch zu, als sie ihn bat, ihm seine Kreditkarte zu geben. Sie würde die Daten eingeben, das sei ihr so üblich, aber belastet würde die Karte selbstverständlich erst am Ende seines Aufenthalts. „Ich wünsche Ihnen eine angenehme Zeit in unserem Hause. Ihr Zimmer ist im dritten Stock. Dort drüben ist der Aufzug. Frühstück gibt es ab sieben Uhr im Restaurant, hier im Erdgeschoss. Mittags ist es geschlossen, aber am Abend können Sie hier wirklich gut essen, das sei jedenfalls die Meinung vieler zufriedener Kunden, die immer gerne wiederkämen“.
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