Der Zettel

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Der Zettel

Der Zettel

Yupag Chinasky

„Du gefällst mir. Ich komme in einer Stunde auf dein Zimmer“. Das stand auf dem mehrfach gefalteten Zettel, den ihm die Frau auffallend beiläufig auf den Tisch gelegt hatte, als sie an ihm vorbei, hinaus aus dem Restaurant, hinein in die Dunkelheit des späten Abends ging. Als er, nachdem er ihn entfaltet, überrascht und ungläubig, die wenigen Worte gelesen hatte und wieder aufschaute, hatte sie den Raum schon verlassen.

Was hatte das zu bedeuten, überlegte er. War das so gemeint, wie es da geschrieben stand? Er sollte dieser Frau gefallen? Oder wollte sie ihn reinlegen, einfach nur verarschen?. Warum hatte sie ihn nicht angesprochen? Warum hatte sie nicht gewartet, wie er reagieren würde? Er dachte nach und kam zu keiner Antwort, deswegen überlegte er sich, wann eigentlich diese seltsame Geschichte angefangen hatte. Beim Frühstück? Nein, eigentlich schon früher. Sie hatte mit einem Versäumnis angefangen, dem Versäumnis, sich rechtzeitig um ein Zimmer zu kümmern. Deswegen und nur deswegen war er hier in diesem ziemlich seltsamen Hotel hängen geblieben. Er hätte sich viel lieber ein besseres genommen, eines mit drei oder vier Sternen und einem guten Namen, aber die waren alle ausgebucht. Und nicht nur die, im Zentrum der Stadt war gar nichts mehr frei. Das war eigentlich zu erwarten an einem solchen Wochenende, an dem der Montag auch noch ein Feiertag war. Er hätte es wissen müssen, dass viele Touristen kommen würden, denn die Stadt ist attraktiv mit ihrem Thermalbad, dem Spielcasino und all den anderen attraktiven Einrichtungen für ihre Besucher. Was er vorher nicht gewusst hatte, was er erst merkte, als er auf dem Bahnhof angekommen war, wie immer hatte er die Bahn für solche Städtereisen benutzt, war das jährliche Stadtfest, das immer an diesem langen Wochenende stattfand. Ein Fest mit allerlei zusätzlichen Vergnügungen, mit vielen Marktständen und noch mehr Gelegenheiten zum guten Essen und Trinken, einem Markenzeichen dieser Region und für viele ein Grund, die Stadt zu besuchen. Es herrschte drangvolle Enge in den engen Gassen und auf den kleinen Plätzen der Altstadt. Er war, weiß Gott, nicht der Einzige, der auf die Idee gekommen war, die Stadt gerade jetzt zu besuchen.

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