Der imaginäre Seitensprung

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Der imaginäre Seitensprung

Der imaginäre Seitensprung

Andreas Stehr

Silvia saß an der Flughafenbar und schlürfte gelangweilt einen Cocktail. Sie schaute auf die große Anzeigentafel über den Abfertigungsschaltern und musste missmutig feststellen, dass ihr Flug nach Sidney schon zum zweiten Mal um eine Stunde verschoben wurde. Sie war bei dem Gedanken, dass sie zwölf Stunden im Flugzeug verbringen sollte sowieso nicht begeistert, aber jetzt auch noch die ewige Warterei auf dem Flughafen. Von ihr fast unbemerkt hatte sich ein Mann neben sie an die Bar gesetzt. Erst als er eine ungewöhnliche Drinkmischung bestellte wurde sie aufmerksam und dachte nach, wo ihr diese “Giftmischung“ schon einmal begegnet ist. Plötzlich wurde sie blass, dann rot, ihre Halsschlagader schwoll an und mit einem Ruck drehte sie sich zu dem Mann um und rief:
„ Mark!? Mark, du Halunke! Wo hast du dich herumgetrieben. Als ich dein Spezialrezept für den Drink hörte, unbewusst deine Stimme dazu addierte, schließlich meine grauen Zellen anstrengte, konnte nur eines dabei rauskommen: Mark Long! “
Sie schaute ihm in seine tiefen blauen Augen, die noch etwas ungläubig schauten und plötzlich wie in Erkenntnis einer großen Theorie aufblitzten.
„ Silvia! Mensch, dass ich dich noch einmal in meinem Leben treffen würde, hätte ich nicht gedacht! Als du damals nach Australien gegangen bist und ich in die USA zurückging war ich fest davon überzeugt, dass wir uns nie wiedersehen. Gut siehst du aus! Wie lange haben wir uns nicht gesehen, warte mal. Fünfzehn Jahre? Nein, nein, achtzehn Jahre ist das jetzt her. Und, bist du dem Journalismus treu geblieben oder was treibt dich sonst zurück in die Heimat? “
Silvia hatte kein Auge von ihm gelassen als er auf seine sehr charmante Art und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen erzählte und fragte. Nun gab sie sich einen Ruck und musste erkennen, dass er von seiner Faszienation, die er schon immer auf sie gehabt hatte, nicht eingebüßt hatte und sie voll in seinen Bann zog. Er spürte das und strich ihr unwillkürlich über die Hand, die sie auf der Bar ruhen ließ.

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