Ich werde mich bei dir melden, irgendwann, wenn ich wieder Zeit habe, sagst du mir unverblümt.
Wenn du wieder Zeit für mich hast, werde ich keine mehr für dich haben, antworte ich dir.
Es ist schon lange her, dass wir uns das letzte Mal sahen. Hier in unserem Stammcafé. Deine Unruhe steckte mich förmlich an. Nervös rutschte ich auf dem Stuhl hin und her und schaute dich dennoch hoffnungsvoll an, erwartend, dass du mir erzählst wie es dir geht. Deine Augen, dein Gesicht und dein Körper schwiegen mich einfach nur an, füge ich noch hinzu.
Keine Reaktion von dir.
Damals wußte ich, dass es mir nicht gelingen würde, dich zu fesseln und zu halten. Du würdest mir durch die Finger gleiten wie Wassertropfen. Und aufhalten? Nein, es wäre ein unmögliches Unterfangen, sage ich und nippe an meinem Milchkaffee.
Dein Verhalten spiegelte deine ruhelose Seele wider, denke ich und schaue dich durchdringend an.
Du schweigst immer noch. Verlegen rührst du in deiner Kaffeetasse. Und vor meinem geistigen Auge flimmern Bilder auf, die ich mit gemischten Gefühlen betrachte.
Es ist schon sehr lange her. Du warst erfolgreich als Künstler und hattest ein freundschaftliches Verhältnis zu mir aufgebaut. Oft trafen wir uns in diesem kleinen Bistro und redeten über deine Ausstellungen. Kunst und Weltansicht, das waren primäre Themen für dich. In mir sahst du damals das Mädchen, das dich verehrte, dich in ihren Himmel hob und alles für dich tat. Doch meine Liebe erkanntest du nicht. Für dich war ich eine Muse. Eine Inspiration.
Doch einen letzten Versuch wollte ich starten, dafür liebte ich dich zu sehr um dich kampflos in der Masse zu verlieren. Und so klingelte ich eines Abends an deiner Wohnungstür. Knackend fragte mich die Gegensprechanlage wer ich sei und lächelnd nannte ich meinen Namen. Mit dem Geräusch des Summers öffnete ich die Haustür und ließ mich von der Kühle des Hausflurs empfangen.
Deine Wohnung, mir von vielen Besuchen bekannt, lag im dritten Stock. Langsam nahm ich Stufe für Stufe, die Hürde zu deinem Herzen. Der Mantel klaffte bei jedem Schritt auf und ließ mein nacktes Knie hervor blitzen. Die High-Heels klackerten bei jedem Schritt auf der Marmortreppe.
Deine Haustür stand einen Spalt breit offen, ich drückte sie gänzlich auf und betrat deinen Wohnungsflur. Der Spiegel an der rechten Wand zeigte eine hochgewachsene blonde Frau, mit offenen, lockigem Haar, die in einem grauen Trenchcoat gehüllt die Tür leise schloß.
Aus dem Wohnzimmer hörte ich dich rufen, ich solle meinen Mantel ablegen und herein kommen. Nur zu gerne folgte ich deiner Bitte und hängte meinen grauen Mantel an den Garderobenständer. Mein Spiegelbild zwinkerte mir zu.
Die wenigen Meter durch den Flur zu deinem Wohnzimmer, erschienen mir wie eine Ewigkeit. Leise drang Musik an mein Ohr und deine Frage, was ich trinken wollte. Ein Glas Sekt wäre nicht schlecht, erwiderte ich und stand bereits im Türrahmen.
Ich beobachtete dich wie du von der Stereoanlage zur Bar schlendertest, wie du dein Haar mit einer sanften Bewegung aus dem Gesicht strichst und wie jeder einzelne Muskel unter deinem Shirt in Bewegung geriet. Es war mein letzter Versuch dir zu gefallen. Mein einziger Versuch dir nicht nur als Freundin zu gefallen, sondern dir auch zu zeigen wie sehr ich dich in all den Jahren liebte und jetzt lieben wollte.
Laut knallte der Korken der Sektflasche und lachend hieltst du das Glas unter den gelb perlenden Fluß des Rebensaftes. Deine Augen noch immer nicht aufschauend. Glasklares Lachen und leuchtenden Augen, dachte ich und fragte dich, ob es dir gut ginge. Eine Tirade von deinem letzten Erfolg als anerkannter Künstler brach über mich herein und noch immer schautest du mich nicht an. Statt dessen stelltest du das gefüllte Glas auf den Tresen und schenktest dir selbst, einen Whiskey ein.
Wie lange kennen wir uns, fragte ich dich, dann erst blicktest du hoch und sahst mich - noch immer im Türrahmen stehend.
Das Grün in deinen Augen veränderte sich, deine Anspannung ließ dein Shirt noch enger wirken. Mit offenem Mund starrtest du auf meine Brüste, dir sich dir entgegen reckten.
Ich löste mich vom Türrahmen und verlor meinen einzigen Schutz in deiner Wohnung. Drei Schritte ging ich auf dich zu und drei Schritte kamst du auf mich zu. Wir standen uns lächelnd gegenüber.
Ich sei das Schönste was du jemals in deinem Leben gesehen hättest, brachtest du stotternd hervor, während ich meinen Mut zusammen suchte, dich umarmte, an mich drückte und dir meine Seele überreichte.
Ich spürte noch lange deine Küsse nachwirken.
Wie lange warst du nicht mehr hier, frage ich dich. Schulterzuckend gibst du mir zu verstehen, dass es nach unserer einzigen Nacht nie wieder für dich so erfüllt war, wie damals mit mir. Es beantwortet nicht meine Frage, erwidere ich, zahle unsere Drinks und überlasse dich deinen Gefühlen. Ich verabschiede mich nicht. Ich gehe einfach.
Ich habe dich geliebt, rufst du mir durchs Kaffeehaus hinterher.
Ich frage mich, warum dir das erst nach Jahren einfällt.
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