Die Flugbegleiterin - Kapitel 1

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Die Flugbegleiterin - Kapitel 1

Die Flugbegleiterin - Kapitel 1

Gero Hard

„Raus du miese Schlampe. Lass dich weiter von deinen Sugardaddys aushalten. Verschwinde aus meinem Leben!“, rufe ich ihr hinterher, als ich mit einem lauten Knall, und einem Haufen Wut die Wohnungstür ins Schloss werfe.
Der Stachel in meinem Herzen sitzt tief nachdem ich herausgefunden habe, dass meine langjährige Freundin so etwas wie ein Doppelleben führt. Durch Zufall. Ein Handy liegt im Flur. Meines ist es nicht, und das von Carola, meiner jetzigen Ex, konnte es auch nicht sein. Ihres kannte ich genau. Wie ich es ansehe poppt eine WhatsApp auf dem Sperrbildschirm auf. Von einem Wilfried. „Du warst so geil, wann kann ich dich wiedersehen…“ war der Teil, den ich auf dem Sperrbildschirm lesen konnte. Abends lege ich das Handy vor ihr auf den Tisch und sehe sie an. Ihre Gesichtsfarbe wechselt von Aschfahl auf Knallrot. Sie stottert irgendwas von: das ist nicht meines… gehört einer Freundin…
„Willst du mich eigentlich verarschen?“ fauche ich sie wütend an.
Dann bricht sie in Tränen aus und gesteht mir, dass sie sich für Geld und teuren Geschenke von jungen und alten Männern ficken lässt, und das schon fast ein Jahr lang. Aussehen ist ihr egal, Hauptsache sie haben Geld und sie kann es ihnen aus der Tasche ziehen.
Ich schlafe auf der Couch ohne wirklich ein Auge zuzumachen. Ihre Nähe kann ich nicht ertragen. Jedes Gefühl für sie ist in Sekundenbruchteilen zerstört. Ich empfinde nur noch Hass und Ekel für sie, wie für eine Nutte und im gewissen Sinne ist sie das ja auch.
Am nächsten Tag, als sie auf der Arbeit ist (oder wo /bei wem auch immer), packe ich ihre Sachen in Umzugskartons und stelle sie auf den Hausflur. Na klar endet diese Aktion in einen heftigen Streit an dessen Ende ich sie rauswerfe.
Und nun sitze ich in meinem Wohnzimmer, den Kopf in meinen Händen vergraben und versuche meine Gedanken zu sortieren. In einer Woche wollten wir zusammen in den Urlaub fliegen. An einem der traumhaften Strände, die uns im Reiseprospekt offeriert wurden, wollte ich ihr einen Antrag machen. Und nun? Nur noch Scherben einer Beziehung, die aus ihrer Sicht wohl nie wirklich eine war. Doch für mich war sie DIE Frau. Klug, hübsch, redegewandt, offen, liebevoll und ein Bündel der Erotik. Alles aus und vorbei.
Ich stehe am Check In des „neuen“ BER, der ja im Grunde schon wieder alt ist. Dennoch riecht alles neu und unbenutzt. Auch der Tresen, an dem eine nette junge Dame gerade mein Ticket abarbeitet und mein Gepäck wiegt, weist noch keinerlei Schrammen oder sonstige Beschädigungen auf.
2Stunden später sitze ich am Fenster einer Boing, die Kurs Süden nimmt, nachdem sie den Beton der Landebahn unter ihr verlassen hat. Mit Kopfhörern in den Ohren und meinem Tablett in der Hand, lasse ich mich mit leiser Musik berieseln und lese dabei auf einem einschlägigen Portal erotische Geschichten. Nicht die kurzen, in denen man sich trifft, sofort hart fickt, und sich danach nie wieder sieht. Nein, mein Genre sind die romantischen mit einer Geschichte, in der es zwar auch zur Sache geht, aber trotzdem nicht unnötig vulgär aufgemotzt sind. Aus den Augenwinkeln nehme ich einen blauen Rock und schlanke Waden wahr, die neben einem der üblichen Transportwagen für Getränke stehen. Ich ziehe die Stöpsel aus den Ohren und blicke nach oben. In dem Augenblick als ich in ihr Gesicht sehe bringe ich kein Wort heraus. Dabei wäre es eigentlich so einfach gewesen.
„Für mich ein Wasser bitte.“ So oder ähnlich würde es normalerweise gehen können. Und ich? Ich bringe nur ein: „Äähhmm… also ... Wasser...“ heraus.
„Mit oder ohne Kohlensäure?“
Ihre Stimme ist so zart und lieblich und schafft den Weg über mein Ohr direkt in mein Herz. Ich bin sofort fasziniert von ihr, obwohl ich bisher nur ihr Gesicht und ihre Waden gesehen habe.
„Ohne“ mehr bekomme ich nicht raus. Die Hitze in meinem Gesicht verrät mir, dass ich knallrot sein muss. „Danke.“ Murmele ich verlegen und nehme die Plastikflasche entgegen, die sie mir mit einem atemberaubenden Lächeln reicht.
Ihre schneeweißen Zähne fallen mir auf. Sie blitzen wie Scheinwerfer zwischen ihren rot geschminkten Lippen her. Sie sieht mich an, zwinkert mir mit einem Auge zu und schiebt ihre Minibar weiter.
Gibt es Liebe auf den ersten Blick? Wenn ja, dann muss es sich so, oder zumindest sehr ähnlich anfühlen. Vielleicht durch die gelesene Geschichte angeregt, fühle ich ein Kribbeln im Bauch. Der Flug ist noch lang, vielleicht kommt sie nochmal vorbei. Kopfhörer wieder rein und weiterlesen.
„Schlag sie dir aus dem Kopf. Wenn der Flug vorbei ist, ist sie weg. Außerdem könnte sie tausend andere haben.“, denke ich so in mich hinein, wobei sich ein Gefühl von Enttäuschung in mir ausbreitet. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein. Nach der Trennung von Carola gab es viel zu regeln und erklären. Freunde und Verwandte riefen an und drückten ihr Bedauern aus. Auf der Arbeit war ebenfalls viel Stress angesagt. Darüber war ich irgendwie froh, denn es lenkte mich von der Trennung ab. Und nicht zuletzt die kurze Nacht vor dem Abflug. All das hatte mir viel abverlangt und fordert nun seinen Tribut. Ich schrecke hoch als mich eine Hand an der Schulter rüttelt.
„Na da ist aber jemand müde. Anschnallen bitte, wir landen in gleich.“
Leicht gebeugt steht die Stewardess da und sieht mich an. Ich kann ihren betörenden Duft riechen.
„Ja, der Urlaub kommt genau richtig.“, erkläre ich verschlafen zurück. Und schon ist sie wieder weg.
Unfassbar was es für zauberhafte Wesen auf dieser Erde gibt. Und ausgerechnet ich gerate an so eine Schlampe,
schimpfe ich mit mir selbst.
„Schönen Urlaub.“ flüstert sie mir zu, als ich an ihr vorbei die Gangway herabsteigen will. Kurz bleibe ich stehen, sehe ihr in die Augen.
„Danke. Vielleicht bis in 10 Tagen.“
„Vielleicht.“ antwortet sie hoffnungsvoll.
Es dauert ewig, bis meine Koffer auf dem Transportband auftauchen. Der Zoll lässt mich in Ruhe und ohne nähere Kontrolle passieren. Der Shuttlebus ist schnell entdeckt und mein Sitzplatz darin bald eingenommen. Ich freue mich auf diesen Urlaub. Ich habe ihn mir redlich verdient. Nur kurz flammt die Erinnerung in mir auf, dass wir diesen Urlaub eigentlich zu zweit erleben wollten. Einen echten Traumurlaub auf den Malediven, 5 Sterne in einem tollen Zimmer, mit allem erdenklichen Luxus. Im Nachhinein möchte ich gar nicht wissen, woher - oder sollte ich besser sagen „von wem“ - Carola das Geld für ihren Anteil der Reise hatte. Für wen und/oder wie oft sie dafür ihre schlanken langen Beine breit gemacht hatte. Ein Anflug von Ekel erfasst und schüttelt mich. Ich könnte im Strahl kotzen, wenn ich daran denke. Wie oft mag sie wohl aus einem fremden Bett, frisch besamt, zu mir in mein Bett gestiegen sein. Waren es immer die Momente, in denen sie Unterleibs- oder Kopfschmerzen vorschob, um nicht von mir angefasst oder gar liebkost zu werden? Einfach widerlich, abartig und kaltherzig.

****

Das Hotel ist schon ein Traum für sich. Mit offenem Mund bestaune ich den Prunk überall. Alles ist sehr edel in warmen Farbtönen gestaltet. Mit viel Liebe zum Detail. Die Bilder im Prospekt sind also alle echt. Nichts ist beschönigt, nehme ich mit einem Grinsen im Gesicht zur Kenntnis. Im Haupthaus befindet sich nur die Rezeption, die Hotelbar, die Essenräume und der Spa-Bereich.
Gebucht hatte ich eine dieser Hütten, die wie Pfahlbauten weit in das Meer hinaus gebaut waren. 10 oder 12 davon standen in einer Reihe nebeneinander…. einfach perfekt und überwältigend. Wobei der Begriff Hütte die Unterbringung nicht annähernd richtig beschreibt. Eigentlich sind es zweianeinander gebaute Hütten, einer abgeschirmten Veranda mit Liegebereich. Mein Gepäck wird von einem Hotelpagen in meine Hütte gebracht. Es ist die Äußere ganz links in der Reihe. Sie ist groß mit einem üppigen Doppelbett in der Mitte, das Bad mit einer großen Dusche und einer Badewanne mit Sprudeldüsen und farbigen Lichtern ausgestattet. Wenn man auf der Veranda steht hat man das Gefühl mitten auf dem Meer zu stehen, mit einem traumhaften Blick auf das türkisfarbene Wasser, dem Strand mit seinem fast weißen Sand, den Palmen und einer traumhaften Anlage rund um das Hotel. Auspacken kann ich später, erstmal zurück in das Haupthaus und alles erkunden und einen Drink nehmen.
Kaum betrete ich die Empfangshalle erstarre ich zur Salzsäule. Da steht „meine“ Flugbegleiterin an der Rezeption und streitet lautstark mit dem Concierge. Doch nicht laut genug für mich, um jedes Wort zu verstehen, was sich die beiden gegenseitig an den Kopf werfen. Ich höre nur Wortfetzen wie: Tut mir leid… überbucht… Fehler bei der Reservierung… kein Zimmer mehr… Ich nähere mich langsam der Situation.
„Entschuldigung, kann ich helfen?“
„Was wollen sie den helfen, bringen sie mich etwa zurück zum Flughafen?“, blickt sie mit wütend an.
„Äähhmm, nein, Entschuldigung.“ drehe mich um und suche einen Platz an der Hotelbar, von dem aus ich einen guten Blick auf die Rezeption habe.
Der Streit zwischen den Zweien wir lauter. Nach kurzer Zeit kommt ein weiterer Mann dazu, offensichtlich der Manager des Hotels. Er schafft es eine ruhigere Diskussion zu führen, auf die bereits viele andere Hotelgäste aufmerksam geworden sind.
„Scheisse verdammte, was mache ich denn jetzt?“ flucht die Stewardess, als sie die Hotelbar betritt.
Sie setzt sich neben mich und bestellt sich einen Mojito.
„So schlimm?“, versuche ich das Gespräch zu eröffnen.
„Was wollen sie denn?“, erst jetzt sieht sie mich an. Augenblicklich erhellt sich ihre Mine.
„Sie sind der Gast von meinem Herflug vorhin. Bitte entschuldigen sie, dass ich sie so angefahren habe. Sie können ja nichts dafür.“
„Wofür kann ich nichts?“, frage ich sofort zurück.
„Ich habe eigentlich auch Urlaub und hatte meinen Flug gleichzeitig als Anreise genutzt. Allerdings musste ich erst die Maschine übergeben, deshalb konnte ich nicht mit dem Shuttle hierher fahren. Und nun haben die Penner meine Buchung verkackt und kein Zimmer mehr frei. Überbucht oder sowas. Zu allem Überfluss komme ich heute nicht mehr zum Flughafen, es fährt kein Bus mehr.“
Ihr Kopf fällt auf ihre verschränkten Unterarme, die sie auf dem Tresen abgelegt hatte. Ich höre sie schluchzen. Beruhigend lege ich eine Hand zwischen ihre Schulterblätter. Keine Ahnung woher ich den Mut dazu habe.
„Abwarten, vielleicht findet das Management ja doch noch eine Lösung.“
„Ich habe wenig Hoffnung, dann fliege ich morgen eben wieder zurück.“, dreht sie ihren Kopf zu mir.
Wenn sie möchten, kommen sie einfach mit auf mein Zimmer, dann sind sie nicht allein. Ich muss noch auspacken. Und danach lade ich sie zum Essen ein, Deal?“
Eine Weile sieht sie mich wortlos an. Ihre braunen Augen rasen unruhig auf meinem Gesicht hin und her. Es scheint, als würde sie etwas Hinterhältiges oder Lüsternes in meinem Gesichtsausdruck suchen. Aber sie findet nichts, denn wenige Augenblicke antwortet sie: “Deal.“
Ich lasse unsere Drinks auf meine Zimmernummer schreiben. Sie nimmt ihre kleine Bordtasche in die Hand. Ich vermute darin ihre Wertsachen, die sie nicht unbeobachtet in der Lobby zurücklassen möchte.
Als wir die Hütte erreichen flüstert sie: „Wow ist das schön hier.“ Staunend schaut sie sich alles an, wobei sich die eine oder andere Träne in ihren Augen sammelt. Natürlich ist sie traurig. Wäre ich auch, wenn ich mich auf meinen Urlaub freuen würde und dann so ein Desaster erleben würde.
Während ich meine Sachen in den Schrank räume sitzt sie auf dem Bett und beobachtet mich. Ich spüre ihre Blicke genau, wie man es doch immer mit dem 6.Sinn spürt, wann man angesehen wird. Der Weg ihrer Augen hinterlässt eine brennende Spur auf meiner Haut.
„Ich heiße übrigens Katharina, Katharina Neumann. Leute die ich mag dürfen mich Kathi nennen.“, unterbricht sie die Stille.
„Und ich bin Tobias Rolfes, kurz Tobi.“, antworte ich ihr, während ich die letzte Wäsche auf einem Regalbrett im Schrank verstaue.
„Und Katharina, den ersten Schock überwunden?“
„Kathi“, unterbricht sie mich.
„Also Kathi, ok. Geht’s langsam wieder?“
„Ich bin unglaublich sauer, wütend und enttäuscht. Ich hatte mich so auf diesen Urlaub gefreut. Es ist so schön hier. Und nun muss ich morgen wieder zurückfliegen, nach Berlin, in den Alltag. “
„Ja das verstehe ich, würde mir auch alles verhageln.“
„Darf ich eben dein Bad benutzen um mich etwas frisch zu machen?“ fragt sie.
Ohne eine Antwort zeige ich ihr das Bad und schließe brav hinter ihr die Tür. Schon kurze Zeit später höre ich das Wasser rauschen. Es dauert fast 20 Minuten bis sie wieder in meinem „Schlafzimmer“ steht. Ihre langen braunen Haare hängen noch etwas nass bis auf ihre Schultern. Die Uniform der Airline hat sie gegen eine enge Jeansshorts und eine Bluse, die sie unterhalb ihrer Brüste zusammengeknotet hat, getauscht. Vor mir steht eine bildschöne etwa 40jährige Frau, etwa 1,75 groß und schlank. Nicht zu schlank, kleines Pölsterchen auf ihrem ansonsten flachen Bauch sind zu erkennen. Ihre Brüste, mittelgroß, werden von einem BH in perfekter Form gehalten. Endlos lange, schlanke Beine – na klar, sie schafft sicher einige Schritte am Tag – die in einen süßen flachen Hintern enden. Mein Puls wird merklich schneller.
„Was ist, siehst du Geister?“, fragt sie mich mit einem verschmitzten Lächeln.
„Nein einen Engel.“
Au weia, habe ich das gerade laut gesagt? Ich erwarte ein Donnerwetter von ihr, während eine ziemliche Röte meine Wangen überzieht. Etwas wie: Frechheit… was fällt dir ein… was glaubst du wer du bist… Stattdessen kommt: „Danke, das hast du schön gesagt.“
Plötzlich ist sie zum vertrauten „DU“ gewechselt und hauchte mir einen leichten Kuss auf die Wange. Den Spielball fange ich gerne auf.

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