Wobei … die Arme sind von den Handgelenken bis zu den Schultern tätowiert, was nicht Karins Ding ist. Auch Harald steht nicht so darauf, aber zu ihr passt es, denkt er bei sich.
Den freundlichen Gruß der Frau noch in den Ohren, setzt sich Harald wieder an die Spitze und ohne es bewusst zu bemerken wird er immer schneller.
„Naaa, die Frau zieht wohl?“, kommt es nach einer Weile keuchend von hinten.
Erschrocken nimmt Harald Tempo raus, doch bevor er eine Ausrede stammeln kann bittet Karin um eine Trinkpause.
Eine überdachte Sitzgruppe am Wegesrand der beliebten Radstrecke bietet sich dazu an und so entschwindet das „Zug-Rad“ in der Ferne.
Über eine Stunde später erreichen sie das Hotel mit angegliedertem Hostel, in dem sie für die Nacht gebucht haben. Erfreut stellt Karin fest, dass sie allein in dem zehn Bettenzimmer schlafen werden. Mit ihren fast sechzig Jahren fühlt sie sich manchmal fehl am Platz unter den oft jüngeren Radlern.
Wenig später sind sie geduscht und auch Karin fühlt sich danach neu belebt. Sie gehen in den Gastraum, denn auch wenn sie auf dieser Tour preiswerte Übernachtungen nutzen, früh und abends muss etwas Vernünftiges in den Magen. Gut, früh ist wichtiger, die Abendmahlzeit haben sie schon mal ausgelassen.
Noch während des Essens betritt die tätowierte Radlerin den Gastraum und setzt sich unweit von ihnen an einen Tisch. Harald und Karin grüßen, doch sie erkennt die beiden wegen des veränderten Outfits und der fehlenden Radfahrerhelme nicht.
Nach dem Essen und einem Glas Bier hat Karin ein dringendes Bedürfnis und sucht das Sitzungszimmer auf. Die Frau hat ihre Abendmahlzeit auch beendet und Harald entschließt sich, sie anzusprechen.
Erst da leuchtet das Erkennen in ihrem Gesicht auf und sie setzt sich zu ihm. Eine angenehme Plauderei schließt sich an, an der ein wenig später auch Karin teilhat.
Erst als die Gaststätte schließt, trennen sie sich. Die fremde Frau begibt sich in ihr Hotelzimmer und die beiden in das Hostel-Zimmer.
Karin hat Mühe einzuschlafen. Sie macht sich wieder einmal Gedanken. Weiß sie doch, wie sehr sich ihr Mann nach Sex sehnt, während sie kaum noch das Bedürfnis danach verspürt.
Harald akzeptiert das, bemüht sich dennoch immer wieder zu zeigen, dass er sie in jeder Form begehrt. Weil es aber kein Erlebnis für ihn ist, wenn sie sich hingibt, ohne Lust zu verspüren, gibt es inzwischen eine Vereinbarung. Er darf seine Bedürfnisse auch anderweitig stillen, doch nur so, dass sie es nicht merkt.
Deutlich hat Karin an diesem Abend gespürt, dass die fremde Frau in Haralds Schema fällt und die Chemie zwischen beiden passte. Hätte sie Harald Raum geben sollen? Dann hätte sie aber gewusst, was passiert und die Frau auch noch gekannt. Es würde an ihr nagen, das weiß sie, aber es nagt auch an ihr, dass Harald etwas fehlt.
Ein Dilemma, das Karin Kopfschmerzen bereitet.
Harald hat längst Schlaf gefunden, als sich Karin immer noch in ihrem Hamsterrad dreht.
‚Jetzt ist er weg, zu ihr ins Zimmer‘, schießt es Karin durch den Kopf, als sie in der Nacht erwacht.
Die Radtour
Sehnsüchte, Träume und Gelegenheiten: Teil1
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