Die Sammlung

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Mara Lamar

Abendsonne lag über der Terrasse. Der Verkehr des Boulevards umspülte diese kleine Insel. Er hatte einen Platz am Rande der Terrasse gewählt. Hier hatte er sich mit dem jungen Mann verabredet. Sein Plan war gefasst. Seitdem er die Frau das erste Mal gesehen hatte, hatte ihn dieser Gedanken verfolgt. Sie war jung, vielleicht Anfang zwanzig. Sie war ihm damals sofort aufgefallen. Ihre blonden, langen Haare schimmerten damals im Abendlicht. Ihr Minirock und die rote Lederjacke waren ihm ins Auge gefallen. Sie war eine hübsche junge Frau. Aber es gab viele hübsche junge Frauen. Warum war diese etwas besonders? Erst langsam kam er dahinter, was ihn damals an ihr fasziniert hatte. Er dachte daran, wie sie vor einem Geschäft ins Fenster geschaut und ihre Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte. Es wirkte so ernst. Diese Geste hatte ihn erregt. Sie war von der Metro gekommen. Sie war Studentin. Das wusste er jetzt. Damals war sie von einer ihrer Vorlesungen gekommen.
Er hatte sie verfolgt, war hinter ihr hergegangen, hatte sich heimlich in ihr Leben geschlichen. Als er dem jungen Mann gegenüber saß, musste er lächeln. Jeder Zweifel, jede Unsicherheit waren in diesem Augenblick wie weggeblasen. Er war nervös gewesen. Doch nun war das alles Vergangenheit. Nur noch sein Plan zählte. Er würde diesem Burschen sein Vorhaben in jedem Detail schildern. Und er war gespannt auf die Reaktion. Sein Blick hing auf dem jungen Mann. Er war sich sicher, er würde anbeißen. Er lächelte, nippte kurz an seinem Aperitif und legte einen gut gefüllten Umschlag vor den Jungen. Dann erzählte er ohne jedes äußerliche Anzeichen von Anspannung und Erregung von seinen Wünschen. Im Nachhinein musste er lächeln. Natürlich war er sich damals seiner Wirkung sicher.

Der Junge war das schwache Glied. Es hing alles davon ab, wie sehr er sie liebte. Es war ein kurzes Treffen gewesen. Er hatte eigentlich nicht viel zu sagen. Danach ging er zurück zu seiner Wohnung und entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten schaute er sich diesen Abend nicht die Bilder an, die er in den letzten Wochen von ihr gemacht hatte. Er spürte seine Erregung, doch er gab ihr nicht nach. Sein Plan nahm Gestalt an. Nun würde er nicht länger vor den Bildern sitzen. Er wartete auf den Anruf des Jungen. Er würde sich gedulden. Jetzt wo sein Plan kurz vor der Vollendung stand, würde er keine Ungeduld zeigen. Der richtige Moment würde kommen. Dann wäre seine Stunde gekommen. Es war nicht schwierig gewesen sie zu verfolgen. Er hatte sie bis zu ihrer Wohnung verfolgt, ein runtergekommenes Haus in deiner Nebenstraße der Boulevards. In den kommenden Tagen hatte er sie akribisch beobachtet, ihren Lebensrhythmus kennen gelernt. Diese Phase faszinierte ihn am stärksten. Es war nicht schwer gewesen, auf den jungen Mann zu stoßen. Eines Tages hatte sie ihn mit nach Hause gebracht. Leidenschaftlich hatten sie sich umarmt und geküsst. Der Mann war das schwache Glied in der Kette. Er hatte ihn einfach angesprochen und so war es zu dem Treffen gekommen. Er erinnerte sich noch an den Geruch in der Wohnung. Die Frau benutzte ein süßliches Parfüm. Es passte nicht zu ihr. Das konnte er mit Gewissheit sagen.

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