Drei Frauen

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Drei Frauen

Drei Frauen

Anita Isiris

Sag es mir – ich werde es vergessen
Zeig es mir – ich werde mich daran erinnern
Beteilige mich – ich werde es verstehen
Besorg es mir – ich werde mich in Dich verlieben

Britta war schon immer ein wenig extravagant gewesen. Sie trug ausschliesslich second-hand-Klamotten – aber natürlich nicht irgendwelche. Immer fiel ihr ein teurer, feiner und bunter Stoff über die rundlichen Hüften. Britta hätte Bauchtänzerin werden sollen. Sie bewegte sich trotz ihrer Körperfülle sehr anmutig, und wenn wir Liebe machten, die Britta und ich, war ich immer wieder überrascht, was sie dank ihrer Beweglichkeit alles anstellen konnte. Sie war eine Art Schlangenmensch und konnte Agnes und mich umschlingen, als wäre sie eine Boa Constrictor. Agnes war die Dritte im Bund. Wir waren im wahrsten Sinne des Wortes Busenfreundinnen, die Britta, die Agnes und ich. Sie waren überzeugte Lesben, ich bi. Aber ich genoss das duftende, weiche, warme Fleisch meiner beiden Freundinnen, und, oh, wie ich es liebte, ihre Zungen an und in mir zu spüren. Wenn wir uns massierten, war das, als ob die Sonne aufginge. Wir kannten gegenseitig unsere geheimsten und empfindlichsten Plätzchen, und haben uns einst, in der Toscana, einen ganzen Sommer lang gierig erkundet, wenn es kühl wurde über den colline und den chiese. Wir hatten uns dort an einem Töpferkurs kennen gelernt. Lesbische Frauen senden Signale aus, das ist nicht neu. Und ich empfing diese Signale sofort, im kühlen Weinkeller eines Klosters, beim Degustieren.
ann kam Brittas Einladung. Ich war sogleich freudig erregt. Ich wusste, dass sie irgendwo im Emmental hauste. Das Emmental ist eine Schweizer Hügellandschaft im Berner Mittelland. Sie besteht aus den Einzugsgebieten der Emme und der Ilfis vom Hohgant bis Burgdorf, aus dem Amtsbezirk Konolfingen und dem Unteremmental von Burgdorf bis zur solothurnischen Kantonsgrenze. Die grössten Ortschaften sind Burgdorf, Langnau und Huttwil. Das Landschaftsbild ist von Wiesen und Weiden geprägt. Viele Hügel sind weitgehend mit Nadelwald bedeckt. Am Rand einer dieser Nadelwälder, bei der Schaufelbühl-Egg, wohnte Britta in einem uralten Bauernhaus. Sie hatte das Gehöft günstig erwerben können, sich aber verpflichten müssen, einen Strom- und Wasserzugang zu finanzieren, was ihr im Nachhinein beinahe das Genick gebrochen hätte. Jahrzehntelang hatte der weitläufige Hof einem einsamen Bauern gehört, den man eines Morgens tot am Küchentisch aufgefunden hatte, mit dem Gesicht in einem Suppenteller aus Keramik.

Einen ganzen Monat lang hatte das Haus mit den umliegenden Gebäuden entrümpelt werden müssen. Der alte Fritz war ein Messie gewesen und hatte selbst löchrige Socken aufbewahrt, wohl in der Hoffnung, dass er doch noch eine Frau finden würde, die sie ihm reparieren könnte. Im Dorf zu reden gegeben hatten auch die Dutzende von Pornoheften und die fünf Gewehre, die man bei ihm sichergestellt hatte.

Als Britta den Hof dann bezog, mit ihrer damaligen Liebhaberin, wandelte sich das Gehöft aber rasch zu einer Oase. Mit zwei Lastwagen hatten die beiden Frauen an Stelle von Kies geschliffene bunte Glassplitter herankarren lassen, die nun die zahlreichen kleinen Gartenwege aufglitzern liessen. Nicht weniger als drei Feuerstellen gab es da, so konnten mehrere Einladungen gleichzeitig stattfinden. Bei jeder dieser Stellen war sorgsam Holz aufgeschichtet; Britta verbrachte den ganzen Tag mit Räumen, Reinigen, Jäten, Holzhacken und dergleichen. Wie sie ihr Geld verdiente, war der hart arbeitenden Agnes und mir stets schleierhaft geblieben.

„Einladung zur Sesselparty“, las ich da, und, als Untertitel, „Summer Dream“. Ich sagte sofort zu. Mir wurde gleich warm ums Herz, als ich am Handy Brittas Stimme vernahm. „Unsere kleine Agnes kommt auch, ey!“, sagte sie, und ihre Stimme strahlte so, wie bei andern Frauen die Augen. Britta bebte vor Lebenslust und freute sich offensichtlich auf uns. „Nö, mitbringen musst Du gar nichts“, versicherte sie mir. „Nur… na ja.“ Sie räusperte sich. „Es gibt da bloss einen Dresscode. Sommerrock. Untendrunter nichts.“

Typisch Britta. Da war immer auch gleich dieses körperliche Verlangen. Ich tat mich nicht schwer, im Sommer ohne Unterwäsche rumzulaufen.

In Burgdorf parkte ich beim kleinen Bahnhof und suchte das Gelände nach Agnes ab. Wie schön sie war! Fast hätte ich sie nicht erkannt. Sie hatte ihr Haar wachsen lassen; dunkle Locken perlten in ihre Stirn. Sie hatte etwas von einer Zigeunerin, der Eindruck wurde durch ihren lila Rock mit den Naturornamenten noch verstärkt. Ich schämte mich fast ein wenig für mein Wissen, dass sie drunter nackt war – genau wie ich. Ich trug ein einfaches H & M-Sommerkleid, und ein bescheiden wirkendes, aber teures Collier. Wir fielen uns in die Arme, und der vertraute Duft meiner Freundin liess mein Blut in Vorfreude aufwallen. Agnes war eine so genannte konvertierte Lesbe. Über zehn Jahre ihres Lebens hatte sie mit dem falschen Mann verbracht, einem ewigen Studenten, der ihr schliesslich Zwillinge überlassen hatte, Luna und Stefania, zwei süsse Mädchen zwar, aber sie laugten ihre Mama aus. Wie bereits erwähnt, arbeitete Agnes hart als Krankenschwester in einem Pflegeheim und investierte ihre gesamte Freizeit in die beiden Töchter. Die unregelmässige Arbeitszeit verschaffte ihr ein bisschen Lebensraum; etwa wenn sie vom Nachtdienst um 07:00 Uhr nach Hause kam und ihre Kinder erst zwei Stunden später bei der Nachbarin abholen musste, wo sie übernachtet hatten. Diese zwei Stunden waren für Agnes Gold wert. Sie duschte, machte sich einen Kaffee und widmete sich ihrem liebsten Hobby, dem Schreiben. Agnes schrieb seit fünf Jahren an einem Roman, den sie immer wieder überarbeitete und der erst dreissig Seiten umfasste. „Irgendwann“, sagte sie immer mit leuchtenden Augen. „Irgendwann bin ich dann so weit und die Welt liest mich.“
Wir nahmen also den Weg zu unserem Ziel unter die Räder, den Weg zur Schaufelbühl-Egg. Das Haus war nicht leicht zu finden; wir spulten mehrere Kilometer auf ungeteerten Strässchen ab, kamen an satten, opulenten Höfen mit breiten Dächern vorbei und wären beinahe in einem Misthaufen stecken geblieben, den ich übersehen hatte. Meinem winzigen roten Subaru wäre das durchaus zuzutrauen gewesen, das Steckenbleiben im Mist. Dann kam uns Britta entgegen, frisch wie ein Sommerwind. Das Blondhaar hatte sie hochgesteckt, trug ein ärmelloses Kleid in beiger Grundfarbe und war barfuss unterwegs. Sie wirkte wie der Protoyp der Naturfrau, die sie ja auch war. Wir hielten uns lange in den Armen, länger, als dies unter normalen Freundinnen so üblich ist. Wir wollten einander spüren durch und durch. Britta küsste mich zärtlich auf den Hals; trotz der sengenden Hitze empfand ich das als angenehm und kühlend. Wir folgten ihr zu einem Gebäude, das eigentlich nicht von dieser Welt sein kann. Alles wirkte so, als wäre die Zeit vor über 200 Jahren stehen geblieben. Da war ein gigantischer Karren mit eingerosteten Kufen. Er stand quer im Weg, so, als wäre er das Kunstwerk aller Kunstwerke. Schnatternd rannten uns drei Gänse entgegen und scheuchten zwei junge Katzen auf, die auf einem kleinen Heuhaufen gerade ihr Nickerchen gemacht hatten. An einem einfachen Gartentisch, der bloss aus zwei ungehobelten Brettern bestand, servierte uns Britta griechischen Schafskäse „zu Ehren von Anita“, wie sie sagte, Oliven, Salami und Apfelwein. „Emmentaler Salami“, sagte sie bedeutsam. Ein angenehm kühler Wind strich durch unser Haar und wir tauschten gut gelaunt die Erlebnisse der letzten Monate aus. Britta wurde allmählich zur Selbstversorgerin, Agnes erzählte glücklich von den Entwicklungsschritten ihrer Kinder, nur mein Leben verlief in jenem Moment eher ereignislos. Ich erzählte mal wieder, was man als Bibliothekarin so macht und dass ich neulich eine süsse kleine Bar entdeckt hatte, mit einem Vorplatz mit Palmen und Liegestühlen – mitten in der Stadt.

Noch immer hatte uns Britta nicht verraten, weshalb sie uns hatte herkommen lassen. „Es geht um eine Erfindung“, sagte sie geheimnisvoll, so, als hätte sie unsere Gedanken lesen können. Sie stand auf. „Folgt mir“, sagte sie leise und ging mit wogenden Hüften ums Haus. Zwischen ca. 180 cm hohen Gartenmauern standen drei brandneue, etwas technoid aber doch bequem wirkende Sessel. Die Überzüge waren in altrosa gehalten. An die Steinwände waren Sprüche gemalt:

Mehr zu knutschen als zu reden, solches lehrt’ schon die Natur
Sie versah uns mit zwei Brüsten, doch mit einem Munde nur

oder

Sag es mir – ich werde es vergessen
Zeig es mir – ich werde mich daran erinnern
Beteilige mich – ich werde es verstehen
Besorg es mir – ich werde mich in Dich verlieben

„Meine Liebeslaube“, sagte Britta stolz. „Macht es Euch doch schon mal bequem“. Es war angenehm kühl; nicht mal die Sommerhitze fand den Weg in diese diskrete, intime, kleine Ecke der Welt. Was Agnes und mir sofort auffiel, war das kreisrunde, ca. 7 cm breite Loch in der Sitzfläche unserer Sessel. Wir sahen uns wortlos an, rafften unsere Röcke und machten es uns gemütlich. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich sehen, dass Agnes die Stelle, an der ihre Beine zusammentrafen, noch immer nicht rasiert hatte. Die Rasur der weiblichen Intimbehaarung, der Beine, der Achseln und des Bauchs war schon in der Toscana ein heftig diskutiertes Thema gewesen. „Habt Euch doch nicht so“, hatte Agnes gesagt. „Aus irgendeinem Grund hat uns die Göttin, Schöpferin, so geschaffen, wie wir sind.“ „Göttin, Schöpferin“ waren die ersten und letzten religiösen Worte gewesen, die ich jemals von Agnes vernommen hatte. Ich erinnerte mich nun daran und musste lächeln. Britta entschuldigte sich kurz, kehrte mit einem sizilianischen Tablett zurück, auf dem drei liebevoll hergerichtete Prosecco-Gläser standen, und fläzte sich auf den leeren Sessel. „Schön, nicht?“, seufzte sie. „Also, meine Lieben“, sagte sie. „Ich bin eine Lesben-Messe am planen, hier im Emmental. Es soll keine Tabus geben. Hier wimmelt es von Frauen, die mit Frauen Beziehungen eingehen, man würde das gar nie vermuten. Daneben“, sagte sie mit zynischem Unterton, „daneben darben die Bauern einsam vor sich hin und wünschen sich arbeitsame Frauen, die sich, ohne dass das offiziell bekannt ist, miteinander vergnügen.“

Wir schauten sie fragend an. „Ihr beide seid nun meine Test-Erdbeeren. Meine Test-Schneewittchen sozusagen. Falls die Sessel, auf denen Ihr sitzt, ein Renner werden, steigt hier auf der Schaufelbühl-Egg ein unvergessliches Spätsommerfest für Euch.“ „Aha“, sagte Agnes und ihre Augen weiteten sich. Sie wirkte, als hätte sie soeben Drogen zu sich genommen. „Ahaaaah…“. Sie schloss die Augen; ihr geöffneter, verlangender Mund sehnte sich nach Erfüllung. „Nimm einfach den Arm von der Lehne“, lachte Britta. Was ging da vor sich? Dann war auch mir klar, was es mit den Sesseln auf sich hatte. In die rechte Armlehne war ein Commander eingelassen, der aus mehreren mattweissen Knöpfen bestand. Jetzt wusste ich auch, wodurch das technoide Design der Luxussessel zustande kam. Die Knöpfe waren mit Pfeilen und weiteren Symbolen versehen, und Agnes hatte wohl zufällig einen der Knöpfe berührt. Durch das Loch in der Sitzfläche hatte sich ein hautfreundliches, pralles Ding emporgeschoben, langsam, abwartend. Das hautfreundliche, pralle Ding war in Agnes eingedrungen. Möglicherweise war sie schon vorher feucht gewesen, in freudiger Erwartung der Dinge, die da auf sie zu kommen sollten, unter dem Abendhimmel auf der Schaufelbühl-Egg. „Verdammt…“, keuchte sie. Das Ding hatte sich aus ihr zurückgezogen, in dem Moment, wo sie die Armlehne freigab. „Bei Dir scheint es zu funktionieren, hm, Süsse“, sagte Britta leise und beschrieb uns die wesentlichen Funktionen des Wunderdings. „Im Grunde handelt es sich um ein hydraulisches System“, sagte sie, „aber ich will Euch nicht mit Physik langweilen. Änderungen der Länge, der Dicke, Änderungen der „Push-/Pull-Frequenz“ und Anpassungen der Vibrationsintensität können mit den Knöpfen in der Armlehne variiert werden. Muss ich noch mehr dazu sagen? Die Frage war rhetorischer Natur. Britta musste nicht.

Ich wartete erst mal ab, liess die Gartenmauern, die Sinnsprüche und die Anwesenheit meiner beiden Gespielinnen auf mich wirken. Agnes tat es mir gleich. Wir hatten Zeit, viel Zeit. Ich rutschte ein wenig nach hinten, stellte sicher, dass sich mein Liebesloch direkt über der Öffnung in der Sitzfläche befand. Ich schloss die Augen, drückte die „on“-Taste. Eine Weile lang spürte ich nichts, dann ein sanftes Kribbeln an meinem Beckenboden. Der Dildo begehrte Einlass. Ich gönnte mir einen Schluck Prosecco. Auch Agnes und Britta spielten an den Knöpfen rum; beide wirkten weggetreten. Die Liebessessel waren das Genialste, das die Welt je gesehen hat – mal abgesehen von der Relativitätstheorie, dem iPhone und der Musik von Queen. Dann war er in mir, der Dildo. Ich mag lange Schwänze nicht besonders; auf den Durchmesser kommt es an. Ich modifizierte die Dicke des Gummischwanzes; meine Scheidenwand dehnte sich, als der Lustbolzen sich vergrösserte. Ich musste mich nicht auf ihm bewegen, konnte ruhig da sitzen: Der Dildo bewegte sich in mir. Britta vollführte mit ihrem Becken Kippbewegungen. Den Rock hatte sie weit nach hinten gerafft, ihre Schenkel lagen frei, und ich sah ihr gepflegtes Wäldchen. Britta schien bereits etwas Routine zu haben. Aus ihrem Sessel war ein sonores Brummen zu hören. Der Liebespfahl vibrierte in ihr und erreichte allmählich die Eigenschwingung ihres Beckens. „Trinkt, Mädchen, trinkt“, keuchte sie und griff nach ihrem Glas. „Das ist ja…“ flüsterte Agnes und knöpfte ihr Kleid auf. Viel zu lange hatte ich ihre verlockenden, schweren Brüste nicht mehr gesehen! Agnes massierte ihre Brustwarzen, während sie von ihrem Sessel gefickt wurde. Britta liess schamlos ihr Becken rotieren. Die Buchstaben der Sinnsprüche verschwammen vor meinen Augen.

Wir hatten einen langen, schönen Sommer vor uns, meine beiden Gespielinnen und ich.

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