Sie dachten natürlich, sie würden auf der Terrasse essen, eigentlich ein idealer Platz, aber der Wächter sagte, er habe eine Überraschung für sie, eine besondere Ehre. Er sollen bedenken, dass es sich um ein Staatshaus handle und dass nur wirklich wichtige Leute hier her kämen, Leute wie er, fügte er lachend hinzu und schlug ihm mit der Hand kräftig auf die Schulter und sagte auf Deutsch: "gute Kamerad und prima Sportsfreund". Sie stiegen eine Treppe hinab in den Keller und von dort gelangten sie in eine Grotte. Es war die zweite phantastische Grotte an diesem Tag, allerdings war sie viel kleiner, aber auch sie war natürlichen Ursprungs. Ein Teil der Grotte hatte einen festen Felsboden, der genauso gefliest war, wie die Terrasse, der andere, kleinere Teil, bestand aus einer Wasserfläche, die durch ein kleines Tor mit dem Meer verbunden war. Auf den Fliesen standen Tische und Stühle, auf einem Tisch lag eine weiße Tischdecke, die, zusammen mit feinem Porzellan und Besteck aus schwerem Silber, eine feierliche, gastliche Atmosphäre erzeugte. An den Wänden steckten brennende Fackeln in Metallhaltern, das einzige Licht abgesehen von dem wenigen Sonnenlicht, das durch das Tor drang und Kerzen auf dem Tisch. Zu seiner Überraschung ertönte leise Musik, klassische Musik, ein Klavierkonzert von Mozart, seine Lieblingsmusik. Auf seine Frage, woher der Wächter gewusst habe, dass er ausgerechnet diese Musik sehr möge, gestand der, dass er keine Ahnung von Musik habe, aber die CD sei noch vom letzten Besuch eines hohen Tieres in der Stereoanlage verblieben und er habe vergessen, wo seine Frau die CDs aufbewahre, denn die Musik auszuwählen, sei ausschließlich ihre Aufgabe gewesen. Den feierlichen Eindruck eines veritablen Dinners störte nur eine Kleinigkeit, die er sich nicht erklären konnte. Alle Wände der Grotte, auch das Tor zum Meer, waren mit engmaschigen Metallnetzen versehen, die den romantischen Eindruck doch ziemlich störten.
Nachdem sie die Grotte ausgiebig bewundert hatten, die beiden Chicas waren regelrecht verzückt, setzten sie sich an den Tisch und widmeten sich den Köstlichkeiten, die von dem compañero Koch nach und nach gebracht wurden. Es gab Fische und Langusten, Reis, frittierte Bananen, Salat und zum Nachtisch Früchte. Es schmeckte so köstlich, wie es aussah und dazu tranken sie Weißwein aus Spanien, der allerdings zu warm war, genau wie das Bier, das er auf der Terrasse bekommen hatte. Sie aßen, bis sie satt und die Speisen verzehrt waren. Sie waren glücklich und zufrieden, selbst Rosa, die beim Essen gerne Sperenzien machte, von Ima ganz zu schweigen, Ima strahlte vor Glück und der Wächter erfreute sich an ihrem Glück. Leider, gestand der Wächter schon am Anfang des Essens, dürfe er sie nicht einladen, die Nacht hier zu verbringen, das sei gegen die Vorschriften und außerdem sei seine Frau auch nicht da, um die Zimmer vorzubereiten. Dann fuhr er fort, er hätte sie eigentlich gar nicht in das Haus lassen dürfen, auch das sei gegen die Vorschrift, aber er sei so froh gewesen, einen Deutschen zu treffen und sich mit ihm über alte Zeiten zu unterhalten. Diese Gelegenheit wollte er sich nicht entgehen lassen und habe die Vorschrift einfach ignoriert, seine Chefs seien in der Hauptstadt und die sei weit weg. Und außerdem, fügte er hinzu, was hätte er mit dem schönen Fisch und den Meeresfrüchten machen sollen, denn leider sei der Kühlschrank ausgefallen und sie hätten sie wegwerfen müssen, denn der compañero Koch sei strikter Vegetarier und verschmähe alles was von Tieren komme, sogar Eier. Dann redeten sie über Olympia und München und Deutschland, la República Democrática Alemana, wie der Wärter das Land ständig bezeichnete. Er schwelgte selig in seinen Erinnerungen und gestand, dass er einmal mit ein paar Sportsfreunden das olympische Dorf verlassen habe und im Hofbräuhaus war und dort viel Bier, sehr viel Bier getrunken habe, köstliches, frisches Bier immer fünf Liter in einem Steinkrug. Dort, im "hoffbrahus" sei ein Mann an ihrem Tisch gewesen, der perfekt Spanisch gesprochen hatte und der sie dann, als sie gehen mussten, als die Wirtschaft zu machte, sie in ein Bordell mitgenommen hatte. Und dort, ein schönes altes Haus, er sehe es noch vor sich, habe es wunderbare Weiber gegeben, auch die sehe er noch vor sich und sei immer noch geil, wenn er an sie dächte. Für dieses wunderbare Erlebnis habe er gerne in Kauf genommen, dass er am nächsten Tag Schwierigkeiten bekam, aber die Wettrennen waren ja schon vorbei und den vierten Platz hatten sie ja schon in der Tasche. Und, er klopfte ihm wieder auf die Schulter, wegen dieser Weiber liebe ich dein Land, die República Democrática Alemana. Kurz bevor sie aufbrachen, konnte er seine Neugier doch nicht mehr bezähmen und fragte nach dem Grund für die Metallnetze, die überall hingen und den romantischen Eindruck ziemlich verschandelten. Der Wärter schwieg und überlegte lange, dann sagte er, das dürfe er ihm nicht sagen und dennoch würde er es tun, sein sozialistischer Bruder dürfe es erfahren. Hier, in diesem Haus, diesem Staatshaus, kämen wichtige Menschen zusammen, die über wichtige Dinge sprechen würden. Dieser Platz im Haus sei als Einziger perfekt abgeschirmt. Man könne nichts von außen belauschen und noch wichtiger, keiner könne mit seinem Handy eine Nachricht nach außen geben. Es sei ein Hochsicherheitsraum, der Einzige mit spanischen Fliesen und Verbindung zum Meer, sagte er lachend. Dann verabschiedeten sie sich herzlich, umarmten sich, er bedankte sich und gestand, so gut habe er schon lange nicht mehr gegessen. Die Chicas wurden mehrfach von dem Wächter abgeküsst, was ihnen sichtlich gefiel, aber noch mehr genossen sie die Küsse des veganen compañero Koch, der auch kam, um sich zu verabschieden, denn er war jung und attraktiv und sexy und die beiden hätten ihn am liebsten mitgenommen. Als sie schon im Auto saßen, hörte er noch einmal den Wächter voller Überzeugung rufen: "gutte Sportsfreund und prima Kamerad auf Widdersehn.“
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