Eine Reise zu Dritt - Tag 4

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Eine Reise zu Dritt - Tag 4

Eine Reise zu Dritt - Tag 4

Yupag Chinasky

Dinner unter dem Strohdach

Die Sonne war gerade untergegangen, als sie sich auf den Weg in das Restaurant machten, das zu seinem Erstaunen sogar in seinem Reiseführer aufgeführt war und sogar mit einer besonderen Empfehlung für Liebhaber von Fischen und Meeresfrüchten. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, diese Spezialitäten konnte er immer essen, zu jeder Tages- und Nachtzeit und die Tatsache, dass sie erst heute beim Mittagessen die Köstlichkeiten reichlich bekommen hatten, schmälerte seine Vorfreude in keiner Weise. Sie mussten eine halbe Stunde fahren und die Straße war, wie so oft, sehr schlecht und forderte in der beginnenden Dunkelheit seine volle Aufmerksamkeit. Das Restaurant machte in der Tat einen guten Eindruck, leider nur von außen, denn es war geschlossen. Ob es sich um einen Ruhetag handelte, ob es aufgegeben worden war oder aus welchem sonstigen Grund, ließ sich nicht ermitteln, die Tür war verschlossen und auf ihr Klopfen und Rufen meldete sich niemand. Sie standen ratlos und inzwischen wieder ziemlich hungrig herum und überlegten, was sie tun sollten. Der kleine Laden war nun auch geschlossen, sie hätten nichts mehr kaufen können, um im Haus zu kochen, außerdem hatte es dort kaum etwas Brauchbares gegeben. Eine Fahrt in die nächste Stadt, bei Dunkelheit, bei den schlechten Straßen, das wollte er auf keinen Fall, es war auch absolut nicht sicher, dass sie dort und um diese Zeit noch etwas zu essen bekommen würden oder etwas kaufen konnten. Aber sie hatten Glück, denn ein altersschwaches Motorrad mit Beiwagen, eine alte MZ aus der ehemaligen DDR, ratterte stinkend auf sie zu und hielt an, als sie winkten. Der Mann am Lenker beschrieb umständlich und mit vielen Wiederholungen, dass es hier schon noch etwas zu essen gäbe, es aber kein richtiges Restaurant, nur ein Privathaus, es gehöre einem guten Bekannten und der würde hervorragend kochen und das Essen sei dort genauso gut wie hier, auf jeden Fall aber viel billiger. Wenn Gäste zu ihm kämen, würden sie immer etwas bekommen, auch noch mitten in der Nacht. Das Restaurant hier, er ging auf ihre Frage ein, sei schon seit einiger Zeit geschlossen und es sei unsicher, ob es jemals wieder öffnen würde. Die Zeiten seien schlecht und die Leute arm und Touristen mit Geld kämen in diese Gegend ohnehin keine. Alles sei unsicher in diesem Land, alles sei Scheiße, bekräftigte er, ehe er die Fahrt knatternd und mit einer stinkenden Wolke an Abgasen fortsetzte.

Es war nicht einmal ein richtiges Haus, das sie schließlich erreichten. Es war nur eine Hütte an der Straße und außer ihnen, war auch hier kein Mensch weit und breit. Aber die Hütte war bewohnt man sah Licht hinter einem Fenster und als sie lauf riefen, kam ein alter Mann angeschlurft und beteuerte, dass es kein Problem sei, noch etwas zu kochen, er habe genügend Vorräte, sie sollten eintreten und sich schon mal an die Tische setzen. Nein, sagte er auf die Frage der Chicas, Hühnchen gäbe es nicht, nur Fisch und wählen könnten sie auch nicht, sie müssten nehmen, was da war. Dann rief er lautstark nach seiner Frau, die sich anscheinend schon schlafen gelegt hatte und verschwand in der Küche, wo man ihn schon bald mit dem Geschirr klappern hörte. Man darf ein Restaurant nicht nur nach seinem äußeren Erscheinungsbild beurteilen, erklärte er seinen Mädchen, die ziemlich entsetzt waren, als sie das Strohdach im Hof sahen, unter dem sie Platz nahmen und die immer noch enttäuscht waren, weil es kein Hühnchen gab und weil das Lokal, das sogar in seinem Reiseführer stand, geschlossen war. So saßen sie dann tapfer unter dem Strohdach und warteten. Zum Glück dauerte es nur eine gute halbe Stunde, in der sie aber von zahlreichen Moskitos ausgiebig gestochen und regelrecht ausgesaugt wurden. Sie fanden zwar einen Weg, ihre Wunden zu lecken, im wahrsten Sinn des Wortes, aber die Viecher waren dennoch äußerst lästig. Das einzig wirklich Angenehme war das kühle Bier, mit dem sie ihren großen Durst löschen konnten und das sie tröstete. Der alte Mann hatte zum Glück genügend dieser Köstlichkeit in seinem Kühlschrank gelagert. Er sagte übrigens, als sie ihn auf die Mückenplage ansprachen, dass das nicht normal sei, sie seien nur so verrückt, weil es am nächsten Tag regnen würde, viel regnen betonte er und kratzte sich am Arm. Dann war das Essen fertig, ein schöner, mittelgroßer, gebratener Fisch lag auf großen, grünen Bananenblättern vor ihnen, dazu gab es frittierte Bananen, Salat und Reis, das Übliche, das, was zu einem Festessen in diesem Land gehörte. Der Fisch schmeckte nicht schlecht, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass mit viel Salz und Gewürzen ein leicht irritierender Geschmack überdeckt werden musste. Er fragte die Mädchen, wie sie den Fisch fänden. Rosa meckere wie immer, aber Ima hatte nichts zu beanstanden und aß alles auf, was auf ihrem Blatt lag und das, was Rosa übrig gelassen hatte. Am Ende der Mahlzeit war alles weggeputzt, bis auf die Gräten natürlich, die zum Teil reichlich tückisch gewesen waren. Zum Essen und auch noch danach tranken sie weitere Dosen Bier, bis der Vorrat aufgebraucht war und sie nun keinen Grund mehr hatten, sich den Plagegeistern weiter auszusetzen. Sie machten sich, wieder einmal leicht angetrunken, auf den Heimweg und erreichten schon bald und guter Dinge ihr blaues Häuschen.

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