Eine Reise zu Dritt - Tag 5

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Eine Reise zu Dritt - Tag 5

Eine Reise zu Dritt - Tag 5

Yupag Chinasky

Die Panne

Dann waren sie wieder auf der Landstraße und fuhren, begleitet von melancholischer Musik, von der Küste weg in Richtung Landesinnere, in Richtung Gebirge. An einem von einer weißen Mauer umgebenen Friedhof, der einsam in der Landschaft lag, hielt er an. Der Regen hatte für einen Moment aufgehört. Friedhöfe interessierten ihn, er wolle ein paar Bilder machen, verkündete er, ob die beiden mitkämen. Die vorlaute, selbstbewusste Rosa kniff, sie habe Angst vor Friedhöfen, gestand sie, da sei es ihr unheimlich, sie wolle den Geistern der Toten nicht begegnen. Ima hatte wegen der Geister kein Problem und so gingen sie zu zweit zum Eingangstor und weiter zu den Gräbern, die schon reichlich verfallen und ziemlich ungepflegt waren, aber genau deshalb wunderbare Motive abgaben. Dazu der graue, wolkenverhangene Himmel, im Hintergrund die schwarzen Berge, welch ideale Stimmung für den Besuch der Geister. Und dann Ima, die junge Frau, wieder in schwarzen Jeans und schwarzem Pulli, welch Kontrast und zugleich welche Verstärkung der morbiden Stimmung Ima die Willige, die ausdauernd posierte, über Gräber stieg, sich auf die Mauer setzte, einen verdorrten Kranz auf den Kopf setzte. Ima, das perfekte Fotomodell, das mit einem langen Kuss, hinter der kleinen Kapelle und außer Sichtweite von Rosa, belohnt wurde. Rosa im Auto, die wieder einmal zu kurz gekommen war und sich vielleicht erneut in ihre Eifersucht gesteigert hätte, wenn sie gesehen hätte, wie leidenschaftlich sich die beiden umarmten, wie heiß sie sich küssten und wie ihre Hände den Körper des anderen gierig abtasteten. Aber als sie wieder im Auto waren, sagte Rosa kein Wort, stellte keine Frage und auch Ima blieb stumm.
Sie fuhren weiter und dann, mitten auf der Landstraße und bei neu eingesetztem Regen, geschah etwas, was nicht hätte geschehen dürfen, etwas, was ihn aus dem Konzept brachte, ein Ereignis, bei dem auch die Mädchen keine Hilfe waren. Aus heiterem Himmel, wie man so sagt, was aber in diesem Moment absolut unzutreffend war, fing der Motor an zu stottern. Benzin hatten sie genug, darauf hatte er seit dem Zwischenfall mit der ersten Tankstelle peinlich geachtet. Der Motor stotterte und ging aus. Als er wieder starten wollte, heulte er laut auf, wie ein gequältes Tier, um sich dann, als er Gas gab, still zu verabschieden, wie ein verendendes Tier. Das wiederholte sich ein paar Mal, dann merkte er, dass es immer länger dauerte, bis man den Anlasser hörte und er fürchtete, dass die Batterie bald nicht mehr genügend Saft haben würde. Ein Blick unter die Motorhaube brachte keine neuen Erkenntnisse und ein letzter Startversuch war genauso erfolglos, wie die davor. Es war denn auch der Letzte, denn nun regte sich gar nichts mehr, die Batterie war leer. Ratlos, hungrig, frierend saßen sie in dem Jeely und hatten keine Ahnung, was zu tun sei und wie es weitergehen würde. Und wieder hatten sie Glück und Hilfe nahte, diesmal in Form eines mächtigen Traktors. Der Fahrer hielt an, erkundigte sich, was los sei und bot sofort an, das Auto bis in das nächste Dorf abzuschleppen. Dort gäbe es zwar keine Werkstatt, aber einen Mann, der sich auskenne, einen Automechaniker, der früher, vor vielen Jahren in Ostdeutschland gelernt und gearbeitet hatte und deswegen etwas von Autos verstünde. Auf seine Bemerkung, dass er selbst aus Deutschland stamme, fragte der Bauer interessiert, ob aus Ost oder West, Ost gut, West schlecht, sagte er lakonisch. Dass es seit vielen Jahren nur noch ein Deutschland gab, hatte sich noch nicht bis in diese Weltgegend herumgesprochen. Der Bauer befestigte eine schwere Kette an der Stoßstange des Jeelys und dann zockelten sie los und gelangten schon bald zum Haus des Mechanikers aus Ostdeutschland.

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