Der fünfte Tag
Eine unangenehme Lektion
Die Fahrt zur Polizeiwache war recht ungemütlich. Zum einen regnete es und durch die zerschlagene, mit einer Plastiktüte provisorisch abgedichtete Scheibe gelangte viel Wasser auf den Beifahrersitz, auf dem, wie immer, Rosa saß. Die Nässe gefiel ihr natürlich nicht, noch weniger gefiel ihr aber, was in der letzten Nacht ohne sie abgelaufen war. Sie redete auf Ima ein, wollte unbedingt wissen, ob sie gevögelt habe. Ima wand sich, murmelte etwas Unbestimmtes, aber sie war eine schlechte Lügnerin und gab schließlich zu, dass es so war, dass sie gevögelt hätten, aber, fügte sie sofort hinzu, es sei ganz schlechter Sex gewesen, ohne Höhepunkt, sie sei nicht gekommen und er habe seinen Schwanz erst gar nicht hochbekommen. Das konnte Rosa aber keineswegs beruhigen und sie verkündete laut und deutlich und vor allem in Richtung des Fahrers, dass sie heute dran sei, dass sie auch das Recht habe, etwas Glück im Leben zu erhalten und schließlich sei sie es gewesen, die ihn aufgetan hätte. In Wahrheit war es natürlich nur so gewesen, dass sie ihn angesprochen hatte und Ima, wie immer geschwiegen hatte. Dann schmollte sie. Unangenehm, war aber auch das Ziel der Fahrt. Die beiden hatten, wie schon beim Frühstück, als er ihnen den Grund der Fahrt erzählt hatte, große Angst und wollten auf keinen Fall mitkommen. Mehr noch, er musste, noch außer Sichtweite der Polizeiwache, anhalten und sie aussteigen lassen. Unter dem Dach einer Bushaltestelle, nur notdürftig von dem Regen und dem starken Wind geschützt, wollten sie warten. Sein Besuch bei der Polizei war allerdings kein Problem. Der Beamte, der ihn nachts geweckt hatte, war schon wieder im Dienst. Er wusste genau, was vorgefallen war und erstellte ein kurzes Protokoll, in dem alles vermerkt war, was die Autovermietung betraf. Er ermahnte ihn noch, das Papier gut aufzuheben und bei der Abgabe des Autos vorzulegen, dann bekäme er keine Probleme, er habe ja eine Versicherung und die würde für den Schaden aufkommen. Was er aber nicht sagte oder vielleicht auch gar nicht wusste, war die Tatsache, dass er dann doch noch kräftig zahlen musste, denn im Vertrag gab es einen sogenannten Selbstbehalte, das hieß mit anderen Worten, dass er schon einmal einhundert Dollar selbst beitragen musste und viel größer war der Schaden gar nicht. Sie verabschiedeten sich herzlich und er fuhr zurück zu der Bushaltestelle, wo die beiden schon froren und bibberten, weil sie natürlich keine Jacken dabei hatten, die sie wenigstens ein wenig geschützt hätten.
Kaum war diese Gefahr überwunden, fing Rosa schon wieder an zu quengeln. Der Sex in der Nacht ohne sie, das ließ sie nicht in Ruhe, sei zu kurz gekommen, nur einmal in den ganzen Tagen, den ganzen Nächten, nur einmal sei sie zum Zuge gekommen. Ima sei eine schlechte Freundin, sie sei gar keine Freundin, nur eine geile dünne Ziege. Rosa nervte und nervte. Ima sagte sie solle ihr verdammtes Maul halten. Er hörte missmutig zu, verstand nicht alles, aber das Wesentliche doch und das reichte, um seine Stimmung auf den Nullpunkt zu bringen. Er schlug vor, das Ei einzuschalten und Musik zu machen. Rosa weigerte sich, wollte ihr Handy nicht zur Verfügung stellen. Ima hatte kein Handy, sein eigenes war irgendwo, nur nicht da, wo es sein sollte. Dann geschah fast ein Unfall. Rosa beleidigte Ima wieder einmal, diese fing an laut loszuschreien, dann heulte sie und schlug schließlich von hinten mit einer Hand auf Rosas Kopf. Nun fing diese an, loszuschreien. Er drehte sich wütend zu den beiden um, wollte den Streit schlichten, war einen Moment abgelenkt, achtete nicht auf den Verkehr. Ein lauter Schrei von Ima, ein anderer als der, den sie kurz vorher ausgestoßen hatte, ein richtiger Angstschrei, veranlasste ihn, sich sofort wieder auf die Straße zu konzentrieren, auf die Kreuzung, in der gerade fahren wollte. Er trat voll auf die Bremse, das Auto schlingerte auf der nassen Straße und genau vor dem Kühler stand ein Radfahrer und schaute ihn böse an. Er hatte Vorfahrt, das stand außer Frage, aber zum Glück war nichts Tragisches passiert. In einer plötzlichen Anwandlung von Wut bog er in die Straße ein, aus der der Radfahrer gekommen war, sie führte in Richtung Strand. Dort war es noch ungemütlicher, als in der Stadt. Der Regen peitschte, die wenigen Palmen bogen sich im Sturm, die Wolken am Himmel und das Wasser des Meeres verschmolzen am Horizont zu einer grauen Einheit. Es war hier absolut trostlos, so trostlos wie die Stimmung im Auto. Der knapp vermiedene Unfall hatte dazu geführt, dass die beiden erschrocken schwiegen, aber mit Sicherheit würde Rosa gleich wieder anfangen. Er stellte das Auto so hin, dass sie das Meer sehen konnten, die Wellen mit ihren Schaumkronen, die Regenschwaden. In einiger Entfernung stand ein Häuschen am Kai, welchen Zweck es auch immer erfüllen mochte war unklar, aber es war da und es sollte ihn gleich auf eine Idee bringen. Er wollte eigentlich nur etwas Ruhe, sich sammeln, sich entspannen, die Sache mit dem Radfahrer hätte böse enden können. Er atmete tief durch, schloss die Augen und genau in diesem Moment, als er anfing, sich zu entspannen, fing Rosa wieder an zu quengeln. Der Sex, die verlorene Nacht, die falsche Freundin. Nun reichte es, er hatte genug, er musste dafür sorgen, dass sie endlich den Mund hielt und sein Blick fiel auf das Häuschen. Zornig zog er seine Jacke aus, die er vorsichtshalber am Morgen aus dem Koffer genommen hatte, gab sie Ima, nahm auch noch das Ei vom Rückspielgel, gab es ihr zusammen mit seinem Handy, das er erst suchen musste und sagte ihr, sie solle aussteigen und dort drüben in dem Häuschen warten, er habe etwas Wichtiges mit Rosa zu besprechen. Ima fragte nicht, um was es ginge, sie stieg einfach aus und rannte zu der Hütte.
Rosa schaute ihn fragend an, ängstlich, ratlos. Er blaffte sie an, sie solle aussteigen, sich auf den Rücksitz setzen. Sie gehorchte wortlos. Er stieg auch aus, setzte sich neben sie. Sie solle anfangen, befahl er. Rosa verstand nicht, was er wolle. Sie solle sich nicht so zieren, so seine wütenden Worte, und endlich anfangen. Rosa stotterte weinerlich, dass sie nichts verstünde, dass sie nicht wisse, was er wolle, dass sie keine Ahnung habe, mit was sie anfangen solle. Ob sie jetzt völlig blöd sei, schrie er sie an, ob sie vergessen habe, was sie die ganze Zeit so dringend gewollt habe. Rosa fing an zu heulen, das gehe doch nicht, stotterte sie, doch nicht jetzt und doch nicht hier. Doch, genau hier und genau jetzt, verlangte er, es würde sehr wohl gehen, sie solle den Mund halten und endlich anfangen. Rosa zögerte immer noch, da nahm er ihre Hand, führt sie an seinen Hosenstall und befahl ihr, ihn aufzuknöpfen. Mit seiner anderen Hand ergriff er ziemlich brutal ihrer Brüste und drückte sie, sodass Rosa vor Schmerz aufschrie. Total verängstigt knöpfte sie seine Hose auf, suchte sein Ding und begann, ziemlich linkisch, ziemlich unbeholfen, es zu massieren, es zum Leben zu erwecken. Das reiche nicht, war sein böser Kommentar, als sich bei ihm nichts rührte, das sei stümperhaft, sie solle ihren Mund nehmen. Wieder wusste sie erst nicht, wie das gehen sollte, in der Enge des Jeelys, doch dann kniete sich auf die schmale Rückbank, näherte sich mit ihrem Kopf seinem Schoß und begann das Fleisch zu lecken, das nun wuchs und fest und stark wurde. Sie saugte an dem hoch aufgerichteten Stab, nahm dann seine Eier in den Mund, um auch diese Zonen zu erregen. Er stöhnte und seine Hände zogen ihr das Kleid über die Hüfte und ihren Slip über die Oberschenkel und dann fing er an, sie zwischen den Schenkeln zu reiben. Rosa war nun auch sichtlich erregt, stöhnte ihrerseits, wackelte mit dem Hintern, saugte schneller, gieriger. Die Mechanismen der Sexualität versagen nicht, wenn sie einmal in Gang gekommen sind. Aber mehr Varianten bei dieser Vergewaltigung gab es nicht, denn nichts anderes war es, dieses verzweifelte Rammeln an einem total verregneten Vormittag in einem viel zu engen Auto an einem absolut langweiligen Strand vor einem total aufgewühlten Meer. Es gab dann auch keinen wirklichen Höhepunkt, Rosa bemühte sich zwar und er spürte ihren Mund, aber es reichte nicht, er kam nicht, sein Schwanz wurde schlaff. Rosa hörte auf, sah ihn fragend an, er schüttelte den Kopf, "rien ne va plus", sollte das heißen und so hörten sie auf, auch Rosa hatte keinen nennenswerten Höhepunkt erreicht, jedenfalls hatte er den Eindruck. Und noch während sie ihre Kleider ordneten, schämte er sich, es war seiner nicht würdig, was er mit dem Mädchen angestellt hatte, ging es durch seinen Kopf. Doch dieses Mädchen war gar nicht beschämt oder verletzt, im Gegenteil sie war richtig vergnügt und sagte später, sie selbst sei prima gekommen, sie habe die Liebe im Auto genossen und einen wirklich schönen Orgasmus gehabt. Das jedenfalls erzählte sie Ima, als sie wieder zu dritt im Auto saßen. Er war sich inzwischen absolut sicher, dass das, was er getan hatte, nicht gut war, aber er entschuldigte sich nicht und schwieg. Eins hatte er jedenfalls mit diesem brutalen Akt erreicht, Rosa nahm den ganzen Tag über das Wort Sex nicht mehr in den Mund und auch nicht am folgenden. Beim späteren nachsinnen über das unwürdige Ereignis, über den Verlust seiner Kontrolle, kam ihm sogar der Gedanke, dass dieses Mädchen vielleicht Gewalt brauchte, um befriedigt zu werden, so ein wenig Masochismus glaubte er in ihr zu erkennen. Ima nahm im Übrigen die Sache sehr cool auf und war nur froh, dass die permanenten Angriffe ihrer Intimfreundin aufgehört hatten.
Die Panne
Dann waren sie wieder auf der Landstraße und fuhren, begleitet von melancholischer Musik, von der Küste weg in Richtung Landesinnere, in Richtung Gebirge. An einem von einer weißen Mauer umgebenen Friedhof, der einsam in der Landschaft lag, hielt er an. Der Regen hatte für einen Moment aufgehört. Friedhöfe interessierten ihn, er wolle ein paar Bilder machen, verkündete er, ob die beiden mitkämen. Die vorlaute, selbstbewusste Rosa kniff, sie habe Angst vor Friedhöfen, gestand sie, da sei es ihr unheimlich, sie wolle den Geistern der Toten nicht begegnen. Ima hatte wegen der Geister kein Problem und so gingen sie zu zweit zum Eingangstor und weiter zu den Gräbern, die schon reichlich verfallen und ziemlich ungepflegt waren, aber genau deshalb wunderbare Motive abgaben. Dazu der graue, wolkenverhangene Himmel, im Hintergrund die schwarzen Berge, welch ideale Stimmung für den Besuch der Geister. Und dann Ima, die junge Frau, wieder in schwarzen Jeans und schwarzem Pulli, welch Kontrast und zugleich welche Verstärkung der morbiden Stimmung Ima die Willige, die ausdauernd posierte, über Gräber stieg, sich auf die Mauer setzte, einen verdorrten Kranz auf den Kopf setzte. Ima, das perfekte Fotomodell, das mit einem langen Kuss, hinter der kleinen Kapelle und außer Sichtweite von Rosa, belohnt wurde. Rosa im Auto, die wieder einmal zu kurz gekommen war und sich vielleicht erneut in ihre Eifersucht gesteigert hätte, wenn sie gesehen hätte, wie leidenschaftlich sich die beiden umarmten, wie heiß sie sich küssten und wie ihre Hände den Körper des anderen gierig abtasteten. Aber als sie wieder im Auto waren, sagte Rosa kein Wort, stellte keine Frage und auch Ima blieb stumm.
Sie fuhren weiter und dann, mitten auf der Landstraße und bei neu eingesetztem Regen, geschah etwas, was nicht hätte geschehen dürfen, etwas, was ihn aus dem Konzept brachte, ein Ereignis, bei dem auch die Mädchen keine Hilfe waren. Aus heiterem Himmel, wie man so sagt, was aber in diesem Moment absolut unzutreffend war, fing der Motor an zu stottern. Benzin hatten sie genug, darauf hatte er seit dem Zwischenfall mit der ersten Tankstelle peinlich geachtet. Der Motor stotterte und ging aus. Als er wieder starten wollte, heulte er laut auf, wie ein gequältes Tier, um sich dann, als er Gas gab, still zu verabschieden, wie ein verendendes Tier. Das wiederholte sich ein paar Mal, dann merkte er, dass es immer länger dauerte, bis man den Anlasser hörte und er fürchtete, dass die Batterie bald nicht mehr genügend Saft haben würde. Ein Blick unter die Motorhaube brachte keine neuen Erkenntnisse und ein letzter Startversuch war genauso erfolglos, wie die davor. Es war denn auch der Letzte, denn nun regte sich gar nichts mehr, die Batterie war leer. Ratlos, hungrig, frierend saßen sie in dem Jeely und hatten keine Ahnung, was zu tun sei und wie es weitergehen würde. Und wieder hatten sie Glück und Hilfe nahte, diesmal in Form eines mächtigen Traktors. Der Fahrer hielt an, erkundigte sich, was los sei und bot sofort an, das Auto bis in das nächste Dorf abzuschleppen. Dort gäbe es zwar keine Werkstatt, aber einen Mann, der sich auskenne, einen Automechaniker, der früher, vor vielen Jahren in Ostdeutschland gelernt und gearbeitet hatte und deswegen etwas von Autos verstünde. Auf seine Bemerkung, dass er selbst aus Deutschland stamme, fragte der Bauer interessiert, ob aus Ost oder West, Ost gut, West schlecht, sagte er lakonisch. Dass es seit vielen Jahren nur noch ein Deutschland gab, hatte sich noch nicht bis in diese Weltgegend herumgesprochen. Der Bauer befestigte eine schwere Kette an der Stoßstange des Jeelys und dann zockelten sie los und gelangten schon bald zum Haus des Mechanikers aus Ostdeutschland.
Der Mechaniker, ein alter Mann, war zu Hause und war hocherfreut, wieder einmal Deutsch sprechen zu können, das er, zwar nicht perfekt und mit deutlichem Akzent, immer noch ganz gut beherrschte. Bevor er das Auto inspizierte, musste er seine Erinnerungen an diese schöne Zeit zum Besten geben, seine Liebe zu einer Gudrun, bei der er gewohnt hatte und die immer zu ihm gesagt hatte, "Alfredo bring den Müll nach unten". Er lachte herzhaft bei diesen Gedanken an glückliche Zeiten, fing dann aber an, sich um das Auto zu kümmern. Der Traktorfahrer verabschiedet sich und steckte, gut gelaunt, einen Geldschein, den Lohn für seine Hilfe, in seine Hemdtasche. Die beiden Mädchen froren und der Mechaniker sagte, sie sollen in sein Haus gehen, seine Frau würde ihnen einen Kaffee machen und rief dann laut etwas in Richtung Haus und eine Stimme antwortete. Dann holte er einen alten Koffer mit noch älteren Werkzeugen aus einem Schuppen neben dem Haus und machte sich an die Arbeit. Als Erstes schloss er die Batterie an ein Ladegerät an, dann klopfte er hier und da, schraubte hier, schraubte da. Als die Batterie wieder Saft hatte, musste der Wagen gestartet werden, natürlich erfolglos, wieder dies Aufheulen und Absterben. Aber das beunruhigte den Mechaniker keineswegs, im Gegenteil, er war wohl auf der richtigen Spur und schon bald stieß er einen triumphierenden Schrei aus. Er habe das Problem gefunden, verkündete der Mechaniker frohgemut und er könne es beheben, aber es sei nicht so ganz einfach. Der Vergaser sei defekt, Dichtungen seien kaputt, Düsen verstopft, alles voller Dreck. Er müsse ihn ausbauen und gründlich reinigen, und das dauere eine Weile. Na gut, war die Antwort, da könne man ja nichts anderes machen, als zu warten und frage, ob man hier etwas essen könne, sie hätten Hunger, oder ob man etwas kaufen könne, in einem Laden. Nein, so der Mechaniker, in diesem Kaff gäbe es rein gar nichts, hier lebe man wirklich am Ende der Welt, aber seine Frau sei eine gute Köchin. Wenn er wolle, würde sie bei einem Bauer ein Huhn besorgen und es zubereiten. Während dessen könne er in aller Ruhe den Vergaser reparieren, denn dazu brauche man Ruhe und Geduld. Dann, nach einem guten, gemeinsamen Mittagessen, könnten sie ihre Reise fortsetzen.
Das weitere Geschehen lief völlig problemlos und erfolgreich ab. Die beiden Mädchen bekamen etwas Geld und wurden losgeschickt, um bei dem Bauer in der Nähe ein Huhn und Gemüse zu kaufen. Sie freuten sich sehr, die Aussicht auf ein Hühnchen zum Mittagessen stimmte sie fast schon euphorisch. Die Hausfrau, eine nette, etwas verhuschte, kleine, korpulente Schwarze, fing derweil an, alles vorzubereiten und ihr Mann war schon dabei, den Vergaser auszubauen. Er, der Fotograf, nutzte die Zeit und die Gelegenheit, machte zu Fuß eine Runde durch das Dorf, machte interessante Aufnahmen, während das Huhn geköpft, gerupft, ausgenommen und in eine brodelnde Gemüsebrühe gelegt wurde. Bevor sie zu fünft am Tisch saßen und sich das Essen schmecken ließen, der Hühnereintopf schmeckte hervorragend, hatte der Mechaniker stolz seine Arbeit präsentiert. Der Jeely startete problemlos, ohne zu klagen, ohne zu schreien, ohne abzusterben und auch eine kleine Testfahrt war erfolgreich. Jetzt blieb nur noch, sich herzlich bei dem Mechaniker und seiner Frau zu bedanken und ihn zu fragen, was man ihm schulde. Die Antwort und die Zahl, die er nannte, riefen dann doch sein Erstaunen hervor. Anscheinend hatte der Mann, obwohl er in einem sozialistischen Land gelernt und gearbeitet hatte, viel von dem Kapitalismus im Schwesterland verinnerlicht. Aber auch hier galt, dass es müßig war, sich zu ärgern. Er zahlte, was blieb ihm auch übrig, und sie fuhren, zufrieden, dass es wieder möglich war, weiter.
Der steile Anstieg
Das nächste Abenteuer an diesem total verregneten Tag ließ nicht lange auf sich warten. Sie waren mittlerweile am Fuß des Gebirges angekommen, die Straße stieg schon deutlich an und sie mussten sich entscheiden, ob sie weiter hochfahren oder doch lieber auf der Ebene bleiben sollten. Eigentlich hatte er den beiden versprochen, auf den Gipfel zu fahren, zumal es auch der kürzere Weg in die Stadt war, die sie heute als Tagesziel vorgesehen hatten. Aber bei diesem Wetter hatte er nun keine große Lust mehr, denn die Route versprach weder eine schöne Sicht von dort oben noch eine angenehme Fahrt durch den Wald, vielmehr laut Landkarte steile Anstiege, einen schlechten Straßenzustand und sicher auch noch Probleme mit der Nässe. Aber als er diese Änderung verkündete, rastete Rosa aus. Diesmal ging es aber nicht um verpassten Sex, sondern um Heimweh und Sehnsucht nach ihrer Tochter. Ganz plötzlich fehlte sie ihr, behauptete sie. Sie wolle nach Hause, gleich jetzt, heute noch, ohne eine weitere Übernachtung. Deswegen müsse er den schnelleren Weg nehmen, unbedingt, schluchzte sie. Ima war fassungslos. Ob sie noch bei Verstand sei, die schöne Reise abzubrechen, nur wegen der kleinen Göre, die sie jeden Tag um sich habe und die ihr oft auf die Nerven gehe. Nein, sie, Ima, wolle unbedingt noch eine Übernachtung, unbedingt noch einen weiteren Tag, unbedingt diese schöne Reise noch weiter genießen. Rosa war nun auch noch wütend, sie behauptete, dass es morgen immer noch regnen würde, das spüre sie, und dass sie den ganzen Tag lang sowieso nichts machen könnten und deswegen könnten sie gleich heute durchfahren, über den Berg, weil es kürzer sei. Ima blieb unerbittlich und bestand auf wenigstens einer weiteren Übernachtung. Die Situation war verfahren, und wenn er nicht eingriff, würde der Zwist wieder eskalieren. Er hielt an und studierte intensiv die Landkarte und fand auch eine Abkürzung, eine schmale Nebenstraße, laut Karte eher ein Feldweg, auf der sie seitlich am Berg vorbei schneller in der Stadt sein würden. Sie hätten Zeit für Besichtigungen und früh am nächsten Tag, könnte er sie dann direkt wieder nach Hause bringen. Beide stimmten zu, Rosa eher verhalten, Ima hatte noch eine Nacht vor sich und war zufrieden.
Sie fuhren versöhnt weiter, erst durch einen Wald, dann kam ein kleiner Fluss, den sie überquerten, hinter der Brücke bog die Straße scharf ab, ihr weiterer Verlauf war durch Felsen verdeckt. Er fuhr langsam über die Brücke, sie hörten, wie Compay segundo von Liebe sang, dann waren sie in der Kurve und direkt hinter der Kurve stieg die Straße völlig unerwartet und ungewöhnlich steil an. Es war die steilste Steigung, an die er sich erinnern konnte, sagte er später. Er gab Gas, dann schaltete er einen Gang herunter, dann noch einen und gab noch mehr Gas. Sie waren jetzt auf halber Höhe der Steigung, denn oben sah man schon das Ende und ein Haus und davor standen Menschen und beobachteten, wie sich das Auto quälte. Und wie es sich quälte, es wurde immer langsamer, obwohl er das Gaspedal voll durchdrückte und schon im niedrigsten Gang war. Der Motor wurde leiser, das Auto stand schon fast, gleich würde es ganz stehen bleiben und dann? An diesem Berg anfahren, mit diesem schwachen Motor? Schlimmer noch, der Wagen könnte zurückrollen, unkontrolliert. Sie sollen raus, schrie er panisch den Mädchen zu, schnell aussteigen und schieben. Dann drückte er die Kupplung voll durch, der Motor heulte auf, die Handbremse verhinderte, dass der Wagen zurückrollte, aber vorwärts ging es auch nicht mehr. Er ließ die Kupplung wieder langsam los, lockerte die Bremse, hoffte auf die Mädchen, doch die waren zu schwach. Die Reifen drehten durch, es stank nach verbranntem Gummi, das Auto bewegte sich leicht rückwärts. Was tun, mein Gott, was tun, schoss es ihm durch den Kopf? Und wieder nahte im entscheidenden Moment Hilfe. Zwei der Männer von dem Haus auf dem Berg kamen angerannt und mit vereinten Kräften gelang es schließlich das Auto dazu zu bewegen, weiter hochzufahren. Die Reifen griffen, der Motor heulte, dann das normale Arbeitsgeräusch und endlich, endlich, nach bangen Sekunden hatten sie es geschafft, die Kuppe des Berges war erreicht. Dampfend und stinkend stand das Auto vor dem Haus. Einer der Männer holte Wasser, um den Motor zu kühlen, der andere bot ihnen einen Kaffee auf den Schrecken an. Das sei nicht das erste Mal, erklärte er, dass ein Auto an diesem Berg Schwierigkeiten bekäme, bei solch einem schwachen Motor sei das nicht erstaunlich. Da sei schon manch einer gescheitert und zurückgerollt, fuhr er fort. Einmal habe eine Frau, eine Holländerin, die Kontrolle verloren, das Auto sei immer schneller zurückgerollt, bis zu der Brücke, habe das Geländer durchbrochen und sei in den Fluss gestürzt, die Frau habe schwer verletzt überlebt. Aber bei ihnen, der Mann schaute die Drei an, die alle ziemlich blass gewordenen waren, bei ihnen sei ja alles noch einmal gut gegangen. Das sei im Übrigen die einzig wirklich schlimme Stelle, alles, was jetzt komme auf dem Weg in die Stadt, sei wirklich kein Problem mehr. Und so war es auch. Noch bevor es dunkel wurde, erreichten sie ihr Ziel und damit kam schon das nächste Problem auf sie zu, kein bedrohliches, aber ein unangenehmes, die Suche nach einer Unterkunft für dich Nacht.
Der lockige Jüngling
Es war eine kleine Stadt, in der sie nun waren, eine Stadt, in die kaum Touristen kommen, weil diese in diesem Land das Meer aufsuchen und nicht einen mäßig hohen Berg. Es gäbe nur eine Unterkunft, nur eine casa particular, sagte man ihnen, als sie sich erkundigten. Sie fuhren zu dem besagten Haus, keine der beiden Mädchen wollte in den strömenden Regen, deswegen stieg er aus und klopfte an die Haustür. Eine Frau öffnete, schaute ihn an, sehr unfreundlich, wie ihm schien. Er fragte, ob er ein Zimmer für eine Nacht bekommen könne. Sie schaute ihn immer noch skeptisch an, dann schüttelte sie den Kopf, nein, sie habe keines, es sei nicht frei. Sie wollte die Tür wieder schließen, da kam Rosa eilig an und überschüttete sie mit einem Wortschwall. Vielleicht war es ihre Überredungskunst, jedenfalls war die Frau auf einmal ganz freundlich und bat die beiden in das Haus. Rosa flüsterte ihm zu, die Frau habe geglaubt, er sei ein Russe, sie möge keine Russen, sie sei eine gute Christin, die Russen würden nicht an Gott glauben. Als sie gehört habe, dass er Deutscher sei, habe sie gesagt, der alte Papst sei Deutscher, Deutsche seien ihr deswegen hochwillkommen. Dann zeigte sie ihnen das Zimmer. Es war eng und roch nicht gut, aber für eine Nacht würde es gehen. Der Preis war moderat, wie immer in den casas particulares, er stimmte zu, und während die Frau die Papiere vorbereitete, die sie unterschreiben mussten, holten sie das Gepäck aus dem Auto, und als sie zurückkamen, war Ima dabei. Die Frau schaute sie fragend an, was sie denn wolle, auch ein Zimmer. Sie gehöre zu den beiden, sagte Ima freundlich. Da sei doch schon eine Frau, ob der Deutsche zwei Frauen habe, ob er vielleicht Mohammedaner sei? Rosa tat erstaunt, ob zwei Frauen ein Problem seien. Ja, bestätigte die Frau, ein großes Problem. Das Zimmer dürfe sie nicht an eine solche gemischte Gesellschaft vermieten, das sei verboten, zwei Frauen und ein Mann in einem Zimmer, das sei verboten. Außerdem sei es nicht christlich, mit zwei Frauen in einem Bett zu schlafen. Wer weiß, spekulierte sie weiter, vielleicht seien die beiden Prostituierte, die der Ausländer bezahle, um unsittliche Sachen zu machen, aber Prostitution sei in diesem Land streng verboten, das müsse sie doch wissen. Rosa redete auf sie ein, Ima redete auf sie ein, sie seien keinesfalls putas, sie seien ehrenwerte Frauen, und wenn sie zu zweit im Zimmer seien, könnten auch keine unsittlichen Dinge passieren. Die Frau blieb jedoch bei ihrem Entschluss, es sei nicht möglich drei in einem Zimmer. Wenn ihr Mann nach Hause komme, würde er toben. Er sei ehemaliger Polizist, Hüter des Gesetztes und auch ein guter Christ mit viel Moral und deshalb würde er sie umgehend wieder rausschmeißen. Ob es nicht ausnahmsweise doch möglich sei, zu dritt, bettelte Rosa, es sei spät, sie seien Freundinnen, bestimmt keine putas, es würde bestimmt nichts Unmoralisches geschehen in der Nacht, ganz bestimmt nicht. Nun mischte auch er sich ein und bot an, den doppelten Preis zu bezahlen, wenn das hilfreich sei. Die Frau war empört, ob er glaube, sie sei eine Kupplerin oder auf sein dreckiges Geld angewiesen, er sei ja noch schlimmer als ein Russe, er sei ganz bestimmt ein gottloser Mohammedaner. Nichts ging mehr, sie verließen die unbeugsame Christin und gingen wieder hinaus in den Regen, hinein in die Nacht, setzten sich in das Auto und waren ratlos.
Nicht nur ratlos, auch frustriert. Rosa bedrängte ihn, er solle doch noch in der Nacht fahren, damit sie zu Hause schlafen könnten, er könne bei Ima übernachten oder bei ihr, das sei nicht legal, aber möglich. Ima bekräftigte, dass sie nicht nach Hause wolle, auch nicht, wenn er dann in ihrem Haus sei, dann lieber eine Nacht im Auto, schlug sie vor, und morgen würde es sicher nicht mehr regnen. Er war unentschlossen, wog ab, dachte nach, aber dann war klar, in der Nacht fahren, das wollte er nicht, das war gefährlich. Erst einmal gehen wir essen, schlug er vor, um Zeit zu gewinnen, und beide stimmten zu. Aber auch das war nicht so einfach, wie sich rasch herausstellte. Ja, es gäbe ein Restaurant, sagte ein junger Mann mit lockigen Haaren, der in dem überdachten Eingang eines Ladens stand, eine Zigarette rauchte und den nicht enden wollenden Regen betrachtet. Es gäbe eines, aber es sei geschlossen, man habe Bakterien in der Küche festgestellt, Leute seien krank geworden. Die anderen, die es auch noch gäbe, seien um diese Zeit geschlossen, nachts würden die Menschen hier nicht essen gehen, warum sollte man auf Gäste warten, wenn die ohnehin nicht kämen. Aber, so der junge Mann weiter, er habe einen Vorschlag, sie könnten doch zu ihm kommen. Er habe eine Wohnung, lebe allein, habe eine Küche und wisse, wo man jetzt noch etwas Gutes kaufen könne. Wieder einmal war das Glück auf ihrer Seite, dachte er, während die Mädchen den jungen Mann mit Fragen löcherten. Alles klar, sage dann Rosa, der Typ sei ok und was er vorschlage sei in Ordnung. Und, fügte sie hinzu, sie könnten sogar bei ihm übernachten, zwar illegal, aber er brauche Geld und habe Platz für drei, es sei kein Problem. Ima nickte bestätigend, der junge Mann grinste. Sie fuhren ein paar Straßen weiter, der junge Mann wollte etwas Geld für seine Einkäufe und sie sollten hier warten, er käme gleich wieder. Er verschwand in einem Haus und blieb dann lange weg, für einen kurzen Einkauf zu lange. Er hatte wohl bekommen, was er wollte und jetzt waren sie Dummen und die Suche ging weiter, mutmaßte er, aber die Mädchen beruhigten ihn. Und dann kam er wieder, einen Sack über der Schulter und lachte.
Seine Wohnung war klein und unaufgeräumt. Er habe nicht mit Besuch gerechnet, erklärte er entschuldigend. Das mache nichts, erwiderten die Mädchen unisono, sie sei sehr schnuckelig. Dann fingen sie gemeinsam an, das Essen vorzubereiten. Es gab fetten Schweinebauch, Bohnen und Reis, dazu Bier, leider waren die Dosen warm und mussten erst in den Kühlschrank. Wasser wurde in zwei Töpfen erhitzt und Öl in einer schweren Pfanne. Als Bohnen und Reis fast gar waren, wurde der in Scheiben geschnittene Schweinebauch ein wenig gesalzen und auf die Pfanne gelegt. Dann saßen sie am Küchentisch und begannen mit dem Abendessen. Ihm schmeckte es nicht, es war fad und außer Salz hatte der junge Mann nichts an Gewürzen im Haus. Die drei anderen störten sich an dieser Nebensächlichkeit nicht, sie außen mit Genuss und sogar Rosa leckte sich die Finger. Das Bier war natürlich noch nicht kalt genug, aber auch das tat dem Vergnügen keinen Abbruch. Während des Essens schäkerte der junge Mann mit den beiden Chicas, die so unerwartet in sein Haus, in seine Einsamkeit gekommen waren, wobei er sich mehr und mehr auf Rosa konzentrierte. Er schaute sie immer wieder an und flirtete ungeniert mit ihr, Ima ignorierte er weitgehend. Rosa war glücklich, wieder einmal im Mittelpunkt zu stehen und die Beachtung zu erhalten, die sie zu verdienen glaubte. Ima hatte kein Problem, dass der Junge sie eher links liegen ließ, sie hatte nur noch Augen für ihn, den älteren Mann, in den sie sich ganz offensichtlich verliebt hatte. Sie schaute ihn jetzt nicht nur verstohlen an, ihr Blick war ganz direkt, geradezu ein offenes Buch. Und er konnte in dem Buch lesen, ihm war klar, was sie dachte und genau dasselbe dachte er auch. Rosa war beschäftigt, hatte ihr Glück gefunden und nun hatten sie freie Bahn und Ima hatte zudem ihr Ziel erreicht, noch eine gemeinsame Nacht, die letzte Nacht mit ihrem Mann verbringen zu können. Es gab nur noch zwei Probleme, das eine, wie brachte sie Rosa dazu, sich ganz auf den Jüngling zu konzentrieren und von ihrem Mann die Finger zu lassen und nicht aus lauter Eifersucht auszurasten. Das zweite Problem war, wie sie sich in dieser kleinen Wohnung verteilen konnten, um ungestört das zu tun, was sie nun voll beherrschte, so, dass alle auf ihre Kosten kamen.
Das Erste war jedoch kein Problem, denn Rosa dachte ähnlich. Sie fragte sich, wie sie es einfädeln müsste, um die Nacht mit dem gelockten Jüngling zu verbringen, ohne dass Ima eifersüchtig wurde. Denn dieser Chico gefiel ihr ausnehmend gut und auch er hatte während des Kochens und des Essens seine Zuneigung mit Blicken und Worten gezeigt und nun hoffte sie, dass auch Taten folgend würden, mehr Taten, als nur darauf zu achteten, dass ihr Teller gut gefüllt war oder das Bier immer in Reichweite stand. Alle das war eigentlich gar kein Problem, nur musste jemand den Anfang machen, die Sache ansprechen und auf den Punkt bringen. Es war dann Ima, die ihrer Freundin zuflüsterte, wie scharf sie auf den Typ sei, wie geil sie auf den Chico sei, wie gern sie ihn vögeln würde, als dieser auf die Toilette musste. Rosa reagierte, wie Ima es vorhergesehen hatte. Sie wurde richtig böse und sagte, das sei ihr Mann, den wolle sie, nur sie und er wolle sie und auch nur sie. Ob Ima so blöd sei, dass sie das nicht gemerkt habe. Damit war eigentlich schon alles klar und es musste nur noch die Verteilung der Schlafplätze geregelt werden, denn viele gab es in der Tat nicht. Der junge Mann, auf dieses Problem angesprochen, erklärte pathetisch, dass der Señor, in seinem Bett schlafen solle, dem Bett seiner Eltern, die leider nicht mehr lebten, dem Bett, in dem er gezeugt worden war. Die Mädchen und er würden im Wohnzimmer übernachten, auf dem Sofa, auf dem Boden, wo eben Platz sei. Ima widersprach sofort, sie wolle auch in das Bett, sonst würde sie lieber gar nicht schlafen. Rosa schien der Ort der Übernachtung dagegen völlig egal zu sein, Hauptsache sie könnte sich ungestört dem jungen Mann hingeben. Und so konnte auch dieses Problem einvernehmlich gelöst werden, bevor es überhaupt zu einem ausarten konnte. Rosa fand, was sie sich erträumt hatte und verbrachte eine wunderbare Nacht, die nicht weiter beschrieben werden muss. Sie kam voll auf ihre Kosten, doch alle Details sollen ihr Geheimnis bleiben. Nur soviel, sie hatte in dieser Nacht wenig geschlafen, war aber am nächsten Morgen trotzdem sehr zufrieden und glücklich.
Die unvergessliche Nacht
Auch er wird in dieser Nacht, der letzten mit Ima, nicht viel schlafen, aber aus einem anderen Grund. In dieser Nacht war es ganz anders, als in dem blauen Haus, wo sie voller Leidenschaft übereinander hergefallen waren und sich hemmungslos dem Sex hingegeben hatten. In dieser Nacht dominiert die Sanftheit, das stille Glück, die märchenhafte Liebe. Als sie zusammen im Bett liegen und die angenehme, frische Nachtluft nach all dem Regen genießen, die durch das geöffnete Fenster strömt und sich sanft umarmen und zärtlich küssen, kommt durchaus Leidenschaft auf. Besonders Ima möchte geliebt werden, ihr Körper ist immer noch ausgehungert und sie will seine Zärtlichkeit, aber auch seine männliche Kraft erleben und in sich aufnehmen. Er dagegen zögert. Nicht weil er sie nicht gerne gevögelt hätte, sehr gerne sogar, nein, er will dieses einmalige Gefühl auskosten, das ein Mann empfindet, wenn er mit einer Frau zusammen ist, die er liebt. Dieses einzigartige Gefühl der Erwartung, das dem Akt der physischen Liebe vorausgeht und das er, solange wie möglich genießen will, denn danach ist es weg, die Körper erschöpft und in seinem Alter ist auch keine rasche Regeneration mehr zu erwarten. Er sagt Ima, was er denkt und was er will und zu seinem freudigen Erstaunen ist sie sofort einverstanden. Auch sie will lieber Zärtlichkeit und Zuneigung statt wilden Sex. Und so liegen sie eng nebeneinander in dieser lauen Nacht in einem engen Zimmer und er fühlt ihren Körper, ihre glatte Haut. Er riecht ihr welliges Haar, den Duft, den nur eine Frau verströmen kann. Er tastet sanft nach ihren kleinen Brüsten, ihrem schmalen Hintern, sogar nach ihrem Geschlecht zwischen den schlanken Beinen, nicht um sie zu erregen oder um sich selbst geil zu machen, nein, nur um sie zu fühlen und zu genießen, denn sehen kann er sie kaum. Das Licht ist spärlich und sie ist ohnehin sehr dunkel. Aber er fühlt sie und er hört ihre Stimme. Sanft und gurrend erzählt sie Belanglosigkeiten, die er nicht versteht, aber allein ihre Stimme verschafft ihm eine Vision, einen Blick auf eine gemeinsame Zukunft, die sie niemals haben werden, die ihm aber jetzt, in dieser Nacht, dennoch höchst begehrenswert erscheint. Er lauscht ihrer Stimme und den wenigen Geräuschen, die von draußen kommen. Er riecht ihre Haare, ihre Haut, den Schweiß in den Achselhöhlen, ja auch den, diese Mischung von Duftstoffen, die einen Mann anziehen und verrückt machen können. Und auch sie genießt es, ganz ruhig in seinen Armen zu liegen, ihn zu berühren, ihn sanft und zärtlich zu streicheln, seinen ganzen Körper abzutasten. Auch sie riecht ihn, seine herbe Männlichkeit und auch sie lauscht seiner Stimme, ohne zu verstehen, was er in seiner Muttersprache sagt. So taucht sie in einen Halbschlaf ein, der sie in eine andere Welt versetzt, in eine schöne, heile, heiter Welt, in der alles bestens geregelt ist. Sie schläft Armen ein, ohne dass sie versucht hätten, der Liebe noch konkreter Formen zu geben und er ist auch froh, nicht weil im etwas entgangen wäre, nein, weil er etwas dazu gewonnen hat, eine besondere Erfahrung, ein wunderschöne Erinnerung an eine zauberhafte Nacht, die auf ihre Art sein würde.
Er selbst kann schlecht schlafen, einerseits ist sehr zufrieden, ruhig neben dieser Frau liegen zu dürfen und ihre Nähe mit allen Sinnen auszukosten, andererseits ist es die letzte Nacht und damit steht auch bald der Abschied bevor und der beunruhigt ihn. Er liegt und fühlt und riecht und lauscht und weiß nicht genau, soll er glücklich oder traurig sein, aber er genießt jeder Minute einer endlos scheinenden Nacht. Zwischendurch steht er auf, ein natürlicher Drang führt ihn ins Bad, vorbei an Rosa und dem jungen Mann, die auch einen Moment der Ruhe eingelegt haben und eng umschlungen auf dem schmalen Sofa liegen und schlafen. Als er zu Ima zurückkommt, nimmt er seine Kamera, sie ist wirklich ein perfektes Instrument, und fotografiert die schlafende Schöne, diese nackte, schlanke, dunkle Ima auf dem weißen Laken im sparsamen Licht einer fernen Straßenlaterne. Es sind Bilder, dunkel und unscharf, aber voller Harmonie und sie bewahren die Sehnsucht, die er in dieser Nacht empfindet und die ihm Tränen des Glücks in die Augen triebe, wertvoll Erinnerungen an eine noch wertvollere Nacht. Dann liegt er wieder neben ihr, berührt sie, ihren Hintern, die Taille, sie dreht sich um, murmelt im Halbschlaf. Auch er dämmert nun vor sich hin, muss nun doch Morpheus Tribut entrichten. Dann wecken ihn die Hähne. Am Horizont erscheint das erste fahle Licht des neuen Tags. Ima liegt auf der Seite, den Rücken ihm zugewendet. Sie atmet ganz gleichmäßig, schläft tief. Er schmiegt sich an ihren Körper, ganz dicht, ganz nahe, er fühlt sie, nimmt sie in sich auf. Was für eine attraktive Frau habe ich nur kennengelernt, denkt er glücklich. Und dann geschieht es, ganz plötzlich, ohne dass er es eigentlich gewollt hat, ohne dass er es gezielt angestrebt hat. Auf einmal ist er voll Verlangen nach dieser jungen Frau, auf einmal hat er eine gewaltige Erektion und es drängt ihn geradezu, halb unbewusst, aber dennoch voller Gier, sie zu penetrieren. Er tut es, ganz sanft, ganz vorsichtig. Ima regte sich nicht, erwacht nicht, spürt sie etwas, er weiß es nicht. Für ihn ist dieser Moment, bei aller vorausgegangenen Romantik, doch der veritable Höhepunkt dieser Nacht. Dann schläft er ein. Als sie erwachen, sagt er nicht, was er getan hat. Er sagt nur, dass es wunderbar gewesen sei, eine Nacht wie ein Traum. Sie erzählt ihm nun voller Glück ihren Traum, ihren wunderbaren Traum. Ob er es glaube oder nicht, aber sie waren zusammen, in diesem Traum war sie mit ihm zusammen, sie waren verheiratet, lebten in einem schönen Haus am Meer, umgeben von Kindern, alle hellbraun, eine glückliche Familie. Das genau sei auch ihr Lebenstraum. Er ist gerührt.
Nachdem sie aufgestanden waren und sich fertiggemacht hatten, kochte der junge Mann Kaffee und erklärte, wo man Brot besorgen könne. Die beiden Mädchen gingen einträchtig, um es zu kaufen, sie hatten sich viel zu erzählen. Dann frühstückten sie, wieder sehr frugal, Kaffee, Brot und die Reste des abendlichen Festmahls. Bevor sie aufbrachen, frage er den Gastgeber, was er ihm schulde. Der war eine sehr ehrliche Person und verlangte nur eine kleine Summe, nur etwas Bargeld, damit er in diesen schlechten Zeiten über die Runden käme. Mehr wolle er nicht, denn die Nacht mit Rosa sei unbezahlbar, einmalig und eine große Freude gewesen, jedenfalls nicht mit Geld zu bezahlen. Rosa himmelte ihn bei diesen Worten an und musste mit den Tränen kämpfen. Auch Ima war von dem Glück ihrer Freundin angetan, denn nun musste sie selbst kein schlechtes Gewissen mehr haben, dass nur sie mit solchen Gefühlen gesegnet worden war und außerdem brauchte sie wohl auch keine Eifersuchtsattacken zu fürchten. Imas Gefühle waren überwältigend und nicht erst seit dieser Nacht, sie fühlte sich zum ersten Mal als Frau wirklich wahr- und ernstgenommen, fühlte, dass ihre Liebe erwidert wurden und nicht zuletzt ihre Sehnsucht nach gutem Sex gestillt worden war. Allerdings sah sie auch schon den Schatten des Trennungsschmerzes in der Ferne, aber noch war der weit weg, noch lag ein neuer, gemeinsamer Tag vor ihnen. Auch der Grund ihrer Liebe, die Basis ihrer Träume, das Ziel ihrer Begierde war mit dem Verlauf des Aufenthalts und mit der Gastfreundschaft des gelockten Jünglings sehr zufrieden. Um das auch zu zeigen, spendierte er ihm ein wirklich großzügiges Trinkgeld, das dessen Glück noch weiter vermehrte. Dann schieden sie und fuhren vergnügt in den neuen Tag, der Regen hatte aufgehört.
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