Um die kühle Limo im Schatten zu trinken, gingen sie zusammen ein paar Schritte die Straße hinab, bis zu einem zentralen Platz mit einem Denkmal in der Mitte, an dem er schon vorbeigefahren war. Sie setzten sich auf eine Bank unter großen, ausladenden Bäumen und prosteten sich zu. Miteinander zu reden, war nicht einfach, die Sprachschwierigkeiten waren zwar groß, aber nicht unüberwindlich. Er konnte zwar ein wenig Spanisch, einige Kurse in der Volkshochschule, ein Computerprogramm, nachdem er gebucht hatte, auch frühere Aufenthalte an der Costa Brava und auf Teneriffa waren hilfreich, aber hier, in diesem Land, in dem er noch nie gewesen war, musste er sich nun allein durchbeißen. Wenn er Ruhe und einen Gesprächspartner hatte, der auf ihn einging, würde er schon zurechtkommen, das war er sich sicher. Zur Not konnte er ganz gut mit Händen und Füßen reden und das kleine Wörterbuch, das er immer dabei hatte, war auch hilfreich. Eigentlich redete nur Rosa, Ima hörte zu, nickte manchmal oder schüttelte den Kopf. Er wollte wissen, ob es hier etwas gäbe, das sich anzusehen lohne. Fehlanzeige. Ob es in der Gegend einen interessanten Ort gäbe, den er besichtigen sollte. Schulterzucken. Was es in der Stadt überhaupt gäbe. Schweigen. Sie hatten sich wirklich nicht viel zu sagen, aber ihm gefiel die Gesellschaft der jungen Frauen, und da er auf jeden Fall eine Pause machen wollte, um das Fahren in der Affenhitze zu vermeiden, war ihm die Gesellschaft durchaus recht. Allein der Gedanke an den heißen Jeely verursachte einen neuen Schweißausbruch und dabei fiel ihm ein, dass das Auto in der prallen Sonne stand und dass es hier im Schatten auf jeden Fall besser aufgehoben wäre. Platz gab es genug, Parkplatzsorgen sind die geringsten Sorgen in diesem Land. Als er sagte, er müsse das Auto umpacken, wollten die beiden ihn begleiten und fragten, als sie angekommen waren, ob sie nicht zusammen eine kleine Runde drehen könnten, "una vuelta", etwas Abwechslung, "un poco diversion". Er nickte, das sei kein Problem und so fuhr er noch einmal durch die Stadt, alle Fenster heruntergekurbelt, um etwas Fahrtwind abzubekommen. Die beiden waren begeistert und er musste an ihren Wohnungen vorbeifahren. Rosa drückte Rosa anhaltend auf die Hupe, sie hatte sich gleich neben ihn gesetzt. Ima musste hinten sitzen, obwohl sie viel längere Beine hatte, zu lange für das enge Auto, aber Rosa ist immer etwas schneller und drängt sich immer vor. Die Verwandtschaft staunte und winkte, die Chicas strahlten voller Stolz. In dem Ort gab es in der Tat nicht viel zu sehen. Es gäbe ein Restaurant, das sei aber zu. Man könne nur bei einer Frau essen, die auch eine Wohnung vermieten würde. Aber er brauchte ja kein Zimmer, er wollte ja hier nicht bleiben und Hunger hatte er bei der Hitze auch keinen mehr und schon bald würde er in einer richtigen Stadt sein, mit richtigem Leben.
Während der Runde durch die verschlafene Stadt, entdeckte Rosa das Ei, das am Rückspiegel hing, ein eiförmiger MP3-Player, der Musik von erstaunlicher Qualität wiedergab, Musik, die er auf seinem Handy gespeichert hatte. Auf Rosas Drängen hielt er kurz an und schaltete die Geräte ein, dann wollte Rosa unbedingt ausprobieren, ob ihr Handy auch funktionierte. Das war zum Glück der Fall, obwohl es wirklich schon ganz schön marode war, und von nun an hörten sie fast ständig Musik und das fanden die beiden einfach umwerfend, unfassbar, super, Auto fahren und Musik hören zusammen, welch tolle Kombination. An dem zentralen Platz wieder angekommen, parkte er das Auto im Schatten, direkt neben der Bank, auf die sie sich wieder setzten. Sie öffneten neue Dosen mit Limo, aber der Inhalt war inzwischen sehr warm geworden. Nachdem er einen Schluck genommen hatte, stellte er die Dose mit einer Geste der Abscheu auf die Bank, das warme Zeug sei wirklich ekelerregend und nur im eiskalten Zustand genießbar. Den Mädchen schmeckte die warme Limo trotzdem. Wenn er kühles Bier wolle, sagte Rosa, könne sie welches besorgen, sie wisse, wo man es bekäme und ein paar Dosen seien wirklich super. Er nickte, kramte nach einem Geldschein, gab ihn Rosa, die ihn aber gleich an Ima weitergab, es war natürlich Ima, die das Bier besorgen sollte.
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