Eine wundersame Weihnachtsgeschichte

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Eine wundersame Weihnachtsgeschichte

Eine wundersame Weihnachtsgeschichte

Sven Solge

„Warum machst du das für mich?“, fragte sie jetzt mit fester Stimme.
Das warme Wasser hatte ihr scheinbar gut getan.
Der Schaum bedeckte alles, was unter Wasser war, nur ihre Rechte Hand hielt sie hoch und deutete Ihm an, in dem sie mit ihren Fingern klimperte, dass sie seine Hand anfassen wollte.
Er reichte ihr seine Hand und da er es in dieser Haltung nicht lange aushalten würde, zog er sich einen kleinen Schminkhocker heran, setzte sich zu ihr und umschloss ihre Hand mit seinen Händen.
„Weil ich gemerkt habe, dass du Hilfe gebrauchen könntest. Ich wusste nicht, dass dein Mann verstorben ist. Wie ist das passiert? Hatte er einen Unfall?“, fragte er fasst übergangslos.
Anne schüttelte energisch den Kopf: „Kein Unfall! Maik hatte Prostatakrebs.“
Ihre Augen wurden bei der Erinnerung ganz blank, sie fing sich aber sofort wieder.
„Ich würde jetzt gerne aufstehen, würdest du mir bitte meinen Bademantel geben.“ Sie zeigte zur Tür, wo ein rosafarbener Mantel hing.
Matthias holte den Bademantel und hielt ihn ihr so hin, dass sie aus der Wanne steigen konnte, ohne dass er von ihr etwas sehen würde.
Er hörte das leise plätschern des Wassers und als sie stand musste er den Bademantel etwas sinken lassen, damit sie ihre Arme in die Ärmel stecken konnte.
Matthias war überrascht wie glatt und faltenlos ihr Nacken und ihre Schultern waren. Bei dem Anblick wurde ihm ganz warm ums Herz.
Während Anne den Bademantel mit dem Gürtel verschloss, rubbelte Matthias über ihren Rücken, um ihn trocken zu reiben. Ihren Po ließ er dabei allerdings aus.
„Hast du Hunger? Ich wollte dir gerade ein paar Spiegeleier braten, magst du Spiegeleier?“
Anne drehte sich zu ihm um und blickte ihn mit ihren grünen Augen traurig an: „Ich habe keine Eier.“
„Aber ich!“, sagte Matthias. „Ich denke, dass du schon lange Zeit nichts mehr richtiges gegessen hast, du hast sehr abgenommen!“
„Wozu soll ich essen, wenn mir das Liebste genommen wurde? Ohne Maik hat das Leben für mich keinen Sinn.“
Matthias war erschüttert über ihre Aussage, hatte aber schon so etwas vermutet.
Sie schwiegen eine Weile, doch dann sagte Matthias zu ihr: „Dein Maik hat dich doch geliebt, oder?“
Anne schaute ihn mit glänzenden Augen an: „Ja, sehr!“ Sie zögerte etwas und Matthias merkte an ihrem Blick, dass sie in Erinnerungen schwelgte. „Er hat immer gesagt, ich wäre sein Herz und ohne sein Herz könne er nicht leben! Aber nun ist er so weit weg und ich kann nicht bei ihm sein!“ Die Traurigkeit in ihrer Stimme rührte Matthias und er musste den Kloß in seinem Hals erst Mal runter schlucken.
„Aber wenn Maik dich geliebt hat, meinst du er hätte gewollt, dass du aufhörst zu essen? Du triffst doch Maik irgendwann wieder und wenn du so abgemagert bist wie jetzt, erkennt er dich wahrscheinlich gar nicht wieder. Du solltest schon die schöne Frau sein, in die er sich damals verliebt hat, damit er dich auch wiedererkennt.“
„Komm, trockne dir mal die Beine ab und dann komm in die Küche.“ Er reichte ihr ein Handtuch, welches am Waschbecken hing und ließ sie dann allein.
In der Küche suchte er erst mal eine Pfanne für die Spiegeleier und nachdem er die auf dem Herd erhitzt hatte legte er ein paar Scheiben Mettwurst rein, die er eigentlich für sich gekauft hatte und briet die ein wenig an. Dann schlug er vier Eier drüber, stellte einen Teller auf den kleinen Küchentisch, holte Messer und Gabel aus einer Schublade und legte alles für Anne zurecht.
„Wo bleibt sie nur?“, dachte er gerade, als Anne plötzlich in der Tür stand und schnuppernd die Nase hob.
„Oh, das riecht aber gut!“, sagte sie und warf einen Blick in die Pfanne.
„Setz dich, die Eier sind fertig!“
Während Anne ihren Stuhl zurecht rückte, füllte Matthias ihr die Spiegeleier auf den Teller und forderte sie auf zu essen! „Guten Appetit!“
Anne stocherte etwas zaghafte an den Eiern rum, sodass Matthias sich abwandte, als das Wasser für einen Tee an zu kochen fing. Matthias hängte einen Früchte-Tee Beutel in den Becher und goss das heiße Wasser drüber.
Als er sich wieder zu Anne umwandte, hatte sie die Hälfte schon gegessen und strahlte ihn glücklich an: „Ich habe noch nie solche pikanten Spiegeleier gegessen!“, sagte sie und fuhr sich mit der Zunge ein übers andere Mal über die Lippen.
„Magst du noch eins?“, fragte Matthias.
„Oh ja bitte!“
„Mit verlaufendem Käse drüber?“, fragte er nach.
„Ich glaube ich mag Käse?“, sagte sie nachdenklich.
Matthias schlug noch ein Ei in die Pfanne und als es fast fertig war, legte er eine Scheibe seines Emmentaler drüber und ließ ihn etwas anschmelzen.
Als er ihr das fertige Spiegelei jetzt auf den Teller legen wollte und Anne sich nach vorne beugte, um den Duft einzuatmen, klaffte ihr Bademantel etwas auf und gewährte ihm einen tiefen Blick auf ihre nackten Brüste.
Dieser intime Einblick ließ seine Hand erzittern und beinahe wäre das Spiegelei vom Bratenwender auf dem Tisch gelandet.
Irritiert wandte Matthias sich verlegen ab. Er war peinlich berührt und gleichzeitig unglaublich erregt über ihren schönen Busen, dessen Anblick sich in sein Gedächtnis einbrannte, da der für ihr Alter noch unglaublich fest aussah.
„Willst du gar nichts essen?“, fragte Anne plötzlich.
Matthias zögerte etwas, sagte dann aber: „Warum nicht, dann brauche ich drüben nicht alleine zu essen.“
Er legte noch zwei Scheiben Mettwurst in die Pfanne, die sofort an zu brutzeln fingen, da die Pfanne noch heiß war. Schlug zwei Eier drüber und legte dann ebenfalls eine Scheibe Käse drauf. Holte noch  einen Teller aus dem Schrank, sowie Messer und Gabel und als alles fertig war, setzte er sich mit an ihren Tisch.
„Wann ist Maik verstorben?“, fragte er und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt, weil er sie an ihren Verlust erinnerte.
Doch Anne schien es nichts auszumachen, denn nachdem sie noch einen Schluck von ihrem Tee getrunken hatte, den Becher wieder auf den Tisch stellte und ihre Hände zum Wärmen darum schloss, erwiderte sie seine Frage ohne Pathos: „Vor vierzehn Monaten. Er muss fürchterliche Schmerzen gehabt haben, aber hat mir nichts davon erzählt. Erst als die Schmerzen für ihn unerträglich wurden, hat er es mir gebeichtet. Doch die Operation kam viel zu spät, weil die Metastasen schon im ganzen Körper verteilt waren.“
Matthias schien es so, als wenn Anne froh war, mit jemanden darüber zu reden. Sie rührte mit dem Löffel gedankenverloren in ihrem Tee und legte dann den Teelöffel weg, ließ aber ihre Hand auf dem Tisch liegen.
Als Matthias jetzt seine Hand auf ihre legte und sagte: „Es tut mir so unglaublich leid für euch beide, ihr wart so ein verliebtes Paar und ich habe euch oft bewundert, wie liebevoll ihr miteinander umgegangen seid.“
Da schaute sie ihn überrascht an: „Du hast uns beobachtet?“
Matthias zuckte mit den Schultern: „Das ließ sich nicht vermeiden, du weißt ja, wo ich wohne! Ich hätte was darum gegeben auch so eine wundervolle Partnerschaft zu haben, was mir leider nicht vergönnt war.“
„Du warst verheiratet? Das wusste ich ja gar nicht?“ Sie schien etwas irritiert zu sein.
„Ich bin seit zwölf Jahren geschieden, wir hatten einfach nichts gemeinsames mehr und dann hat Gerda sich in einen jüngeren Mann verliebt.“ Matthias zuckte hilflos mit den Schultern und wollte seine Hand zurück ziehen, doch Anne hielt sie fest und drückte sie kräftig.
Nach einer längeren Pause, in der sie sich gegenseitig mit dem Daumen über den Handrücken streichelten, sagte Anne plötzlich: „Vielleicht können wir uns gegenseitig etwas stützen und uns von den schweren Gedanken lösen. Weißt du, was Maik mir auf dem Sterbebett für ein Versprechen abverlangt hat?
Matthias schüttelte den Kopf.
„Er hat mir das Versprechen abgenommen, nicht bis an mein Lebensende allein zu bleiben und mich wieder zu verlieben. Nun mit dem Verlieben ist es so eine Sache, ich weiß nicht, ob ich das noch mal könnte, aber eine liebevolle Freundschaft könnte ich mir vorstellen.“
„Das fände ich auch schön.“, sagte Matthias. „Jetzt wo wir uns näher kennengelernt haben, könnten wir uns gegenseitig unterstützen. Montag ist Heiligabend, hättest du Lust zu mir zu kommen und ich mache uns was leckeres zu essen? Ich würde dich auch abholen und sicher wieder nachhause bringen. Was meinst du?“
Anne strahlte, das würde ich gerne machen. Ich hatte schon Angst vor den langen Feiertagen und dem Alleinsein.
Matthias drückte ihr noch mal die Hand und stand dann auf. Ich will noch mal schauen, was du noch zu essen hast, ich werde für dich am Montag noch mal etwas Einkaufen. Doch der Kühlschrank war bis auf die Sachen, die er von seinem Einkauf da gelassen hatte leer. Also würde es einen etwas größeren Einkauf geben.
„Was hälst du davon, wenn ich dich morgen schon früh zum Frühstück abhole und wir frühstücken zusammen? Denn du hast ja noch nicht mal Brot und die Geschäfte haben schon zu.
Als Anne sich jetzt zu ihm wandte und sich beim Aufstehen vorbeugte, gewährte sie ihm wieder einen vollen Blick auf ihre Brüste.
Jetzt war es für Matthias zu viel, er stellte sich vor Anne hin, fasste ihren Bademantelkragen an und bedeckte ihre Blöße. „Du solltest dir etwas anziehen!“, sagte er und zog den Kragen noch etwas enger und gab ihr spontan einen leichten Kuss auf die Wange.
Überrascht hielt Anne jetzt selber ihren Bademantel zu und meinte: „Ja, das sollte ich wohl tun.
Während Matthias noch mit ihrer Nähe zu kämpfen hatte, als er mit seinen Lippen ihre Wange berührte und sich in ihm wilde Gefühle entwickelten, hatte sein plötzlicher Kuss bei Anne Erstaunen ausgelöst.
Solange sie ihren Mann Maik kannte, war ihr nie wieder ein Mann so nahe gekommen wie jetzt gerade Matthias. Sie lauschte den Empfindungen nach, die dieser Kuss in ihr ausgelöst hatte. Es fühlte sich so anders an, so fremd und doch so vertraut.
Noch lange nachdem Matthias gegangen war und ihr gesagt hatte, dass er sie morgen früh um zehn Uhr abholen würde, stand sie, abgestützt an ihrem Küchentisch und dachte an das, was gerade passiert war.
Seit über einem Jahr hatte sie niemanden an sich ran gelassen. Kinder waren ihr und Maik verwehrt geblieben, obgleich sich Maik sehnlichst eine Tochter gewünscht hätte. Auch sonst hatten sie keine Verwandten, die in der Nähe wohnten. Weder Anne noch Maik hatten Geschwister, so war für sie die Einsamkeit vorprogrammiert.

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Vielen

schreibt UHS_1960

Vielen dank für eine weitere gefühlvolle Geschichte von Dir. Ein frohes Weihnachtsfest und viel Gesundheit im neuen Jahr im voraus.

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