Die folgende erotische Kurzgeschichte ist hinsichtlich der Komposition reine Erfindung,namentlich in der Ausstattung der Personen mit bestimmten Eigenschaften. Der Realitätsgehalt der einzelnen Verhaltensweisen und Szenen an sich ist damit nicht in Frage gestellt.
Auf Umwegen und mit grosser Verspätung erreichte mich vor einigen Wochen eine Todesanzeige. Mein ehemaliger Studienkollege, der Architekt Arnaud Z. war in seinem 47. Altersjahr das Opfer eines Verkehrsunfalls geworden. Mit seiner Frau Eva-Maria, einer Kunsthändlerin, war ich vor ihrer Heirat kurze Zeit sehr eng und intim befreundet gewesen. Dass sie dann den Arnaud Z. nahm und mich ohne Erklärung ziemlich brüsk sitzen liess, hat mich damals tief verletzt, denn ich hatte sie leidenschaftlich begehrt – vielleicht etwas zu leidenschaftlich. So hatte es sie wohl schockiert, dass ich sie in meiner Begier einmal in einem fremden Hausgang fast zu vergewaltigen versuchte. An die Hochzeit wurde ich jedenfalls nicht eingeladen und ich verlor die Familie aus den Augen, bis wir uns vor etwa einem halben Jahr bei einer Weihnachts-Vernissage zufällig begegneten und nach kurzer, doch freundlicher Unterhaltung die Adressen austauschten. Zu einer Verabredung kam es dann doch nicht, weil ich geschäftlich ins Ausland verreiste. Und nun hielt ich also das schwarz umrandete Papier in der Hand. Ich zögerte keinen Moment, die Bekundung des Beileids nachzuholen – und bei der Gelegenheit gedachte ich auch von der Frau zu erfahren, warum ich damals bei ihr keine Chancen hatte.
Die Witwe empfing mich sehr gefasst, kein verweintes Gesicht, das diskrete Make-up tadellos. Angezogen war sie genau wie 20 Jahre zuvor: helle, bunt gemusterte Bluse mit gerade noch dezentem Ausschnitt, dunkler Faltenjupe, sommerlich strumpflos. Wie eine Fürstin sass sie mitten auf dem Sofa. - Nach dem Kondolieren, der Erkundigung über den Hergang des Unfalls – ein angetrunkener Autoraser war auf das Trottoir geraten, Arnaud auf der Stelle tot, sein Sohn schwer verletzt, unterdessen in Rehabilitation – und nach dem Einschenken und Nippen am Drink kam ich schnell zur Sache – vielleicht etwas zu ungeduldig: „Warum eigentlich hast du mich damals…?“
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