Eine Taxifahrt ins Traumland

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Eine Taxifahrt ins Traumland

Eine Taxifahrt ins Traumland

Reneé Hawk

Ich stand in der Dunkelheit, wartete und hatte schon kleine Frostbeulen an den Fingern. Wie immer trug ich keine Handschuhe, warum auch, ich hatte Taschen an meinem Wintermantel, ich brauchte keine Handschuhe. ‚Handschuhe sind etwas für Weicheier.’, hatte mal jemand lapidar zu mir gesagt, seither trage ich keine Handschuhe bei mir. Der kalte Wind blies durch meine Haare und die Wangen färbten sich rot, jedoch war mir nicht kalt. Geduldig tippelte ich auf und ab, kein Taxi zu sehen. Der Bahnhof war mittlerweile leer und die Beamten vom Sicherheitsdienst schlossen bereits die Türen am Haupteingang. Der Mond stand über der Metropole und hinter manchem Wolkenband konnte man die Sterne funkeln sehen. Und immer noch kein Taxi.
Geduldig wartete ich bereits zehn Minuten am Taxistand, als ich zwei Scheinwerferaugen auf mich zukommen sah. Innerlich freute ich mich, in ein warmes Auto zu kommen und mich etwas aufwärmen zu können. Das Taxi, im typischen cremeweiß, hielt an und ich konnte als Fahrer eine Frau ausmachen. Mit klammen Fingern öffnete ich die rechte hintere Seitentür und stieg in den Fond ein. Ich wurde von einem warmen Raum herzlich empfangen. Ein herrlicher Schauer lief durch meine Knochen, ich schüttelte mich und sah im Rückspiegel das Gesicht der Fahrerin. Sie lächelte, als sie nach meinem Ziel fragte.
„Reichelstrasse, bitte.“, antwortete ich und wie automatisch fügte ich noch hinzu: „Ginnheim, beim Seniorenwohnheim.“
Die Taxifahrerin nickte und stellte das Taxameter ein. Leuchtende Ziffern wurden sichtbar, ich dachte an die Fahrt, die vor mir lag. Eine Fahrtdauer von ungefähr zehn Minuten, ein Fahrpreis von ungefähr neunundzwanzig Mark, es war Nacht und dadurch entstand ein etwas erhöhter Nachtzuschlag. Ich lehnte mich zurück und schaute aus dem Seitenfenster.
Das Radio dudelte leise vor sich hin, die Straßenlaternen schossen an mir vorbei und die Straßennamen musste ich nicht lesen, zu oft bin ich hier entlanggefahren. Der ‚Platz der Republik’, die ‚Alte Oper’ dann die ‚Bockenheimer Landstrasse hinauf, am ‚Palmengarten’ vorbei, die ‚Bockenheimer Warte’ links liegen lassen, ebenso die ‚Universität’, in die ‚Sophienstrasse’ hinein und dann immer gerade aus bis zum ‚Markuskrankenhaus’, über die Ampel und dann in der ‚Ginnheimer Landstrasse’, bei der Apotheke links einbiegen, hier ein paar Schlangelinien fahren und am Ende der Strasse rechts rum und etwa einhundert Meter weiter anhalten, und ich war zuhause. Ich schloss meine Augen und ließ mich treiben, von der Musik im Radio und von der Vorfreude, nach Hause zu kommen. Es sollte eine Überraschung werden, ich wollte Julia eine Freude machen und konnte mich schon einen Tag früher vom Kongress in Berlin frei machen. Ich freute mich auf Julia und schmunzelte mit geschlossenen Augen in mich hinein.

Es klingelte an der Haustür. ‚Das ist er, das ist Manni.’, dachte sie freudig und ging schnellen Schrittes zur Wohnungstür, drückte auf den Türsummer und hörte einige Sekunden später wie die schwere Haustür ins Schloss fiel. Sie hatte ihren hauchdünnen, rosa schimmernden Morgenmantel über, sachte streifte sie über ihre rechte Schulter und das Mäntelchen fiel zart um den Oberarm und ließ dabei ein Tattoo sehen. Der Adler blitze mit seinen Schwingen auf der weißen Haut, in Richtung Freiheit. Das rechte Bein hatte sie leicht nach vorne gestellt, das Knie zeigte sie durch den Überschlag des Mantels. Ein verführerisches Lächeln empfing Manni. Ein zarter Kuss wechselte den Besitzer und die schlanken Arme der Frau fielen wie Schlangen um den Hals von Manni. Vorsichtig und leise zog sie Manni in die Wohnung hinein. Mit dem Fuß stieß sie die Tür ins Schloss und drückte sich fester an Manni heran. Sie versuchte Manni den schweren Wintermantel auszuziehen, doch hierbei musste er helfen. Die Schuhe streifte er von den Füssen und ließ alles da liegen, wo es gerade verloren wurde. Sie zog Manni an der Jacke durch den Flur, vor dem Wohnzimmer ließ er seine Jacke zu Boden fallen, vor der Couch verlor sie ihren rosa Morgenmantel. Manni musste vor Aufregung schlucken, seine Augen starrten nur noch auf den üppigen Busen, der in einem rosafarbenen Korsett eingepackt waren. Kleine weiße Schleifchen waren an der Vorderseite spielerisch drapiert. Die Figur zeigte dadurch eine wahre Wespentaille. Der Rand des Korsetts wurde von weißer Rüsche verziert und das Gesamtbild dieser Frau überwältigte Manni zusehends. Seine Hand streichelte ihre Bauchpartie, das Material des Korsetts begann ihn zu faszinieren, Er berührte sie an den Stellen ihres Körpers, welche mit der Korsage bedeckt waren. Das Material war fest und weich zugleich. Die Farbe war zart und kräftig zugleich. Manni verspürte den Wunsch, dieses Teil selbst am Körper zu tragen, doch er traute sich nicht, ihr gegenüber den Wunsch laut zu äußern. Er schwieg, nahm die Frau fester in den Arm und küsste sie inniger als jemals zuvor.<
„Hallo, junger Mann.“, hörte ich die Taxifahrerin, „wir sind da. Reichelstrasse.“
Verträumt öffnete ich die Augen und suchte in meiner Manteltasche nach meinem Geldbeutel. Mein Blick auf die Taxiuhr verriet mir: ‚Fünfundzwanzig Mark’, das Taxi hatte keinen Umweg genommen.
„Haben sie gut geschlafen?“, fragte mich die Fahrerin und schmunzelte in den Rückspiegel.
„Ja, danke. Sie sind eine gute Fahrerin, hier bitte.“. Ich gab ihr dreißig Mark und sagte, dass es gut sei.
„Brauchen sie eine Quittung?“, fragte sie und bedankte sich für das üppige Trinkgeld mit einem bezaubernden Lächeln.
„Nein, ich bin froh zuhause zu sein. Haben sie Dank und allzeit gute Fahrt.“, sagte ich und machte die Tür auf, stieg aus, ließ die Tür ins Schloss fallen und sah, wie das Taxi einige Sekunden später in der Dunkelheit verschwand.
Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf und flüsterte leise vor mich hin:
„Manni, Manni, was hast du manchmal für Träume.“, und dabei sah ich wieder die Taxifahrerin mit ihrer Korsage vor mir.

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