Zurück in seinem Zimmer, leerte er als erstes fast auf einen Zug eine ganze Flasche Wasser, dann verstaute er seinen Rucksack im Schrank und legte sich, dreckig und verschwitzt auf das Bett, eine harte Pritsche mit Sprungfedern aus Metall, die die Bezeichnung Bett eigentlich gar nicht verdiente. Die Versuchung liegen zu bleiben, die Augen zu schließen und sich ein paar Minuten dem dringend benötigten Schlaf hinzugeben, war groß. Aber er widerstand ihr, denn er wollte ja gleich etwas essen und zudem wusste er aus Erfahrung, dass aus den Minuten Stunden werden würden und dass ihm mit Sicherheit eine lange, schlaflose Nacht bevorstehen würde, eine Nacht in diesem öden Zimmer, zur Untätigkeit verdammt, wenn er jetzt, am späten Nachmittag, den Schlaf vorweg nahm. Dann doch lieber duschen, denn das war auch unbedingt notwendig. Er stand wieder auf, nahm das fadenscheinige Handtuch von undefinierbarer Farbe, das über der Lehne des Stuhls hing, suchte vergeblich nach Seife oder Shampoo und ging in den Duschraum am Ende des Flurs. Erst dort, als er den Wasserhahn aufdrehte und kein Tropfen Wasser kam, fiel ihm wieder ein, dass es ja „momentan“ keines gab. Verärgert und genervt ging er auf den Hof. Auf dem Weg zum Brunnen musste er an einem gefährlich aussehenden Hund vorbei, der jedoch im Schatten döste und ihn ignoriert, vorbei an Hühnern, die wegen der ungewohnten Störung aufgeregt gackerten und vorbei an einem Papagei auf einer Stange, der ihn doof anglotzte und kein Wort sagte, obwohl er stehen blieb und ihn zum Sprechen animierte. Das Wasser im Brunnen, das er mit einem Eimer an einer Kette heraufholte, war lauwarm und schmeckte komisch, als er einen Schluck in den Mund nahm. Er spukte es angeekelt aus. Vielleicht schmeckte es nicht nur schlecht, sondern war auch hygienisch nicht einwandfrei. Bei diesem Gedanken musste er lachen. Hygienisch einwandfreies Wasser, hier in dieser Bruchbude, in diesem Kaff? Einwandfreies Wasser gab es nur in den hellblauen Plastikflaschen. Dann überlegte er, wie er hier überhaupt duschen könnte und er kam er zu dem Schluss, dass er einen Eimer mit Wasser nach dem andern aus dem Brunnenschacht hochhieven und sich den Inhalt dann selbst über den Kopf und den Körper leeren müsste. Dazu müsste er sich gewissermaßen in aller Öffentlichkeit nackt ausziehen und das war ihm höchst unangenehm, obwohl ihn wohl niemand beobachten würde. Selbst die Lust, sich unter diesen spartanischen Bedingungen und mit diesem Wasser gründlich zu waschen, war ihm vergangen. So taucht er nur die Hände und die Arme in das Wasser und wusch sich das Gesicht, auf den Rest verzichtete er, gründliches Waschen würde er nachholen, wenn es dunkel war. Auf dem Rückweg richtete er wieder ein paar Worte an den sprachlosen Papagei. Die Hühner waren immer noch aufgeregt und der Hund wedelte diesmal mit dem Schwanz. Er war wohl harmloser als er aussah.
Die Hoffnung, dass das Essen schon bereit stehe, wurde enttäuscht. Der dünne Wirt war wohl nicht der schnellste, denn es dauerte noch eine ganze Weile, ehe er die aufgewärmten Reste brachte. Der Reis war pappig und ohne einen Hauch von Salz, zum Ausgleich waren die schwarzen Bohnen versalzen. Das Gelb der Eier konnte man vom Weiß kaum unterscheiden und genau so fade schmeckten sie. Zu allem Elend musste er zur Kenntnis nehmen, dass das Bier ausgegangen war und erst am Abend nachgeliefert würde. So musste er wohl oder übel mit einer klebrigen, zuckersüßen Limonade Vorlieb nehmen, die jedoch wenigstens kalt war. Die Orange zum Nachtisch sah arg verschrumpelt aus, war aber aromatisch. Nur der Kaffee, den er statt eines Desserts bestellt hatte, war so, wie er sein sollte, heiß, schwarz und bitter.
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