Jetzt saßen beide nackt auf dem Bett. Er, wegen der widersprüchlichen Gefühle, die in ihm tobten, wie ein pubertierender Jüngling, der zum ersten Mal in seinem Leben von einer kundigen Frau verführt wird. Er ließ mit sich geschehen. Sie dagegen wusste genau, was sie wollte, ihr Vorgehen war zielstrebig, tatkräftig, selbstbewusst. Es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sie einen Mann auf diese Weise bedrängte und verführte. Sie war, da hatte er keinen Zweifel, eine Professionelle, eine Nutte, eine Hure, die aber seltsamerweise noch kein Geld von ihm gefordert hatte. Wie dem auch sei, er nahm jetzt ihre Nähe intensiv wahr, nahm den Duft einer jungen Frau in sich auf und auch den Hauch eines dezenten Parfüms, das nach Limetten roch. Und er sah sie nun unverhohlen an, wie sie sich genauso wollüstig auf dem Bett räkelte, wie die Porzellanvenus auf der Kommode. Jetzt erst legte er seine Verwirrung und seine Unsicherheit ab, wurde neugieriger und zugleich gieriger, gab endlich ihrem Drängen nach und ihren Verführungskünsten hin. Ihre Hände streichelten seine Brust, seine Arme, seine Haare. Er tastete sich über Rücken und Taille zu ihrer Brust und drückte sie sanft. Sie drängte ihren Körper an seinen, legte ein Bein auf seinen Bauch und schlang einen Arm um seinen Hals. Sein Mund suchte ihre Brustwarze, leckte, saugte, biss, während seine Hand den Weg zu ihrem Venusdreieck fand. Dann küssten sie sich, wieder und wieder, auf die Augen, die Ohren, den Mund. Und alles was dann geschah, geschah lautlos, wie eingespielt, wie selbstverständlich. Es war wie ein lang eingeübter Tanz eines Paares, das sich schon lange kennt und lange voneinander getrennt war. Eine Choreografie voller Harmonie, voller gegenseitiger Einfühlung, ohne die leiseste Dissonanz. Sie rangen und klammerten, stießen und drückten, schmiegten und pressten, immer schneller, immer heftiger, immer lustvoller, bis eine wahre Explosion ihrer aufgestauten, aufgepeitschten Gefühle beide erlöste.
Dann lag er schwer atmend auf dem Laken und beobachtete wieder den Vorhang, der sich immer noch leise im Wind bewegte. Es war der einzige Gegenstand im Zimmer, den er noch erkennen konnte. Die junge Frau stand auf, bückte sich, um ihre spärliche Bekleidung vom Fußboden aufzuheben und verließ dann, nackt und immer noch wortlos, das Zimmer. Er konnte nicht erkennen, ob sie sich in der Tür noch einmal zu ihm umdrehte und ihm zum Abschied zuwinkte oder ihn anlächelte. Er meinte, einen flüchtigen Handkuss erkannt zu haben, aber es hätte auch eine Sinnestäuschung sein können, wie alles, was er gerade erlebte hatte, reine Illusion hätte sein können, so unwirklich kam ihm die Situation vor. Genauso seltsam und unerwartet, wie er die schwarze Venus angetroffen hatte, wie sie sich ihm hingegeben hatte, war sie nun auch wieder verschwunden und er begriff, dass dieser Höhepunkt einmalig war und dass es sinnlos war, ihr nachzugehen und sie in dem Haus zu suchen. Nachdem sich seine Erregung etwas gelegt hatten, zog er sich an und ging, ohne einen weiteren Gedanken an das Bier zu verschwenden, nach dem er sich so gesehnt hatte, hinaus in die Nacht. Im Westen war nur noch ein heller Streifen am Himmel, ansonsten war alles in ein dunkles, sanftes, samtenes, girrendes, Tiefblau übergegangen. Die Vögel waren verstummt, die Grillen zirpten um so lauter und der Duft des Sommers und der jungen Frau mit ihrem Limettenparfüm begleitete ihn auf dem Weg zurück in sein Hotel.
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.