„Dienstag, 3.Oktober 2017, Tag der deutschen Einheit
Heute werde ich mich meinen Kindheitserinnerungen widmen.
Karla ist mit den Großeltern in Zoo,
Basti macht heute seine letzte Motorradausfahrt für dieses Jahr
Und ich habe Zeit...“
Ich nahm mein allererstes Tagebuch in die Hand. Das war noch so ein ‚richtiges‘, so mit Stoffbespannung und kleinem Schloss zum Abschließen. Als das voll war, habe ich mit den DIN A5-Kladden begonnen. Diese speziellen Tagebücher waren mir viel zu teuer!
Mein erster Tagebucheintrag, noch in sehr krakeliger Kinderschrift, stammte vom 12. Mai 1987:
„Liebes Tagesbuch, ab heute werde ich dir anvertrauen
was passiert und was ich denke.
Ich bin gespannt was wir zusammen erleben werden!“
Ich konnte damals noch nicht ahnen, dass ich tatsächlich 30 Jahre später immer noch schrieb und dass es mir manchmal half meine Gedanken zu sortieren und Erlebnisse zu verarbeiten …
Die ersten Eintragungen waren nichtssagend:
Meine Eltern waren scheiße, weil ich kein Pony bekam, einen Jungen in meiner Klasse fand ich voll blöd, er hatte kleine Lügengeschichten über mich erzählt und andauernd musste ich mit meinen Eltern langweilige Sonntagsspaziergänge machen!
Der erste explizite Hinweis findet sich im Juni 1987:
„Mittwoch, den 10. Juni 1987
Heute war Ingrid da. Wir haben auf dem Bett rumgealbert.
Ich habe schöne Gefühle gehabt.“
Ich habe damals auch in meinem Tagebuch meistens nur Andeutungen gemacht. Zu groß war meine Angst, das Buch könne in falsche Hände geraten. Aber wenn ich mich richtig erinnere, waren meine beste Freundin Ingrid und ich spielerisch in Streit geraten und ‚kämpften‘ um etwas. Vielleicht um mein Tagebuch, in das ich Ingrid nicht hinschauen lassen wollte. Wir berührten uns dabei an allen Körperstellen und das schien mir gefallen zu haben. Sexualität im eigentlichen Sinne war das sicher noch nicht. Ingrid und ich waren übrigens unzertrennlich. Weil wir fast überall gemeinsam auftraten wurden wir von den anderen oft einfach mit „Ingva“ gerufen. Wenn Ingva auf einer Gästeliste für eine Party stand, wusste jeder: Ingrid und Svenja sind auch eingeladen!
Dann kam der 12. Juli 1987.
„Sonntag, den 12. Juli 1987
War bei den Nachbarn. Die haben kleine Hunde bekommen. Total süß.
Meine Eltern dachten, ich hätte einen Hausschlüssel mitgenommen,
hatte ich aber nicht. Ich zu Ingrid – aber die hatte keine Zeit!
Ich bin über die offene Verandatür ins Zimmer zurück.
Da habe ich durch die angelehnte Tür meine Eltern im Schlafzimmer
gesehen. Die haben Liebe gemacht! Papa hat mich beim Zuschauen
bemerkt, da habe ich mich in mein Zimmer verzogen.
Ich habe mich angefasst. Ich konnte gar nicht aufhören damit.
Papa kam Abends zu mir. Er hat aber nicht geschimpft.
Er hat mir nur erklärt was Diskretion ist. Zum Beispiel würde er Mama nichts
davon sagen – das sei Diskretion.“
Oh, ja an diesen Tag habe ich lebhafte Erinnerungen. Ich wollte zu Ingrid und war gerade zur Tür raus als ich merkte: Sch…, kein Schlüssel! Aber das war nicht schlimm. Ich hatte eine Tür von meinem Zimmer auf die Terrasse und die hatte ich im Sommer meistens angelehnt. Ich könnte nachher gleich hinten durch die Gärten …
So machte ich es ziemlich bald, denn ich konnte bei Ingrid nicht landen, die musste mit zu ihren Großeltern. So bekamen meine Eltern von meiner Rückkehr nichts mit. Als ich aufs Klo musste, hörte ich schon beim Öffnen der Tür zum Flur ungewöhnliche Geräusche. Ich verhielt mich leise, als ich den Flur hinunterging, was nicht schwer war, bei unserem flauschigen Teppichboden. Die Geräusche kamen aus dem Elternschlafzimmer und ich spähte durch die angelehnte Tür. Eigentlich sah ich gar nicht viel. Mein Vater lag auf dem Rücken und meine Mutter saß auf ihm. Sie hatte sicher seinen Schwanz in sich, aber das konnte ich wegen des zu einem Wulst zusammengeschobenen Oberbetts nicht einmal sehen. Ich sah Teile ihres dicken Hinterns, ihren Rücken und ihre wackelnde rechte Brust, das war es schon. Aber diese Bewegungen, das Stöhnen, und ihre Anfeuerungen: „Mach, stoß zu, ... tiefer… „ oder so ähnlich, das machte was mit mir! Zwischen meinen Beinen kribbelte es, ich spürte Wärme in mir aufsteigen. Ich fasste mich nicht an, starrte nur gebannt in das Zimmer, bestimmt 2-3 Minuten …. Und da … und da sah mich Papa dort stehen. Er sagte nichts, aber ich habe es ihm angesehen, er starrte mir direkt in die Augen. Da bin ich sofort weg … Er hat Mama nichts gesagt, denn während ich mich umdrehte und ging hörte ich noch: „So, mein Häschen, jetzt dreh dich mal um…“
In meinem Zimmer habe ich mich sofort eingeschlossen und den Schlüssel zweimal umgedreht um auch ganz sicher zu sein... Ich habe mich auf mein Bett geworfen. Man muss ich in diese Zeit zurück versetzten. Pornos waren noch nicht allgegenwärtig. Wir Dorfmädchen hatten eigentlich keine Gelegenheit an so etwas zu kommen. Die Jungs waren da schon besser informiert, denn sie hatten ja die Hausmülldeponie. Damals hatten einige Dörfer noch ihre eigene Mülldeponie gehabt. Man hatte schon vor Jahren angefangen diese aus Umweltgründen abzuschaffen, aber unsere war noch da. Man muss sie sich auch anders als heute vorstellen. Ekligen Plastikabfall und Hausmüll gab es noch wenig. Es war mehr so ein Abladeort für kaputte Gegenstände. Vom Autowrack, über den alten Küchenschrank und Teppich bis hin zum Fahrrad konnte man dort alles finden. Für uns war das ein richtiger Abenteuerspielplatz. Im Sommer stellten wir uns im angrenzend großen Busch eine ‚Wohnung‘ zusammen. Autositze, Sessel, ein Tisch, vielleicht sogar eine Stehlampe… Und auf diesem Müllplatz fanden sich manchmal auch Pornohefte. Meist hatte der Regen sie schon erledigt oder sie waren von einem Feuer angekokelt, aber manchmal fanden sich auch gut erhaltene Exemplare. Nur, … die Jungs behielten sie für sich. Dieses Herrschaftswissen wurde nicht geteilt.
Und uns Mädchen blieb das Biologiebuch und das häusliche Aufklärungsbuch. Das war bebildert, aber ich kann mich nur an klassische Darstellungen erinnern: Der Mann liegt auf der Frau. … Ich musste Grinsen, weil ich in dem Moment dachte: ‚Wie Sebastian meistens! War der von so einem Buch „geprägt“ worden?‘
Ich verscheuchte diesen Gedanken und tauchte wieder im ‚Damals‘ ein:
Und nun hatte ich meine Mutter auf meinem Vater sitzen sehen. Ich holte mir mein Aufklärungsbuch und betrachtete die Schnittzeichnung einer Frau. Nicht um mich zu erregen, das war ich ja bereits, sondern um zu verstehen, um mir besser vorstellen zu können, wo mein Vater denn gesteckt hatte. Ich sah die Scheide, darüber die Gebärmutter und fragte mich, wie tief ein Mann wohl so in einer Frau steckte und stellte mir das aufrecht stehende Glied in dieser Position in einer Scheide vor. Ich legte das Buch weg und ging auf Wanderschaft …. und an diesem Tag gelang mir das erste Mal ein Orgasmus. Ich hatte schon ein paar Mal an mir rumgespielt, aber jedes Mal schnell die Lust verloren, es passierte einfach nichts. Sollten die anderen doch schwärmen davon, das waren bestimmt Angeberinnen! Ich merkte gleich, heute war etwas anders. Ich war so angeregt, durch das Gesehene, das ich da unten Feuchtigkeit absonderte. Verwundert, vielleicht auch ein bisschen irritiert, nahm ich das zur Kenntnis. Ich untersuchte es. Betrachtete die Flüssigkeit auf meinen Fingern. Es konnte zwischen Daumen und Zeigefinger sogar kleine Fäden ziehen. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich nicht nur dran gerochen, sondern auch geschmeckt habe.
Und als ich anfing mich ‚da unten‘ zu streicheln wurde das noch mehr. Und je mehr ich das tat, desto intensiver wurden die Gefühle. Ich nahm zwischendurch auch mal eine Hand an meine Brüste, aber zu meinem großen Kummer war da noch nichts, was ich hätte streicheln können und ich konzentrierte mich wieder auf meine Scheide, ich glaube so nannte ich sie damals tatsächlich noch.
Als es mir kam, habe ich es erst gar nicht verstanden. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Als ob es in meinem Kopf ‚geknistert‘ hat. Es durchzog mich ein äußerst intensiver Schauer, vor meinen geschlossen Augen explodierten Farben… Ich habe mich an diesem Nachmittag noch mehrmals gestreichelt. Zu neu, zu aufregend war das Ganze, aber so intensiv wie bei diesem ersten Mal kam das Gefühl nicht zurück.
Zum Abendessen kam ich aus meiner Festung. Alles war normal. Meine Eltern waren wie immer. So gegen neun, ich lag schon im Bett, kam mein Vater herein und setzte sich aufs Bett. Ich hatte schon die ganze Zeit Schiss gehabt, die Sache könne ein Nachspiel haben. Vermutlich habe ich ihn verängstigt angesehen, denn er nahm mir sofort jegliche Angst. Leise und in ruhigem Ton kommentierte er die Geschehnisse. Dass es ihr Fehler gewesen sei, die Tür nicht geschlossen zu haben, aber sie hätten mich bei den Nachbarn und Ingrid gewähnt, das es das natürlichste von der Welt sei, wenn zwei Menschen sich sehr liebhaben …. und dann hat er mit mir nur noch über das Wort Diskretion gesprochen. Das Mama nichts mitbekommen und er auch nichts gesagt habe, und dass ich beim nächstens Mal oder in vergleichbaren Situationen einfach weitergehen solle und so tun, als ob man nichts mitbekommen hätte. Und nun würden wir beide eben nie wieder darauf zurückkommen. Danach drückte er mir einen Kuss auf die Stirn, wünschte mir Gute Nacht und war verschwunden. In der Familie sind wird tatsächlich nie wieder darauf zurückgekommen.
Vortrag über Diskretion hin oder her, am nächsten Tag musste ich das sofort Ingrid erzählen, das mit meinen Eltern und das mit mir …
Sie lachte, als ich ihr erzählte, dass ich darüber erstaunt war, dass meine Mutter auf meinem Vater gesessen habe. Durch ihren großen Bruder war sie besser informiert, denn sie hatte sein Müllplatz-Pornoheft-Versteck ausfindig gemacht und sich ausführlich belesen, wenn man hier überhaupt von ‚lesen‘ sprechen kann. Und natürlich erzählt sie mir, was sie dort alles schon gesehen habe, wie die Paare gesessen, gelegen und gestanden hatten und wo man überall einen Pimmel reinstecken kann, was ich mit einem „iiiih“ kommentierte und dabei wurde mir schon wieder kribbelig … aber das ist eine andere Geschichte.
Ich blätterte weiter:
„4. November 1988
Auf Gabis Geburtstagsparty Engtanz zu Rod Stewart - „I am sailing“ mit Philipp.
Er hat versucht mich zu küssen, aber ich fand das mit seiner Zahnspange furchtbar.“
Da erinnere ich mich noch gut. Dieses Drahtgestell in seinem Mund damals hatte mich wirklich nicht angesprochen.
„Samstag, 6. Mai 1989
Geburtstagparty bei Ingrid. Ihr großer Bruder war auch dabei, der ist schon 16!
Er hat sich den ganzen Abend mit mir unterhalten. Beim Schwoofen wollte er
mit seinen Händen unter meinen Pulli. Ich habe ihm gesagt, dass ich das noch
nicht will. Ab da hat er sich um Karin gekümmert. Die blöde Kuh hat ihn gelassen!“
Große Güte! Die Party bei Ingrid. Ich weiß noch ganz genau, warum er nicht unter meinen Pulli durfte. Ich hatte mir den BH ausgestopft und das durfte auf keinen Fall rauskommen ... Leider war ich immer noch nicht so gut entwickelt wie Ingrid, aber immerhin tat sich langsam was ...
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