Ich glaube es war 1986. Eines unserer Reisebüros in der Stadt bot zu dieser Zeit
Tagesfahrten nach Paris für 49 DM an. Zu dieser Zeit besuchte ich ein mehrmonatiges Fortbildungsseminar für computerunterstütztes Entwerfen und Darstellen.
Einen über den anderen Samstag fuhren ein paar meiner Freunde und Seminarteilnehmer und ich morgens um 6,00 Uhr nach Paris. Ankunft war ca. um 11,00 Uhr. Die Rückfahrt fand
aber, entgegen aller anderen Anbieter solcher Reisen, erst um 12,00 Uhr nachts statt. Zurück
waren wir dann morgens um 5,00 Uhr. Man hatte praktisch einen halben Tag zur freien
Verfügung. Der Veranstalter bot zwar fakultative Rundfahrten und Besichtigungen an, die wir als ortskundige Besucher aber nicht nutzten.
Auf diese Art und Weise lernte ich Paris in kürzester Zeit kennen und lieben.
Während meiner Studienzeit, einige Jahre zuvor, hatte ich eine Kommilitonin mit dem
Namen Zoé. Zoé besuchte mit mir zusammen während zweier Semester die sog.
Grundlehre, in der nach der Dessauer Bauhausphilosophie, das Sehen und das Handwerkszeug für bildnerische Gestaltung incl. Photographie gelehrt wurde.
Zoé war ein Paradiesvogel. Sie trug neben zerrissenen Jeans entweder Blusen und Jacken,
die sie selber entworfen und geschneidert hatte, oder sie trug Kleidungsstücke, die sie aus einem Theaterfundus herausgekauft hatte. So besaß sie unter anderem auch einen blauen
Gehrock aus Brokat, oder einen bestickten Kaftan aus grünem Samt. Unter letzterem
trug sie natürlich keine Jeans sondern Pluderhosen. Ihre Schuhe waren entweder goldene
Polini-Slipper oder lackschwarze Tod´s. Ihre Hauptmacke bei ihrer Kleidung war, das sie immer entweder goldene oder silberne Socken aus metallisierten Garnen trug. Immer!
Egal was sie sonst trug.
Um es gleich zu sagen, Zoé war nicht mein Typ, ich auch nicht ihrer und wir pflegten, nachdem ich ihr einmal gründlich meine Meinung gesagt hatte, eine friedliche Koexistenz.
Zoé war ein dominanter Typ der nicht alleine sein konnte. Sie hatte immer ihren Hofstaat,
bestehend aus zwei bis drei Kommilitoninnen dabei und lästerte über alles und jeden und das oft unter der moralischen Gürtellinie. Außerdem hatte Zoé die unangenehme Art jeden halbwegs vernünftig aussehenden Typen anzubaggern, mit ihm zu pennen und dann genüßlich alle Details, natürlich hinter vorgehaltener Hand, jedermann zu erzählen, egal ob er es wissen wollte oder nicht. Kurz , sie war eine richtige Schlampe.
Sie hat es sogar fertiggebracht unseren Prof. anzumachen und den dann mit seinem Freund und Adlatus, einem unserer Lehrbeauftragten zu betrügen. Und zwar so, dass der Prof. es auch gleich merkte. Diese Freundschaft war gestorben. Endgültig.
Eine von Zoé´s Mitläuferinnen trug im Sommer immer wahnsinnig schöne Dianetten, hatte aber am rechten Fuß einen verkürzten dritten Zeh und am linken Fuß einen verkürzten zweiten Zeh. Ansonsten waren ihre Füße sehr attraktiv, weswegen ich auch öfter
hinschaute. Dieses zurückhaltende Interesse blieb Zoé natürlich nicht verborgen. Das Ergebnis war, dass sie mich in einer Kaffeepause ganz unverblümt fragte, ob ich es mit den Füßen hätte. Ich sagte ihr darauf hin, das ich ja antworten könnte was ich wollte, sie hätte sich ja schon ihr persönliches Bild gemacht hätte, und dass es mir im Übrigen scheißegal wäre was sie denke.
Zoé hatte lange, gewellte, kastanienbraune Haare und sah eigentlich nur durchschnittlich
aus. Aber sie hatte diesen wissenden, durchtriebenen Blick. Der machte sie gefährlich.
Jetzt saß sie in dem Seminar vor mir . Sie war von Anfang an sehr freundlich zu mir.
Allerdings hatte sich ihr Wesen nicht verändert. Auch hier hatte sie ihren Hofstaat.
Ein paar Freunde und ehemalige Studienkollegen und ich nutzten das oben erwähnte
Reiseangebot so aus, dass wir regelmäßig alle zwei Wochen Samstags nach Paris fuhren.
Manchmal, je nach Wetterlage, sogar jeden Samstag.
Unter den Seminarteilnehmern sprach sich diese Tatsache herum und einig fuhren mit.
Wir besuchten bzw. hatten schon zu diesem Zeitpunkt besucht, alle architektonischen und
künstlerischen Highlights der Stadt.
Der Louvre, das Museé D´Orsay, das Centre Culturel George Pompidou, Picasso und Rodin
Museum, Arc de Triomphe, Conciergerie, Invalidendom, Notre Dame und Sacré Coeur,
das Pantheon, Eiffelturm, die neue Opéra, Grand und Petit Palais mit Planetarium,
die Cité de la Science de la Villette usw. usw.
Im Quartier Latin und auf dem Mont Martre kannte ich fast jedes Bistro. Die große Pariser Küche konnten wir uns entweder nicht leisten, oder aber die Läden waren immer schon
ausgebucht .
Mittags wurde nur ein Sandwich gegessen, aber abends kehrten wir immer bei Phaestos,
einem griechischen Restaurant mit Livemusik in der Rue Mouffetard ein. Man kannte uns dort schon so gut, das die Crew im Phaestos annahm wir würden in Paris leben. Als denen zum ersten Mal klar wurde, dass wir jedes Mal aus Deutschland anreisten, hielt man uns für:
"complettement fou", für vollständig verrückt. Der harte Kern der Clique brauchte von diesem Tage an keinen Retsina mehr zu bezahlen.
Eines schönen Tages fragte mich Zoé, ob ich etwas dagegen hätte, wenn sie alleine mit nach Paris fahren würde. Ich war zu dieser Zeit unbeweibt, sie konnte also niemanden eifersüchtig machen oder sonst irgendwie Zwietracht säen. "Von mir aus." sagte ich.
Dann fragte sie mich, ob ich ihr ein paar schicke Schuhläden in Paris zeigen könne.
Auch das bejahte ich und wunderte mich insgeheim über ihre Annäherung.
Durch ihre unangenehme Art und die ausgefallenen Klamotten wäre ich nie auf die Idee gekommen mich für ihre Füße zu interessieren. Sie trug auch nie offene Schuhe oder lief barfuss. So hatte ich auch nie Grund mich olfaktorisch für sie zu interessieren.
Samstags morgens um zehn vor sechs stieg sie in den Bus, kam zu mir und fragte mich sehr
höflich ob sie neben mir Platz nehmen dürfe. Ich nickte mit dem Kopf und Zoé setzte sich neben mich. Sie trug Jeans mit Löchern, die Brokatjacke, eine weiße Bluse mit weißer Schalkrawatte und schwarze Lackslipper, dazu die obligatorischen Silbersocken .
Sie duftete nach JIL SANDER woman one.
Während der mehr als vierstündigen Fahrt kamen wir über belanglose Plauderphasen zu
ernsteren und persönlicheren Dingen. Ich fragte Zoé warum sie damals während unserer
Studienzeit und auch heute noch so verdammt biestig wäre.
Sie erzählte mir von ihrer Kindheit unter ausschließlich älteren Erwachsenen, von ihrer ersten
großen Liebe, die ein Jahr vor unserem Studienbeginn bei einem Flugzeugabsturz ums
Leben kam und das sie dann, kurze Zeit später auch noch das gemeinsame Kind verloren
hätte. Von diesem Moment an hätten Begriffe wie Liebe und Partnerschaft jede Bedeutung für sie verloren und neidete im Unterbewusstsein jedem sein persönliches Glück.
Dann hätte sie erst vor gar nicht all zu langer Zeit ihren Laden in Düsseldorf schließen müssen und einen nicht unbeträchtlichen Schuldenberg mitgebracht, den sie jetzt
abarbeiten müsse. Also Scheiße auf der ganzen Linie. Irgendwie tat sie mir dann doch leid .
Als wir in Paris angekommen waren hatten wir bestes Frühlingswetter. Ich verabredete
mich mit meinen Freunden zum Abendessen bei Phaestos, dann kaufte ich uns in der nächsten Metrostation zwei Carnets mit je zehn Fahrkarten für Metro und Bus.
Wir fuhren mit der Metro bis zur Station Champs Elyseés und gingen zuerst zu Charles Jourdan.
Als Zoé dort ihre Schuhe auszog und sich ihrer Silbersocken entledigte, sah ich, dass sie immer noch ultradünne Feinstrümpfe trug. Als ich dann zum ersten Mal überhaupt ihre Füße sah und ganz schwach erst olfaktorische Nuancen wahrnahm, hätte ich Hurra schreien
können . Zoé hatte Wahnsinnsfüße. Als sie meinen überraschten und gleichzeitig interessierten Blick sah, bemerkte sie nebenbei, dass sie ein gefragtes Fußmodel sei.
Sie probierte bei Jourdan alle ausgefallenen Modelle durch und ich zückte meine Rollei-
Minikamera und schoss von jedem Paar Schuhe die sie probierte ein Photo. Zoé hatte unheimlich bewegliche Zehen und perfekt pedikürte Nägel, mit denen sie wahre Kunst -
stücke vollführte. Bei jedem Paar Sandaletten, das sie probierte, wurde mir immer wärmer.
So besuchten wir fast alle exclusiven Großmarken. Einen großen Bogen machten wir um alle Éram und André Läden.
Als wir die Galleries Laffayettes verließen sagte Zoé. " Jetzt besuchen wir noch deinen
Namensvetter, Andrea Pfister. Weißt du wo die Rue Cambon ist?" Ich bejahte und staunte nicht schlecht, als wir nach ein paar Minuten in der Rue Cambon vor einer Schuhboutique standen, die hieß wie ich.
Dieser A.P. war ein begnadeter Entwerfer und Konstrukteur. In seinem Schaufenster standen die unglaublichsten Kreationen. Er muss zu Frauenfüßen eine ähnlich leidenschaftliche Beziehung, haben wie ich, wie sonst hätte er so tolle Schuhe entwerfen können ?
Zoé probierte gerade ihr drittes Paar Pretiosen an, als der Meister persönlich hereinschwebte.
Als er Zoé erkannte, stürzte er sich sofort auf sie und überhäufte sie mit Fragen nach ihrem Befinden usw. Während Zoé gerade ein Paar sehr filigrane Sandaletten aus rotem Leder mit
kleinen Margeriten besetzt anzog und dabei sehr freizügig mit ihren Zehen wackelte, liefen mir heiß-kalte Schauer über den Rücken. A. P. schaute mich an als sei ich nicht von dieser Welt, als er meinen Namen von Zoé hörte. Er fragte direkt nach meiner Herkunft und als er
hörte das ich zwar in vierter Generationen Deutscher sei, meine Roots aber in die Schweiz zurückreichten, begrüßte er mich so herzlich wie einen Bruder. Zoé erzählte, dass sie A.P.
vom modeln aus ihrer Düsseldorfer Zeit kennen würde und das er seine Entwürfe am liebsten an ihren Füßen sehen würde. Er stellte Zoé seine neusten Entwürfe vor, an denen selbst ich nichts herumzukritisieren hatte, und sie probierte sie alle an, soweit sie ihre Größe hatten.
A.P. war sehr zufrieden und buchte Zoé für seine nächste Schau.
Nach dem wir alles gesehen und anprobiert hatten, ich hatte meinen fünften 36 er Film in der Kamera, verabschiedeten wir uns von dem sehr sympathischen A.P .und besuchten zum Abschluss noch den Friedhof Père Lachaise. Unterwegs kaufte ich eine Flasche guten
Rotwein. Dann fuhren wir mit der Mertro zum Friedhof und eilten ohne Umweg zum Grab von Jim Morrison, dem Sänger der Doors. Es gehörte für mich zu fast jedem Parisbesuch dazu an seinem Grab eine Flasche zu öffnen, auf sein Wohl anzustoßen und "ihm" den Rest stehenzulassen. Ein Ritual das viele Fans durchführten, sehr zum Leidwesen der Friedhofsverwaltung und sehr zur Freude der Clochards. An machen Tagen standen zwanzig bis dreißig Weinflaschen herum.
Zoé war so gerührt davon und von der ganzen Atmosphäre an Jimmis Grab, dass sie
anfing zu weinen und nicht mehr aufhören wollte. Hier lagen sich damals junge Leute aus der ganzen Welt in den wildfremden Armen und heulten sich den Frust von der Seele. Auch heute waren wir nicht allein. Ein junger Amerikaner heulte Rotz und Wasser und legte einen großen Bund Canabis-Stiele, Drehtabak und Rizzla-Papers auf Jimmis Grab.
Ich stellte die halb volle Flasche auf das Grab, fuhr mit der Hand über die Haare von Jimmis Marmorbüste und sagte ihm was ich immer zum Abschied sagte: " See you in hell, Jimmi."
Dann nahm ich die weinende Zoé an der Hand und wir gingen ein paar Schritte bis zur nächsten Bank. Sie war, aus welchen Gründen auch immer, total von der Rolle.
Ich trocknete ihr mit meinem Taschentuch die Tränen und küsste sie sanft auf die Wange.
Zoé sagte mir mit tränenerstickter Stimme. "Andrea, ich habe dich früher und bis heute für ein ziemlich arrogantes Arschloch gehalten und aus meiner Meinung auch keinen Hehl gemacht. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich habe dich vollkommen falsch eingeschätzt. Du bist ein liebenswerter und sensibler Mensch, so wie du mich heute in den Schuhläden angekuckt hast, hätte ich dich knuddeln können und jetzt am Grab, das hätte ich dir nicht zugetraut. Ehrlich nicht." Ich tröstete sie damit, dass ich mich in ihr auch getäuscht hätte und mein Bild von ihr seit heute auch revidiert hätte. Ich nahm sie in meine Arme
und wiegte sie ein wenig hin und her bis sie mich mit einem tiefen Seufzer ansah und zärtlich meine Nasenspitze küsste.
Wir machten uns auf und erreichten die Metrostation als es schon dunkel war.
Wir fuhren zur Place d´Italie und gingen von dort über den täglichen Markt in der
Rue Mouffetard zu Phaestos, wo meine Freunde uns schon erwarteten.
Die totale Reizüberflutung des Tages machte mir schwer zu schaffen. Meine Hose war zwar wieder am trocknen, aber alle meine Sinne waren hypersensibilisiert.
Das Essen bei Phaestos war wieder hervorragend, ebenso die verjazzte griechische
Folklore und vor allem die Lieder von Mikis Theodorakis.
Mit der vorletzten möglichen Metro fuhren wir zur Notre Dame und trafen dort ca.
15 Minuten vor der Abfahrt ein. Wir bestiegen den Bus und machten uns auf der hinteren Bank breit, die schon auf der Hinfahrt frei geblieben war.
Zoé und ich hatten ein schönes Quantum intus und waren dementsprechend müde.
Nach einer Stunde Fahrt wurde ich wieder wach und sah das Zoé sich auf den Sitz gelegt hatte und dort zusammengerollt schlief. Sie hatte Schuhe, Socken und Strümpfe aus-
gezogen. In dem diffusen Licht konnte man sehen, dass sie im Traum ihre Zehen bewegte.
Anscheinend probierte sie immer noch Schuhe an, dachte ich mir.
Ich schaute ihr eine Weile zu, dann beugte ich mich zur Seite und küsste ihre weichen, glatten Fußsohlen . Ihre Füße dufteten wunderbar.
Ich schmuste eine Weile mit Zoés Füßen, dann wurde sie wach und setze sich auf.
Sie gestand mir, dass sie es wahnsinnig gerne hätte, wenn man mit ihren Füßen spielen
würde. Ich ließ mir das nicht zweimal sagen und genoss Zoés Füße für den Rest der
Fahrt in vollen Zügen.
Als wir morgens um 5,00 Uhr zuhause ankamen lud ich Zoé zum Frühstück bei mir ein.
Sie willigte ein und wir fuhren in meine Wohnung.
Als wir dort ankamen stand uns der Sinn allerdings nach allem, nur nicht nach Frühstück. Wir duschten kurz und verkrümelten uns ins Bett. Gegen Mittag kam ich als erster zu mir und kümmerte mich gleich um Zoés Füße. Zoé besaß tatsächlich sehr sensible erogene Zonen auf ihren Fußsohlen und unter und zwischen den Zehen. Langsam, ganz langsam begannen wir beide zu zittern. Dann ließen wir beide unseren Gefühlen freien Lauf und liebten uns bis vor den Kollaps.
Wir verbrachten bis zum Ende unseres Kurses noch einige schöne Tage und Nächte miteinander, bis Zoé ein Angebot eines italienischen Modehauses bekam, als Stylistin
nach Rom zu gehen.
Die Zeit zwischen unseren Briefen wurde schnell immer länger.
Voriges Jahr schickte sie mir ein Photo einer Gucci-Kampagne auf dem sie ein Paar Dianetten mit Federbesatz trägt.
Zoé müßte zwischenzeitlich auch ca. 44 Jahre alt sein, ihren Füßen ist davon nichts
anzusehen.
Erinnerungen an Zoé
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