"Drogen können Halluzinationen auslösen, die einen den Schmerz und persönliche Unzulänglichkeiten vergessen lassen. Die Erfahrung durch unsere Sinne wird intensiver und gaukelt uns Realitäten vor, die den geheimen und verborgenen Wünschen manchmal bedrohlich nahe kommen. Die körperliche Erschöpfung ist nichts im Vergleich zu den Dämonen, die uns noch Jahre später plagen."
Es war kurz nach Neun, als Elias das "Karmesin" betrat, ein Szeneclub am Stadtrand von Heilbronn, direkt am Neckar gelegen, im Labyrinth von Lagerhäusern und Kranhallen eines verwaisten Industriegebietes. Die stickige Luft hüllte ihn in einen Schleier der Anonymität, und während er die breite Treppe hinunter wandelte genoss er die Blicke der Menschen, die ihm folgten. Sie hafteten auf ihm wie geschmolzenes Teer an nackten Füssen. Er war etwas Besonderes. Manch einer fühlte sich unwohl in seiner Gegenwart. Diejenigen senkten den Blick oder konzentrierten sich auf völlig belangloses Ambiente in ihrer unmittelbaren Umgebung. Dinge, die sie sonst keines zweiten Blickes gewürdigt hätte, wären sie allein, oder unter ihres Gleichen gewesen. Plötzlich strahlte die teilweise hinter dem Spiegel der Bar versteckte Lampe eine ungeahnte Faszination aus. Man unterhielt sich über ihr Design, die Art des Schattenwurfes und die unzähligen Nuancen in den Reflektionen ihres Glases, einzig und allein, um von Elias Gegenwart abzulenken. Doch er brauchte die Ignoranz. Sie gab ihm Aufschluss über sein Gegenüber und das Maß an Wertschätzung, was sie ihm entgegenbrachten.
Die Luft war geschwängert von Ekstase, Verlangen und einer beunruhigenden Aggressivität. In den gleißenden Fluten der Rhythmuscomputer zuckten apathisch die Körper der Generation X. Nichts schien ihren Drang nach Amüsement und High Live befriedigen zu können. Die Designerdrogen, die an jeder Bar fast schon legal ausgegeben wurden, trugen ihr Übliches bei, um den rapiden Verfall noch zu beschleunigen. Spärlich bedeckte Leiber, glänzend vor Schweiß, rieben sich aneinander und sprachen eine unverkennbare Sprache - Ich lebe.
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